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Achtundzwanzigstes Kapitel.

Reise nach Bingen. – Entschuldigungen für die einfachen Begebenheiten in dieser Geschichte. – Lage und Charakter Gertruds. – Gespräch der Liebenden im Tempel. – Widerlegung einer Thatsache. – Gedanken, veranlaßt durch ein, in den schönsten Umgebungen des Rheins gelegenes Haus für Wahnsinnige.

Am folgenden Tag setzte man die Reise fort und Gertruds Stimmung war ungewöhnlich heiter; die Luft dünkte ihr leichter und sie athmete mit geringerer Anstrengung. Noch einmal kam Hoffnung in Trevylyans Brust, und das Gespräch auf dem hintanzenden Fahrzeug war in keine düstern Farben getaucht. Sobald Gertrudens Gesundheit es erlaubte, war keine Laune so fröhlich, so mild fröhlich, wie die ihrige, und der naive Scherz in ihren Bemerkungen rief ein Lächeln auf Vanes ruhige Lippe und glättete sogar Trevylyans ängstliche Stirn. Was Du–e betrifft, der hinter seiner Amtswürde viel von einem lustigen Kameraden hatte, so brach er alle Augenblicke in Bruchstücke französischer Chansons und Trinklieder aus, die er für das Ergebniß der bacheracher Luft erklärte. Unter solcher Unterhaltung gleiteten die Trümmer von Fürstenberg und das wiederhallende Thal von Rheindiebach an ihren Segeln vorüber! sofort auf dem entgegengesetzten Ufer der alte Flecken Lorch (wo der rothe Wein zuerst gepflanzt worden sein soll), mit dem grünen Werder davor. In seinen mannigfachen Windungen zeigte der Strom Burg um Burg, gleichmäßig zertrümmert und gleichmäßig auf fast unzugänglichen Jähen erbaut. Dann kam die St. Klemenskirche und gegenüber das Dorf Aßmannshausen; die hohe, auf dem äußersten Rand des Berges erbaute Rossel; jetzt der Hattosthurm, durch Southeys Ballade gefeiert; und endlich die alte Stadt Bingen. Hier hielten die Reisenden einige Tage an, um das Rheingau genauer zu besichtigen.

Jedem meiner Leser muß sich von selbst ergeben, daß bei dem 113 gewagten Versuch, an Stellen aus Trevylyans Geschichte wie gegenwärtige, nicht sowohl eine dichterische Erzählung, als einen Abschnitt aus dem wirklichen Leben zu liefern, es sehr schwer hält ein anderes als das allereinfachste und unaufregendste Interesse zu bieten. Wohl hatten für Trevylyan jeder Tag, jede Stunde ihr Ereigniß, aber was sind solche Ereignisse für Andere? Eine Wolke am Himmel, ein Lächeln von Gertruds Lippe war für ihn inhaltvoller, als es die buntesten Scenen einer frühern viel bewegten Laufbahn gewesen; allein die Geschichte des Herzens übersetzt sich nicht leicht in Worte, und die Welt wird immer ungeneigt seyn, in ihrem geschäftigen Treiben einzuhalten, um den Wechsel auf der Wange eines sterbenden Mädchens zu beobachten.

Was will in der unermeßlichen Summe menschlichen Daseins eine einzige Zahl besagen? Jeder Rasen, den wir treten, ist das Grab eines frühern Wesens; gleichwohl sänftigt es das Herz, ohne es zu entnerven, wenn wir im Leben eines Andern Empfindungen verfolgen, die wir alle einst selbst erfahren haben. Denn Wer hätte nicht auf seiner eigenen Bahn durchs Leben einmal all das gewöhnliche Geschäft desselben angehalten und gefühlt, wie die Mannigfaltigkeit der Begegnisse sich gegen ein einziges Tagebuch zärtlicher Regungen umtauschte? Wer hat nicht das Hinwandeln eines Trittes, ihm zu jener Zeit theurer als die ganze Welt, zum einzigen Augenmerk gemacht? Und diese einzige Zahl, so unbedeutend nach der Berechnung anderer Menschen, von welch unschätzbarem Werth war sie für ihn selbst? Wenn wir dergleichen von der Zeit überschattete und hinabgedrückte Erinnerungen in einem Andern wahrnehmen, fühlen wir die wunderbare Heiligkeit des menschlichen Daseins; wir fühlen, welche Empfindungen ein einziges Wesen hervorzubringen vermag; welch eine Welt von Hoffnungen in einem einzigen Grab eingescharrt werden kann. Und so halten wir die sanften Quellen jener Humanität in uns lebendig, welche uns mit unserer Gattung verbindet und über die rauhen 114 Bilder und unruhigen Kämpfe der Erde die Färbung einer gemeinsamen Liebe wirft.

