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Dieser selbige Professor nun hatte den Wirt des »Franziskaners« kommen lassen, um ihm in ehrfurchtsvollem Tone zu sagen, er habe von jenem berühmten Stammtisch dort drüben schon so viel Erstaunliches vernommen, daß er (Schellenbarth) es sich zur ganz besonderen Ehre anrechnen würde, an diesem Tische – sei es auch nur als bescheidener Hospitant – ein Stündchen verbringen zu dürfen. Als Merseburg dieses Gesuch vernahm, gingen ihm die Augen über von Stolz und Chambertin; federnden Schrittes überbrachte er es den Paladinen der Tafelrunde, und hier rief es ein allgemeines Räuspern, Raunen, Murmeln und Summen der Genugtuung hervor. Alle wußten, daß Schellenbarth ein berühmter Mann sei, ob als Amtsrichter oder als Konservenfabrikant, das wußten sie nicht genau; aber sein Ruhm war zu allen gedrungen. Nur Merseburg und Merswinsky wußten auch, daß er Historiker war. Die Blicke der Paladine wandten sich dann einhellig auf August Gutbier, weil er der Bestsituierte am Tische war, und der ungekrönte Artus rief denn auch mit Wohlwollen:
»Aber natürlich! Selbstverständlich! Sehr angenehm!« und Merseburg federte zurück.
Als Schellenbarths hohe Gestalt am Tische erschien, erhob man sich; man stellte sich vor, und Gselchwampner bemerkte:
»Mir san sehr erfrait, den großen Hysteriker bei uns begriaßen zu dierfen.«
»Meinen tiefgefühlten Dank,« versetzte Schellenbarth. »Ich habe, meine Herren, schon lange in mir den Wunsch und die Hoffnung genährt, Ihrem erlauchten Kreise einmal, wenn auch nur als bescheidener Gast, nähertreten zu dürfen. Ihre biederen Angesichter haben es mir angetan; manch ein herrlich hallendes Wort ist von Ihrem Tisch zu mir herübergedrungen; ich habe Ihre Herzen belauscht, selbstverständlich ohne Absicht, und habe bald herausgefühlt, daß Sie deutsch empfinden; das aber ist für mich entscheidend. (»Bravo!« erscholl es ringsum.) Ich kann Ihnen nicht sagen, wie glücklich ich mich schätze, ja, wie stolz ich bin, in Ihrer Mitte zu weilen, Ihren Worten lauschen und daraus lernen zu dürfen. Unser Deutschtum soll uns freilich niemals hindern, den französischen Champagner lieber zu trinken als den einheimischen. Sie wissen, daß auch Bismarck in dieser Hinsicht bekannte: ›Der Patriotismus reicht bei mir nur bis zum Magen‹. Darum und weil ich gerade heute in meinem stillen Herzen ein Fest feire, nicht zu vergessen, daß mir diese erste Begegnung mit Ihnen ein Fest der Freude ist, und endlich, weil es nicht mehr als billig ist, daß ein Neuling seinen Einstand entrichte, bitte ich um die Ehre, Sie zu einem Glase Cliquot einladen zu dürfen. Ich hoffe, Sie legen mir das nicht als Anmaßung aus, sondern nehmen meine Einladung auf, wie sie gemeint ist: als unwillkürlichen Ausdruck meiner allertiefsten Hochachtung.«
Man rechnete ihm den Cliquot nicht als Anmaßung an, fand seine allertiefste Hochachtung begründet und rückte freudig angeregt zusammen. Sogar August rückte zusammen, was er in der Straßenbahn, wo er sich machtvoll zu entfalten pflegte, nicht getan hätte, und wenn sieben Menschen den Erstickungstod durch Quetschung erlitten hätten.