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Nous vous mettrons à convert.
Réondit le pot de fer;
Si quelque matière dure
Vous menace d'aventure
Entre deux je passerai
Et du coup vous sauverai.
* * *
Le pot de terre en souffre.
La Fontaine.
Sidney, komm her, Junge. Was hast Du getrieben? Du hast Deine Krause in Fetzen gerissen! Wie hast Du das gemacht? Komm, Junge, keine Lügen!«,
»Wahrhaftig. Madame, es war nicht meine Schuld. Ich streckte nur den Kopf zum Fenster hinaus, um die Kutsche vorbeifahren zu sehen, und ein Nagel hat mich da gefaßt.«
»Ei, Du kleiner Racker! Du hast Dich auch selbst geritzt – Du treibst immer Unfug. Was hast Du denn nöthig, den Kutschen nachzusehen?«
»Ich weiß selbst nicht,« sagte Sidney und ließ betrübt den Kopf hängen.
»La, Mutter!« schrie der jüngste Vetter, ein vierschrötiger, röthlicher Bube mit plumpen Zügen, etwa von Sidneys Alter, »La, Mutter, er sieht nie eine Kutsche auf der Straße, wenn wir spielen, ohne daß er ihr nacherläuft.«
»Nachläuft, nicht nacherläuft ,« sagte Mr. Roger Morton, indem er die Pfeife aus dem Mund nahm.
»Warum läufst Du den Kutschen nach, Sidney?« sagte Mrs. Morton, »das ist sehr garstig; Du wirst einmal überfahren werden!«
»Ja, Madame,« sagte Sidney, der während der ganzen Verhandlung vom Kopf bis zum Fuß zitterte.
»Ja, Madame! und: Nein, Madame! Du hast doch nicht mehr Manieren als ein Schustersjunge!«
»Scheltet das Kind nicht, meine Liebe, es weint schon,« sagte Mr. Morton in entschiedenerem Tone als gewöhnlich. »Komm her, mein Kleiner!« und der würdige Oheim nahm ihn in seinen Schooß und hielt ihm sein Glas Branntwein mit Wasser an den Mund; Sidney, zu schüchtern es abzulehnen, schlürfte hastig und hatte seine großen Augen auf seine Tante geheftet, wie Kinder thun, wenn sie einen Puff befürchten.
»Ihr verwöhnt den Knaben mehr als Euer eigen Fleisch und Blut,« sagte Mrs. Morton höchst verstimmt.
Hier legte Tom, der obenbeschriebene Jüngste, den Mund an seiner Mutter Ohr und flüsterte laut genug, daß Alle es hören konnten: »Er läuft der Kutsche nacher, weil er meint, seine Mama sey vielleicht drin. Wer's Heimweh hat, möcht' ich wohl wissen! Bäh! bäh!«
Der Knabe deutete mit dem Finger über seiner Mutter Schulter, und die andern Kinder brachen in ein lautes Gekicher aus.
»Verlaßt das Zimmer, allesammt, verlaßt das Zimmer!« sagte Mr. Morton, zornig aufstehend und mit dem Fuße stampfend.
Die Kinder, welche vor ihrem Vater großen Respekt hatten, huschten und drängten sich zur Thüre; Tom aber, der als der Letzte hinausging, streckte, keck im Gefühl der Gunst seiner Mutter, den Kopf zur Thüre hinein und rief: »Ade, kleiner Heimwehmann!«
Ein plötzlicher Schlag ins Gesicht von seinem Vater verwandelte sein Gekicher in eine ganz andere Art von Musik, und man hörte von draußen einige Augenblicke lang, nachdem die Thüre geschlossen war, ein lautes, zorniges Schluchzen.
»Wenn das die Art ist, wie Ihr Eure Kinder behandelt, Mr. Morton, so gelobe ich, Ihr sollt keine mehr bekommen, wenn ich dafür seyn kann. Kommt mir nicht zu nahe – berührt mich nicht!« und Mrs. Morton nahm das empfindliche Benehmen einer beleidigten Schönheit an.
»Pah!« brummte der Gatte, und setzte sich wieder und nahm seine Pfeife in den Mund. Es entstand eine Todesstille!
Sidney schmiegte sich an seinen Oheim und sah sehr blaß aus. Mrs. Morton, welche eben strickte, strickte drauf los mit der Heftigkeit nervöser Gereiztheit.