Oft liegt auch in der Jahreszeit, worin dergleichen Gedanken sich uns darbieten, ein gewisser Einklang mit den von denselben erweckten Gefühlen. Während ich schreibe, vernehme ich die letzten Seufzer des scheidenden Sommers und dürres, gelbes Laub blickt zwischen dem Grün der Natur hervor. Wenn aber dieses Buch in die Welt eintritt, ist das Jahr durch eine noch tiefer stehende Kette des Verfalls geschritten und die ersten düstern Wahrzeichen des Winters haben in das Gemüth der Menschen jene Trauer geworfen, welche sich leicht mit dem Andenken an Freunde, an Gefühle, die nicht mehr sind, verbindet. Gleich uns selbst bezeichnen die Jahreszeiten ihren Lauf durch etwas Schönes oder Großes, das verloren zurückbleibt. Wie der Wanderer in Palästina Grab um Grab vor sich aufsteigen sieht, als Marksteine seines Wegs und einzige Andeutung der Heiligkeit des Bodens: also wandert die Erinnerung über die heiligsten Stätten ihrer wechselvollen Welt, und verfolgt ihre Spur nur nach Gräbern des Vergangenen.

Gertrud fing nunmehr an den Stoß zu fühlen, den ihre Gesundheit in dem Sturm auf dem Rhein erlitten. Kalte Schauer überliefen sie häufig; ihr Husten ward hohler und ihr Körper zitterte beim leichtesten Lüftchen.

Vane ward ernstlich beunruhigt; es gereute ihn, daß er Gertrudens Wunsch nachgegeben und dem Rhein die Stelle des Arno oder der Tiber zugewiesen. Noch jetzt würde er über die Alpen nach einem wärmern Himmelsstrich geeilt sein, hätte Du–e nicht erklärt, die Kranke würde die Reise nicht überleben; und die einzige Möglichkeit einer Herstellung liege für sie in der Ruhe. Indessen hielt Gertrud selbst, in fortwährender Täuschung über ihr Uebel, immer noch fest an dem Glauben der Wiedergenesung, unterstützte immer noch des Vaters Hoffnungen und sänftigte mit heimlich trautem Gespräch über die Zukunft die Angst des Verlobten. Der Leser erinnert sich 115 vielleicht, daß die rührendste Stelle in den Tragödien der Alten, der herzergreifendste Abschnitt des herzergreifendsten aller menschlichen Dichter die bittende Rede Iphigenia's ist, in welcher sie, um Fristung ihres Lebens flehend, ein so zartes Gemälde von dessen Unschuld und Schönheit gibt Euripides, Iphigenie in Aulis, Akt 5, Sc. 3:

