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(1313-1375)
Giovanni Boccaccio, geb. 1313 zu Paris, Sohn des Florentiner Kaufmanns Boccaccio di Chellino und einer verwitweten, vornehmen, jungen Pariserin namens Jeanne. Sein bedeutendstes Werk, das »Decamerone«, wurde gegen 1350 begonnen und 1353 abgeschlossen. Boccaccio starb am 21. Dezember 1375 auf seinem Gütchen bei Certaldo.
Alessandro und der Abt, die 3. Novelle des 2. Tages. Nach der Übersetzung von Witte bearbeitet.
Ghismonda und Guiscardo, die 1. Novelle des 4. Tages. Nach der Übersetzung von Witte bearbeitet.
Es lebte vorzeiten in Florenz ein Edelmann, der den Namen Messer Tedaldo führte und, wie einige vorgeben, zu der Familie der Lamberti, nach der Behauptung anderer aber zu der der Agolanti gehörte, obgleich die letzte Meinung, wohl mehr durch das Geschäft, das seine Söhne später betrieben und das bei den Agolanti immer in Übung war und ist, als durch einen anderen Grund veranlaßt ist. Doch ich lasse es dahingestellt, zu welcher von beiden Familien er gehörte, und sage nur, daß er zu seiner Zeit einer der reichsten Edelleute war, und daß er drei Söhne hatte, von denen der erste Lamberto, der zweite Tedaldo und der dritte Agolante hieß, die bereits zu hübschen und stattlichen Jünglingen herangewachsen waren, wiewohl der älteste noch nicht sein achtzehntes Jahr erreicht hatte, als der reiche Herr Tedaldo starb und ihnen, als seinen rechtmäßigen Erben, seine ganze liegende und fahrende Habe hinterließ.
Als diese sich an barem Gelde und an Besitz so reich sahen, fingen sie, nur von ihrer eigenen Lust geleitet, an, ihr Geld ohne Maß und Schranken zu vertun, hielten sich große Dienerschaft und auserlesene Pferde, Hunde und Falken, gaben fortwährend öffentliche Bankette, teilten Geschenke aus, hielten Waffenspiele und taten, mit einem Worte, nicht sowohl was für Edelleute sich geziemt, sondern was zu tun ihnen in ihren jugendlichen Sinn kam.
Dieses Leben hatten sie noch nicht lange geführt, als der von ihrem Vater ihnen hinterlassene Schatz sich zu vermindern anfing und sie genötigt waren, um den begonnenen Aufwand, zu dem die bloßen Einkünfte nicht mehr genügten, fortführen zu können, ihre Besitzungen teilweise zu verkaufen oder zu verpfänden. So büßten sie heute die eine, morgen die andere ein und wurden es kaum gewahr, als bis ihnen fast gar nichts mehr übriggeblieben war; da öffnete die Armut ihre Augen, welche der Reichtum verschlossen hatte. Lamberto rief daher eines Tages die beiden anderen zu sich, erinnerte sie, welch standesgemäßes Leben ihr Vater und nachher sie selber geführt hätten, wie groß ihr Reichtum gewesen sei; dann schilderte er ihnen die Armut, in die sie durch ihren ungeregelten Aufwand sich gestürzt, und ermahnte sie so nachdrücklich als er konnte, bevor ihre Dürftigkeit noch offenkundiger würde, gemeinschaftlich mit ihm das wenige, was ihnen geblieben war, zu verkaufen und in die Fremde zu gehen.
Und so taten sie denn auch wirklich, sie verließen Florenz, ohne von jemand Abschied zu nehmen, in aller Stille und ruhten nicht eher, als bis sie in England waren. Hier mieteten sie sich in London ein kleines Häuschen und fingen, bei der größten Sparsamkeit in ihren Ausgaben, auf argen Wucher Geld zu leihen an, wobei ihnen das Glück so günstig war, daß sie in wenig Jahren sich ein großes Vermögen erübrigten. Darauf reiste bald der eine, bald der andere von ihnen nach Florenz zurück; sie brachten ihre ehemaligen Besitzungen zum größeren Teile wieder an sich, kauften noch viele andere dazu und verheirateten sich in der Heimat. Da sie aber immer noch fortfuhren, in England zu wuchern, schickten sie einen Neffen, namens Alessandro, dorthin, um ihre Geschäfte zu besorgen.