»Zieh die Glocke, Sidney,« sagte Mr. Morton. Der Knabe gehorchte – das Stubenmädchen kam herein. »Bringt Mr. Sidney auf sein Zimmer; haltet die Knaben fern von ihm, und gebt ihm ein großes Stück Brod und Marmelade, Martha.«
»Ei freilich, Marmelade – Syrup,« sagte Mrs. Morton.
»Marmelade, Martha!« wiederholte der Oheim gebieterisch.
»Syrup!« wiederholte die Tante.
»Marmelade! sage ich.«
»Syrup! hört Ihr! Martha hat überhaupt keine Marmelade zu geben.«
Der Gatte konnte dagegen Nichts mehr sagen.
»Gute Nacht, Sidney; das ist ein guter Junge; geh und küsse Deine Tante und mach' ihr Deinen Knix; und ich sage Dir, Junge, bekümmre Dich nicht um die Plagegeister. Ich will morgen ein Wort mit ihnen sprechen; Niemand in meinem Hause soll Dir unfreundlich begegnen!«
Sidney murmelte Etwas und ging schüchtern auf Mrs. Morton zu. Seine Miene, so sanft und unterwürfig,, seine Augen voll Thränen, sein hübscher Mund, der, selbst stumm, so beredt für ihn sprach, seine Bereitwilligkeit zu verzeihen, und sein Wunsch Verzeihung zu erhalten hätten wohl manches härtere Herz als das der Mrs. Morton erweichen können. Aber in diesem herrschte etwas Aergeres als Härte, Vorurtheil und verwundete Eitelkeit – Muttereitelkeit. Der Contrast zwischen ihm und ihren eignen rohen, plumpen Kindern nagte an ihr und machte sie im Geist mit den Zähnen knirschen.
»Gib Acht, Kind, tritt mir nicht auf den Rock, Du bist so linkisch; sag Dein Gebet her, und wirf die Bettdecke nicht herab; ich mag die schmutzigen Kinder nicht leiden!«
Sidney legte den Finger an den Mund, verbeugte sich und verschwand.
»Jetzt, Mrs. Morton,« sagte Mr. Morton rasch beginnend und klopfte die Asche aus seiner Pfeife, »jetzt Mrs. Morton, ein Wort, ein für allemal; ich habe Euch gesagt, daß ich der armen Katharine versprochen, diesem Kind ein Vater zu seyn, und es geht mir ans Herz, ihn so anfahren zu sehen. Warum Ihr ihn nicht leiden könnt, kann ich ums Leben nicht errathen; ich sah nie ein gutmüthigeres, weicheres Kind.«
»Weiter, Sir, weiter; macht Eure persönlichen Betrachtungen über Eure eigne, rechtmäßige Frau. Sie beleidigen mich nicht – o nein! gar nicht! Gutmüthig, in der That, ich denke, Eure Kinder sind nicht gutmüthig?«
»Das lasse ich auf sich beruhen,« sagte Mr. Morton; »meine Kinder sind, wie Gott sie geschaffen, und ich bin ganz wohl zufrieden.«
»Ihr dürft in Wahrheit stolz seyn auf eine solche Familie; und wenn ich an die Mühe denke, die ich mit ihnen gehabt, und was ich Euch an Wärterinnen erspart, und die schlimmen Wochenbetten, die ich gehabt, und jetzt sehen müssen, wie dieser kleine unheilanrichtende Eindringling sie aussticht und verdrängt – es ist zu schlimm von Euch, Mr. Morton; Ihr werdet mir das Herz brechen – ja, das werdet Ihr!«
Mrs. Morton hielt ihr Taschentuch vor die Augen und schluchzte.
