Hermann Bote
Till Eulenspiegel
InhaltInhalt
- Hermann Bote
- Die 1. Historie sagt, wie Till Eulenspiegel geboren, dreimal an einem Tage getauft wurde und wer seine Taufpaten waren.
- Die 2. Historie sagt, wie alle Bauern und Bäuerinnen über den jungen Eulenspiegel klagten und sprachen, er sei ein Nichtsnutz und Schalk; und wie er auf einem Pferd hinter seinem Vater ritt und stillschweigend die Leute hinten in seinen Arsch sehen ließ.
- Die 3. Historie sagt, wie Claus Eulenspiegel von Kneitlingen hinweg zog an den Fluß Saale, woher Tills Mutter gebürtig war, dort starb, und wie sein Sohn auf dem Seil gehen lernte.
- Die 4. Historie sagt, wie Eulenspiegel den Jungen etwa zweihundert Paar Schuhe von den Füßen abschwatzte und machte, daß sich alt und jung darum in die Haare gerieten.
- Die 5. Historie sagt, wie Till Eulenspiegels Mutter ihn ermahnte, ein Handwerk zu lernen, wobei sie ihm helfen wollte.
- Die 6. Historie sagt, wie Eulenspiegel in der Stadt Staßfurt einen Brotbäcker um einen Sack voll Brot betrog und es seiner Mutter heimbrachte.
- Die 7. Historie sagt, wie Eulenspiegel das Weck- oder Semmelbrot mit anderen Jungen im Übermaß essen mußte und noch dazu geschlagen wurde.
- Die 8. Historie sagt, wie Eulenspiegel es machte, daß sich die Hühner des geizigen Bauern um die Lockspeise zerrten.
- Die 9. Historie sagt, wie Eulenspiegel in einen Bienenkorb kroch, zwei Diebe in der Nacht kamen und den Korb stehlen wollten und wie er es machte, daß die beiden sich rauften und den Bienenkorb fallen ließen.
- Die 10. Historie sagt, wie Eulenspiegel ein Hofjunge wurde und ihn sein Junker lehrte, wo er das Kraut »Henep« fände, solle er hineinscheißen; da schiß er in den Senf (»Senep«) und meinte, »Henep« und »Senep« sei ein Ding.
- Die 11. Historie sagt, wie Eulenspiegel sich in Hildesheim bei einem Kaufmann als Koch und Stubenheizer verdingte und sich dort sehr schalkhaftig benahm.
- Die 12. Historie sagt, wie Eulenspiegel dem Kaufmann in Hildesheim das Haus räumte.
- Die 13. Historie sagt, wie sich Eulenspiegel bei einem Pfarrer verdingte und wie er ihm die gebratenen Hühner vom Spieß aß.
- Die 14. Historie sagt, wie Eulenspiegel in dem Dorf Büddenstedt Küster wurde und wie der Pfarrer in die Kirche schiß, so daß Eulenspiegel eine Tonne Bier damit gewann.
- Die 15. Historie sagt, wie Eulenspiegel in der Ostermesse ein Spiel machte, daß sich der Pfarrer und seine Haushälterin mit den Bauern rauften und schlugen.
- Die 16. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Magdeburg verkündete, vom Rathauserker fliegen zu wollen, und wie er die Zuschauer mit Spottreden zurückwies.
- Die 17. Historie sagt, wie Eulenspiegel sich für einen Arzt ausgab und des Bischofs von Magdeburg Doktor behandelte, der von ihm betrogen wurde.
- Die 18. Historie sagt, wie Eulenspiegel Brot kaufte nach dem Sprichwort: »Wer Brot hat, dem gibt man Brot«.
- Die 19. Historie sagt, wie Eulenspiegel immer ein falbes Pferd ritt und nicht gerne war, wo Kinder waren.
- Die 20. Historie sagt, wie ein Bauer Eulenspiegel auf einen Karren setzte, darin er Pflaumen zum Markt nach Einbeck fahren wollte, die Eulenspiegel beschiß.
- Die 21. Historie sagt, wie Eulenspiegel sich bei dem Grafen von Anhalt als Turmbläser verdingte; und wenn Feinde kamen, so blies er sie nicht an, und wenn keine Feinde da waren, so blies er sie an.
- Die 22. Historie sagt, wie Eulenspiegel ein Brillenmacher wurde und in allen Landen keine Arbeit bekommen konnte.
- Die 23. Historie sagt, wie Eulenspiegel seinem Pferd goldene Hufeisen aufschlagen ließ, die der König von Dänemark bezahlen mußte.