Sie selber blieben in Florenz und fingen, des Zustandes uneingedenk, in welchen sie früher ihr übertriebener Aufwand gestürzt hatte, und obgleich sie jetzt für Frau und Kinder mit zu sorgen hatten, verschwenderischer denn je zu leben an, so daß alle Kaufleute die größte Meinung von ihnen hegten und ihnen jede beliebige Summe anvertraut hätten. Einige Jahre half ihnen das Geld, das ihnen Alessandro schickte, solchen Aufwand zu bestreiten; denn dieser borgte seit einiger Zeit vielen Edelleuten auf ihre Burgen und sonstigen Einkünfte und machte dabei die vorteilhaftesten Geschäfte.
Während jedoch die drei Brüder auf solche Weise verschwendeten und, wenn es ihnen an Geld fehlte, in der festen Hoffnung auf die Sendungen aus England, solches aufnahmen, geschah es, daß in England, was kein Mensch vermutet hatte, ein Krieg zwischen dem Könige und einem seiner Söhne ausbrach, der die ganze Insel in zwei Parteien teilte, indem die eine es mit dem Vater und die andere mit dem Sohne hielt. Durch diesen Krieg wurden denn auch dem Alessandro alle Burgen der Barone, die ihm verpfändet waren, entrissen, und keine der anderen Einkünfte gewährte ihm bessere Sicherheit. Da man jedoch von einem Tage zum anderen auf den Frieden zwischen Vater und Sohn hoffte, infolgedessen auch Alessandro alles, sowohl Zinsen wie Kapital, hätte wiedererstattet werden müssen, verließ dieser die Insel nicht, und die drei Brüder, die in Florenz wohnten und ihren großen Aufwand in nichts beschränkten, borgten täglich mehr Geld.
Als sich indes die gehegten Hoffnungen im Verlauf mehrerer Jahre als eitel erwiesen, verloren die drei Brüder nicht allein allen Kredit, sondern wurden auch auf Verlangen der Gläubiger, die bezahlt sein wollten, gefangengesetzt und mußten, da ihre Besitzungen nicht genügten, um die Schulden zu decken, wegen des Restes im Gefängnis bleiben. Ihre Frauen aber und ihre kleinen Kinder suchten teils auf den Dörfern, teils hier und dort, in gar dürftigen Umständen, ihr Unterkommen, ohne für die Zukunft etwas anderes als Not und Elend erwarten zu können.
Alessandro hatte inzwischen in England mehrere Jahre lang vergebens auf den Frieden gewartet; als er aber noch, immer keine Aussicht dazu sah und sein längeres Verweilen ihm nicht minder lebensgefährlich als unnütz schien, entschloß er sich, nach Italien zurückzukehren, und machte sich ganz allein auf den Weg.
Da traf es sich nun, daß zugleich mit ihm ein weißgekleideter Abt von Brüssel abreiste, dem viele Mönche Gesellschaft leisteten und zahlreiche Dienerschaft mit Saumrossen voranzog. Diesen folgten zwei Edelleute von altem und dem Könige verwandtem Stamme, zu denen Alessandro sich, als zu früheren Bekannten, gesellte und willig von ihnen aufgenommen wurde. Im Weiterreisen fragte sie Alessandro mit geziemender Bescheidenheit, wer die Mönche wären, die mit so vieler Dienerschaft vorausritten, und wohin die reisten.
»Der Vorderste«, erwiderte einer der beiden Edelleute, »ist ein junger Verwandter von uns, der kürzlich zum Abte einer der größten Abteien von England erwählt worden ist. Weil er aber jünger ist als die Gesetze denen gestatten, welche diese Würde erlangen wollen, gehen wir jetzt nach Rom, um den Heiligen Vater zu bitten, daß er ihn wegen seines ungenügenden Alters dispensiere und dann in seiner Würde bestätige; doch darf davon noch nicht geredet werden.« Unterwegs ritt der junge Abt bald vor, bald hinter seiner Dienerschaft, wie wir das täglich geschehen sehen, wenn große Herren über Land reisen, und so bemerkte er denn auch einmal Alessandro, der zufällig in seine Nähe gekommen war.
