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Neuntes Kapitel

Trotz alledem, sagten die Römer, hätten längst die Goten die Mauern erstiegen, wäre nicht des Präfekten Egeria gewesen.

Denn es war merkwürdig: sooft die Barbaren einen Sturm vorbereiteten –: Cethegus ging zu Belisar und warnte und bezeichnete im voraus den Tag. Sooft Teja oder Hildebad in kühnem Handstreich ein Tor zu überrumpeln, eine Schanze wegzunehmen gedachten: – Cethegus sagte es vorher, und die Angreifer stießen auf das Zweifache der gewöhnlichen Besatzung der Punkte. Sooft in mächtigem Überfall die Kette des Tibers gesprengt werden sollte: Cethegus schien es geahnt zu haben und schickte den Schiffen der Feinde Brander und Feuerkähne entgegen.

So ging es viele Monate hin. Die Goten konnten sich nicht verhehlen, daß sie, trotz unablässiger Angriffe, seit Anfang der Belagerung keinerlei Forstschritte gemacht.

Lange trugen sie diese Unfälle, die Entdeckung und Vereitelung all ihrer Pläne, mit ungebeugtem Mut. Aber allmählich bemächtigte sich nicht bloß der großen Masse Verdrossenheit, insbesondere da Mangel an Lebensmitteln fühlbar zu werden begann, – auch des Königs klarer Sinn wurde von trüber Schwermut verdüstert, als er all seine Kraft, all seine Ausdauer, all seine Kriegskunst wie von einem bösen Dämon vereitelt sah. Und kam er von einem fehlgeschlagenen Unternehmen, von einem verunglückten Sturm, matt und gebeugt, in sein Königszelt, so ruhten die stolzen Augen seiner schweigsamen Königin mit einem ihm unverständlichen, aber grauenvoll unheimlichen Ausdruck auf ihm, daß er sich schaudernd abwandte.

«Es ist nicht anders», sagte er finster zu Teja, «es ist gekommen, wie ich vorausgesagt. Mit Rauthgundis ist mein Glück von mir gewichen, wie die Freudigkeit meiner Seele. Es ist, als läge ein Fluch auf meiner Krone. Und diese Amalungentochter wandelt um mich her, schweigend und finster, wie mein lebendiges Unglück.»

«Du könntest recht haben», sprach Teja. «Vielleicht lös' ich diesen Zauberbann. Gib mir Urlaub für heut' nacht.»

Am selben Tage, fast in derselben Stunde, forderte drinnen in Rom Johannes, der Blutige, von Belisar Urlaub für diese Nacht. Belisar schlug es ab. «Jetzt ist nicht Zeit zu nächtlichen Vergnügen», sagte er.

«Wird kein groß Vergnügen sein, in der Nacht zwischen alten feuchten Mauern und gotischen Lanzen einem Fuchs nachzuspüren, der zehnmal schlauer ist als wir beide.»

«Was hast du vor?» fragte Belisar, aufmerksam werdend.

«Was ich vorhabe? Ein Ende zu machen der verfluchten Stellung, in der wir alle, in der du, o Feldherr, nicht zum mindesten stehst. Es ist schon alles ganz recht. Seit Monaten liegen die Barbaren vor diesen Mauern und haben nichts dabei gewonnen. Wir erschießen sie wie Knaben die Dohlen vom Hinterhalt und können ihrer lachen. Aber wer ist er eigentlich, der all dies vollbringt? Nicht, wie es sein sollte, du, des Kaisers Feldherr, noch des Kaisers Heer: sondern dieser eisige Römer, der nur lachen kann, wenn er höhnt. Der sitzt da oben im Kapitol und verlacht den Kaiser und die Goten und uns und, mit Verlaub zu sagen, dich selber am meisten. Woher weiß dieser Odysseus und Ajax in einer Person alle Gotenpläne so scharf, als säße er mit im Rat des Königs Witichis? Durch sein Dämonium, sagen die einen. Durch seine Egeria, sagen die andern. Er hat einen Raben, der hören und sprechen kann wie Menschen, meinen wieder andere: den schickt er alle Nacht ins Gotenlager. Das mögen die alten Weiber glauben und die Römer, nicht meiner Mutter Sohn. Ich glaube den Raben zu kennen und das Dämonium. Gewiß ist, er kann die Kunde nur aus dem Gotenlager selbst holen, laß uns doch sehen, ob wir nicht selbst an seiner Statt aus dieser Quelle schöpfen könnten.»