- Die 24. Historie sagt, wie Eulenspiegel den Schalksnarren des Königs von Polen mit grober Schalkheit überwand.
- Die 25. Historie sagt, wie Eulenspiegel das Herzogtum Lüneburg verboten wurde und wie er sein Pferd aufschnitt und sich hineinstellte.
- Die 26. Historie sagt, wie Eulenspiegel im Lüneburger Land einem Bauern einen Teil seines Ackers abkaufte und darin in einem Sturzkarren saß.
- Die 27. Historie sagt, wie Eulenspiegel für den Landgrafen von Hessen malte und ihm weismachte, wer unehelich sei, könne das Bild nicht sehen.
- Die 28. Historie sagt, wie Eulenspiegel zu Prag in Böhmen auf der Hohen Schule mit den Studenten disputierte und wohl bestand.
- Die 29. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Erfurt einen Esel in einem alten Psalter lesen lehrte.
- Die 30. Historie sagt, wie Eulenspiegel bei Sangerhausen im Lande Thüringen den Frauen die Pelze wusch.
- Die 31. Historie sagt, wie Eulenspiegel mit einem Totenkopf umherzog, um die Leute damit zu berühren, und dadurch viele Opfergaben erhielt.
- Die 32. Historie sagt, wie Eulenspiegel die Stadtwächter in Nürnberg munter machte, die ihm über einen Steg nachfolgten und ins Wasser fielen.
- Die 33. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Bamberg um Geld aß.
- Die 34. Historie sagt, wie Eulenspiegel nach Rom zog und den Papst sah, der ihn für einen Ketzer hielt.
- Die 35. Historie sagt, wie Eulenspiegel die Juden in Frankfurt am Main um tausend Gulden betrog, indem er ihnen seinen Dreck als Prophetenbeere verkaufte.
- Die 36. Historie sagt, wie Eulenspiegel zu Quedlinburg Hühner kaufte und der Bäuerin für das Geld ihren eigenen Hahn zum Pfande ließ.
- Die 37. Historie sagt, wie der Pfarrer von Hoheneggelsen Eulenspiegel eine Wurst wegfraß, die ihm danach nicht gut bekam.
- Die 38. Historie sagt, wie Eulenspiegel dem Pfarrer zu Kissenbrück sein Pferd mit einer falschen Beichte abschwatzte.
- Die 39. Historie sagt, wie Eulenspiegel in dem Dorfe Peine einem kranken Kinde zum Scheißen verhalf und großen Dank verdiente.
- Die 40. Historie sagt, wie Eulenspiegel sich bei einem Schmied verdingte und wie er ihm die Bälge in den Hof trug.
- Die 41. Historie sagt, wie Eulenspiegel einem Schmied Hämmer und Zangen und andres Werkzeug zusammenschmiedete.
- Die 42. Historie sagt, wie Eulenspiegel einem Schmied, seiner Frau, seinem Knecht und seiner Magd je eine Wahrheit draußen vor dem Hause sagte.
- Die 43. Historie sagt, wie Eulenspiegel einem Schuhmacher diente und wie er ihn fragte, welche Formen er zuschneiden solle. Der Meister sprach: »Groß und klein, wie es der Schweinehirt aus dem Tore treibt.« Also schnitt er zu Ochsen, Kühe, Kälber, Böcke usw. und verdarb das Leder.
- Die 44. Historie sagt, wie Eulenspiegel einem Schuhmacher in Wismar Dreck, der gefroren war, als Talg verkaufte.
- Die 45. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Einbeck ein Brauergeselle wurde und einen Hund, der Hopf hieß, anstelle von Hopfen sott.
- Die 46. Historie sagt, wie Eulenspiegel sich bei einem Schneider verdingte und unter einer Bütte nähte.
- Die 47. Historie sagt, wie Eulenspiegel drei Schneiderknechte von einem Fensterladen fallen ließ und den Leuten sagte, der Wind habe sie herabgeweht.
- Die 48. Historie sagt, wie Eulenspiegel die Schneider im ganzen Sachsenlande zusammenrief; er wolle sie eine Kunst lehren, die ihnen und ihren Kindern zugute kommen solle.
- Die 49. Historie sagt, wie Eulenspiegel an einem Feiertag Wolle schlug, weil der Tuchmacher ihm verboten hatte, am Montag zu feiern.
- Die 50. Historie sagt, wie Eulenspiegel sich bei einem Kürschner verdingte und bei ihm in der Stube furzte, damit ein Gestank den anderen vertriebe.