Alessandro war ein junger Mann von schönem Wuchse und einnehmenden Gesichtszügen und so wohlgesittet und unterhaltend, als man es nur sein kann. In der Tat gefiel er dem Abte gleich im ersten Augenblicke auf eine erstaunliche Weise, so wie ihm nie zuvor jemand anderer gefallen hatte, und er rief ihn zu sich und fing freundlich mit ihm zu reden an und fragte ihn, wer er wäre, woher er käme, und wohin er ginge. Alessandro gab ihm auf seine Fragen volle Auskunft, eröffnete ihm unverhohlen seine ganze Lage und erbot sich, so gering auch seine Kräfte seien, zu jedem Dienste. Wie der Abt diese verständige und wohlgesetzte Antwort hörte, wie er Alessandros feine Bildung im einzelnen bedachte und bei sich selber erwog, daß dieser ungeachtet seines niedrigen Geschäftes dennoch ein Edelmann sei, wurde sein Wohlgefallen an ihm immer lebhafter. Voller Mitleiden mit seinen Unglücksfällen ermunterte er ihn sehr freundlich und hieß ihn gute Hoffnung hegen; denn wenn er nur ein wackerer Mann sei, werde Gott ihn noch an dieselbe Stelle, von der er ihn verstoßen habe, und auch noch höher setzen. Übrigens bat er ihn, da seine Reise nach Toskana gerichtet sei, und auch er ein gleiches Ziel habe, ihm unterwegs Gesellschaft zu leisten. Alessandro dankte ihm für so freundlichen Zuspruch und erklärte, zu allem bereit zu sein, was er ihm befehlen würde.
Von neuen Empfindungen innerlich bewegt, setzte der Abt seine Reise fort, und nach einigen Tagen langte die Gesellschaft in einem Dorfe an, das mit Wirtshäusern gar spärlich versehen war. Da jedoch der Abt eben hier einkehren wollte, ließ ihn Alessandro in dem Hause eines Wirtes absteigen, mit dem er von früher her befreundet war, und sorgte dafür, daß ihm ein Zimmer hergerichtet wurde, das unter allen im Hause noch am wenigsten unbequem gelegen war. Alessandro war ohnehin eine Art von Haushofmeister des Abtes geworden, und in dieser Eigenschaft brachte er das übrige Gefolge, so gut er konnte, in den benachbarten Häusern, in denen er wohlbekannt war, unter. Als nun der Abt zu Abend gegessen, und es schon so spät in der Nacht geworden war, daß alle Leute sich niedergelegt hatten, fragte Alessandro den Wirt, wo er selber schlafen könne. »Das weiß ich wirklich nicht«, antwortete dieser, »du siehst, alles ist besetzt, und kannst dich überzeugen, daß meine Leute auf den Bänken schlafen müssen. In der Stube des Abtes wären freilich noch einige Kornladen; da könnte ich dich hinführen und ein paar Betten drauflegen, und wenn's dir recht wäre, könntest du die Nacht, so gut es gehen will, darauf schlafen.« Alessandro aber entgegnete: »Wie soll ich jetzt noch in des Abtes Stube gehen, die überdies so klein ist, daß keiner seiner Mönche darin hat schlafen können? Hätt' ich's gewußt, ehe die Vorhänge zugezogen wurden, so hätte ich auf dem Kornkasten ein paar Mönche schlafen lassen und wäre selber dahin gegangen, wo sie jetzt sind.« Darauf sagte der Wirt: »Es ist nun doch einmal so, und du findest dort, wenn du willst, das beste Lager von der Welt. Der Abt schläft, und die Vorhänge sind zugezogen; ich bringe dir in aller Stille eine leichte Decke, und du schläfst da.« Wie Alessandro sah, daß die Sache sich tun lasse, ohne dem Abte im geringsten beschwerlich zu fallen, willigte er ein und legte sich so leise als möglich zurecht.