Mein Vater, hätt' ich Orpheus Mund, könnt' ich
Durch meiner Stimme Zauber Felsen mir
Zu folgen zwingen, und durch meine Rede
Der Menschen Herzen, wie ich wollte, schmelzen,
Jetzt würd' ich diese Kunst zu Hülfe rufen.
Doch meine ganze Redekunst sind Thränen,
Die hab ich und die will ich geben! Sieh,
Statt eines Zweigs der Flehenden leg ich
Mich selbst zu Deinen Füßen. Tödte mich
Nicht in der Blüte! Diese Sonne ist
So lieblich: Zwinge mich nicht, vor der Zeit
Zu sehen was hier unten ist! Ich wars,
Die Dich zum erstenmale Vater nannte,
Die Erste, die Du Kind genannt, die Erste,
Die auf dem väterlichen Schooße spielte,
Und Küsse gab und Küsse Dir entlockte.
Da sagtest Du zu mir: »mein Töchterchen,
Werd' ich Dich wohl, wie's Deiner Herkunft ziemt,
Im Hause eines glücklichen Gemahls
Einst glücklich und gesegnet sehn?« – und ich,
An diese Wangen angedrückt, die flehend
Jetzt meine Hände nur berühren, sprach:
»Werd ich den alten Vater alsdann auch
In meinem Haus mit süßem Gastrecht ehren,
Und meiner Jugend sorgenvolle Pflege
Dem Greis mit schöner Dankbarkeit belohnen?«
So sprachen wir. Ich habs recht gut behalten.
Du hasts vergessen, Du, und willst mich tödten.
O nein! bei Pelops, Deinem Ahnherrn! nein
Bei Deinem Vater Atreus, und bei ihr,
Die mich mit Schmerzen Dir gebar und nun
Aufs Neue diese Schmerzen um mich leidet!
–     –     –     –     –     –     –     –     –
O gönne mir Dein Auge! Gönne mir
Nur einen Kuß, wenn auch nicht mehr Erhörung,
Daß ich ein Denkmal Deiner Liebe doch
Mit zu den Todten nehme. Komm mein Bruder,
        (der kleine Orestes)
Kannst Du auch wenig thun für Deine Lieben,
Hinknieen und weinen kannst du doch. Er soll
Die Schwester nicht ums Leben bringen, sag ihm.
Sieh da! auch Kinder fühlen Jammer noch!
Sieh, eine stumme Bitte richtet er
An Dich – laß Dich erweichen! laß mich leben!
An Deinen Wangen flehen wir Dich an,
Zwei Deiner Lieben, Der unmündig noch,
Ich eben kaum erwachsen! Soll ich Dirs
In Ein herzrührend Wort zusammenfassen?
Nichts Süßres gibt es, als der Sonne Licht
Zu schaun! Niemand verlanget nach da unten!

                                Nach Schillers Uebersetzung.

– und Gertrud glich dem Gebild des Griechen 116 darin, daß sie am Rand des Grabes die ganze Blüthe, Glut und Lieblichkeit des Lebens fühlte. Ihre Jugend füllten Hoffnung und vielfarbige Träume; sie liebte, und noch lag für sie der Morgenhauch auf der unentzauberten Erde. Der Himmel war für sie nicht der gemeine Himmel; die Welle hatte eine eigenthümliche Musik für ihr Ohr und das flüsternde Laub eine Anmuth, die Niemand, dessen Herz nicht in der Liebe und dem Sinn für das Schöne sich badet, durchzuhören vermochte. Und so erkannte dann auch Trevylyan in spätern Jahren mit tiefer Dankbarkeit an, daß sie so wenig von ihrer Gefahr vorausempfunden; daß die Natur für sie kein Grabesdunkel angenommen; daß, nach dem griechischen Ausdruck, »der Tod sie schlafend unter Blumen fand.«

Nach wenigen Tagen trat eine jener in Gertrudens Krankheit so häufigen Umkehrungen ein; Jugend und Freude verbündeten sich gegen die eindringende Tyrannin und während der nächsten vierzehn 117 Tage schien die Leidende noch einmal innerhalb der Hoffnungsgrenzen. Während dieser Zeit machten die Wanderer verschiedene Ausflüge ins Rheingau, und endigten ihre Reise im alten Heidelberg.

