Hans Dominik
Das stählerne Geheimnis
Hans Dominik

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Im Trenton-Werk war gerade der glutflüssige Stahl für das einhundertvierzigste Rohr in die Schleuderform gelaufen. Frank Dickinson saß in seinem Zimmer im Werk und hatte das Arbeitsprogramm vor sich. Nur zehn Rohre waren noch zu gießen und außerdem fünf eigenartige kugelförmige Hohlgußstücke, für die ihm Roddington die Zeichnungen vor einigen Wochen aus Davao geschickt hatte. In spätestens vierzehn Tagen würde das alles erledigt sein, und dann . . . Dickinson stützte den Kopf nachdenklich in die Hände . . . ja, dann würde es um die weitere Beschäftigung des Werkes schlecht bestellt sein. Die kleinen laufenden Aufträge der alten Kundschaft würden gewiß nach wie vor hereinkommen, aber sie reichten nicht annähernd hin, um die Leistungsfähigkeit des Werkes voll auszunutzen. Etwas Besonderes würde geschehen müssen, um neuen Absatz für das Werk zu schaffen.

Während Dickinson noch überlegte, wurde ihm ein Besuch gemeldet. »Kemi Itomo, Nagasaki-Japan« las er mit einiger Verwunderung auf der Karte, die der Diener vor ihn hinlegte.

Ein Gelber?! Hier im Trenton-Werk? Diesmal nicht als Spion, wie man sie in letzter Zeit ein paarmal abgefaßt und der Justiz zur weiteren Veranlassung übergeben hatte . . . sondern regulär angemeldet als ein legaler Besuch? Dickinson wußte nicht, was er davon halten sollte.

»Führen Sie den Herrn herein!« befahl er nach kurzem Überlegen. Der Diener verschwand und bat Herrn Kemi Itomo einzutreten. Mit einer höflichen Verbeugung trat der Japaner näher und folgte, sich nochmals verneigend, der Aufforderung Dickinsons, Platz zu nehmen. Er sprach ein ganz brauchbares Englisch.

»Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches, Mr. Itomo?« fragte Dickinson.

»Ich möchte etwas bei Ihnen bestellen, Mr. Dickinson. Es handelt sich um eine besondere Art von Stahlguß, den wir in Japan noch nicht herstellen können.«

Dickinson hatte das Gefühl, als ob ein elektrischer Schlag ihn durchzuckte. Einen Augenblick sah er den Japaner starr an. Dessen Gesicht blieb unbeweglich.

»Waren Sie schon bei der Corporation?« fragte Dickinson. Der Japaner schüttelte den Kopf. »Nein, Sir, ich glaube auch nicht, daß die Corporation mir das Gewünschte liefern könnte.«

»Aber Sie meinen, unsere Werke würden es können, Mr. Itomo?«

Das Lächeln auf den Zügen des Japaners verstärkte sich um eine Kleinigkeit, als er erwiderte.

»Ich glaube, Sie werden es können. Ich hörte, daß Ihr Werk für Schleuderguß hervorragend eingerichtet sein soll.«

Dickinsons Rechte umklammerte die Armlehne des Sessels, während er antwortete. »Ihre Information ist zutreffend, Mr. Itomo. Wir haben uns auf diesem Gebiete spezialisiert. Wollen Sie mir Näheres über die Art der Stücke mitteilen, die Sie benötigen?«

Der Japaner griff nach seiner Aktentasche und holte eine Zeichnung hervor.

»Bitte, Sir«, fuhr er fort, während er sie seinem Gegenüber zuschob, »es handelt sich um eine Anzahl starkwandiger Stahlrohre.«

Dickinson starrte auf das Papier. Er schloß die Augen und öffnete sie wieder, aber die Zeichnung blieb unverändert dieselbe. Sie stellte ein Riesenrohr der gleichen Art dar, wie er deren jetzt bereits einhundertvierzig Stück für Roddington gegossen hatte. Noch einmal überprüfte er die eingetragenen Maße. Jeder Irrtum war ausgeschlossen, sogar das Gewicht von zweitausend Tonnen für das einzelne Stück war auf der Zeichnung notiert. Er brauchte geraume Zeit, sich zu sammeln, bevor er weitersprechen konnte.

»Darf ich fragen, Mr. Itomo, für welchen Zweck Sie diese außergewöhnlichen Gußstücke benötigen?«

Der Japaner zuckte die Achseln.

»Ich bedauere, Mr. Dickinson, Ihnen nichts Genaues sagen zu können, da ich selbst nur im Auftrag handle. Soviel mir bekannt ist, sind die Rohre . . . wir würden zunächst zehn Stück gebrauchen . . . für eine Hochdruckleitung der chemischen Werke in Nagasaki bestimmt.«

Das lügst du und der Teufel, dachte Dickinson bei sich. Laut fuhr er fort:

»Ich kann in dieser Angelegenheit nicht selbst entscheiden. Ich muß durch Funkspruch die Einwilligung Mr. Roddingtons einholen. Würden Sie mir vierundzwanzig Stunden Zeit dafür lassen?«

Der Japaner verneigte sich.

»Selbstverständlich, Mr. Dickinson. Darf ich Sie morgen um die gleiche Zeit wiederum aufsuchen?«

Und dann war Herr Kemi Itomo gegangen. Dickinson war allein in seinem Zimmer, allein mit tausend Gedanken, mit tausend Zweifeln, die auf ihn einstürmten. Hätte er den Japaner nicht von sich aus sofort abweisen müssen? Durfte er Roddington überhaupt mit einer solchen Frage kommen?

Während der nächsten Stunden schwirrten die Funksprüche zwischen Davao und Trenton hin und her. Jeden Satz, ja womöglich jedes Wort, das der Japaner während seines Besuches gesprochen hatte, wünschte Roddington zu wissen. Am Abend endlich kam seine Antwort, die Dickinson trotz des vorhergegangenen Depeschenwechsels in Erstaunen setzte, und am nächsten Mittag kam Herr Kemi Itomo wieder zu Dickinson.

Die Unterredung zwischen dem Japaner und dem Direktor des Stahlwerkes nahm diesmal einen glatten Verlauf. Dickinson erklärte sich bereit, die zehn Rohre innerhalb der von Itomo gewünschten Frist zu liefern. Nur bei der Festsetzung des Preises und der Zahlungsbedingungen gab es ein längeres Hin und Her. Mit der Hartnäckigkeit, die den Ostasiaten in geschäftlichen Dingen eigen ist, versuchte Itomo zu handeln, aber ebenso hartnäckig bestand Dickinson auf seinen Forderungen. Ebenso wie einst seinem Bevollmächtigten Roger Blake beim Verkauf des Konzerns an die Corporation hatte Roddington auch ihm die Marschroute genau vorgeschrieben, von der er nicht abweichen durfte. Noch einen letzten Versuch machte Herr Kemi Itomo, dann bewilligte er die Forderungen der Gegenseite. Ein Vertrag wurde entworfen und in zwei Ausfertigungen von den beiden Verhandlungspartnern unterschrieben. Sorgfältig steckte der Japaner sein Exemplar in die Brusttasche, ebenso sorgsam verschloß Dickinson das seinige in dem Tresor seines Arbeitszimmers, nachdem Itomo ihn verlassen hatte. Er tat es in dem angenehmen Bewußtsein, für einen weiteren Monat lohnende Beschäftigung für das Werk zu haben. –

Daß die Corporation trotz der eben erwähnten Vorsichtsmaßregeln doch Kenntnis von dem Inhalt des Vertrages bekam, wird stets eine Glanzleistung ihrer Nachrichtenabteilung bleiben. In höchster Erregung bat Präsident Price den Direktor Curtis durch das Telephon zu sich. Mit rotem Kopf saß er da und zerzauste wütend seinen Schnurrbart, als der Gerufene bei ihm erschien.