«Ich habe das längst bedacht, aber ich sah kein Mittel.»

«Ich habe von meinen Hunnen alle seine Schritte belauern lassen. Es ist verdammt schwer: denn dieser braune Maurenteufel folgt ihm wie ein Schatten. Aber tagelang ist Syphax fern: – und dann gelingt es eher. Nun, ich habe erspäht, daß Cethegus so manche Nacht die Stadt verließ, bald aus der Porta portuensis, rechts vom Tiber, bald aus der Porta Sankt Pauls, links vom Tiber im Süden, die er beide besetzt hält. Weiter wagten ihm die Späher nicht zu folgen. Ich aber denke heute nacht – denn heute muß es wieder treffen, – ihm so nicht von den Fersen zu weichen. Doch muß ich ihn vor dem Tore erwarten: seine Isaurier ließen mich nicht durch; ich werde bei einer Runde vor den Mauern in einem der Gräben zurückbleiben.»

«Gut. Es sind aber, wie du sagst, zwei Tore zu beobachten.» – «Deshalb hab' ich mir Perseus, meinen Bruder, zum Genossen erkoren; er hütet das paulinische, ich das portuensische Tor; verlaß dich drauf – bis morgen vor Sonnenaufgang kennt einer von uns das Dämonium des Präfekten.» Und wirklich: einer von ihnen sollte es kennenlernen.

Gerade gegenüber dem Sankt-Pauls-Tor, etwa drei Pfeilschüsse von den äußersten Gräben der Stadt, lag ein mächtiges altertümliches Gebäude, die Basilika Sancti Pauli extra muros, die Paulskapelle vor den Mauern, deren letzte Reste erst zur Zeit der Belagerung Roms durch den Connetable von Bourbon völlig verschwanden. Ursprünglich ein Tempel des Jupiter Stator, war der Bau seit zwei Jahrhunderten dem Apostel geweiht worden: aber noch stand die bronzene Kolossalstatue des bärtigen Gottes aufrecht: man hatte ihm nur den flammenden Donnerkeil aus der Rechten genommen und dafür ein Kreuz hineingeschoben. Im übrigen paßte die breite und bärtige Gestalt gut zu ihrem neuen Namen.

Es war um die sechste Stunde der Nacht. Der Mond stand glanzvoll über der ewigen Stadt und goß sein silbernes Licht über die Mauerzinnen und über die Ebene, zwischen den römischen Schanzen und der Basilika, deren schwarze Schatten nach dem Gotenlager hin fielen.

Eben hatte die Wache am Sankt-Pauls-Tor gewechselt.

Aber es waren sieben Mann hinausgeschritten, und nur sechs kamen herein. Der siebente wandte der Pforte den Rücken und schritt hinaus ins freie Feld.

Vorsichtig wählte er seinen Weg: vorsichtig vermied er die zahlreichen Fußangeln, Wolfsgruben, Selbstschüsse vergifteter Pfeile, die hier überall umhergestreut waren und manchem Goten bei den Angriffen auf die Stadt Verderben gebracht hatten. Der Mann schien sie alle zu kennen und wich ihnen leicht aus. Aber er vermied auch das Mondlicht sorgfältig, den Schatten der Mauervorsprünge suchend und oft von Baum zu Baum springend.

Als er aus dem äußersten Graben auftauchte, sah er sich um und blieb im Schatten einer Zypresse stehen, deren Zweige die Ballistengeschosse zerschmettert hatten. Er entdeckte nichts Lebendes weit und breit: und er eilte nun mit raschen Schritten der Kirche zu.

Hätte er nochmal umgeblickt, er hätte es wohl nicht getan.

Denn sowie er den Baum verließ, tauchte aus dem Graben eine zweite Gestalt hervor, die in drei Sprüngen ihrerseits den Schatten der Zypresse erreicht hatte. «Gewonnen, Johannes! Du stolzer Bruder, diesmal war das Glück dem jüngeren Bruder hold. Jetzt ist Cethegus mein und sein Geheimnis.» Und vorsichtig folgte er dem rasch Voranschreitenden.