Der Gatte war gerührt; er stand auf und suchte ihre Hand zu fassen. »Gewiß, Margarethe, ich wollte Euch nicht wehe tun.«
»Und ich, die ich eine so ge – ge – treue Fr – Fr – Frau gewesen, und Euch so viel Ge – Ge – Geld zugebracht, und immer auf Euer Interesse stu – stu – studirt habe –; manchesmal, wenn Ihr im ersten Schlafe lagt, bin ich die halbe Nacht aufgesessen und habe die Leinwand des Hauses ge – ge – gestickt; und Ihr seyd nicht derselbe Mann, Roger, seit der Knabe im Hause ist!«
»Wohl, wohl!« sagte der gute Mann, ganz überwältigt, und faßte sie freundlich um den Leib und küßte sie; »keine solchen Worte zwischen uns; es macht das Leben ganz unbehaglich. Wenn es Euch belästigt, Sidney hier zu haben, so will ich ihn in eine Schule in der Stadt bringen, wo man ihm freundlich begegnen wird. Nur, wenn Ihr um meinetwillen, Margarethe – altes Kind, komm jetzt! komm, einen Kuß! – zärtlicher gegen ihn seyn wolltet. Ihr seht, es thut ihm so ahnd »… he frets so after his mother«: »er sehnt sich so nach seiner Mutter« (so die Übersetzung von Ernst Susemihl, 1845); »ahnd« als Adjektiv wird im Grimm'schen Wörterbuch nachgewiesen in der Verwendung »ahnd sein bzw. tun«: zur Last fallen; unbequem, zuwider, leid sein. Seit dem 18. Jh. nur noch regional in der gesprochenen Sprache im Gebrauch. – Anm.d.Hrsg. nach seiner Mutter. Denkt, wie es dem kleinen Tom ahnd thun würde, wenn er von Euch weg wäre! der arme kleine Tom!«
»La, la, Mr. Morton, Ihr seyd solch ein Mann! Wer kann Euch widerstehen! Ihr wißt, wie Ihr mich überwinden könnt – nicht wahr?«
Und Mrs. Morton lächelte huldvoll, indem sie sich aus den Armen des Ehemanns los machte und ihre Haube zurechtrückte.
Nachdem so der Friede hergestellt, füllte Mr. Morton seine Pfeife wieder, und nach einer Pause fuhr die gute Dame in sehr mildem, versöhnendem Tone fort:
»Ich will Euch sagen, Roger, was es ist, das mich an diesem Kind so verdrießt. Er ist so listig und sagt solche Unwahrheiten!«
»Unwahrheiten; das ist ein sehr schlimmer Fehler,« sagte Mr. Morton ernst. » Das muß anders werden.«
»Erst dieser Tage sah ich ihn im Laden eine Fensterscheibe zerbrechen, und als ich ihn deßwegen tadelte, läugnete er es, und mit solch einem Gesicht! Ich kann das lügnerische Wesen nicht leiden!«
»Laßt michs nur wissen, »wenn er das nächstemal Geschichten erfindet; ich will ihn kuriren,« sagte Mr. Morton streng. »Ihr wißt, wie ich es Tom vertrieben habe! Spare die Ruthe und verderbe das Kind! Und wenn ich versprach, den Knaben mit Güte zu behandeln, meinte ich damit natürlich nicht, daß ich nicht auf seine Sittlichkeit achten und nicht dafür sorgen wolle, daß er ein ehrlicher Mann werde. Rede die Wahrheit und beschäme den Teufel – das ist mein Wahlpruch!«
»Gesprochen ganz wie es Euch gleich sieht, Roger!« sagte Mrs. Morton mit großer Lebhaftigkeit. »Aber seht Ihr, er hat eben nicht das Glück gehabt, einen Vater zu haben wie Ihr seyd. Mich wundert, daß Eure Schwester Euch nicht schreibt. Manche Leute machen viel Aufhebens von ihren Gefühlen; aber aus den Augen, aus dem Sinn.«
»Ich will hoffen, daß sie nicht krank ist, die arme Katharine! sie sah sehr bedenklich aus, als sie hier war,« sagte Mr. Morton und wandte sich beunruhigt nach dem Herde und seufzte.
Hier trat die Dienerin ein mit dem Geschirr zum Nachtessen, und das Gespräch kam auf andere Gegenstände.
