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Gibt Dir jemand einen sogenannten guten Rat, so tue gerade das Gegenteil, und Du kannst sicher sein, daß es in neun von zehn Fällen das Richtige ist.
Wenn Dich einer auf die rechte Backe schlägt, so gib ihm dafür zwei auf die linke.
Die Mittelmäßigkeit wägt immer richtig, nur ihre Wage ist falsch.
Mit wem man nichts gemein hat, mit dem ist gut Frieden halten.
Es gibt Menschen, welche die Natur auf das Wörtchen »aber« eingerichtet hat; sie dienen dazu, Denk- und Tatkraft der andern zu lähmen.
Der Unverstand ist die unbesiegbarste Macht auf der Erde.
Taktlosigkeit ist der lästigste und widerwärtigste der menschlichen Fehler, denn Du kannst Dich nicht gegen sie verteidigen, nicht einmal durch Grobheit.
Wer nicht für mich ist, der ist wider mich, gilt für hochbegabte Menschen. Die gewöhnliche Vortrefflichkeit verträgt Stufen der Anerkennung.
Das Sprichwort sagt: Alter schützt vor Torheit nicht. Ich finde es ärgerlicher, wenn die Jugend nicht vor Weisheit schützt.
Die besten Lebensregeln sind übrigens immer diejenigen, die man an der eigenen Haut erfahren hat.
Wer den Willen und die Macht hat, die Mittelmäßigkeit zu erheben, der hat sie auch, das wahre Talent zu schädigen.
Manche Fürsten sind nur unsterblich geworden durch die Talente, welchen sie zur Unsterblichkeit verholfen haben.
Wer für hohe Ideen lebt, muß vergessen, an sich selbst zu denken.
Der größte Staatsmann ist derjenige, welcher der humanste ist.
Die eine sucht das Wesen in der Erscheinung, die andere die Erscheinung im Wesen. Die eine gestaltet, die andere zerlegt; sie sehen nach verschiedenen Richtungen und sprechen verschiedene Sprachen, und doch sollen sie der alten Dame Kultur zuliebe Arm in Arm wandeln bis an das Ende der Dinge.
Die Kunst übersetzt die göttliche Schöpfungskraft ins menschliche; die Wissenschaft reproduziert das Geschaffene im Geiste. Kann man sich eine größere Verschiedenheit der Aufgaben denken!
Es gibt eine berühmte Stelle in Lessing, in welcher er aus der Hand der Gottheit das Streben nach dem Vollkommenen erbittet, weil die Vollkommenheit selbst doch nur ihr allein gehöre.
Ich meinerseits, ach, ich ersehne die Vollkommenheit nur – in Öl – und ich möchte darum bitten; denn des trockenen Strebens habe ich bereits übergenug.
Schön empfinden und richtig denken ist eine Naturgabe, die wohl geübt, aber nicht erlernt werden kann. Nur der künstlerische Takt bewahrt vor Ausschreitungen.
Es ist unter den modernen Dichtern Liebhaberei geworden, ihre Novellen- oder Romanhelden unter den bildenden Künstlern zu suchen. Nur schade, daß sie dabei samt ihren Helden zum Stümper werden. Wenn am Ende der Erzählung der berühmte Ateliervorhang von dem geheimnisvollen Bildwerk fällt, dann ist es gewöhnlich für den Künstler Zeit, das Buch fallen zu lassen, falls er es nicht schon früher getan hat.
Die Begriffsverwirrung zu klären, lohnt sich nicht.
Dramatisch bearbeitete Epen sind mir von je gegen die Natur gewesen. Das große Epos ist für gehörige Entfernung auf Luftperspektive berechnet, auf langsames, ruhiges Vorüberschreiten in Distanz. Rücken die Gestalten aber so nahe wie auf der Bühne, so erscheinen sie entweder ungeheuerlich, oder sie schrumpfen zusammen und werden kleinlich. Beides unkünstlerisch.
