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Lord Harrys unwürdiger Vorschlag hatte einen Zustand bewußter Entfremdung zwischen Mann und Frau geschaffen.
Iris schloß sich in ihrem Zimmer ab. Ihr Gatte verbrachte die Stunden jedes Tages außerhalb des Hauses, zuweilen in der Gesellschaft des Doktors, zuweilen mit seinen Freunden in Paris. Seine Frau litt schwer unter der selbst auferlegten Trennung, zu welcher sie verwundeter Stolz und lebhafte Entrüstung veranlaßt hatten. Kein Freund war in ihrer Nähe, zu dessen teilnahmsvollem Rat sie hätte Zuflucht nehmen können. Selbst ihr Mädchen brachte der einsamen Frau kein Mitgefühl entgegen.
Fanny Mere, die einzig und allein die Wohlfahrt ihrer Herrin im Auge hatte, lebte der festen Ueberzeugung, daß es für Lady Harry besser und heilsamer sei, wenn sie und ihr Gatte in Zukunft getrennt leben würden. Je länger Mylord darauf bestand, den Doktor als Gast in seinem Hause zu behalten, um so gefahrbringender wurde für ihn die Gesellschaft dieses gewissenlosen Schurken, der fähig war, jeden zu verderben, der ihm etwa hinderlich im Wege stand, mochte es nun Mann oder Frau, eine hochgestellte oder eine gewöhnliche Person sein. So weit ein Mädchen in ihrer Lage sich die Freiheit nehmen durfte, that Fanny ihr Möglichstes, um die Kluft zwischen ihrer Herrin und ihrem Gatten zu erweitern.
Kräftigere Truppen als sie führte mittlerweile der Doktor ins Gefecht.
»Ihre reizende Frau,« erklärte er, »hat einen ganz unversöhnlichen Charakter. Ziehen Sie daraus auf kluge Weise Nutzen; sagen Sie, Sie würden keine lästigen Einwendungen dagegen erheben, wenn Ihre Frau eine Trennung auf gegenseitiges stillschweigendes Uebereinkommen wünsche. Verstehen Sie mich aber jetzt nicht falsch. Ich empfehle Ihnen nur die Art der Trennung, welche unserem Uebereinkommen günstig ist. Sie wissen so gut wie ich, daß Sie mit einem einzigen Pfiff Ihre Frau zurückrufen können –«
Lord Harry unterbrach den Doktor rauh:
»Das ist eine gemeine Ausdrucksweise!«
»Nennen Sie es, wie es Ihnen beliebt,« entgegnete der Doktor ruhig. »Wenn wir Lady Harry zu unserem großen Plan nötig haben, dann müssen Sie sie zurückrufen können. Inzwischen – ich bin ein sehr vorsichtiger und aufmerksamer Mann, wo es sich um Frauen dreht – handeln wir Mylady gegenüber doch nur sehr zartfühlend, wenn wir ihr die Entdeckung des – der – nun, wie soll ich nur unser zukünftiges Unternehmen nennen? – sagen wir einfach unseres kühnen Schelmenstückchens, ersparen, das Sie in der Achtung Ihrer Frau ganz und gar ruiniren könnte. Sehen Sie jetzt unsere Lage, wie sie wirklich ist? – Schön! Nun geben Sie mir aber die Flasche; lassen wir das Thema für heute ruhen.«
Der nächste Morgen brachte ein Ereignis, das den genialen Plan des Doktors, Iris von dem Schauplatz der Handlung zu entfernen, zunichte machte. Lord und Lady Harry begegneten sich zufällig auf der Treppe.
Da sie sich selbst mißtraute, wenn sie etwa wagen sollte, ihren Gatten anzusehen, wendete Iris die Augen von ihm weg. Lord Harry sah darin fälschlicherweise einen Ausdruck ihrer Verachtung. Zorn übermannte ihn und er beschloß, Mr. Vimpanys Rat sofort zu befolgen.
Er öffnete die Thür des Speisezimmers, das in diesem Augenblick gerade leer war, und sagte zu Iris, er wünsche mit ihr zu sprechen. Was ihm sein schurkischer Freund in Betreff der Trennung zu sagen geraten hatte, das wiederholte er jetzt mit einer abstoßenden Kälte, die weit davon entfernt war, der Ausdruck seiner wirklichen Gefühle zu sein. Das Vorgehen war schlecht, aber es erreichte seine Wirkung. Zum erstenmale richtete seine Frau wieder das Wort an ihn. »Ist das Deine wirkliche Meinung?« fragte sie.