Nachdem sie eines Morgens aus einer dieser Exkursionen das Gehölz des Niederwalds durchstreift, gewannen sie jenen kleinen, feenhaften Tempel, der leicht an der Stirn des Berges hangend, eine der schönsten Aussichten auf Erden beherrscht. Neben einander sitzend schauten die Liebenden hier auf die schöne Welt unter sich hinab. Fern, zur Linken, lagen die glücklichen Inseln in der Umarmung des Rheins, der sich durch die niedern, gekrümmten Anger in der Umgebung von Niederingelheim und Mainz hinwindet. Weit herüberschimmernd ergoß sich die Nah, vorüber am Mäusethurm und den das alterthümliche Bingen krönenden Trümmern des Klopp, in den Hauptstrom. Dort erhoben sich zu beiden Seiten der Stadt der Rochus- und der Rupertsberg, letzterer mit einer alten, trüb in der Sonne stehenden Klosterruine. Jetzt ist an der Stelle dieser Ruine ein Gebäude für die preußische Mauth aufgeführt. — Der Uebersetzer. Aber näher, unterhalb des Tempels, gähnte, im Gegensatz mit allen andern Zügen der Landschaft, ein dunkler, zerrissener Schlund herauf, umgürtet von hohen Ulmen und verwitternden Burgen, ein eigentliches Bild des Abgrundes der Zeit – schwarz und ankerlos unter Trümmern und Verödung.

»Oft denk' ich,« sagte Gertrud, »wenn wir vor Gegenden wie diese hier beisammen sitzen, und der wirklichen Welt entrückt, nur den Zauber sehen, welchen die Ferne dem Anblick leiht, – oft denk' ich dann, welche Wonne es dereinst seyn werde, uns diese Stunden zurückzurufen. Würdest Du mich je weniger lieben, so brauchte ich Dir blos zuzuflüstern: »der Rhein!« Werden dann nicht alle Empfindungen zurückkehren, die Du jetzt für mich hast?«

»Ach, es wird nie eine Veranlassung geben, meine Liebe für Dich zurückzurufen; sie kann nie abnehmen.«

118 »Was für ein wunderbares Ding ist das Leben!« rief Gertrud; »wie unzusammenhängend, wie flüchtig scheinen alle einzelnen Theile desselben. Steht diese süße Ruhe von den Mühen, von den gewöhnlichen Sorgen des Daseyns in irgend einer Gemeinschaft mit Deiner bisherigen – Deiner künftigen Laufbahn? Du wirst in die große Welt treten; in wenigen Jahren werden Dir dergleichen Augenblicke der Muße und des stillen Sinnens versagt seyn; das handelnde Leben, das Du liebst und suchst, ist ein eifersüchtiger Wirkungskreis; es gestattet keine Abschweifungen, keine Rast. Solche Momente werden Dir dann nur wie jene Inseln, jene glänzenden Nägel auf dem Band des Rheins, erscheinen: – der Strom zögert einen Augenblick vor ihnen und eilt dann in seiner raschen Bahn dahin; sie bringen Abwechselung, aber nicht Unterbrechung in den Lauf der Fluthen.«

»Du bist schwärmerisch, meine Gertrud, aber Dein Gleichniß könnte wahrer seyn! Vergleiche diese Ufer lieber unserem Leben, und den Strom dem einzigen Gedanken, der ewig zwischen Beiden hinfließt, beide mit unsterblicher Frische segnend.«

Gertrud lächelte, und als Trevylyans Arm sie sofort umschlang, neigte sie das schöne Antlitz an seine Brust und er bedeckte es mit Küssen; ihr aber wars in diesem Moment als hätte, selbst wenn der Tod über sie hingegangen wäre, diese Umarmung sie wieder ins Leben zurückrufen müssen.

Die Reise nach Mainz setzten sie theils zu Land, theils auf dem Fluß fort. Als sie eines Tags auf der Rückkehr von den rebenbekränzten Hügeln des Johannisbergs, des Beherrschers des ganzen Rheingaus, des schönsten Thals der Welt, zu Wasser nach dem Städtchen Ellfeld fuhren, bemerkte Gertrud:

»Dein Lieblingsdichter hat einen von Dir oft wiederholten Gedanken, den ich gleichwohl nicht für richtig halten kann:

»»In der Natur liegt keine Trauer.««

Mir scheint es, eine gewisse Trauer sey unzertrennlich von der Schönheit. Am sonnigsten Mittag zieht sich ein Gefühl von 119 Einsamkeit und Stille durch die Natur, und haucht uns aus der Glorie des Lebens heraus mit einem träumerischen, zarten Schmerz an. Woher Das?«