Unkünstlerisch ist auch das Auspumpen und Auspressen der dramatischen Situationen bis auf den letzten Tropfen ohne Maß und ohne Erbarmen.
Ich hasse das moderne Theater, weil ich scharfe Augen habe und über Pappendeckel und Schminke nicht hinauskomme. Ich hasse den Dekorationsunfug mit allem, was dazu gehört, vom Grund meiner Seele. Er verdirbt das Publikum, verscheucht den letzten Rest von Kunstgefühl und erzeugt den Barbarismus des Geschmacks, von dem die Kunst sich abwendet und den Staub von ihren Füßen schüttelt.
Das wahrhaftige Kunstwerk hat stets innerliche Kraft genug, um Situationen zu vergegenwärtigen, auch ohne unwürdige, der Kunst zuwiderlaufende Mittel. Es bedarf bescheidener Andeutungen, nicht aber sinnverwirrender Effekte.
Ich muß von diesen Dingen sprechen, denn sie greifen mir ans Herz.
Hätte ich meine Pietà, meine Iphigenie, mein Gastmahl schaffen können, wenn ich anders empfände?
Die Kunst ist eine strenge göttliche Geliebte, sie steht der irdischen immer im Wege. Welches Weib begreift und duldet dies?
Es gibt wenige Frauen, welche fähig sind, den Mann um des Genius willen zu heben. Es ist die Person und der Erfolg, was sie begehren. Das große Ganze mit seiner Fülle an Kraft und Herzensgüte, ohne welche kein Genie denkbar ist, erkennen sie schwer; an kleinen Ecken und Mängeln scheitert das Verständnis, und wenn ein Knopf am Rocke fehlt, das übersehen sie nicht.
Zu einer Künstlerheirat gehört viel Liebe, viel Verstand, viel Geduld und sehr viel Geld. Kleinliche Sorgen sind der Tod des künstlerischen Schaffens.
Die gefährlichste Klippe im Leben des Künstlers ist die Heirat, am meisten eine sogenannte glückliche Heirat, wo man sich ineinander schickt und Neigung und Gewohnheit den leisen Druck der Fesseln vergessen machen, während dem Genius allmählich die Flügelfedern ausfallen, eine nach der andern, ohne daß er es merkt, bis er kahl dasteht.
Die alten großen Meister sind meistens ehelos geblieben. Nur Rubens hat es zweimal bezwungen; das war aber auch ein Held.
Hoch oben über dem kleinen Getriebe alltäglicher Sorgen ein wahrhaftiges Künstlerleben in Glanz, Ehre und Reichtum – und dies alles auf ein liebes, schönes Haupt niederlegen, das ließe ich mir gerne gefallen; sonst lieber allein den Flug zur Sonne wagen und mit verbrannten Flügeln in Nacht versinken, wenn es nicht anders sein soll.
So viel ist freilich wahr: in den Fällen, wo ein rasches Eingreifen der Gottheit tausendfältiges Elend verhindern könnte, versteckt sie sich und ist nicht zu finden. Und wenn der Mensch nach unsagbaren Kämpfen sich selbst geholfen hat, dann sagen die Menschen: Das hat Gott getan. Das kommt von Gott.
Von der Gottheit nichts begehren als sie selber, würde wohl das Richtige sein.
Religion, in welcher Form sie auftritt, bleibt das ideale Bedürfnis der Menschheit. Deshalb ihre unauflösliche Verwandtschaft mit der Kunst.
Ich achte den Menschen höher, der ihrer im Glück bedarf, als denjenigen, der sich im Unglück von ihr trösten läßt.
Der Humor trägt die Seele über Abgründe hinweg und lehrt sie mit ihrem eigenen Leid spielen.
Er ist eine der wenigen Tröstungen, die dem Menschen treu bleiben bis an das Ende.
Der Humor schwebt über den Tiefen des Menschen, wie der Geist Gottes über den Wassern am Schöpfungsmorgen.
Wer Ohren hat zu hören, mag in seinem Wehen den Flügelschlag des schöpferischen Genius vernehmen.