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Denny lehnte sich mit einer Hand gegen eine Lehmwand und versuchte, über die Vorfälle des heutigen Tages nachzudenken. Alles war im höchsten Grade seltsam; es war sogar noch etwas seltsamer als die Episode mit Joseph Simon und dem rätselhaften Gemälde.
Der Kid – war das ein Spitzname oder eine feststehende Bezeichnung für ein Gift, das jedermann in der Stadt fürchtete und haßte?
Er ging die Straße hinunter und entfernte sich immer weiter von dem Hotel. Da vernahm er eine schrille Stimme in seiner unmittelbaren Nähe: »Ich bin der Kid!«
Freudig erschreckt wirbelte er herum. Aber in der Mitte der Straße gewahrte er nur einen rotköpfigen Bengel inmitten seiner mexikanischen Spielgefährten.
»Ich bin der Kid!« rief er. »Versucht, mich zu fangen. Ich bin so lange der Kid, bis ihr mich fangt!«
Im Vertrauen auf ihre Anzahl stürzten sie frohlockend auf ihn zu, aber der kleine Rotkopf wand sich durch ihre Reihen wie ein geschickter Fußballspieler. Jemand hatte ihn erwischt, doch ein kräftiger Faustschlag, begleitet von einem Schmerzensgeschrei, verschaffte dem Rotkopf wieder Luft. Bald hatte er sich aus der Umklammerung befreit und stand nun außerhalb der Kinderschar.
»Ich bin der Kid! Ihr könnt mich nicht fangen!«
Eifrig und wutentbrannt stürzten sie hinter ihm her. Er ergriff die Flucht. Sie schwärmten seitwärts aus; er machte kehrt, wand sich wiederum durch ihre Reihen. Krach – krach! Seine Fäuste verschafften ihm Raum, so daß er sich den Durchgang wieder erzwang. Vor Uebermut lachend, taumelte er hin und her.
Aber dann ereilte ihn sein Schicksal. Denny griff mit seinem langen Arm zu und erfaßte ihn am Genick. Der Rotkopf wurde emporgehoben und unter Dennys Arm gezwängt. Heulend vor Wut, die Hände nach dem Gefangenen ausstreckend, umkreiste die kleine Schar Denny.
»Laßt ihn in Ruhe!« donnerte Si Denny.
Die Kinder wichen erschreckt zurück. In sicherer Entfernung blieben sie in einzelnen Gruppen stehen und spähten gespannt zu den beiden hinüber, immer noch hoffend, daß ihr Peiniger gebührend bestraft werden könnte.
Si Denny setzte seinen Gefangenen auf eine Lehmwand.
»Well«, fragte er, »du bist ja wie ein kleiner Teufel umhergetobt. Weißt du, wer ich bin?«
»Nein. Ich kümmere mich auch einen Dreck darum.«
»Ich bin der neue Hilfssheriff,«
»Das ist eine verdammte Lüge. Joe Belcher würde niemals einen Gent wie Sie mit solch einem Posten betrauen.«
»Warum nicht, du kleiner Racker?«
»Sie sind viel zu klobig gebaut. Sie sind gänzlich ungeeignet, auf den Gebirgspfaden in der hiesigen Gegend umherzureiten. Sie würden die Pferde zuschanden reiten.«
Si Denny grinste, da ihm diese Antwort gefiel.
»Wer ist deine Mutter, Junge?« fragte er.
»Ich weiß nicht.«
»Wer dein Vater?«
»Ich weiß nicht.«
»Wer kümmert sich um dich?«
»Um mich braucht sich niemand zu kümmern.«
»Wie heißt du?«
»Wie es sich gerade trifft.«
»Zum Beispiel?«
»Rotkopf. Oder: He du!«
»All right. Und wer ist dieser Kid, den du vorhin erwähntest?«
Der Junge starrte ihn an. »Wissen Sie das nicht?«
»Ich frage dich, mein Sohn. Kümmere dich nicht darum, was ich weiß oder nicht weiß.«
»Well«, sagte der Junge, »ich will verdammt sein, wenn ich heute abend zum Sprechen aufgelegt bin. Besonders nicht, wenn von dem Kid die Rede ist.«
Si Denny faßte beide Arme des Knaben. Der Rotkopf setzte sich wütend zur Wehr und entwickelte eine staunenswerte Kraft. Aber die riesigen Hände Sis packten wie ein Schraubstock zu und zwängten die Arme des Jungen rückwärts. Seine kleinen Fäuste wurden ihm ins Kreuz gedrückt. Dann wurden sie höher und höher nach den Schultern gepreßt.