»Mich trifft der Schlag, Curtis!« empfing er den Direktor. »Das Trenton-Werk hat einen Auftrag im Werte von anderthalb Millionen Golddollar von den Japanern bekommen. Zehn Stück von diesen verdammten Rohren sind dafür zu liefern.«

Curtis warf einen Blick auf den Bericht, den der Präsident vor sich hatte.

»Anderthalb Millionen, Mr. Price . . . für zwanzigtausend Tonnen Stahl? Alle Wetter, Roddington hält auf Preise, das muß man ihm lassen. An dem Auftrag dürfte das Trenton-Werk fünfzig Prozent verdienen.«

»Das Trenton-Werk! Jawohl, Curtis! Aber nicht die Corporation«, schrie Price erbost. »Warum haben sich die Japaner nicht an uns gewandt?«

Trotz seiner Aufregung sah Price selber ein, daß seine Frage töricht war. Es hätte dazu kaum noch der Antwort von Curtis bedurft, der allerhand von den Spezialeinrichtungen des Trenton-Werkes sagte. Ein neuer Gedanke schien dem Präsidenten zu kommen.

»Wir werden die Errichtung einer ähnlichen Anlage in einem unserer Werke in Erwägung ziehen müssen«, fuhr er nach kurzem Überlegen fort. »Vorerst aber wollen wir feststellen, wie man in Washington über derartige Lieferungen an Japan denkt.«

Curtis nickte. »Das halte ich auch für sehr angebracht, Mister Price, ehe wir größere Kapitalien für Schleudergußanlagen festlegen. Unsere Beziehungen zu den Japanern sind wirklich nicht so, daß ein amerikanisches Stahlwerk ihnen mit gutem Gewissen Dinge liefern dürfte, die irgendwie nach Rüstungen und Waffen aussehen. Ich begreife nicht, wie Roddington den Auftrag übernehmen konnte?«

Price zuckte die Achseln.

»Vielleicht weiß er gar nicht darum. Vielleicht hat Dickinson das auf seine eigene Kappe genommen. Sie kennen ihn ja auch: ein ehrgeiziger Werksleiter, der um jeden Preis Aufträge für seinen Laden hereinholt.«

Ein Lächeln huschte um die Lippen von Curtis.

»Nicht um jeden Preis, Herr Präsident. Er hält dabei auf hohe Preise, das haben wir doch eben festgestellt.«

Bei dem Einwand von Curtis stieg Price das Blut von neuem zu Kopf. Ärgerlich sprang er auf.

»Ich sehe jedenfalls, Curtis, daß wir erst in Washington sondieren lassen müssen, bevor wir unsere weiteren Dispositionen treffen. Beauftragen Sie Oberst Barton damit! Es muß schnellstens geschehen.«

»Ich werde es sofort veranlassen«, sagte Curtis und verließ das Zimmer. –

Oberst Barton sprach bei General Grove im Kriegsamt vor und wurde von ihm weiter ins Marineamt zu Kapitän Bancroft geschickt. Der Kapitän schüttelte den Kopf, als er von der Bereitwilligkeit Roddingtons, an die Japaner zu liefern, hörte.

»Wir haben im Augenblick kaum ein gesetzliches Mittel, die Lieferung durch die Trenton-Werke zu verhindern«, legte er Barton seine Meinung über den Fall dar.

»Es wäre verkehrt, gerade jetzt eine besondere ›Lex Roddington‹ zu erlassen, um die Lieferung zu unterbinden. Eine solche Maßnahme würde die gespannten Beziehungen zwischen Washington und Tokio weiter verschlechtern. By Jove, Oberst Barton, sie sind schon schlecht genug. Jedenfalls werden wir uns auf Grund Ihrer Mitteilungen mit Roddington in Verbindung setzen und es versuchen, ihn von der Lieferung abzubringen.« –

Oberst Barton verließ das Marineamt mit dem angenehmen Bewußtsein, der Konkurrenz ein gutes Geschäft versalzen zu haben. Er war noch nicht lange fort, als MacLane in das Zimmer zu Bancroft kam.

»Wissen Sie schon das Neueste?« empfing ihn der Kapitän. »Die Corporation hat durch ihre Agenten von der Rohrlieferung Roddingtons an die Gelben Wind gekriegt und spuckt jetzt Gift und Galle. Präsident Price soll einen Anfall von Gelbsucht gehabt haben. Eben war Oberst Barton bei mir, den mir General Grove auf den Hals gehetzt hat. In der Absicht natürlich, uns zum Eingreifen zu veranlassen und Roddington das Geschäft zu verderben.«

MacLane ließ sich in den nächsten Sessel fallen und brach in ein langes, herzhaftes Gelächter aus.

»Köstlich, Bancroft!« rief er, als er endlich die Sprache wiederfand. »Das ist der richtige Abschluß für die Komödie. Wie haben wir uns damals amüsiert, als Roddington wegen der Rohrlieferung bei uns anfragte. Es war ja der schönste Beweis dafür, daß die Gelben auf den schwindelhaften Plan hereingefallen sind, den wir Mr. Oburu durch Henry Collins andrehen ließen, und jetzt . . .«, er mußte wieder laut auflachen, ». . . jetzt kommt der gute Price nachgehinkt und schickt einen berittenen Boten nach Washington. Für wie töricht muß er Roddington eigentlich halten? . . . Anzunehmen, daß der Mann solche Lieferung abschließt, ohne vorher mit uns Fühlung zu nehmen! Das ist schon mehr als eine Komödie, das fängt schon an, Burleske zu werden.«

Kapitän Bancroft stimmte in die Fröhlichkeit des andern nicht ein.

»Mein lieber MacLane«, sagte er nach kurzem Überlegen, »diese Posse oder Burleske, oder wie Sie es sonst nennen wollen, hat doch einen sehr ernsthaften Beigeschmack. Ihr Freund Roddington wird in einer Weise bespitzelt, die mir nachgerade Bedenken erregt. Wie ist das möglich, daß die Corporation sofort von einem fremden Vertrag Kenntnis erhält, den die beiden Partner aufs strengste geheimhalten?«

MacLane zuckte die Achseln.

»Das läßt sich schwer sagen, Bancroft. Sie wissen ja ebensogut wie ich, daß die Corporation über einen Stab der gerissensten Agenten verfügt. Die Kerls sind fähig, einem Kriminalinspektor die Uhr aus der Westentasche zu stehlen, ohne daß er es merkt.«

»Und leider auch einen Vertrag, der in Trenton in dem diebessicheren Tresor liegt. Das ist es, was mir Sorge macht, MacLane. Wäre es die Corporation allein, so möchte ich es meinetwegen noch hingehen lassen. Bei der ist es schließlich der Konkurrenzneid, aber die Gelben sind auch noch immer scharf hinter Roddington her . . .«

»Das begreife ich nicht, Bancroft. Die Herrschaften sollen fürs erstemal den bewußten Plan von Manila verdauen.«

»Sollte man meinen, MacLane! Aber ich habe neue Nachrichten, daß sie immer noch in Davao herumschnüffeln. Roddington nimmt diese Dinge zu leicht. Ich halte es für notwendig, ihm von Amts wegen zu Hilfe zu kommen. Wir werden mit dem Gesindel, das ihn von rechts und links bespitzelt, doch fertig werden.«

»Dazu müßte er sich zuerst an uns wenden«, warf MacLane ein.