Aber plötzlich war dieser vor seinen Augen verschwunden, als habe ihn die Erde verschlungen. Es war hart an der äußeren Mauer der Kirche, die doch dem Armenier, als er sie erreichte, keine Tür oder Öffnung zeigte.

«Kein Zweifel», sagte der Lauscher, «das Stelldichein ist drinnen im Tempel: ich muß nach.»

Allein an dieser Stelle war die Mauer unübersteiglich.

Tastend und suchend bog der Späher um die Ecke derselben. Umsonst, die Mauer war überall gleich hoch. – Im Suchen verstrich ihm fast eine Viertelstunde.

Endlich fand er eine Lücke in dem Gestein: mühsam zwängte er sich hindurch. Und er stand nun im Vorhofe des alten Tempels, in dem die dicken dorischen Säulen breite Schatten warfen, in deren Schutz er von der rechten Seite her bis an das Hauptgebäude gelangte.

Er spähte durch einen Riß des Gemäuers, den ihm die Zugluft verraten hatte. Drinnen war alles finster. Aber plötzlich wurde sein Auge von einem grellen Lichtstrahl geblendet. Als er es wieder aufschlug, sah er einen hellen Streifen in der Dunkelheit: er rührte von einer Blendlaterne her, deren Licht sich plötzlich gezeigt hatte.

Deutlich erkannte er, was in dem Bereich der Laterne stand, den Träger derselben aber nicht, wohl dagegen Cethegus, den Präfekten, der hart vor der Statue des Apostels stand und sich an diese zu lehnen schien. Vor ihm stand eine zweite Gestalt: ein schlankes Weib, auf dessen dunkelrotes Haar schimmernd das Licht der Laterne fiel.

«Die schöne Gotenkönigin, bei Eros und Anteros!» dachte der Lauscher: «kein schlechtes Stelldichein, sei's nun Liebe, sei's Politik! Horch, sie spricht. Leider kam ich zu spät, auch den Anfang der Unterredung zu hören.»

«Also: merk' es dir wohl! Übermorgen auf der Straße vor dem Tor von Tibur wird etwas Gefährliches geplant.» – «Gut: aber was?» fragte des Präfekten Stimme. – «Genaueres konnte ich nicht erkunden: und ich kann es dir auch nicht mehr mitteilen, wenn ich es noch erfahre. Ich wage nicht mehr, dich hier wiederzusehen: denn... –» Sie sprach nun leiser.

Perseus drückte das Ohr hart an die Spalte: da klirrte seine Schwertscheide an das Gestein, und nun traf ihn ein Strahl des Lichts.

«Horch!» rief eine dritte Stimme – es war eine Frauenstimme, die der Trägerin der Laterne, die sich jetzt in dem Strahl ihres eigenen Blendlichts gezeigt hatte, da sie sich rasch gegen die Richtung des Schalles gekehrt hatte. Perseus erkannte eine Sklavin in maurischer Tracht.

Einen Augenblick schwieg alles in dem Tempel. Perseus hielt den Atem an. Er fühlte, es galt das Leben. Denn Cethegus griff ans Schwert.

«Alles still», sagte die Sklavin. «Es fiel wohl nur ein Stein auf den Erzbeschlag draußen.»

«Auch in das Grab vor dem portuensischen Tor geh' ich nicht mehr. Ich fürchte, man ist uns gefolgt.» – «Wer?» – «Einer, der niemals schläft, wie es scheint: Graf Teja.» Des Präfekten Lippe zuckte.

«Und er ist auch bei einem rätselhaften Eidbund gegen Belisars Leben: der bloße Scheinangriff gilt dem Sankt-Pauls-Tor.» – «Gut!» sagte Cethegus nachdenklich. «Belisar würde nicht entrinnen, wenn nicht gewarnt. Sie liegen irgendwo, – aber ich weiß nicht wo – fürcht' ich, im Hinterhalt, mit Übermacht, Graf Totila führt sie.»

«Ich will ihn schon warnen!» sagte Cethegus langsam.

«Wenn es gelänge... !» – «Sorge nicht, Königin! Mir liegt an Rom nicht weniger denn dir. Und wenn der nächste Sturm fehlschlägt, – so müssen sie die Belagerung aufgeben, so zähe sie sind. Und das, Königin, ist dein Verdienst. Laß mich in dieser Nacht – vielleicht der letzten, da wir uns treffen, – dir mein ganzes staunendes Herz enthüllen. Cethegus staunt nicht leicht, und nicht leicht gesteht er's, wenn er staunen muß. Aber dich – bewundere ich, Königin. Mit welch todverachtender Kühnheit, mit welch dämonischer List hast du alle Pläne der Barbaren vereitelt! Wahrlich: viel tat Belisar, mehr tat Cethegus, – das meiste: Mataswintha.»