- Die 51. Historie sagt, wie Eulenspiegel bei einem Kürschner in trocknen und nassen Pelzen schlief, wie ihn der Kürschner geheißen hatte.
- Die 52. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Berlin einem Kürschner Wölfe statt Wolfspelze machte.
- Die 53. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Leipzig den Kürschnern eine lebende Katze in ein Hasenfell nähte und sie in einem Sack als lebendigen Hasen verkaufte.
- Die 54. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Braunschweig auf dem Damme einem Ledergerber Leder sott mit Stühlen und Bänken.
- Die 55. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Lübeck den Weinzäpfer betrog, als er ihm eine Kanne Wasser für eine Kanne Wein gab.
- Die 56. Historie sagt, wie man Eulenspiegel in Lübeck henken wollte und wie er mit behender Schalkheit davonkam.
- Die 57. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Helmstedt eine große Tasche machen ließ.
- Die 58. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Erfurt einen Metzger um einen Braten betrog.
- Die 59. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Erfurt einen Metzger noch einmal um einen Braten betrog.
- Die 60. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Dresden ein Schreinerknecht wurde und nicht viel Dank verdiente.
- Die 61. Historie sagt, wie sich Eulenspiegel in Braunschweig bei einem Brotbäcker als Bäckergeselle verdingte und wie er Eulen und Meerkatzen backte.
- Die 62. Historie sagt, wie Eulenspiegel im Mondschein das Mehl in den Hof beutelte.
- Die 63. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Wismar ein Pferdehändler wurde, und ein Kaufmann Eulenspiegels Pferd den Schwanz auszog.
- Die 64. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Lüneburg einem Pfeifendreher eine große Schalkheit antat.
- Die 65. Historie sagt, wie Eulenspiegel von einer alten Bäuerin verspottet wurde, als er seine Tasche verloren hatte.
- Die 66. Historie sagt, wie Eulenspiegel bei Uelzen einen Bauern um ein grünes Londoner Tuch betrog und ihn überredete, daß es blau sei.
- Die 67. Historie sagt, wie Eulenspiegel zu Hannover in eine Badestube schiß und meinte, sie sei ein Haus der Reinheit.
- Die 68. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Bremen von den Landfrauen Milch kaufte und sie zusammenschüttete.
- Die 69. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Bremen seinen Gästen aus dem Hintern den Braten beträufelte, den niemand essen wollte.
- Die 70. Historie sagt, wie Eulenspiegel in einer Stadt im Sachsenland Steine säte und, als er darauf angesprochen wurde, antwortete, er säe Schälke.
- Die 71. Historie sagt, wie ein Stiefelmacher in Braunschweig Eulenspiegels Stiefel spickte und Eulenspiegel ihm die Stubenfenster einstieß.
- Die 72. Historie sagt, wie es Eulenspiegel fertigbrachte, daß eine Frau auf dem Markt in Bremen alle ihre Töpfe entzweischlug.
- Die 73. Historie sagt, wie sich Eulenspiegel in Hamburg bei einem Barbier verdingte, dem Meister durch die Fenster in die Stube ging usw.
- Die 74. Historie sagt, wie Eulenspiegel einem Bauern die Suppe begoß, übelriechenden Fischtran als Bratenschmalz hinzutat und meinte, es sei für den Bauern gut genug.
- Die 75. Historie sagt, wie Eulenspiegel ein Weißmus allein ausaß, weil er einen Klumpen aus der Nase hineinfallen ließ.
- Die 76. Historie sagt, wie Eulenspiegel in ein Haus schiß und den Gestank durch die Wand in eine Gesellschaft blies, die ihn nicht leiden konnte.
- Die 77. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Eisleben einen Wirt erschreckte mit einem toten Wolf, den er zu fangen versprochen hatte.
- Die 78. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Köln dem Wirt auf den Tisch schiß und ihm sagte, er möge kommen, damit er es fände.
- Die 79. Historie sagt, wie Eulenspiegel den Wirt mit dem Klange des Geldes bezahlte.
- Die 80. Historie sagt, wie Eulenspiegel von Rostock schied und dem Wirt an das Feuer schiß.
- Die 81. Historie sagt, wie Eulenspiegel einen Hund schund und das Fell der Wirtin als Bezahlung gab, weil er mit ihm aß.
- Die 82. Historie sagt, wie Eulenspiegel derselben Wirtin einredete, Eulenspiegel liege auf dem Rad.
- Die 83. Historie sagt, wie Eulenspiegel eine Wirtin mit bloßem Arsch in die heiße Asche setzte.