»Sehr richtig, mein Lieber! Offiziell können wir den ersten Schritt nicht tun. Deshalb bitte ich Sie als Roddingtons Freund, sich mit ihm in Verbindung zu setzen und zu veranlassen, daß er hierherkommt.«

»Ich werde es tun, Kapitän Bancroft. Soweit ich im Bilde bin, muß er mit seinen Vorbereitungen so ziemlich fertig sein. Es ist für ihn jetzt an der Zeit, uns hier in Washington seine Karten offen auf den Tisch zu legen. Er muß es schon deshalb tun, weil er die Unterstützung unserer Flotte bei seinen weiteren Arbeiten braucht. Ich ließ mir in Davao seinen Werkcode von ihm geben. Ich werde ihm heute noch funken.«

*

Um die gleiche Zeit wiesen die Zeiger der Uhren in Davao die neunte Morgenstunde. Heiß brannte dort bereits die Tropensonne von einem wolkenlosen Himmel nieder und übergoß die neuen Werksbauten am Strand mit ihren grellen Strahlen.

James William Roddington und Dr. Wegener kamen von einem Gang durch das Werk zurück. Auf die Einladung des Doktors folgte ihm Roddington in sein Arbeitszimmer. Ein mächtiger Zeichentisch nahm den mittleren Teil des Raumes ein. Kaum ein freies Fleckchen war auf ihm vorhanden, unter Dutzenden von Zeichnungen und Plänen verschwand die Tischplatte. Nicht viel anders sah es auf dem vor einem Fenster stehenden Schreibtisch aus. Auch hier unendliche Mengen von Papier, mit Tausenden von Zahlen und langen Rechnungen bedeckt.

Dr. Wegener schob Roddington einen Stuhl hin und nahm ihm gegenüber Platz. Das Aussehen des Doktors war gegen früher verändert. Überarbeitung und Sorge hatten seinen Zügen unverkennbare Spuren aufgeprägt. Von schlaflosen Nächten und dauernder geistiger Anspannung sprachen die Schatten unter seinen Augen. Mit wachsender Unruhe hatte Roddington während der letzten Tage die Veränderung an ihm bemerkt.

»Sagen Sie mir offen, was Sie auf dem Herzen haben, Doktor Wegener«, eröffnete er jetzt die Besprechung. »Schon seit einiger Zeit merke ich, daß irgend etwas Sie bedrückt.«

Der Doktor strich sich mit einer nervösen Bewegung durch seinen Schopf.

»Sie haben recht, Mr. Roddington. Es hat keinen Zweck, den Kopf vor der Gefahr in den Sand zu stecken. Wir müssen offen sprechen. Der ungeheure Wasserdruck ist es, der mir immer größere Sorge bereitet.«

»Sie fürchten, Doktor Wegener, daß das Balsaholz dem Druck von tausend und mehr Atmosphären nicht widerstehen könnte? Ich habe in letzter Zeit ähnliche Gedanken gehabt.«

Der Doktor griff nach einem mit Zahlen bedeckten Blatt, während er weitersprach.

»Unsere Rechnung schien sehr einfach zu sein, Mr. Roddington. Der ganze Rohrstrang wiegt dreihunderttausend Tonnen. Durch die Holzmäntel werden die Rohre im Wasser bis auf fünf Prozent ihres Gewichtes entlastet. Wir brauchen nur noch ein Gewicht von fünfzehntausend Tonnen zu beherrschen, wenn . . . ja, wenn eben das Holz dem Druck standhält.«

»Sie waren Ihrer Sache zuerst doch völlig sicher«, warf Roddington ein. »Wir haben das Holz zusammen unter den Pressen dem größten Druck ausgesetzt. Sie haben die Volumenverringerung, die wir dabei feststellen konnten, in Ihren Berechnungen berücksichtigt. Woher kommen Ihnen jetzt die Bedenken?«

Es dauerte geraume Zeit, bis Dr. Wegener sich zu einer Antwort aufraffte.

»Eine bündige Erklärung kann ich Ihnen nicht geben, Mr. Roddington. Nennen Sie es Ahnung . . . nennen Sie es meinetwegen, wie Sie wollen. Vor einer Woche etwa . . . es war nach Mitternacht . . . ich konnte nicht einschlafen, da kam es über mich. Wie ein Wachtraum war es, ich sah uns beide auf der Plattform des größten Schiffes unserer Werkflotte stehen. Die schweren Winden waren in Tätigkeit . . . Rohr fügten wir an Rohr und ließen den Strang an mächtigen Stahltrossen immer tiefer in die See hinab. Alles ging gut. Kilometer um Kilometer fuhr der Strang in die Tiefe, an den Dynamometern konnte ich ablesen, daß die berechnete Entlastung tatsächlich vorhanden war . . . und dann, Roddington . . . dann gab es plötzlich einen fürchterlichen Ruck. Schwer neigten die acht Schiffe der Werksflotte, an denen der Rohrstrang hing, sich über. Die Zeiger der Dynamometer schnellten in die Höhe. Hell klangen die schweren Stahltrossen, wie die aufs höchste gespannten Saiten einer Riesengambe . . . dann brachen sie, Roddington. Mit Gewalt schnellten die abgerissenen Enden nach oben, in der Tiefe der See verschwand der Rohrstrang. Mit einem Schrei fuhr ich auf, war ich wach . . . Hatte ich doch geträumt? Seit der Nacht bin ich meiner Sache nicht mehr sicher.«

Mehr als er sich selbst gestehen wollte, war Roddington von den Worten Dr. Wegeners ergriffen. Seit jenem Tage, da an Bord der »Blue Star« zwischen den beiden zum erstenmal die Zerreißlänge erwähnt wurde, waren ihm öfter als einmal technische Zweifel und Bedenken gekommen.

Es war nicht die Festigkeit des Balsaholzes allein, an die er dabei denken mußte. Auch die Frage, wie der auf die Holzmäntel aufvulkanisierte Kautschukbelag sich dem riesenhaften Wasserdruck gegenüber verhalten würde, ging ihm wieder und immer wieder durch den Sinn. Jedes Loch in diesem Belag mußte ja notwendigerweise auch ein Loch in der Rechnung bedeuten, die Dr. Wegener mit soviel Sorgfalt aufgestellt hatte.

Nicht einmal, sondern Dutzende von Malen hatten sie bei früheren Fahrten auf der »Blue Star« Versuche darüber angestellt. Am Draht des Tiefseelotes versenkten sie Holzstücke mehrere Kilometer tief in das Meer. Kam das Holz mit dem Lot wieder nach oben, so war es bis in die letzten, feinsten Hohlräume mit Seewasser imprägniert und ebenso schwer wie das Wasser selbst geworden. Eine Schwimmfähigkeit besaß es danach nicht mehr.