»Willst du jetzt reden, du kleine Kratzbürste?«
»Nein!« keuchte der Rotkopf mit zusammengebissenen Zähnen.
Si Denny lockerte plötzlich seinen Griff. »Du bist ein tapferes Bürschchen«, erklärte er bewundernd.
»Ich wollte nur, daß ich halb so groß wäre wie Sie!«
»Weshalb?«
»Dann würde ich Sie in Stücke reißen.«
Si Denny kicherte. Er spürte, wie der Junge vor Erregung am ganzen Leibe zitterte. Der würde sich mit den Jahren zu einem stürmischen Draufgänger entwickeln! Dann zog er ein Taschenmesser hervor. Es war ein kleines Kunstwerk mit einem Perlmuttergriff und fünf prächtigen Stahlklingen. Er legte es in seine breite Handfläche und hielt es dem Kind unter die Augen, und plötzlich schien sich der Rotkopf zu beruhigen.
»Ah!« seufzte er.
»Sieh mal her«, sagte Si Denny. Damit öffnete er die Hauptklinge, die dreiundeinenhalben Zoll lang war.
»Donnerwetter!« rief der Rotkopf.
»Das ist noch nicht alles. Sieh nur hin!«
Er zeigte eine kleine Klinge – eine Nagelfeile – einen Korkenzieher – sogar eine Schere.
»Nimm nur.«
Der Rotkopf streckte zitternd beide Hände aus. »Danke«, sagte er. »Ich werde es nicht fallen lassen!«
Er hielt es immer noch mit beiden Händen fest. Er wagte nicht, sich zu rühren, aus Furcht, es könnte sich um eine Sinnestäuschung handeln.
»So ein Messer gibt es in der ganzen Stadt nicht!« murmelte er.
»So ein Messer gibt es kaum in der ganzen Welt«, sagte Denny. »Aber es gehört dir.«
Der Rotkopf zitterte. »All right«, sagt er heiser. »Es ist ein kleiner Scherz, kalkuliere ich.«
Si Denny nahm das Messer, machte die Klingen zu und steckte es dem Jungen in die Tasche. Dann packte er ihn wieder beim Nacken und setzte ihn auf die Straße.
»Du kannst gehen, Junge. Es ist dein Messer.«
Das ließ sich der Rotkopf nicht zweimal sagen. Er verschwand augenblicklich im Dunkel der Nacht. Aber Si Denny kannte seine Pappenheimer! Er verweilte ruhig auf demselben Zweck, und bald tauchte der leuchtende Haarschopf des Jungen aus der Dunkelheit auf.
In sicherem Abstand umkreiste er Si Denny.
»Warteten Sie auf meine Rückkehr?« fragte er.
»Ich wußte, daß ich mich auf eine ehrliche Haut verlassen kann.«
»Das war ein gemeiner Trick von Ihnen – mir so die Arme zu verrenken.«
»Deshalb habe ich dir das Messer geschenkt.« Der Rotkopf trat plötzlich an ihn heran. »Well«, sagte er, »dann sind wir also quitt?«
»Gewiß.«
»Ich bin Ihnen nichts schuldig?«
»Nicht das geringste.«
Es trat eine kleine Pause ein. Denny fühlte eher, als daß er es sah, wie der Junge mit weit aufgerissenen Augen auf ihn starrte.
»Well«, sagte der Rotkopf schließlich, »Sie möchten etwas über den Kid erfahren, kalkuliere ich.«
»So ist es.«
»Leider habe ich ihn niemals gesehen. Auch sonst hat ihn kaum jemand gesehen – ich meine: in dieser Stadt.«
»Mit Ausnahme des Sheriffs?«
Der Knabe kicherte. »Jawohl, der Sheriff hat ihn gesehen. Ich kalkuliere, er wird den Tag niemals vergessen, an dem er mit dem Kid zusammentraf. Jeff Hitchins hat ihn ebenfalls gesehen.«
»Ist Hitchins ein großer Gent mit einem roten Gesicht?«
»Das ist er. Er schaut immer wütend drein.«
»Well, was ist dir über den Kid bekannt? Wo hält er sich auf? In der Nähe der Stadt?«
»Beileibe nicht! Er treibt sich überall umher. Sein Pferd ist seine Heimat.«
»Ich verstehe«, murmelte Si. »Er ist ein Verbrecher?«
»Ich weiß nicht. Niemand kann dem Kid etwas nachsagen. Er ist zu verschlagen dazu!«
Si Denny verfiel in Grübeleien: Er schien zwar seinem Mann auf der Spur zu sein, aber ebensogut hätte er eine Stecknadel in einem Heuhaufen suchen können. In seiner Ratlosigkeit ging er schließlich zu einer anderen Taktik über, indem er sich aufs Bitten verlegte.