Der Abt schlief noch nicht, sondern hing seinem frisch erregten Verlangen leidenschaftlich nach und hatte alles gehört, was Alessandro und der Wirt miteinander gesprochen, und wo jener sich niedergelegt hatte. In seinem Inneren darüber hocherfreut, sagte er bei sich selbst: »Gott hat mir Gelegenheit zur Erfüllung meiner Wünsche gegeben. Wenn ich sie vorübergehen lasse, wird auf lange Zeit so leicht keine ähnliche wiederkommen.« Entschlossen also, sie zu nützen, rief er, sobald ihm alles im Hause still zu sein schien, Alessandro mit leiser Stimme und hieß ihn, sich zu ihm ins Bett legen. Alessandro widerstrebte anfangs, dann aber entkleidete er sich und legte sich nieder. Sogleich schlang der Abt seinen Arm um ihn und umfaßte ihn auf die Weise, wie liebende Mädchen es ihren Geliebten zu tun pflegen. Alessandro war darüber nicht wenig erstaunt und dachte, der Abt umarme ihn auf solche Weise von unehrbarer Liebe getrieben. Dieser erriet indes, entweder aus dem Benehmen Alessandros oder aus eigener Vermutung, sogleich den Verdacht des letzteren, zog sich deshalb augenblicklich das Hemd aus, das er noch anhatte, ergriff die Hand des jungen Mannes, legte sie auf seine Brust und sagte: »Alessandro, verbanne deinen törichten Wahn und erkenne hier, was ich bisher verbarg.«
Alessandros Hand hatte inzwischen auf der Brust des Abtes zwei runde, feste und zarte Hügel entdeckt, die sich nicht anders anfühlen ließen als seien sie von Elfenbein, und kaum hatte er diese gefunden und sogleich erkannt, es mit einem Mädchen zu tun zu haben, so hatte er auch, ohne weitere Aufforderung abzuwarten, sie in den Arm genommen und wollte sie schon zu küssen anfangen, als sie ihn mit folgenden Worten unterbrach: »Ehe du mir näher kommst, höre erst, was ich dir sagen will. Ich bin, wie du dich überzeugt haben wirst, ein Weib und kein Mann; als Jungfrau habe ich meine Heimat verlassen und reiste in der Absicht zum Papst, daß er mich verheiraten sollte. Zu deinem Glücke, oder vielleicht zu meinem Unstern, bin ich vor einigen Tagen, als ich dich zum erstenmal sah, in solcher Liebe zu dir entbrannt, daß nie ein Weib heftiger einen Mann geliebt hat. Deshalb habe ich beschlossen, lieber dich als irgendeinen anderen zum Manne zu nehmen. Willst du mich aber nicht zur Frau, so verlaß mich augenblicklich und kehre zu deiner Schlafstelle zurück.« Obgleich Alessandro sie nicht kannte, so schloß er doch, mit Rücksicht auf die Gesellschaft, in der sie reiste, sie müsse vermögend und von gutem Stande sein, und daß sie schön war, sah er selbst. So antwortete er denn, ohne sich eben lange zu besinnen, wenn es ihr gefällig sei, so sei es ihm höchst erwünscht. Darauf richtete sie sich im Bette auf, gab ihm einen Ring in die Hand und hieß ihn sich ihr vor einer kleinen Bildtafel, die dort hing, und auf der unser Heiland dargestellt war, verloben. Dann umarmten sie sich und ergötzten sich während des übrigen Teils der Nacht aneinander zu großer beiderseitiger Lust.
Als der Tag heranbrach, und nachdem sich beide über ihr künftiges Verhalten verabredet hatten, stand Alessandro auf und verließ die Stube, so wie er hereingekommen war, ohne daß jemand erfuhr, wo er die Nacht geschlafen hatte. Dann machte er sich, über alle Maßen froh, mit dem Abt und seiner Gesellschaft wieder auf den Weg, und nach einer Anzahl Tagereisen kamen sie endlich in Rom an.
Kaum hatten sie sich hier einige Tage lang ausgeruht, so wartete der Abt mit den beiden Edelleuten und Alessandro dem Papste auf und fing nach der geziemenden Begrüßung also zu reden an: »Heiliger Vater, Euch muß es besser als irgend jemand anders bekannt sein, daß, wer rechtlich und ehrbar leben will, soviel er kann, jeden Anlaß meiden muß, der ihn anders zu handeln verleiten könnte. Da ich nun gesonnen bin, auf die angegebene Weise zu leben, bin ich, um jener Regel vollkommen zu genügen, in der Tracht, in der Ihr mich seht, von dem Hofe meines Vaters, des Königs von England, geflohen und habe einen sehr großen Teil seiner Schätze mit mir genommen. Dieser wollte mich nämlich, so jung als ich bin, an den König von Schottland, einen steinalten Herrn, verheiraten; ich aber habe mich hierher auf den Weg gemacht, damit Eure Heiligkeit mich vermählen möge. Auch hat mich nicht sowohl das Alter des Königs von Schottland zur Flucht bewogen, als die Furcht, ich könnte infolge meiner jugendlichen Schwäche, wenn ich an ihn verheiratet wäre, mich wider die göttlichen Gesetze und wider die Ehre des königlichen Blutes meines Vaters versündigen. Während