- Die 84. Historie sagt, wie Eulenspiegel einer Wirtin in das Bett schiß und ihr einredete, das habe ein Pfaffe getan.
- Die 85. Historie sagt, wie ein Holländer aus einer Schüssel einen gebratenen Apfel aß, darein Eulenspiegel ein Brechmittel getan hatte.
- Die 86. Historie sagt, wie Eulenspiegel von einer Frau zu Gast geladen wurde, der der Rotz aus der Nase hing.
- Die 87. Historie sagt, wie Eulenspiegel 12 Blinden 12 Gulden gab, so daß sie meinten, sie könnten sie frei verzehren, zuletzt aber ganz schlecht dabei wegkamen.
- Die 88. Historie sagt, wie Eulenspiegel für die Blinden einen Bürgen stellte.
- Die 89. Historie sagt, wie Eulenspiegel in einem Spital an einem Tage alle Kranken ohne Arznei gesund machte.
- Die 90. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Mariental die Mönche in der Messe zählte.
- Die 91. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Mölln krank wurde, dem Apotheker in eine Büchse schiß, wie er in den »Heiligen Geist« gebracht wurde und seiner Mutter ein süßes Wort zusprach.
- Die 92. Historie sagt, wie Eulenspiegel seine Sünden bereuen sollte und wie ihn dreierlei Schalkheit reute, die er nicht getan hatte.
- Die 93. Historie sagt, wie Eulenspiegel sein Testament machte und ein Pfaffe dabei seine Hände besudelte.
- Die 94. Historie sagt, wie Eulenspiegel sein Gut in drei Teilen vergab: einen Teil seinen Freunden, einen Teil dem Rat von Mölln, einen Teil dem Pfarrer daselbst.
- Die 95. Historie sagt, wie Eulenspiegel starb und die Schweine während der Totenfeier seine Bahre umwarfen, so daß er herunterfiel.
- Die 96. Historie sagt, wie Eulenspiegel von Beginen begraben wurde; denn er wollte weder von Geistlichen noch von Weltlichen begraben werden.
Hermann Bote
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Die 38. Historie sagt, wie Eulenspiegel dem Pfarrer zu Kissenbrück sein Pferd mit einer falschen Beichte abschwatzte.
Eine böse Schalkheit ließ sich Eulenspiegel nicht entgehen in dem Dorfe Kissenbrück im Asseburger Gerichtsbezirk. Da wohnte ein Pfarrer, der eine gar schöne Haushälterin hatte und dazu ein kleines, hübsches, munteres Pferd. Die hatte der Pfarrer alle beide sehr gern, das Pferd und auch die Magd. Nun war der Herzog von Braunschweig zu dieser Zeit in Kissenbrück gewesen und hatte den Pfarrer durch andere Leute mehrfach gebeten, ihm das Pferd zu überlassen, er wolle ihm dafür mehr geben, als es wert sei. Der Pfarrer schlug es aber dem Fürsten allezeit ab. Er wollte das Pferd nicht verlieren, weil er es so gern hatte. Der Fürst wagte auch nicht, ihm das Pferd wegnehmen zu lassen, denn das Gericht unterstand dem Rat von Braunschweig.
Eulenspiegel hatte diese Dinge gehört und wohl verstanden und sprach zu dem Fürsten: »Gnädiger Herr, was wollt Ihr mir schenken, wenn ich Euch das Pferd des Pfaffen zu Kissenbrück herbeischaffe?« »Wenn du das tust«, sprach der Herzog, »will ich dir den Rock geben, den ich jetzt anhabe.« Und das war ein roter, mit Perlen bestickter Schamlot.
Eulenspiegel nahm das an und ritt von Wolfenbüttel in das Dorf zur Herberge beim Pfarrer. Er war in des Pfarrers Haus wohlbekannt, denn er war oft vorher bei ihm gewesen und ihm willkommen. Als er nun etwa drei Tage dort gewesen war, da gebärdete er sich, als ob er ganz krank sei, ächzte laut und legte sich nieder. Dem Pfaffen und seiner Haushälterin tat es leid, und sie wußten keinen Rat, was sie tun sollten. Zuletzt wurde Eulenspiegel so krank, daß ihn der Pfaffe anredete und ihn bat, er möge beichten und das Abendmahl nehmen. Eulenspiegel war durchaus dazu geneigt. Der Pfarrer wollte ihm selbst die Beichte abnehmen und ihn aufs schärfste befragen. Er sprach, Eulenspiegel möge an seine Seele denken, denn er habe sein Leben lang viel Abenteuer getrieben. Er sorge sich, ob ihm Gott der Allmächtige seine Sünden vergeben werde. Eulenspiegel sprach ganz kränklich zu dem Pfarrer: er wisse nichts, das er getan habe, außer einer Sünde; die aber dürfe er ihm nicht beichten. Er möge ihm einen anderen Pfaffen holen, dem wolle er sie beichten. Denn wenn er sie ihm offenbare, so besorge er, daß er ihm darum zürnen würde.