»Tu mir einen Gefallen, mein Sohn«, sagte er.
»Gewiß. Alles, was Sie wünschen!« Der Rotkopf stützte wichtig eine Hand in die Hüfte und wartete.
»Ich möchte den Kid sehen.«
Der Junge pfiff nachdenklich durch die Zähne. »Das sollten Sie sich lieber zweimal überlegen.
»Ich muß ihn sehen, Rotkopf.«
»Well«, sagte der Junge, »laden Sie ihn doch ein, in die Stadt zu kommen.«
»Wer wird ihm die Einladung überbringen?«
»Ich weiß nicht. Es wird ihm zu Ohren kommen. Das wäre durchaus nichts Ungewöhnliches für den Kid. Er hört allerlei Gerede. Vielleicht wird er sogar in Erfahrung bringen, was wir heute nacht über ihn gesprochen haben. Sie können nicht aus ihm klug werden. Er ist zur gleichen Zeit überall und nirgends!« Er seufzte und schüttelte vor Bewunderung den Kopf.
»Was könnte ihn veranlassen, in die Stadt zukommen?«
»Das ist schwer zu sagen. Er läßt sich zu nichts zwingen.«
»Wonach sehnt er sich am meisten?«
»Nach einem Kampf«, entgegnete der Knabe.
»Er ist also ein Kampfhahn, eh?«
»In jeder Beziehung. Das ist mal sicher!«
»Revolver?«
»Revolver, Gewehr, Messer – es gibt nichts, was der Kid nicht verstände! Er kann schneller laufen als ein Sprinter und weiter als ein Indianer; er kann alles reiten, was auf vier Füßen einherwandelt; er kämpft mit den bloßen Fäusten oder mit einer Keule – ganz nach dem Belieben seines Widersachers!«
»Er ist also ein mörderischer Raufbold?«
»Nein. Er kämpft nur, um Gegner, die sich ihm gewachsen glauben, kampfunfähig zu machen.«
»Ich verstehe. Wie soll ich ihn also bewegen, in die Stadt zu kommen?«
Der Knabe sann eine Weile nach und sagte schließlich: »Sie scheuen keine Gefahr?«
»Ich habe schon so manche bestanden«, entgegnete Si Denny lächelnd.
»Dann lassen Sie verlauten, daß Sie hier in der Stadt auf den Kid warten, daß Sie mit Sicherheit auf sein Kommen rechnen, wenn er nur ein halber Kerl wäre; und daß Sie ihn zur Begrüßung mit Blei zu spicken gedächten. Das brauchen Sie nur jemand zu erzählen.«
»Ich erzähle es dir hiermit, Rotkopf. Genügt das?«
»Sicher! Ich werde die Sache in die Wege leiten!«
»Dann ist es also abgemacht.«
»Lebt wohl, Partner, und viel Glück! Sie haben tatsächlich staunenswerte Nerven.«
Damit verschwand der Rotkopf genau so plötzlich wie vorhin. Der große Mann schlenderte weiter die Straße hinunter und ließ sich die jüngsten Ereignisse nochmals durch den Kopf gehen. Er streifte kreuz und quer durch die Straßen, vergaß allmählich seine Kümmernisse, so daß er sogar einen Blick für seine Umgebung hatte, machte schließlich kehrt und wanderte nach dem Hotel zurück.
Der erste, den er in dem Eingangsraum traf, war der große, rotbackige Weidereiter, Hitchins, der aber keinerlei feindselige Absichten verriet. Der Bursche starrte ihn vielmehr mit verwunderten Blicken an, dann wandte er sich ab, flüsterte mit seinem Nachbarn, und bald maßen ihn alle Anwesenden mit verstohlenen Blicken.