Damals war ihnen zuerst die Idee eines Gummibelages gekommen. Andere Versuche machten sie mit derartig geschützten Holzstücken, und der Schutz bewährte sich. Man konnte weder Dr. Wegener noch Roddington den Vorwurf machen, daß sie nicht alle erreichbaren Erfahrungen gesammelt hätten, bevor sie an die Ausarbeitung ihres Planes gingen. Doch was im kleinen sicher war, konnte im großen unsicher werden. Zu bedeutend war der Unterschied zwischen den kleinen Holzstücken, mit denen sie bisher experimentiert hatten, und den mächtigen Holzmänteln der Riesenrohre, die nun bald dem fürchterlichen Druck der tiefsten Meerestiefe ausgesetzt werden sollten. –

In das minutenlange Schweigen fielen langsam und schwer die Worte Roddingtons.

»Einen zweiten Versuch würden mir meine Mittel nicht mehr gestatten, Doktor Wegener. Der erste Versuch darf kein Mißerfolg werden.«

»Deshalb, Mr. Roddington, müssen schon beim ersten Versuch die Werkschiffe so tragfähig, die Trossen so mächtig, die Winden so stark sein, daß uns der Rohrstrang auch dann nicht in die See stürzen kann, wenn die tragenden Mäntel nicht standhalten.« –

Ihre Unterhaltung wurde durch den Eintritt eines Werkmannes unterbrochen. Er brachte eine Funkdepesche. Roddington riß das Papier auf und las die Unterschrift »MacLane«. Der Text war verschlüsselt. Zusammen mit Dr. Wegener machte er sich an die Entzifferung. Nachdenklich wiegte der Doktor den Kopf, als das letzte Wort des Radiogramms in Klarschrift auf dem Papier stand.

»Es war vielleicht doch nicht klug, daß Sie den japanischen Auftrag annahmen«, sagte er endlich. »Es scheint die Herren in Washington verschnupft zu haben, und wir sind auf ihre Unterstützung angewiesen.«

Noch einmal und noch ein drittes Mal überlas Roddington den Funkspruch, dann raffte er sich zu einem Entschluß auf.

»Es hilft nichts, Doktor«, sagte er, während er das Telegramm beiseitelegte, »ich muß mit der schnellsten Luftverbindung nach Washington und die Sache in Ordnung bringen. Wir können gleich zusammen die Antwort an Freund Freddy aufsetzen.«

Er griff nach Papier und Bleistift, aber Dr. Wegener beeilte sich nicht sonderlich, ihm bei der Abfassung des Textes zu Hilfe zu kommen. Mit halb geschlossenen Augen saß er da und preßte bisweilen die Hände gegen die Schläfen.

»Was halten Sie von diesem Passus, Doktor?« fragte Roddington ungeduldig und las ihm ein paar Sätze vor, die er eben niedergeschrieben hatte. Dr. Wegener schlug die Augen wieder auf. –

»Bevor Sie nach Washington gehen, müssen Sie sich selber darüber klar sein, in welcher Größe und in welchem Umfang Sie die Hilfe der Bundesmarine erbitten wollen.«

»Ich meine, Doktor Wegener, Sie hätten vor wenigen Minuten klar ausgesprochen, was wir brauchen.«

Der Doktor schüttelte den Kopf.

»Nein, Mr. Roddington, ich deutete es nur ungefähr an. Wir müssen vorher vollkommen klar sehen.« –

Immer lebhafter wurde Dr. Wegener, während er weiter sprach. Sorge und Müdigkeit schienen von ihm abzufallen, und immer aufmerksamer folgte Roddington seinen Worten. Eine Viertelstunde verstrich darüber und noch eine zweite, dann war der Doktor mit seinen Darlegungen zu Ende.

»Sie haben wieder einmal recht, Doktor«, sagte Roddington, »das muß zuallererst geschehen.«

»Dann wollen wir jetzt zusammen die Antwort an MacLane aufsetzen, Mr. Roddington.«

Schon während der Doktor es sagte, griff er zum Bleistift. Schnell wurde der Text geschrieben und verschlüsselt. Eine halbe Stunde später spritzte er aus der Antenne des Senders von Davao in den Äther.

*

Unter der Nachwirkung von Oberst Bartons Bericht war Präsident Price in einer etwas besseren Laune.

»Was bringen Sie Neues, Palmer?« fragte er seinen Agenten und schob ihm mit einer einladenden Bewegung die Zigarrenkiste hin. Während Palmer mit der Linken danach griff, holte er mit der Rechten das unvermeidliche Notizbuch hervor.

»In Trenton wird wieder Tag und Nacht in drei Schichten gearbeitet, Mister Price.«

»Wo, Palmer? In der neuen Gießhalle?«

»Dort auch«, stieß Palmer zwischen zwei Rauchwolken hervor.

Der Präsident ließ seine Faust auf den Tisch fallen.

»Immer noch Schleuderguß? Das Geschäft mit den Gelben haben wir Dickinson doch verdorben.«

Palmer sah, wie sich eine bedenkliche Röte auf dem Gesicht von Price entwickelte, und das veranlaßte ihn, die Mitteilung zu unterdrücken, die ihm schon auf der Zunge lag.

»Die Rohre für Tokio sind längst gegossen, sie schwimmen seit Tagen irgendwo zwischen Trenton und Panama«, wollte er eigentlich sagen. »Es wird kein Schleuderguß in Trenton mehr hergestellt«, sagte er statt dessen, und das Gesicht des Präsidenten nahm allmählich wieder seine natürliche Farbe an.

»Was wird in der neuen Halle gemacht?« fragte er kurz.

»Stahldrahtseile, Mr. Price. Dickinson hat die größte Kabelspinnmaschine aus den Werkstätten der General Electric in Schenectady gekauft. Man spricht von einer halben Million Dollar, die dafür gezahlt wurden.«

»Soviel ist die Maschine nicht einmal neu wert«, brummte Price vor sich hin.

Palmer nickte lebhaft. »Sehr richtig, Herr Präsident! Dickinson hat für die alte Maschine beinahe den doppelten Neupreis bezahlt, weil er sie sofort haben mußte und auf dem freien Markte nichts Ähnliches greifbar war. Die Herren von der General Electric haben ihn gehörig bluten lassen.«

»Also Stahldrahtseile spinnt Dickinson jetzt«, sagte Price kopfschüttelnd. »Weiß der Teufel, Palmer, wir haben nicht gemerkt, daß in den Vereinigten Staaten besondere Nachfrage nach dem Artikel vorhanden ist. Vielleicht will er auch damit seine gelben Geschäftsfreunde beglücken. Na, ich denke, es werden sich Mittel und Wege finden lassen, ihm das Handwerk zu legen.«

Palmer zuckte die Achseln. Er war in dieser Beziehung nicht so siegessicher wie Price, doch in Rücksicht auf dessen explosive Natur zog er es vor, seine Bedenken für sich zu behalten.

»Sie sagten vorher, Palmer«, fragte Price weiter, »daß in Trenton mit drei Schichten gearbeitet wird. In welchen Abteilungen geschieht das?«

»Im Walzwerk und in der Drahtfabrik, Mr. Price.«

»Ach, so ist das zu verstehen! Diese Abteilungen müssen natürlich das Futter für die Kabelspinnmaschine liefern. Tag und Nacht wird gearbeitet, sagen Sie. Dann muß es sich um große Mengen handeln.«

Palmer zog wieder seine Notizen zu Rate.