Der Ton, in welchem sie diese Worte sprach, verriet in ergreifender Weise ihr schmerzliches Erstaunen; die süße Erinnerung an vergangene glückliche Tage in ihren Augen, die zitternde Angst, die sich in ihren halbgeöffneten, nach Atem ringenden Lippen kennzeichnete, rührte sein Herz, obgleich falscher und häßlicher Stolz dieses schöne Gefühl unterdrücken wollte. Er blieb still.
»Wenn Du unseres ehelichen Lebens müde bist,« fuhr sie fort, »so sage es, und laß uns von einander gehen. Ich werde von Dir scheiden ohne Bitten und ohne Vorwürfe. Welchen Schmerz ich auch empfinde, Du sollst es nicht bemerken.«
Ein flüchtiges Rot färbte vorübergehend ihre Wangen, dann wurden sie wieder so blaß wie vorher. Sie zitterte unter dem Bewußtsein der wiederkehrenden Liebe – der blinden Liebe, die sie auf so grausame Weise irre geführt hatte. In dem Augenblick, wo sie gerade Festigkeit so nötig hatte, sank ihr der Mut. Aber sie kämpfte tapfer gegen ihre Schwäche und fand sich auch wieder. Ruhig und sogar fest forderte sie von ihrem Gatten Erklärung.
»Soll Dein Schweigen bedeuten, daß es wirklich Dein Wunsch ist, ich soll Dich verlassen?« fragte Iris.
Kein Mann, der sie so zärtlich geliebt hatte wie ihr Gatte, konnte dieser rührenden Selbstbeherrschung widerstehen. Er antwortete seiner Frau, ohne ein Wort laut werden zu lassen – er streckte ihr beide Arme entgegen. Die verhängnisvolle Versöhnung wurde stillschweigend geschlossen.
Beim Mittagessen erwartete Mr. Vimpany ein überraschender Anblick; seine Lippen verzogen sich zu einem unverschämten, höhnischen Lächeln. Mylady erschien wieder auf ihrem Platz an der Mittagstafel. Zur gewöhnlichen Zeit ließ später Iris die beiden Herren beim Wein allein. Der leichtsinnige, sorglose irische Lord, erfreut über die Wiederversöhnung mit seiner Gattin, leerte in der heitersten Stimmung sein Glas. Des Doktors mephistophelische Heiterkeit, der seinen Freund verstand, zugleich aber auch verachtete, erging sich darauf in allerlei witzigen Erinnerungen an sein eigenes eheliches Leben.
»Wenn ich für jeden Streit zwischen Mrs. Vimpany und mir,« sagte er, »einen Sovereign hätte fordern können, so würde ich mich jetzt entschieden zu niedrig taxiren, wenn ich meinen Wert auf tausend Pfund angeben würde. Wie steht es denn mit Eurer Lordschaft in dieser Beziehung? Könnten wir ein Dutzend Streite in Ihrer Ehe bis jetzt annehmen?«
»Sagen Sie zwei Zwiste; es werden keine weiteren folgen!« antwortete sein Freund heiter.
»Keine weiteren folgen?« wiederholte der Doktor. »Meine Erfahrung sagt, daß noch genug kommen werden. Ich habe noch niemals in meinem ganzen Leben zwei Menschen gesehen, welche weniger darnach angethan sind, ein friedliches Eheleben zusammen zu führen, wie Sie und Mylady. Ha, ha, Sie lachen darüber? Es ist meine Gewohnheit, meine einmal geäußerte Meinung aufrecht zu erhalten. Ich wette ein Dutzend Flaschen Champagner, daß zwischen Ihnen und Ihrer Frau, bevor noch dieses Jahr vergangen ist, ein Streit ausbrechen wird, welcher Sie beide für immer trennt. Nehmen Sie die Wette an?«
»Angenommen!« rief Lord Harry. »Leeren wir ein volles Glas auf das Wohl meiner Frau, Vimpany! Sie soll das erste Glas von Ihrem Champagner auf das Verderben aller falschen Propheten trinken!«
Die Post brachte am nächsten Morgen zwei Briefe, von denen einer den Poststempel London trug und an Lady Harry Norland adressirt war. Er kam von Mrs. Vimpany und enthielt auch einige Zeilen, welche Hugh beigefügt hatte.