»Ich weiß es nicht,« entgegnete Trevylyan gramvoll; »aber ich gestehe, daß Du Recht hast.«

»Es ist,« fuhr die dichterische Gertrud fort, »als spräche der Weltgeist zu uns aus dem Schweigen, und erfüllte uns mit der Empfindung unserer Sterblichkeit; ein Flüstern der in der Natur liegenden Religion, welche die Erde stets mit Mahnungen an den Himmel zu verbinden sucht. Ach, was wäre selbst die Liebe ohne einen Himmel! eine ewige Angst vor der Trennung, die einst kommen muß! Wenn,« fuhr sie nach einer kurzen Pause fort, und ein Schatten lagerte sich auf ihr junges Antlitz, – »wenn es wahr ist, Albert, daß ich Dich verlassen soll . . . . .«

»Es ist nicht möglich – nicht möglich!« rief Trevylyan wild. »Sey still, sey still, ich flehe darum.«

»Sehen Sie,« bemerkte Du–e, zu rechter Zeit das Gespräch der Liebenden unterbrechend, »auf jenem Hügel dort zur Linken ist eine ehemalige Abtei zum Zufluchtsort des Wahnsinns geworden! Die Abtei Eberbach. — Der Uebersetzer. Sieht er nicht wie ein ruhiger, heiterer Aufenthalt für die entfesselten, irren Gemüther aus, die ihn bewohnen? Welch Geheimniß in unserem Mechanismus diese seltsamen, verwilderten Phantasien, die an die Stelle unserer festen Vernunft treten! welche Lehre predigen sie unserer menschlichen Schwäche!«

Wirklich verleitet es zu einem dunkeln, eigenthümlichen Zug der Gedanken, wenn wir mitten unter diesen lieblichen Gegenden plötzlich auf die einsame Wohnung Derer stoßen, deren Augen die Natur vielleicht umsonst anlächelt! Oder ist sie für dieselben ein Blendwerk? Sie sehen auf den breiten Rhein mit seinen ruhigen Inseln hinab; geben ihre wilden Täuschungen dem Strom etwa einen andern Namen, bevölkern sie die Thäler mit Gestalten wie keine leben? 120 Strahlt der zerbrochene Spiegel in ihrem Innern das Angesicht der Wirklichkeit zurück, ohne Schatten und Formen in wildem Durcheinander – Truggebilde der Träume eines Kranken? Doch vielleicht macht ein einziges, in der allgemeinen Zertrümmerung des Gehirns unversehrt gebliebenes Andenken den schönen Rhein noch schöner, als er fürs gewöhnliche Auge ist; sänftigt den Strom mit den Farben hingeschiedener Liebe, und läßt das sie bewahrende Herz über die rebenbekränzten Hügel mit Wesen hinwandeln, die nicht mehr sind. Hier sitzt vielleicht der selbsterschaffene Herrscher auf seinem Thron und sieht die Schiffe für seine Flotte, die Wogen und Thäler für sein Gebiet an. Dort sieht der Schwärmer, vom Licht irgend einer Phantasiereligion verbrannt, Engelgestalten und findet in den Wolken um die sinkende Sonne her den Sitz Gottes. Dort beschwört das Opfer treuloser oder untergegangener Liebe, mächtiger als die alten Magier, die Todten herauf oder ruft die Ungetreuen durch den Zaubertrank unsterblicher Imagination zurück. Ach glücklich bist Du, beschwingte Macht der Bildungskraft in uns! – Besiegerin jeden Grams – Erhellerin jeder Verzweiflung! Du nimmst uns von der Welt hinweg, wenn uns die Vernunft nicht länger an dieselbe zu fesseln vermag, und gibst dem Wahnsinnigen die Begeisterung und den Trost des Dichters! Du, Mutter der reineren Liebe, bleibst wie die Liebe bei uns, sogar wenn wir selbst uns verlassen, und beleuchtest die zertrümmerten Gemächer des Herzens mit der Glorie, die aus der Ruine ein Heiligthum schafft.

 


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