Der Mrs. Roger Morton Beschuldigung gegen Sidney war nur zu wahr. Er hatte unter diesem Dach eine entsetzliche Gewohnheit angenommen, Lügen zu sagen. Bei seiner Mutter war er nie in diesen Fehler verfallen, weil er dort und damals Nichts zu fürchten hatte; – jetzt hatte er Alles zu fürchten; – die grimmige Tante – selbst den ruhigen, wohlwollenden, kalten, ernsten Oheim – die Lehrlinge – die fremden Dienstboten – und, oh! mehr als Alle, die hartäugigen, lautlachenden Quäler, die Knaben seines Alters! Von Natur schüchtern, machte ihn die Strenge wirklich zum Feigling, und wenn die Nerven zittern, so ertönt so gewiß eine Lüge, als, wenn ich an diesem Drath ziehe, die Glocke am Ende desselben klingeln wird. Hüte Dich vor dem Mann, der als Kind rauh behandelt worden ist!
Am Tag nach der eben erzählten Besprechung hatte Mr. Morton, welcher am Rothlauf Hautkrankheit, welche auch Erysipel oder Wundrose genannt wird. Dahinter verbirgt sich eine bakteriell verursachte oberflächliche Hautentzündung. – Anm.d.Hrsg. litt, etwas kühlende Arznei genommen. Er frühstückte deßhalb später als gewöhnlich – nach der übrigen Familie; und bei dieser Mahlzeit – pour le soulager – ließ er sich, eine außergewöhnliche Delikatesse, eine glatte Semmel geben. Nun traf es sich daß, als er erst die halbe Semmel gegessen und eine Tasse Thee getrunken hatte, er in den Laden gerufen wurde wegen eines Kunden von großer Wichtigkeit – einer redseligen alten Dame, die immer ihre Aufträge mit ungemeiner Genauigkeit gab, und die sich Etwas zu gute that auf einen Ruf von Leutseligkeit, den sie dadurch behauptete, daß sie nie für einen Penny Band kaufte, ohne den Herrn des Laden zu fragen, wie sich seine ganze Familie befinde, und von allen andern Familien im Ort zu schwatzen.
In dem Augenblick, wo Mr. Morton das Wohnzimmer verließ, saßen Sidney und Tom drinnen auf zwei Schemeln, und rechneten auf ihren Schiefertafeln Zahlen zusammen – ein Punkt der Erziehung, auf welchen Mr. Morton mit großem Eifer hielt. Sobald sein Vater den Rücken gewandt, wanderten Mr. Toms Augen von der Schiefertafel nach der Semmel hinüber, die ihn aus dem Körbchen drüben einladend anschaute. Nie besaß die Pythische Sibylle, auf der dampfenden Höhle sitzend, eine gewaltigere Beredtsamkeit für ihren Priester, als diese Semmel – d. h. so Viel davon noch übrig war – an die bezauberten Sinne Junker Toms verschwendete. Zuerst seufzte er; dann drehte er sich auf seinem Schemel herum; dann stand er auf; dann schielte er aus ehrerbietiger Ferne nach der Semmel; dann näherte er sich allmälig, und ging immer und immer im Kreis um sie herum – seine Augen wurden immer ehrlicher und zärtlicher; dann guckte er durch die Glasthüre in den Laden, und sah seinen Vater in eifrigem Gespräch mit der alten Dame; dann begann er zu berechnen und zu philosophiren; – vielleicht war sein Vater mit dem Frühstück fertig; vielleicht kam er gar nicht wieder zurück; und wenn auch, so vermißte er wohl schwerlich ein Stückchen von der Semmel, und vermißte er es auch – warum sollte er dann annehmen, daß Tom gerade es genommen? Während er so mit sich selbst zu Rathe ging, kam er dem verhängnißvollen Strudel näher, und endlich mit einem verzweifelten Griff, ergriff er den dreieckigen Gegenstand der Versuchung:
Und eh man hatte Zeit zu sagen: Schau!
Hatten die Kiefern Thomas' ihn verschlungen.
Sidney, aus seinen Studien aufgestört durch die Unruhe seines Gespielen, war mit großer Gewissensangst Zeuge dieses Auftritts: »O Tom,« sagte er, »was wird Euer Papa sagen?«
»Da sieh her!« sagte Tom, indem er dem zurückbebenden Sidney die Faust unter die Nase hielt. »Wenn Papa es vermißt, so sagst Du, die Katze habe es genommen. Wo Du's nicht thust – meiner Treu! was Du für eine Tracht Schläge bekommen sollst!«
Hier hörte man Mr. Mortons Stimme, wie er der Dame »guten Morgen« wünschte, und Junker Tom, der es klüger fand, den Ruhm der Erfindung Sidney allein zu überlassen, flüsterte: »Sag, ich sey die Treppe hinauf gegangen, mein Nastuch zu holen,« und machte sich eilig aus dem Staube.