»Meine Kräfte kehren jetzt langsam zurück,« schrieb er. »Meine liebenswürdige und treue Pflegerin sagt, daß alle Gefahr der Ansteckung vorüber sei. Sie können nun wieder an Ihren alten Freund schreiben, wenn Lord Harry nichts dagegen hat, so harmlos wie in der glücklichen Vergangenheit. Meine schwache Hand fängt schon wieder an zu zittern. Wie glücklich ich sein werde, von Ihnen zu hören, brauche ich gar nicht ausdrücklich zu bemerken.«
In ihrer Freude über den Empfang dieser guten Nachrichten nahm Iris ohne weiteres an, ihr Gatte würde sie seinerseits ebenso freudig begrüßen. Sie bestand daher darauf, ihm den Brief vorzulesen. Kalt antwortete Lord Harry: »Es freut mich sehr, daß es Mr. Mountjoy wieder gut geht,« und vertiefte sich von neuem in seine Zeitung. War die unwürdige Eifersucht noch mächtig genug, ihn selbst in diesem Augenblick zu beherrschen? Seine Frau hatte sie vergessen, warum hatte er sie nicht auch vergessen?
Am nämlichen Tag beantwortete Iris Hughs Schreiben mit demselben Vertrauen und derselben Aufrichtigkeit wie in den vergangenen Tagen vor ihrer Heirat. Nachdem sie das Couvert geschlossen und adressirt hatte, fand sie, daß ihr kleiner Vorrat von Briefmarken erschöpft sei, und rief nach ihrem Mädchen. Mr. Vimpany ging gerade an der geöffneten Thür des Zimmers vorüber, als sie eine Briefmarke verlangte; er hörte, wie Fanny sagte, daß sie ihrer Herrin, nicht aushelfen könnte.
»Erlauben Sie, mich nützlich zu machen,« sagte der höfliche Doktor, entnahm seinem Notizbuch eine Briefmarke und klebte sie selbst auf das Couvert. Nachdem er darauf die Treppe hinuntergegangen war, konnte es Fanny nicht unterlassen, ihrem Mißtrauen gegen den Doktor wieder Ausdruck zu geben.
»Er wollte nur wissen, an wen Sie geschrieben haben,« sagte sie. »Ich werde Ihren Brief selbst auf die Post tragen, damit er auch sicher fortkommt,« und fünf Minuten später lag er im Briefkasten.
Inzwischen war Mr. Vimpany in den Garten gegangen und hatte den zweiten der Briefe gelesen, welche heute morgen gekommen waren. Der Brief war an ihn adressirt.
Als Fanny von dem Postamt zurückgekommen war, hatte sie Gelegenheit, ihn zu beobachten, während sie sich in dem Gewächshaus zu schaffen machte. Sie wollte die vertrockneten Blumen begießen, welche während der letzten unruhigen Tage in der Villa sehr vernachlässigt worden waren.
Nachdem der Doktor seinen Brief zum zweitenmale durchgelesen hatte, bemerkte er Fanny, schickte sie in das Haus und ließ Lord Harry um eine Unterredung bitten. Lord Harry kam in den Garten herunter, sah sich den Brief an, gab ihn wieder zurück und wendete sich ab. Der Doktor folgte ihm und sagte etwas, worauf Lord Harry zu widersprechen schien. Nichtsdestoweniger fuhr Mr. Vimpany zu sprechen fort und erreichte auch augenscheinlich seinen Zweck. Die beiden Herren studirten darauf eifrig den Eisenbahnfahrplan und eilten dann zusammen weg, um noch zur rechten Zeit den Zug nach Paris zu erreichen.
Fanny Mere kehrte in das Gewächshaus zurück und nahm ihre Beschäftigung bei den Pflanzen zerstreut wieder auf. Zu welchem gefährlichen Zweck hatte der Doktor das Haus verlassen, und warum hatte er diesmal den Lord mitgenommen?