«Sprächst du wahr!» sagte Mataswintha mit funkelnden Augen. «Und wenn die Krone diesem Frevler vom Haupte fällt...»

«War es deine Hand, deren sich das Schicksal Roms bedient hat. Aber, Königin, nicht damit kannst du enden! Wie ich dich erkannte, in diesen Monaten – darfst du nicht als gefangene Gotenkönigin nach Byzanz. Diese Schönheit, dieser Geist, diese Kraft muß herrschen – nicht dienen, in Byzanz. Darum bedenke, wenn er nun gestürzt ist – dein Tyrann, – willst du nicht dann den Weg gehn, den ich dir gezeigt?»

«Ich habe noch nie über seinen Fall hinaus gedacht», sagte sie düster.

«Aber ich – für dich! Wahrlich, Mataswintha», – und sein Auge ruhte mit Bewunderung auf ihr, – «du bist – wunderschön. Ich rechn' es mir zum größten Stolz, daß selbst du mich nicht in Liebe entzündet und von meinen Plänen abgebracht hast. Aber du bist zu schön, zu köstlich, nur der Rache und dem Haß zu leben. Wenn unser Ziel erreicht dann nach Byzanz!

Als mehr denn Kaiserin: – als Überwinderin der Kaiserin!»

«Wenn mein Ziel erreicht, ist mein Leben vollendet. Glaubst du, ich ertrüge den Gedanken, aus eitel Herrschsucht mein Volk zu verderben, um kluger Zwecke willen? Nein: ich konnt' es nur, weil ich mußte. Die Rache ist jetzt meine Liebe und mein Lebe und...–»

Da scholl von der Fronte des Gebäudes her, aber noch innerhalb der Mauer, laut und schrillend der Ruf des Käuzchens, einmal – zweimal rasch nacheinander.

Wie staunte Perseus, als er den Präfekten eilig an die Kehle der Bildsäule drücken sah, an der er lehnte, und wie sich diese geräuschlos in zwei Hälften auseinander schlug. Cethegus schlüpfte in die Öffnung: die Statue klappte wieder zusammen. Mataswintha aber und Aspa sanken wie betend auf die Stufen des Altars.

«Also war's ein Zeichen! Es droht Gefahr!» dachte der Späher; «aber wo ist die Gefahr? und wo der Warner?» Und er wandte sich, trat vor und sah nach links, nach der Seite der Goten.

Allein damit trat er in den Bereich des Mondlichts, und in den Blick des Mauren Syphax, der vor der Eingangstür des Hauptgebäudes in einer leeren Nische Schildwache stand und bisher scharf nach der linken, der gotischen Seite hin, gespäht hatte.

Von dort, von links her, schritt langsam ein Mann heran. Seine Streitaxt blitzte im Mondlicht.

Aber auch Perseus sah jetzt eine Waffe aufblitzen: es war der Maure, der leise sein Schwert aus der Scheide zog.

«Ha», lachte Perseus, «bis die beiden miteinander fertig sind, bin ich in Rom mit meinem Geheimnis.»

Und in raschen Sprüngen eilte er nach der Mauerlücke des Vorhofs, durch die er eingedrungen. Zweifelnd blickte Syphax einen Augenblick nach rechts und nach links. Zur Rechten sah er entweichen einen Lauscher, den er jetzt erst ganz entdeckte. Zur Linken schritt ein gotischer Krieger herein in den Tempelhof. Er konnte nicht hoffen, beide zu erreichen und zu töten.

Da plötzlich schrie er laut: «Teja, Graf Teja! Hilfe! Zu Hilfe! Ein Römer, rettet die Königin! Dort rechts an der Mauer, ein Römer!»

Im Fluge war Teja heran, bei Syphax. «Dort!» rief dieser: «ich schütze die Frauen in der Kirche!» Und er eilte in den Tempel.

«Steh, Römer!» rief Teja und sprang dem fliehenden Perseus nach.