»Sehr wohl, Herr Präsident. Die neue Kabelspinnmaschine liefert stündlich fünf Kilometer eines reichlich schenkelstarken Stahldrahtseiles. Da müssen die andern Abteilungen sich schon dranhalten, um den Draht zu liefern, der dabei verbraucht wird.«

»Konnten Sie in Erfahrung bringen«, fragte Price weiter, »für wen die Trossen bestimmt sind?«

Palmer schüttelte den Kopf. »Ich hörte, daß die fertiggestellten Trossen nach Davao verfrachtet werden. Das wäre im Augenblick alles, was ich an Neuigkeiten in Trenton erfuhr, Mr. Price.«

Verstohlen sah der Agent dabei den Präsidenten an. Keinen der sonst üblichen Ausbrüche gab es heute. Offensichtlich war Price in guter Laune, und Palmer hütete sich, noch ein paar Nachrichten anzubringen, die diese vielleicht verschlechtern konnte. Mit einer Verbeugung erhob er sich. Mit stiller Verwunderung nahm er das halbe Dutzend Zigarren in Empfang, das ihm Price gegen seine sonstige Gewohnheit beim Abschied in die Hand drückte. –

Als der Agent draußen war, ging Price im Zimmer hin und her und rieb sich die Hände. Einzelne Worte und Sätze kamen dabei von seinen Lippen.

Es ist so, es kann kaum anders sein. Ich habe ihn überschätzt . . . er ist ein Riesennarr. Mit offenen Augen läuft er in sein Verderben . . . um so besser für uns . . . bald werden wir das Trenton-Werk billig kaufen können . . . der andere . . . der deutsche Narr, der ihm die Verrücktheiten eingeblasen hat . . . der könnte von Rechts wegen eine Provision von uns verlangen, wenn Roddington fertig ist . . .

Befriedigt ließ er sich wieder in seinen Sessel fallen. Price glaubte jetzt zu wissen, wenigstens zu ahnen, welchen Utopien James Roddington nachjagte, und als nüchterner Kaufmann sah er das schlechte Ende mit Sicherheit voraus. Aber es bestand die Möglichkeit, daß Roddington oder Dickinson vielleicht auch noch weiterhin lukrative Geschäfte mit den Japanern machten und dadurch den nach seiner Meinung unvermeidlichen Zusammenbruch auf geraume Zeit hinausschoben. Das mußte verhindert werden. Price sah da entfernte Möglichkeiten für Roddington, die seine gute Laune wieder um ein paar Grad sinken ließen. Er griff zur Feder, denn die neuen Instruktionen, die er Oberst Barton geben wollte, waren derart vertraulicher Natur, daß er sie seinem Sekretär nicht diktieren wollte . . . Eigenhändig schrieb er einen Brief, der bald danach den Oberst zu weiteren Besuchen in den Ämtern von Washington veranlaßte. –

Dabei waren die Befürchtungen von Price unbegründet und seine Maßnahmen vorläufig wenigstens verfrüht. Vicomte Oburu und seine Leute hatten im Augenblick andere Sorgen. –

Ungefähr zur gleichen Zeit, da Price den Schlußstrich unter seinen Brief setzte, stiegen drei Leute auf einem Waldpfad in die östlich von Manila gelegenen Berge. Trotz der frühen Stunde brannte die Sonne schon stark und erzeugte unter den dichten Baumkronen eine feuchte, ermüdende Wärme. Immer häufiger blieb der vorderste der drei Männer, offenbar der Führer der kleinen Gesellschaft, stehen und wischte sich den Schweiß von der nassen Stirn. Jetzt ließ er sich auf einem Felsblock am Wege nieder und nahm seinen Sombrero ab.

»Uff, Gentlemen! Verteufeltes Klima auf dieser gottgesegneten Insel. Eine kurze Rast wird uns allen guttun.«

Ungeduldig blickte der zweite Mann auf seine Uhr.

»Wir haben noch reichlich eine Stunde bis zum Ziel, Mr. Collins. Die Zeit wird knapp.«

»Ah, bah, Mr. Itomo. Ich habe keinen trockenen Faden mehr am Leibe. Wenigstens ein paar Minuten muß ich mich verschnaufen.«

Dabei zog Collins seine Pfeife heraus, setzte sie in Brand und begann behaglich zu rauchen. Itomo trat indes ungeduldig von einem Bein auf das andere. Für einen Japaner war der Aufenthalt hier innerhalb des befestigten Gebietes von Manila nicht unbedenklich. Die amerikanischen Behörden pflegten gegen neugierige Fremde scharf vorzugehen, und je länger sie sich hier aufhielten, um so größer war die Möglichkeit, daß sie entdeckt wurden. Die Ruhe, mit der Collins sich in solcher Lage dem Genuß seiner Pfeife hingab, ging dem Gelben allmählich auf die Nerven. Unruhig wandte er sich um und wollte nach dem Dritten sehen. Eben noch stand der wenige Schritte hinter ihm, jetzt suchten seine Blicke ihn vergeblich.

»Koami, wo sind Sie?« rief er gedämpft. Eine Antwort kam nicht. Es schien, als ob der dichte Wald zu beiden Seiten des Pfades den dritten Mann verschlungen hätte.

»Keine Aufregung, Mr. Itomo«, sagte Collins, »er wird schon wiederkommen.« Mit einem Augenzwinkern deutete der Amerikaner dabei an, daß er an eine sehr naheliegende Erklärung für die vorübergehende Abwesenheit Koamis dachte. –

Ein Rascheln in den Büschen ließ Itomo aufhorchen. Noch dachte er, es wird Koami sein, der zurückkommt, als es kurz und scharf neben ihm ertönte.

»Hände hoch!«

Ein Unteroffizier der amerikanischen Armee, gefolgt von drei Soldaten, brach aus dem Dickicht. Die Gewehre der Mannschaften waren auf Itomo und Collins gerichtet. Schweigend folgte der Japaner dem Befehl. Mit einem schweren Fluch legte Collins seine Pfeife auf den Stein und streckte seine langen Arme ebenfalls in die Luft, ohne sich zu erheben. Der Unteroffizier schaute indes suchend nach allen Seiten aus.

»Wo ist der dritte Mann geblieben?« herrschte er Collins an. Der zuckte die Achseln.

»War eben noch hier, Sir, vermute, er muß gleich wiederkommen . . . wenn Sie ihn nicht etwa verscheucht haben.« –

Der zweite Teil von Collins' Vermutung bestätigte sich. Koami kam nicht wieder und blieb auch unauffindbar, als der Unteroffizier das Dickicht zu beiden Seiten des Pfades von zweien seiner Leute durchsuchen ließ. Ohne ihn mußten Collins und Itomo, mit soliden stählernen Armbändern versehen, in Begleitung der amerikanischen Patrouille den Rückmarsch nach Manila antreten. Ein paar Kolbenstöße erstickten dabei im Keim eine Unterhaltung, die Itomo im Flüsterton mit Collins beginnen wollte. In der Kaserne wurden die beiden Gefangenen sofort in getrennte Räume gesteckt, um später einzeln verhört zu werden. –

Auf das Verhör Itomos soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. In bemerkenswerter Weise ging dasjenige von Collins vonstatten. Es unterschied sich schon dadurch von dem des Japaners, daß Collins ohne die Handfesseln mit seiner Pfeife im Munde vor dem vernehmenden Offizier erschien.