Die Zeit war vorüber, wo Fanny es versuchen konnte, diese Frage dadurch zu beantworten, daß sie kühn den beiden Herren nach Paris folgte und dank ihrem dichten Schleier und ihrem Glück und dadurch, daß sie einen andern Wagen des Zuges wählte, einer Entdeckung entging. Obgleich ihre falsch beurteilte Einmischung in die häuslichen Angelegenheiten der Lady Harry ihr verziehen worden, hatte sie ihre Herrin doch nicht wieder rückhaltlos in ihr Vertrauen aufgenommen. Lady Harry hatte ihr zur Bedingung gemacht, daß sie sich jeder weiteren Meinungsäußerung über ihren Gatten enthalte und die Beschützung ihrer Herrin, wenn eine solche überhaupt notwendig war, demjenigen überlasse, dem sie allein zustand: Lord Harry.
»Ich erkenne dankbar Ihre freundlichen Absichten an,« hatte Iris mit ihrer gewohnten zarten Rücksichtnahme auf die Gefühle anderer gesagt, »aber ich wünsche von Ihnen niemals wieder über Mr. Vimpany zu hören und ebensowenig über den eigentümlichen Argwohn, der Sie zu beunruhigen scheint.«
Fanny blieb nichtsdestoweniger ihrer Herrin in der dankbarsten Weise ergeben; sie sah diesen Wechsel in dem Verhalten Myladys als eine der bedauernswürdigen Folgen ihrer Wiederversöhnung mit Lord Harry an und wartete ergeben auf die Zeit, die ihr kluges Mißtrauen gegen die beiden in der Wahl ihrer Mittel nicht sehr bedenklichen Herren rechtfertigen würde.
Auf diese Weise für jetzt zur Unthätigkeit verdammt, ging Lady Harrys Kammermädchen in dem Gewächshaus gereizt auf und ab und vergaß auch ihrerseits die Blumen. Durch die offene Thür an der Rückseite der Villa ließ die billige Uhr ihre rauhe, dünne Stimme ertönen, indem sie die Stunde anzeigte. »Ich möchte doch wissen,« sagte Fanny zu sich selbst, »ob diese beiden Elenden wieder den Weg in irgend ein Hospital eingeschlagen haben.«
Zufälligerweise traf ihre Vermutung das Richtige. Die Beiden traten um dieselbe Zeit wirklich in ein Hospital, das dem Doktor durch mehr als einen früheren Besuch wohlbekannt war. An der Thüre trafen sie mit einem französischen Arzt zusammen, der an der Anstalt angestellt war. Es war derselbe, welcher den Brief geschrieben hatte, den Mr. Vimpany heute morgen empfing.
Der Herr ging voraus und zeigte ihnen den Weg. Er führte die beiden Fremden in den Kreis der französischen Berühmtheiten, welche gerade bei einem interessanten Fall versammelt waren.
Mr. Vimpany hatte sich in der befriedigendsten Weise eingeführt. Er war ein Mitglied der Genossenschaft der englischen Aerzte; er war zugleich der Freund und Kollege des berühmten Vorsitzenden dieser Genossenschaft, welcher ihn an den leitenden Oberarzt des Hotel Dieu empfohlen hatte. Andere Empfehlungen an hervorragende Pariser Aerzte waren aus der einen hervorgegangen. Auf diese Vorteile gestützt, erklärte Mr. Vimpany, daß er die Entdeckung einer neuen Behandlungsweise von Lungenkranken gemacht habe. Da er in Paris seine ärztliche Bildung genossen, so fühle er sich auch in dankbarster Anerkennung veranlaßt, sich unter die Protektion der Fürsten der Wissenschaft zu stellen, welche in der glänzenden Hauptstadt Frankreichs wohnten. In diesem Hospitale habe er endlich nach vielen fruchtlosen Nachforschungen in ähnlichen Anstalten einen Patienten gefunden, der an der Form von Lungenschwindsucht darniederliege, die ihm den Fall gewähre, den er brauche. Es wäre unmöglich, daß er seinem neuen System gerecht werden könnte, wenn nicht die Umstände ganz ausnahmsweise günstig wären. Reine Luft, die besser sei als gewöhnlich die Luft einer großen Stadt, und die Annehmlichkeit eines Zimmers, das nicht von anderen Kranken geteilt würde, seien zwei für den Erfolg des Versuches ganz unerläßliche Bedingungen. Diese und andere Vorteile seien ihm nun durch seinen edlen Freund in hochherziger Weise zur Verfügung gestellt worden. Lord Harry Norland sei bereit, jede nähere Erklärung abzugeben, welche die gerade anwesenden Berühmtheiten zu fordern für nötig hielten. – Nach diesen einleitenden Erörterungen, die volle Billigung fanden, traten alle zusammen an das Bett des Kranken, der der Gegenstand des wissenschaftlichen Interesses des englischen Arztes war.