Zweifellos hatte der kleine Rotkopf seine Arbeit bereits erledigt. Nach dessen mutmaßlichem Bericht mußte Si Denny geradezu ein Held sein. Abgesehen davon, genügte die Tatsache, daß er den Kid zum Kampfe herausgefordert hatte, schon allein, ihn mit einem Glorienschein zu umgeben.
Er entzog sich den neugierigen Blicken, indem er sein Zimmer aufsuchte. Dort hatte er kaum zehn Minuten zugebracht, als jemand hastig die Treppe hinaufeilte, auf sein Zimmer zuschritt und an die Tür klopfte. Halbwegs erwartend, daß diese geheimnisvolle Persönlichkeit, der Kid, draußen auf ihn warte, öffnete er vorsichtig die Tür. Aber es war nur der Sheriff.
»Hatte keine Ahnung, worauf Sie hinauswollten«, sprach er eifrig auf Si Denny ein. »Das ist natürlich etwas anderes! Solange ich nicht offiziell weiß, daß Sie hier mit dem Kid Krach schlagen wollen, habe ich nichts gegen Ihre Absicht einzuwenden. Ich kann nur Ihren Mut bewundern. Ich bin sogar bereit, die Kosten für Ihr Begräbnis zu tragen, falls Sie kein Glück haben sollten.«
Si Denny lauschte mit gemischten Gefühlen.
»Sagen Sie mal«, fragte er scharf, »warum ist der Kid so verhaßt?«
»Warum sind Sie hinter ihm her?« lautete die Gegenfrage des Sheriffs.
»In meinem Falle liegt die Sache etwas anders. Aber die meisten Leute kennen den Kid nicht einmal vom Ansehen. Sie wissen auch nichts Genaues über ihn.«
»Das ist es ja gerade: Was die Leute nicht genau wissen, das hassen sie gewöhnlich am meisten.«
»So ist es wohl. Für wie alt halten Sie den Kid?«
»Vielleicht zwanzig. Vielleicht fünfundzwanzig.«
Das war gerade das Alter, das Joseph Simon verlangt hatte. Das Herz Si Dennys klopfte erregt. Er setzte zwar sein Leben aufs Spiel, um diesen Mann herbeizuschaffen, aber er war überzeugt, daß Joseph Simon seine Wahl billigen würde. Und dafür konnte er schon einige Gefahr in den Kauf nehmen. In dieser Nacht träumte er von blutigen Kämpfen, Revolvern, Mord und Totschlag.
Er wurde durch das Anreißen eines Streichholzes geweckt. Er richtete sich gerade in dem Moment in seinem Bett auf, als seine Lampe hell aufleuchtete. Da griff er hastig zu seinem Revolver, den er in greifbarer Nähe auf einen Stuhl gelegt hatte. Die Waffe war merkwürdig leicht, und als er sie fest in der Hand hielt, trat der Mann, den er auf dem Bilde in Joseph Simons Zimmer gesehen hatte, hinter der Lampe hervor – er stand in voller Lebensgröße vor ihm.
Da war dasselbe schmale, schöne Gesicht, die hageren, festen Kinnbacken, die hohe Stirn, das schwarze Haar.
»Der Revolver ist leer«, sagte der Kid und deutete auf den Fußboden.
Nun konnte sich Si Denny das leichte Gewicht erklären, denn er sah sechs Patronen am Boden liegen.
»Ich dachte, daß es besser wäre, wenn wir uns zunächst etwas unterhielten«, sagte der Kid.
»Hätte nicht erwartet, daß Sie so rücksichtsvoll sind.«
»Man hat Sie falsch informiert«, entgegnete der Kid ruhig. »Ich mag einen Menschen immer gern kennenlernen, bevor ich ihn töte.«
»Sie beabsichtigen, mich zu töten?«
»Noch bevor es Tag wird – ganz gewiß! Aber es hat keine Eile.«
»Ich glaubte, Sie pflegten Ihre Gegner nur reif für das Hospital zu machen, aber nicht für das Grab.«
»Mord und Totschlag ist gewöhnlich nicht nach meinem Geschmack«, sagte der Kid. »So was fällt meistens zu schwer ins Gewicht. Wenn man nämlich einen Mann in einem ehrlichen Kampfe niederschießt, kann der Geist des Getöteten leicht auf die Erde zurückkehren und die Instanzen des Gesetzes in Bewegung setzen, so daß man schließlich am Galgen endigt. Diesen Umstand habe ich mir immer vor Augen gehalten.«
Er sprach langsam und mit einem gewissen Hohn, wobei er Si Denny mit seltsamen Blicken maß, so daß diesem eine Gänsehaut über den Rücken lief.