»Ihr Sergeant ist ein Quadratesel, Mr. Oberst«, eröffnete Collins die Unterhaltung. »Er hat es so dumm angestellt, daß der andere Gelbe durch die Lappen gegangen ist.«

Der Oberst nahm diese freimütige Bemerkung keineswegs übel. »Nehmen Sie Platz und erzählen Sie, wie das geschehen konnte«, sagte er.

»Da ist nicht viel zu erzählen. Ich war mit den beiden auf die Minute genau zur verabredeten Zeit an dem verabredeten Platz. Stellte mich erschöpft, setzte mich auf einen Stein und dachte, schon während ich mir meine Pfeife ansteckte: Jetzt muß die Patrouille zugreifen. Ja, Essig war's damit. Die halbe Pfeife habe ich schon ausgeraucht, als der Sergeant mit seinen Leuten endlich ankommt. So ungeschickt natürlich, daß Koami rechtzeitig was merkt und sich verdrücken kann. Mit Mühe und Not habe ich den andern so lange aufgehalten, bis Ihre Leute endlich ran waren.«

Collins war mit seinem Bericht zu Ende und beschäftigte sich angelegentlichst mit seiner Pfeife.

»Meinen Sie, daß die Gelben irgendwelchen Verdacht gegen Sie geschöpft haben, Mr. Collins?« fragte der Offizier. Collins grinste und rieb sich die Seite.

»Ich glaube es bestimmt nicht, Herr Oberst. Unsere Verhaftung ging verdammt echt vor sich. Ich habe ein paar ordentliche blaue Flecke dabei abbekommen. Ihre Leute wußten ja nicht, was gespielt wurde, und haben die Sache sehr naturgetreu gemacht.«

»Hm.« Der Oberst überlegte geraume Zeit, ehe er weitersprach.

»Die ortsübliche Taxe für den Fall Itomo wären sechs Monate. Man hat ihm nichts Erschwerendes nachweisen können. Er hatte weder Fernglas noch photographische Kamera noch irgendwelche belastenden Aufzeichnungen bei sich. Behauptet, er wäre ein harmloser Tourist, der unter Ihrer Führung nur einen Ausflug in die Berge machen wollte. Hätte keine Ahnung, daß das verboten sei. Im Höchstfalle würde er sechs Monate erhalten. Wenn der Richter ihm seinen Schwindel glaubt, kommt er am Ende noch billiger weg. Es müßte etwas dagegen geschehen.«

Collins qualmte wie ein Küstendampfer, und dabei kam ihm eine Idee.

»Wie wäre es, Mr. Oberst, wenn ich mit dem Gelben zusammen noch vor der Gerichtsverhandlung ausrückte. Ihre Türen hier sind nicht besonders fest. Eine Kaserne ist ja schließlich kein Gefängnis. Während einer der nächsten Nächte könnten wir entweichen. Im Hafen draußen müßte ein geeignetes Boot liegen, schlecht bewacht natürlich, daß es sich bequem stehlen ließe. Ich bin überzeugt, nach einer solchen gemeinsamen Flucht würde das Vertrauen des Herrn Itomo und seiner Landsleute in meine Person unerschütterlich sein, und wir könnten die Sache bei nächster Gelegenheit mit besserem Erfolg noch einmal versuchen.«

Der Oberst hatte den andern reden lassen, zuerst mit Widerstreben, bald interessiert und von dessen Ausführungen immer mehr gefesselt.

»By Jove! Der Vorschlag läßt sich hören«, rief er, als Collins fertig war. »Was haben wir davon, wenn der Japaner ein paar Monate absitzt und danach seine dunklen Geschäfte weiterbetreibt! Es wird besser sein, wenn Sie ihn unter Aufsicht behalten und auch die Verbindung mit dem andern wieder aufnehmen. Haben Sie sich schon einen Plan gemacht, wie man die Sache arrangieren könnte?«

Mr. Collins hatte bereits einen Plan, und er benutzte die nächste Viertelstunde dazu, ihn dem Oberst ausführlich zu entwickeln. Schon die übernächste Nacht sollte zur Flucht benutzt werden. Es traf sich günstig, daß zu dieser Zeit gerade der Gedenktag eines Heiligen als ein althergebrachtes Volksfest in Manila gefeiert wurde. In dem allgemeinen Trubel würde die Flucht ohne unbequeme Zwischenfälle vonstatten gehen können.

Als Collins den Oberst verließ, lag der Plan in allen Einzelheiten fest.

*

»Glück muß der Mensch haben«, lachte Collins vor sich hin, als die »Hawk« in dunkler Nacht unter vollem Segeldruck aus der Bucht von Manila hinaus auf die offene See rauschte. Er hatte guten Grund für diese Bemerkung.

Ein Glücksfall war es schon, daß sein Kassiber mit dem Fluchtplan durch die Vermittlung eines Eingeborenen, der in der Kaserne als Wärter tätig war, richtig in die Hände Itomos kam. Ein Glück auch, daß die Kasernenwache in jener Festnacht ihren Dienst reichlich nachlässig versah. Ohne besondere Schwierigkeiten gewannen Collins und Itomo das Freie und eilten zum Hafen.

Etwas Unvorhergesehenes ereignete sich dann, was Collins eine Weile stutzig machte. In einer der engen Hafengassen stieß unversehens Koami zu ihnen. Erst später bekam Collins die Erklärung dafür. Itomo hatte es verstanden, sich durch denselben Eingeborenen, der ihm den Kassiber des Amerikaners brachte, auch mit seinem Landsmann in Verbindung zu setzen.

Und dann der letzte größte Glücksfall. Am Kai fanden sie die »Hawk«, eine seegehende Segeljacht mit einem Hilfsmotor. Es sah fast so aus, als ob ihr Besitzer für den nächsten Tag eine große Tour vorhätte. Die Benzintanks waren gefüllt. Frisches Wasser und Lebensmittel befanden sich in reicher Menge in den Vorratsräumen des Bootes. Alle für die Navigierung notwendigen Instrumente nebst gutem Kartenmaterial waren vorhanden.

Collins und seine Begleiter brauchten nur an Bord zu gehen, die Trosse loszuwerfen und den Motor anzukurbeln. Schnell verschwanden die Lichter der Stadt hinter ihnen. Schon konnten sie die Segel setzen, und dann kam eben jener Augenblick, in dem Collins seine Betrachtung über das Glück anstellte. –

Das alles lag nun schon mehrere Tage zurück. Vorsichtig hatten sie sich in der Zwischenzeit auf Südost-Kurs ihren Weg durch das Inselgewirr gesucht, bis sie südlich von Luzon den Stillen Ozean erreichten. Und dann konnte Collins noch einmal tiefsinnige Betrachtungen über das Glück vom Stapel lassen. Halbraum fiel hier der Passatwind in die Segel der »Hawk« und trieb das Boot geradeswegs seinem Ziel, den japanischen Palauinseln, zu. Nur noch eine einfache Spazierfahrt würden die tausend Kilometer bis dorthin sein. In vier, höchstens fünf Tagen würden sie ihr Ziel erreichen. Stundenlang konnte Collins Schot und Steuer festmachen und sich ganz seiner geliebten Pfeife widmen. In dem steten Passatwind hielt das Boot auch sich selbst überlassen seinen Kurs bei.