Der Patient hieß Oxbye. Von Geburt ein Däne, bekleitete er in seiner Heimat die Stellung eines Lehrers. Seine Kenntnis der englischen und französischen Sprache hatte ihm die Möglichkeit gewährt, nach Paris zu gehen, wo er Beschäftigung als Uebersetzer und Abschreiber fand. Während er sich auf diese Weise seinen kärglichen Lebensunterhalt verdiente, hatte ihn ein Lungenleiden auf das Krankenlager geworfen, welches ihn zwang, seine Zuflucht zu dem Hospital zu nehmen. Nachdem der französische Arzt, unter dessen Behandlung der Kranke sich befand, erklärt hatte, er habe seine bisherigen Beobachtungen in einem Schreiben an den englischen Kollegen niedergelegt, und nachdem er noch offen eingestanden, daß seine Behandlungsweise nicht die erwarteten Erfolge gehabt habe, wurde dem Dänen mitgeteilt, was Mr. Vimpany mit ihm beabsichtige, und die Frage an ihn gerichtet, ob er hier bleiben oder das Anerbieten von Mr. Vimpanys wohlthätigem Freund annehmen wolle.
Die glückliche Aussicht auf eine Veränderung und auf ein eigenes Zimmer, welche ihm die Aufnahme in das Haus des vornehmen Mannes gewährte, das überdies auch einen Garten hatte, in dem er spazieren gehen und sein Auge an dem Anblick der Blumen erfreuen konnte, sobald es ihm wieder besser ging, bestimmten Oxbye, das hochherzige Anerbieten sofort anzunehmen.
»Bitte, lassen Sie mich dorthin,« sagte der arme Mensch, »es wird dann sicherlich besser mit mir werden.« Ohne sich seinem Entschluß zu widersetzen, erinnerten ihn die verantwortlichen Direktoren des Hospitals doch daran, daß er im Drang des Augenblicks seine Entscheidung getroffen habe; sie hielten es daher für ihre Pflicht, ihm noch einige Zeit zur genaueren Ueberlegung zu geben.
In der Zwischenzeit hatten einige der Herren, welche an dem Bett standen, indem sie bald den Kranken, bald den philanthropischen Lord ansahen, eine gewisse zufällige Aehnlichkeit zwischen dem Kranken und Lord Harry entdeckt. Die Forderung der Höflichkeit hatte ihnen jedoch nur gestattet, diese merkwürdige Aehnlichkeit unter sich selbst zu besprechen. Später indessen, als die Herren sich verabschiedet hatten und Mr. Vimpany mit Lord Harry sich allein auf der Straße befand, trug der Doktor kein Bedenken, auf den Gegenstand einzugehen, den die Franzosen aus angeborener Höflichkeit nicht berührt hatten.
»Haben Sie sich den Dänen angesehen?« fragte er ganz unvermittelt.
»Natürlich.«
»Und haben Sie die Aehnlichkeit bemerkt?«
»Nein.«
Das laute Gelächter des Doktors machte die Leute, welche auf der Straße neben ihnen gingen, stutzig.
»Das ist wieder ein neuer Beweis für die Richtigkeit des Ausspruches: Kein Mensch kennt sich selbst. Sie können unmöglicherweise diese Aehnlichkeit leugnen.«
»Haben Sie sie denn bemerkt?« fragte Lord Harry.
Mr. Vimpany antwortete auf diese Frage in höhnischem Ton:
»Ist es denn wahrscheinlich, daß ich mich all dieser Mühe unterzogen hätte, um in den Besitz dieses Mannes zu kommen, wenn ich nicht die auffallende Aehnlichkeit zwischen Ihrem und seinem Gesicht gesehen hätte?«
Der irische Lord sagte nichts weiter.
Als ihn sein Freund fragte, warum er denn so schweigsam sei, lautete die kurze und schroffe Antwort:
»Mir behagt das Thema nicht.«