»Aber bei Ihnen braucht man so etwas nicht zu befürchten«, fuhr der Kid fort.
»Freut mich zu hören«, sagte Si Denny. »Warum glauben Sie, daß die Sache bei mir anders liegt als bei anderen Leuten?«
»Das ist nicht schwer zu sagen. Sie kommen hierher geschneit und erzählen den Leuten, daß Sie mir nach dem Leben trachten. Das allein gibt mir schon einen hinreichenden Grund, Sie zu töten. Außerdem aber sind Sie ein Verbrecher. Deshalb werden die Leute froh sein, Ihrer ledig zu sein.«
»Sie kennen mich?«
»Bevor ich sterbe, sagen Sie mir bitte eins: Wer hat Ihnen von mir erzählt?«
»Niemand.«
»Stimmt das wirklich?«
»Sicherlich. Ich sah Sie mit dem Rotkopf und hörte jedes Wort, das Sie zu ihm sprachen.«
»Wie brachten Sie das fertig, Mann?«
»Ich befand mich auf der anderen Seite der Mauer!«
Si Denny bekam keinen gelinden Schreck. Er glaubte zwar nicht recht an diese Erklärung, aber sie war schließlich doch nicht ganz von der Hand zu weisen. Er hatte nicht daran gedacht, einen Blick hinter die Mauer zu werfen, während er mit dem Jungen sprach. Ein ganzes Dutzend Männer hätte sich dort versteckt halten und seine Worte hören können. Trotz des Schrecks, der ihm in alle Glieder gefahren war, riß er sich aber doch zusammen und steuerte unverdrossen auf sein Ziel los.
»Sprechen Sie Spanisch?« fragte er.
»Ich darf wohl behaupten, daß mir diese Sprache in Fleisch und Blut übergegangen ist«, sagte der Kid im reinsten Kastilianisch.
»Dann könnten Sie mit mir kommen, glaube ich.«
»Da irren Sie sich gewaltig, Sir. Ich habe durchaus nicht die Absicht, Sie auf Ihrer bevorstehenden Reise ins Jenseits zu begleiten.«
»Aber Sie können sich darauf verlassen: Ich bin nicht hierher gekommen, um mit Ihnen zu kämpfen.«
»Das sollte mir leid tun«, sagte der Kid, und ein grausiges Lächeln spielte um seine Lippen.
Die schwarze Furcht beschlich Denny. Er hatte sich bisher trotz allem zugetraut, daß er den anderen durch seine Ueberredungskünste umstimmen würde, aber dieser Jüngling schien kein menschliches Wesen zu sein. Der bildete eine Klasse für sich. Obgleich Denny der Angstschweiß auf die Stirn trat, sagte er doch mit ruhiger Stimme: »Sie irren sich, wie ich Ihnen sogleich beweisen werde.«
Der Kid setzte sich auf einen Stuhl und neigte sich nach hinten über.
»Gut«, sagte er mit heiterer Stimme. »Sie wollen mich bestechen. Ich werde mir Ihr Angebot anhören.«
»Es handelt sich um so viel Geld, wie Sie noch nie in Ihrem Leben gesehen haben.«
»Geld? Ich besitze genug für meine augenblicklichen Bedürfnisse. Wenn Sie Ihr Leben retten wollen, müßten Sie mich schon für etwas anderes interessieren, Mr. Denny.«
»Damit kann ich dienen: Ein seltsames Abenteuer harrt Ihrer, wenn Sie mit mir kommen.«
Der Kid zögerte einen Augenblick, dann schüttelte er den Kopf. »Deswegen bin ich nicht in Verlegenheit«, sagte er. »Ich kann sehr gut allein auf Abenteuer ausziehen, Sir.«
Aber Si Denny ließ nicht locker. Er machte einen letzten, verzweifelten Versuch, sich diese Chance nicht entgehen zu lassen.
»Well«, sagte er, »Sie sollen mehr Gefahren zu bestehen haben als irgend jemand zuvor. Damit will ich Sie bestechen!«
Der Kid zögerte wieder ein Weilchen, zuckte die Schultern, und dann kam ein verträumter Blick in seine Augen. Er seufzte und sah Si Denny wieder an; diesmal etwas freundlicher und interessierter.
»Erzählen Sie«, sagte er mit leiser Stimme.