Nur den Horizont mußte der Amerikaner scharf im Auge behalten, weniger um seinetwillen als seiner Gefährten wegen. Die Herren Itomo und Koami wünschten nach ihren Erlebnissen in Manila jedem Schiff der Union aus dem Wege zu gehen und sehnten lebhaft den Augenblick herbei, wo sie sich im Schutze der japanischen Gewässer befinden würden.

Bisher war das Glück ihnen auch hierbei günstig gewesen. Abgesehen von einigen harmlosen Fischerbooten der Eingeborenen war ihnen kein Fahrzeug in Sicht gekommen. Nun durchschnitt die »Hawk« schon seit mehr als vierundzwanzig Stunden die Fluten des Pazifik, und nirgends verriet eine Mastspitze oder Rauchfahne die Anwesenheit anderer Schiffe.

Collins ersuchte Koami den Kompaß zu beobachten, etwaige Kursabweichungen durch das Steuer zu korrigieren. Dann begann er mit dem Sextanten zu arbeiten, um den Schiffsort zu bestimmen. Eben trug er die gefundene Länge und Breite in die Seekarte ein, als ein Ruf Itomos ihn aufmerken ließ. Der Gelbe deutete mit der Hand Steuerbord voraus. In weiter Ferne, fast schon unter der Kimme, war etwas zu bemerken, das vielleicht ein Schiff sein konnte.

Zu den wenigen Dingen, die Collins nicht an Bord der »Hawk« gefunden, sondern selbst mitgebracht hatte, gehörte ein vorzügliches Fernglas, das er jetzt auf den Ruf Itomos hin an die Augen brachte. Sein Beobachtungsort schien ihm nicht günstig. Er ging nach dem Vorderdeck, lehnte sich dort mit dem Glas an das Stag und schaute lange in die gewiesene Richtung. Fragend blickten die beiden Japaner ihn an, als er wieder nach achtern kam.

»Amerikanisches Schiff?« fragte Koami. Collins nickte, während er sich am Steuer niederließ und den Kurs der »Hawk« auf das ferne Fahrzeug setzte.

»Was tun Sie?« fragte ihn Itomo unruhig.

»Interessante Sache, Gentlemen«, sagte Collins gleichmütig. »Es sind zwei Schiffe da drüben. Ich will mich hängen lassen, wenn eins davon nicht die ›Blue Star‹, die Jacht unseres Freundes Roddington ist. Das andere scheint ein dicker Frachtkasten zu sein. Zu fürchten haben wir von ihnen kaum etwas.«

Itomo und Koami schienen die Ansicht von Collins nicht so unbedingt zu teilen. Mit offensichtlichem Unbehagen sahen sie die Entfernung zwischen der »Hawk« und den fremden Schiffen immer geringer werden.

»Wenn man uns von dort drüben bemerkt, Mr. Collins«, hub Itomo von neuem an, »unser Segel ist weithin zu sehen, das weiße Schiff sieht so aus, als ob es sehr schnell fahren könnte . . . es wäre besser, wenn wir weiter abblieben.«

»Sie haben recht, Itomo, unsere Segel sind auf eine viel weitere Entfernung zu sehen als unser Boot. Aber dagegen gibt's ja ein einfaches Mittel.« Schon während der letzten Worte holte er das Boot dicht an den Wind, drückte Koami Steuerpinne und Schot in die Hand und machte sich an den Falleinen zu schaffen. Die Gaffel der »Hawk« mit dem großen Segel sank herab. Kurz darauf war auch das Klüwersegel eingeholt. Nur noch der kahle Mast des Bootes stand, der von den andern Schiffen her bei der bisherigen Entfernung kaum bemerkt werden konnte. Der Motor wurde angeworfen, und unter dem Druck ihrer Schraube lief die »Hawk« langsam näher an die »Blue Star« heran. Collins befahl Koami, den eingeschlagenen Kurs weiter zu halten, und preßte sein Glas an die Augen. Lange Zeit blickte er schweigend hindurch. Nur noch etwa anderthalb Kilometer mochte die »Hawk« von den beiden andern Schiffen ab sein, als er es Itomo hinhielt.

»Das ist nicht uninteressant, Mr. Itomo, was die Leute da drüben treiben. Nach dem schwarzen Frachtdampfer müssen Sie sehen, nicht nach der ›Blue Star‹.«

Der Japaner hatte inzwischen entdeckt, was Collins meinte. Außenbords an dem Frachtdampfer war irgend etwas Mächtiges, Langes, Helles befestigt. Eben noch lag es waagerecht an der Schiffswand. Jetzt ließen die Trossen an einer Seite nach. Das eine Ende senkte sich, tauchte in die See, verschwand darin.

Das Glas von Collins hatte eine fünfzehnfache Vergrößerung. Es brachte für Itomo den Frachtdampfer bis auf hundert Meter heran. Deutlich konnte er verfolgen, wie der gewaltige Zylinder da drüben senkrecht in die See tauchte und verschwand. Eine schwere Fachwerkkonstruktion auf Deck konnte er erkennen, über die Stahltrossen liefen, an denen der Zylinder hing. Laufende Räder und Motoren verrieten ihm, daß das Spiel weiterging, daß der Zylinder immer tiefer in die See hinabgelassen wurde. Fast unwillig blickte er Collins an, als der ihm das Glas wieder aus der Hand nahm, um selber hindurchzusehen.

»Spaßhaft, was, Mr. Itomo?« bemerkte er dabei. »Sie sind meines Wissens ja auch Interessent für die bewußten Rohre aus Trenton. Hier sieht's beinahe so aus, als ob Mr. Roddington noch eine neue Verwendungsart dafür gefunden hätte. Aber halt . . .« unterbrach er sich und setzte den Motor still. »Näher wollen wir nicht heranfahren, wir können von hier aus alles gut genug sehen.« –

Wenn Henry Collins gewußt hätte, was er leider nicht wußte, so wäre er den Schiffen Roddingtons in weitem Bogen aus dem Wege gegangen und hätte sich schwer gehütet, die Japaner auf die Vorgänge dort aufmerksam zu machen. Aber er konnte es nicht wissen, denn Kapitän Bancroft und MacLane hatten es nicht für nötig gehalten, ihm ihre letzten Gründe mitzuteilen, als sie ihm den Auftrag gaben, dem Vicomte Oburu einen fingierten Plan in die Hände zu spielen. Man hatte ihm damals nicht verraten, daß dieser Plan nur den Zweck verfolgte, die wirkliche Verwendung der geheimnisvollen Rohre zu tarnen.

