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Betrachtungen über die Sicherung beim eigentlich echten paramentalen Experiment haben wir schon gelegentlich in die Erörterung der Sicherheitsmaßnahmen bei erwartender Beobachtung eingeflochten, so daß hier nur noch weniges zu ergänzen ist. Denn alle Arten der Vorsicht, welche bei bloßer erwartender Beobachtung gelten, gelten natürlich beim eigentlichen Experimentieren auch, können hier aber noch schärfer durchgeführt werden.
»Experimentieren« heißt hier, auf beiden Seiten, auf der des Agenten und des Perzipienten, bewußt zu einer bestimmten Zeit etwas Bestimmtes wollen, nämlich geben und empfangen. Beide Teile sind also »aktiv«, und zwar bewußt aktiv, wenn auch der Perzipient nur eben schlechthin perzipieren, empfangen »will«. Es kommen Telepathie und Gedankenlesen, beide »gewollt«, zusammen.
Wenige solcher Experimentalreihen gibt es, die wenigen aber sind gut; Tischners, Wasielewskis, Upton Sinclairs und andere Versuche gehören dazu. Die geringe Zahl der Versuche liegt wohl daran, daß gewollte Telepathie bei den meisten Menschen eben grundsätzlich »nicht geht«. Ist ja doch das eigentlich Leistende bei allem Parapsychischen höchstwahrscheinlich das Unterbewußtsein, so daß bewußtes Wollen eben nur ein Indizium der Fähigkeiten des Unterbewußten ist; und über paranormale Fähigkeiten in diesem, die dann in ihren Ergebnissen wieder ins Oberbewußtsein treten, verfügen wohl heute nur wenige.
Gegen tatsächlich normale, nur scheinbar paranormale Übertragung durch Zeichengebung oder wegen einer Hyperästhesie des Metagnomen war in dem, was an Gutem experimental vorliegt, Sicherung schon allein durch die große Distanz gewährleistet; auch bewußte Richtunggebung für »Angeln« fehlte aus demselben Grunde; ganz und gar auch die Möglichkeit, daß der perzipierende Metagnom Erkundigungen im geheimen einzog. Gedächtnistäuschungen fielen auf beiden Seiten fort, da es sich ja um Aktuelles handelte, es sei denn in den wenigen Fällen, wo der Perzipient Falsches angab, was aber der Agent, wie er später aussagt, ursprünglich hatte »geben« wollen, von dem er also ein Bild in seinem Bewußtsein hatte.
Das wichtige Kriterium der Inhaltskoinzidenz im Einzelnen oder wenigstens ihres (»unverstandenen«) nur anschaulichen »Schemas« ist bei dem, was wir gute Fälle nennen, gegeben. Wenn freilich an Stelle eines Christusbildes ein Fisch empfangen wird, so nennen wir das keinen »guten« Fall, mag auch der Fisch ein Symbol Christi sein; solcher Weg der »Deutung« erscheint uns unerlaubt. Je strenger, desto besser, ja: nur gut, wenn streng, ist ja unser Wahlspruch. Wir wollen damit nicht leugnen, daß beim Perzipienten ein unterbewußt Empfangenes sofort eine Assoziation hervorrufen mag, und daß dann diese allein ihm bewußt wird – aber sehr vorsichtig wird man mit dieser Auffassung sein müssen, weil eben die sogenannten »Assoziationsgesetze nach Ähnlichkeit und Kontrast« so sehr vage sind. Besser zu wenig zulassen als zuviel.
Daß eine große Fülle guter parapsychischer Übertragungen echt experimenteller Art sehr erwünscht wäre, bedarf keiner Erwähnung. Nur soll man nicht denken, man habe »parapsychische« Versuche gemacht, und anderes gäbe es nicht, wenn man im Laboratorium ausdrücklich »Gedankenübertragungen« durch Zeichengebung erzielt hat. Manche sind in diesen Fehler verfallen: ihre an und für sich, als Sicherungsversuche für echt parapsychische Angelegenheiten bedeutsamen Experimente so zu deuten, als sei damit alles erledigt. Gar nichts ist damit erledigt, denn das, was wir für echt parapsychisch halten, geschah eben unter ganz anderen und trotzdem »gesicherten« Umständen. –
Wir haben erörtert, was alles auf parapsychischem Gebiet an Sicherungsmaßnahmen geleistet sein muß, auf daß hier tatsächliche Echtheit überhaupt mit Recht behauptet werden könne. Der Nachdruck liegt hier auf dem Wort »überhaupt«. Ob überhaupt »Paranormales« vorliegt, das heißt: nicht auf den grundsätzlich bekannten Geschehenswegen Erreichtes, das allein stand zur Untersuchung. Noch nicht aber wurde in jene Fragen, die man Aufgaben höherer Ordnung nennen könnte, eingetreten, nämlich in die Probleme, ob nun immer dasselbe Paranormale vorliege oder ob es hier verschiedene Klassen von Geschehnissen gebe und welche; ob also, anders gesagt, verschiedene Klassen von Fakten vielleicht nur für den ersten Blick da seien, bei genauerem Zusehen aber verschwänden, so daß sich die eine Klasse »zurückführen« lasse auf die andere. Wir wissen also noch nicht, was als eigentliches »Urphänomen« im Sinne Goethes zu gelten habe, und ob es, was mit dem schon Gesagten zusammenliegt, mehrere solcher Urphänomene gebe oder nur eines.
Ehe wir aber in solche Untersuchungen höherer Art eintreten, muß unsere Prüfung der notwendigen Sicherungen für grundsätzliche Echtheit auf parapsychologischem Gebiet noch zwei Zusätze erhalten: es gilt unzureichende und übertriebene Sicherheitsforderungen ausdrücklich abzuweisen.