Aber Perseus stand nicht. Er lief an die Mauer, er erreichte die Lücke, durch welche er hereingekommen war: doch er konnte sich in der Eile nicht wieder hindurchzwängen. So schwang er sich mit der Kraft der Verzweiflung auf die Mauerkrone: und schon hob er den Fuß, sich jenseits hinabzulassen: da traf ihn Tejas Axt im Wurf ans Haupt, und rücklings stürzte er nieder, samt seinem erlauschten Geheimnis. –

Teja beugte sich über ihn: deutlich erkannte er die Züge des Toten. «Der Archon Perseus», sagte er, «der Bruder des Johannes.» Und sofort schritt er die Stufen hinan, die zur Kirche führten. An der Schwelle trat ihm Mataswintha entgegen, hinter ihr Syphax und Aspa mit der Blendlaterne. Einen Moment maßen sich beide schweigend mit mißtrauischen Blicken.

«Ich habe dir zu danken, Graf Teja von Tarentum», sagte endlich die Fürstin. «Ich war bedroht in meiner einsamen Andacht.»

«Seltsam wählst du Ort und Stunde für deine Gebete. Laß sehen, ob dieser Römer der einzige Feind war.»

Er nahm aus Aspas Hand die Leuchte und ging in das Innere der Kapelle. Nach einer Weile kam er wieder, einen mit Gold eingelegten Lederschuh in der Hand. «Ich fand nichts als – diese Sandale am Altar, dicht vor dem Apostel. Es ist ein Mannesfuß.»

«Eine Votivgabe von mir», sagte Syphax rasch. «Der Apostel heilte meinen Fuß, ich hatte mir einen Dorn eingetreten.»

«Ich dachte, du verehrst nur den Schlangengott?» – «Ich verehre, was da hilft.» – «In welchem Fuße stak der Dorn?» Syphax schwankte einen Augenblick. «Im rechten», sagte er dann, rasch entschlossen.

«Schade», sprach Teja, «die Sandale ist auf den linken geschnitten.»

Und er steckte sie in den Gürtel. «Ich warne dich, Königin, vor solcher nächtlichen Andacht.»

«Ich werde tun, was meine Pflicht», sagte Mataswintha herb.

«Und ich, was meine.» Mit diesen Worten schritt Teja voran, zurück zum Lager: schweigend folgten die Königin und ihre Sklaven.

*

Vor Sonnenaufgang stand Teja vor Witichis und berichtete ihm alles.

«Was du sagst, ist kein Beweis», sagte der König. – «Aber schwerer Verdacht. Und du sagtest selbst, die Königin sei dir unheimlich.»

«Gerade deshalb hüt' ich mich, nach bloßem Verdacht zu handeln. Ich zweifle manchmal, ob wir an ihr nicht Unrecht getan. Fast so schwer wie an Rauthgundis.» – «Wohl, aber diese nächtlichen Gänge?» – «Werd' ich verhindern. Schon um ihretwillen.»

«Und der Maure? Ich trau' ihm nicht. Ich weiß, daß er tagelang abwesend: dann taucht er wieder auf im Lager. Es ist ein Späher.»

«Ja, Freund», lächelte Witichis. «Aber der meine. Er geht mit meinem Wissen in Rom ein und aus. Er ist es, der mir noch alle Gelegenheiten verraten.»

«Und noch keine hat genützt! Und die falsche Sandale?»

«Ist wirklich ein Votivopfer. Aber für Diebstahl; er hat mir, noch ehe du kamst, alles gebeichtet. Er hat, bei der Begleitung der Königin sich langweilend, in einem Gewölbe der Kirche herumgestöbert und da unten allerlei Priestergewänder und vergrabnen Schmuck gefunden und behalten. Aber später, den Zorn des Apostels fürchtend, wollt' er ihn beschwichtigen und opferte, in seinem Heidentum, diese Goldsandale aus seiner Beute. Er beschrieb sie mir ganz genau: mit goldnen Seitenstreifen und einem Achatknopf, oben mit einem C –. Du siehst, es trifft alles zu. Er kannte sie also: sie kann nicht von einem Flüchtenden verloren sein. Und er versprach, als Beweis die dazugehörige Sandale des rechten Fußes zu bringen. Aber vor allem: er hat mir einen neuen Plan verraten, der all unsrer Not ein Ende machen und Belisarius selbst in unsre Hände liefern soll.»


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