So konnte es geschehen, daß er jetzt infolge dieser Unkenntnis der Zusammenhänge die beiden Japaner Dinge sehen ließ, die durchaus nicht für ihre Augen bestimmt waren, und die Herren Itomo und Koami waren jetzt auf das höchste an dem, was dort drüben geschah, interessiert. Verschwunden war ihre Scheu vor den amerikanischen Schiffen. Wenn Collins es zugelassen hätte, wären sie noch näher herangegangen, um alle Einzelheiten noch besser beobachten zu können. –

Es war noch früher Morgen, als sie die beiden Schiffe Roddingtons von der »Hawk« aus sichteten, und die Sonne stand bereits tief im Westen, als sie endlich genug gesehen zu haben glaubten. Mit Motorkraft entfernte sich die »Hawk«, bis sie weit genug ab war, um ohne die Gefahr einer Entdeckung ihre Segel wieder hissen zu können. Der Passat schwellte die Leinwand, in flotter Fahrt setzte das Boot seine Reise nach den Palauinseln fort. Wenige Tage später lief es in den Hafen von Babeldaob ein. –

Was die Insassen der »Hawk« durch einen Zufall beobachten konnten, war jener letzte, entscheidende Versuch, den Roddington auf den Rat Dr. Wegeners unternahm, bevor er in Washington die Unterstützung der amerikanischen Marine für seine weiteren Arbeiten erbitten wollte. Das Gelbe, Lange, das die Insassen der »Hawk« von weitem sahen, war eins jener großen, mit Balsaholz und Gummi ummantelten Stahlrohre. Richtig hatten sie auch noch gesehen, wie das mit seinem Mantel weit über zweitausend Tonnen schwere Stück von dem Dampfer aus an zwei mächtigen Stahltrossen in die Tiefe gelassen wurde. Nicht aber konnten sie sehen, wie Dr. Wegener und James Roddington, beide blaß vor Erwartung und Aufregung, neben den Dynamometern und anderen Meßinstrumenten auf dem Deck der »City of Frisco« standen und fieberhaft den Gang der Zeiger auf den Skalen verfolgten, während das gewaltige Stück tief und immer tiefer in die See versank.

Hundert Tonnen zeigten die Dynamometer, als das obere Ende des Riesenrohres im Wasser verschwand. Die Rechnung Dr. Wegeners erwies sich als richtig, bis auf fünf Prozent war es im Wasser durch den Holzmantel entlastet.

Weiter lief die Zeit, und weiter liefen die schenkelstarken Stahltrossen, an denen das Rohr hing. Stetig wanderten die Zeiger der mit den Laufrollen verbundenen Zählwerke vorwärts und gaben die Tiefe an.

. . . Fünf Kilometer . . . sechs Kilometer . . . die Blicke des Doktors gingen zwischen den Zeigern der Zählwerke und der Dynamometer hin und her, während er sich den Tropenhut ins Genick schob.

. . . Zwölf Kilometer . . . dreizehn Kilometer . . . langsam begannen die Dynamometerzeiger zu klettern. Der Riesendruck von dreizehnhundert Atmosphären, dem das Rohr in dieser Tiefe ausgesetzt war, begann den Holzzylinder zusammenzupressen. Die Entlastung wurde geringer; schwer und immer schwerer hing das Rohrgewicht an den Trossen.

. . . Vierzehn Kilometer . . . fünfzehn Kilometer . . . rapide stieg das Dynamometer. Das Holz des Mantels begann unter dem Riesendruck zusammenzubrechen . . . dann plötzlich wieder ein Fallen der Zeiger. Das Rohr lastete nicht mehr an den Trossen, es hatte in einer Tiefe von zwei geographischen Meilen den Seeboden erreicht und ruhte auf ihm. –

Ein Befehl kam von Roddingtons Lippen, und rückwärts begannen die Maschinen der schweren Hebezeuge zu laufen. Von neuem strafften sich die Trossen, der Aufstieg begann. Meter um Meter hißten die Maschinen die schweren Kabel aus der See. Noch triefend vom Seewasser liefen sie wie riesige Schlangen in den leeren Bauch der »City of Frisco« zurück und füllten ihn allmählich, während das Rohr der Meeresoberfläche näher kam.

. . . ein Kilometer . . . noch fünfhundert Meter . . . kaum ein Wort war in den langen Stunden, die der Versuch nun schon währte, zwischen Roddington und Dr. Wegener gewechselt worden. Fieberhaft rechnete der Doktor, während er dabei die Zeigerstellungen der Meßinstrumente notierte. Mit einem leisen Seufzer ließ er den Schreibblock sinken. Langsam und schwer kamen die Worte von seinen Lippen.

»Es hilft nicht, Mr. Roddington, bei dreizehn Kilometer Tiefe brechen die Holzmäntel zusammen. Wir müssen annehmen, daß die letzten beiden Kilometer des Stranges mit ihrer vollen Last an den Trossen hängen werden.« –

Null Meter gaben die Zeiger der Zählwerke an. Das obere Ende des Rohres tauchte aus der See auf. Eine starke Kabelschlaufe wurde über Bord gelassen, um auch das untere Ende zu fangen und das ganze gewaltige Stück waagerecht emporzuhissen.

Wie hatte es sich bei dieser Fahrt in die tiefsten Tiefen des Ozeans verändert! Bis auf einen geringen Bruchteil seiner früheren Stärke war der Holzmantel unter dem riesenhaften Druck von anderthalbtausend Atmosphären zusammengequetscht. Jedes Fäserchen in der gewaltigen Holzmasse mußte zerrissen und zerbrochen sein, denn diese Deformation war dauernd. Auch jetzt, wieder in der Luft, befreit von dem fürchterlichen Druck, behielt der Mantel die Form, welche die Gewalten der Tiefe ihm aufgezwungen hatten. Das gemarterte Holz dehnte sich nicht wieder aus.

Wie fasziniert starrten James Roddington und Dr. Wegener auf den auch jetzt noch gewaltigen Zylinder, den der Gummibelag wie eine faltig und runzlig gewordene Greisenhaut umgab. Sie bemerkten es darüber nicht, wie weit im Osten an der Kimme der See ein Segel gehißt wurde und ein Boot seinen Weg fortsetzte. Mit einer energischen Bewegung strich sich der Doktor durch den Schopf.

»Fassen wir das Resultat zusammen«, sagte er entschlossen. »Der Gummi hat gehalten, was wir erwarteten. Das Holz bricht bei dreizehn Kilometern zusammen. Wir wollen mit doppelter Sicherheit rechnen, verlangen Sie in Washington Hilfsmittel, um die untersten vier Kilometer sicher abzufangen.«

Roddington sah ihn lange an, bevor er fragte. »Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden, Doktor Wegener?«

Fast ebensolange ließ sich der Doktor Zeit, ehe er antwortete.

»Es hätte schlimmer kommen können. Ich glaube, wir dürfen zufrieden sein, und vielleicht . . . vielleicht, Mr. Roddington, ist es sogar gut so, wie es jetzt ist.«

»Wie meinen Sie das?« fragte Roddington.

»Ich meine es so, Mr. Roddington. Mit einer Überlast von vierzig- bis fünfzigtausend Tonnen wird sich der Strang tief in den Seeboden einbohren. Wir dürfen noch sicherer als bisher auf einen wasserdichten Anschluß des untersten Rohres an den Seeboden rechnen.«

»Also sind Sie zufrieden, Doktor Wegener?«

»Zufrieden werde ich erst sein, Mr. Roddington, wenn wir das letzte Ziel erreicht haben. Aber jetzt sehe ich den Weg zu ihm offen.« –

Die Sterne schimmerten am Firmament, als die »Blue Star« und die »City of Frisco« den Kurs auf Süd setzten, um nach Davao zurückzukehren. Am Morgen des übernächsten Tages machten sie dort am Kai des neuen Werkes fest. Ein kurzer Abschied noch zwischen Roddington und Dr. Wegener. Roddington bestieg das Flugzeug, das ihn schon erwartete. Der Doktor stürzte sich von neuem in die Arbeit. Vieles war ja noch zu tun und bereitzustellen, wenn das gewaltige Werk, dem all sein Schaffen und Streben galt, glücklich vonstatten gehen sollte.

*


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