Mr. Morton, schon in sehr schlechter Laune, theils wegen der Wirkungen der kühlenden Arznei, theils wegen der Unterbrechung seines Frühstücks, trat in das Wohnzimmer. Sein Thee, wovon die zweite Tasse schon eingeschenkt – war kalt. Er wandte sich nach der Semmel und bemerkte auf den ersten Blick, daß ein Stück fehlte.
»Wer ist über meiner Semmel gewesen?« sagte er mit einer Stimme, welche Sidney so vorkam, wie er sich immer die Stimme eines Ogers gedacht hatte. »Etwa Ihr, Junker Sidney?«
»N – n – nein, Sir; gewiß nicht, Sir.«
»Dann war es Thomas. Wo ist er?«
»Er ist die Treppen hinaufgegangen, sein Sacktuch zu holen, Sir.«
»Hat er meine Semmel genommen? Sprich die Wahrheit!«
»Nein, Sir, es war die – es war die – die Katze, Sir.«
»O Du böser, böser Bube!« schrie Mrs. Morton, die ihrem Gatten in den Laden gefolgt war, »die Katze hat die letzte Nacht gekitzt, und ist eingeschlossen im Kohlenkeller.«
»Komm her, Freund Sidney! Nein! – geht zuerst hinunter, Margarethe, und seht, ob die Katze im Keller ist; sie hätte doch herauskommen können, Mrs. Morton,« sagte Mr. Morton, gerecht selbst in seinem Zorne.
Mrs. Morton ging, und eine Todesstille entstand außer in Sidneys Herzen, das lauter schlug als das Picken einer Uhr. Mr. Morton ging inzwischen an einen kleinen Wandschrank; während er dort war, kehrte Mrs. Morton zurück, die Katze war im Keller, wohl eingeschlossen, gar nicht in der Stimmung Semmeln zu verzehren, das arme Geschöpf – sie wollte nicht einmal ihre Milch lecken; – wie ihre Herrin, hatte sie eine sehr schlimme Kindbett Regional damals auch im Femininum gebräuchlich. – Anm.d.Hrsg.!
»Jetzt kommt her, Sir,« sagte Mr. Morton, von dem Wandschrank aufstehend mit einer kleinen Reitpeitsche in der Hand. »Ich will Euch in Zukunft die Wahrheit sprechen lehren! Gesteht, daß Ihr eine Lüge gesagt!«
»Ja, Sir, es war eine Lüge! Bitte – bitte, verzeiht mir; Tom brachte mich dazu!«
»Was! während der arme Tom doch oben ist? immer schlimmer!« sagte Mrs. Morton, Hände und Augen erhebend. »Welch eine Natter!«
»Pfui, Bube, pfui! Nimm das – und das – und das – –«
Zuckend, bebend, noch mehr aus Schreck als aus Schmerz, krümmte sich das arme Kind unter der Peitsche.
»Mama! – Mama!« schrie er endlich, – »oh! warum, warum hast Du mich verlassen?«
Bei diesen Worten hielt Mr. Morton inne und die Peitsche entfiel seiner Hand.
»Und doch ist es nur zum Besten des Knaben,« murmelte er. »So, Kind, ich hoffe es ist das letzte Mal. Da, Du hast ja nicht Viel empfangen. Wetter, heule nicht so!«
»Er wird die ganze Straße in Allarm bringen,« sagte Mrs. Morton; »ich sah in meinem Leben kein solches Kind! Da, bring dies Päckchen der Mrs. Birmie, – Du weißt, das Haus – gleich in der nächsten Straße, und trockne Dir die Augen ehe Du hingehst. Geh nicht durch den Laden, – hier hinaus!«
Sie drängte das Kind, das noch mit einer für sie unbegreiflichen Heftigkeit schluchzte, durch den abgesonderten Gang auf die Straße und kehrte zu ihrem Gatten zurück.
»Jetzt seyd Ihr überzeugt, Mr. Morton?«
»Still, Madame, sprecht mir nicht davon. Aber sicherlich, das ist die Art, wie ich Tom das Lügen vertrieben habe. – Der Thee ist so kalt wie Eis!«