ich nun in solcher Absicht hierherreise, hat mir Gott, der allein vollkommen weiß, was einem jeden not tut, nach seiner Barmherzigkeit, wie ich glaube, den vor die Augen geführt, der nach seinem Willen mein Gemahl sein soll, und das ist dieser junge Mann«, dabei zeigte sie auf Alessandro, »den Ihr hier an meiner Seite seht, und dessen edle Sitten und wackeres Benehmen jeder noch so großen Dame würdig sind, wenn auch vielleicht der Adel seines Blutes dem des königlichen nachstehen muß. Ihn also habe ich mir auserlesen, ihn will ich zum Gemahle, und nie werd' ich einen anderen nehmen, was auch mein Vater und die Welt dazu sagen mögen. Dadurch ist in der Tat ein Hauptgrund, um dessentwillen ich mich auf den Weg gemacht, erledigt worden; dennoch habe ich meine Reise vollenden wollen, teils um die heiligen ehrwürdigen Orte zu besuchen, von denen diese Stadt so voll ist, und um Eure Heiligkeit selber zu sehen, teils aber auch, um die zwischen Alessandro und mir bisher allein vor dem Angesicht Gottes geschlossene Ehe Euch und infolgedessen den übrigen Menschen zu offenbaren. So bitte ich Euch denn flehentlich, was Gott und mir gefallen hat, auch Euch genehm sein lassen zu wollen und Euren Segen zu erteilen, auf daß wir mit ihm als einem sicheren Unterpfande der Billigung desjenigen, dessen Statthalter Ihr seid, zu Gottes und zu Eurer Ehre leben und endlich dereinst sterben können.«
Alessandro erstaunte, als er vernahm, seine Gattin sei die Tochter des Königs von England, und innige, aber versteckte Freude erfüllte ihn. Mehr aber noch erstaunten die beiden Edelleute, und sie wurden darüber so unwillig, daß sie, wäre es anderwärts als vor dem Papste gewesen, sich gegen den jungen Mann und vielleicht auch gegen die Dame tätlich vergangen haben würden. Auf der anderen Seite erstaunte auch der Papst über die Tracht der Dame und über ihren Entschluß; da er jedoch einsah, daß das Geschehene nicht rückgängig gemacht werden könne, beschloß er, ihrer Bitte zu willfahren. Vor allen Dingen beruhigte er die beiden Edelleute, deren Unwillen er bemerkt hatte, und stellte ihr gutes Einvernehmen mit der Dame und Alessandro wieder her, dann ordnete er an, was ferner geschehen sollte. Als der von ihm festgesetzte Tag nun herangekommen war, berief er in Gegenwart sämtlicher Kardinäle und anderer ausgezeichneter Personen, die auf seine besondere Einladung zu einem glänzenden Feste erschienen waren, die Dame, welche, königlich geschmückt, so reizend und so anmutig erschien, daß sie von allen verdientes Lob erwarb, und Alessandro, der, ebenfalls köstlich geschmückt, nicht für einen jungen Mann, der auf Wucherzinsen geliehen, sondern für einen königlichen Prinzen gehalten werden konnte, wie ihm denn in der Tat von den beiden Edelleuten viel Ehre erwiesen ward. Hier ließ der Papst das Eheverlöbnis aufs neue feierlich begehen, und nachdem die Hochzeit festlich und prachtvoll begangen war, verabschiedete er sie mit seinem Segen.
Alessandro wünschte und die Dame willigte ein, daß die Rückkehr von Rom über Florenz gemacht werde, wohin das Gerücht schon Kunde dieser Begebenheit gebracht hatte. Von den Einwohnern mit höchsten Ehren aufgenommen, ließ die Dame, nachdem sie alle Gläubiger befriedigt hatte, die drei Brüder befreien und setzte sie und ihre Frauen in ihre ehemaligen Besitzungen wieder ein. Um dessentwillen von allen wohlgelitten, verließen Alessandro und seine Frau Florenz, von wo sie Agolante mitnahmen. In Paris angelangt, wurden sie vom Könige ehrenvoll empfangen. Von dort aus reisten die beiden Edelleute nach England und vermochten soviel über den König, daß er der Tochter seine Liebe wieder zuwandte und sie und seinen Schwiegersohn mit großen Freuden bei sich empfing. Den letzteren machte er bald darauf in besonders ehrenvoller Weise zum Ritter und schenkte ihm die Grafschaft Cornwallis. Dieser aber besaß ein so großes Geschick und gab sich soviel Mühe, daß es ihm gelang, Vater und Sohn wieder zu versöhnen. Daraus erwuchs der Insel ein großer Vorteil, und Alessandro gewann die Liebe und das Wohlwollen des ganzen Volkes. Agolante aber rettete alles, was die Brüder in England zu fordern hatten, vollständig und kehrte überreich nach Florenz zurück, nachdem Graf Alessandro ihn zuvor zum Ritter gemacht hatte. Der Graf Alessandro führte mit seiner Gemahlin ein glorreiches Leben und eroberte, wie einige behaupten, teils durch eigenen Verstand und Tapferkeit, teils durch die Hilfe des Schwiegervaters, Schottland und wurde als dessen König gekrönt.