Als der Pfarrer das hörte, meinte er, dahinter sei etwas verborgen, und das wollte er wissen. Er sprach: »Lieber Eulenspiegel, der Weg ist weit, ich kann den anderen Pfaffen nicht so schnell erreichen. Wenn du aber inzwischen stirbst, so hätten du und ich vor Gott dem Herrn die Schuld, wenn es deshalb mit dir versäumt würde. Sage es mir! Die Sünde wird so schwer nicht sein, ich will dich davon lossprechen. Was hülfe es auch, wenn ich böse würde? Ich darf doch die Beichte nicht offenbaren.« Da sagte Eulenspiegel: »So will ich das wohl beichten.« Die Sünde sei auch nicht so schwer. Sondern ihm sei es nur leid, daß der Pfarrer zornig werden würde, denn es beträfe ihn. Da verlangte es den Pfarrer noch mehr, es zu wissen. Und er sprach: wenn er ihm etwas gestohlen, sonst etwas angetan, ihn geschädigt habe oder was es auch sei, Eulenspiegel möge es ihm beichten. Er wolle es ihm vergeben und ihn nimmer darum hassen.
Eulenspiegel sprach: »Ach, lieber Herr, ich weiß, Ihr werdet mir darum zürnen. Doch ich fühle und fürchte, daß ich bald von hinnen scheiden muß. Ich will es Euch sagen. Gott weiß, ob Ihr zornig oder böse werdet. Lieber Herr, das ist es: ich habe bei Eurer Magd geschlafen.« Der Pfaffe fragte, wie oft das geschehen sei. Eulenspiegel antwortete: »Nur fünfmal.« Der Pfaffe dachte: dafür soll sie fünf Hiebe bekommen.
Er absolviertes Eulenspiegel sogleich, ging in die Kammer und ließ seine Magd zu sich kommen. Er fragte sie, ob sie bei Eulenspiegel geschlafen habe. Die Köchin sprach nein, das sei gelogen. Der Pfaffe sagte, Eulenspiegel habe es ihm doch gebeichtet, und er glaube es ihm auch. Die Haushälterin sprach: »Nein", der Pfaffe sprach: »Ja« und erwischte einen Stecken und schlug sie braun und blau. Eulenspiegel lag im Bett, lachte und dachte bei sich selbst: Nun will das Spiel gut werden und ein rechtes Ende nehmen. Und er lag den ganzen Tag so.
In der Nacht aber wurde er gesund, stand des Morgens auf und sprach, es gehe ihm besser, er müsse in ein anderes Land. Der Pfarrer möge berechnen, was er während der Krankheit verzehrt habe. Der Pfaffe rechnete mit ihm ab, war aber so irr in seinem Sinn, daß er nicht wußte, was er tat. Er berechnete Geld und nahm doch kein Geld und war mit allem zufrieden, wenn Eulenspiegel nur von dannen ritte. Ebenso ging es der Köchin, die um seinetwillen geschlagen worden war.
Als Eulenspiegel bereit war und gehen wollte, sprach er zu dem Pfaffen: »Herr, seid daran erinnert, daß Ihr die Beichte offenbart habt! Ich will nach Halberstadt zum Bischof gehn und ihm das von Euch berichten.« Der Pfaffe vergaß seinen Zorn, als er hörte, daß Eulenspiegel ihn in Schwierigkeiten bringen wollte. Er fiel ihm zu Füßen und bat ihn mit großem Ernst zu schweigen. Es sei im Jähzorn geschehen. Er wolle ihm zwanzig Gulden geben, damit er ihn nicht anzeige. Eulenspiegel sprach: »Nein, ich wollte nicht einmal hundert Gulden nehmen, um das zu verschweigen. Ich will gehen und es vorbringen, wie es sich gebührt.« Der Pfaffe bat die Magd mit tränenden Augen, sie solle Eulenspiegel fragen, was er von ihm haben möchte; das wolle er ihm geben. Schließlich sagte Eulenspiegel, wenn der Pfaffe ihm sein Pferd geben wolle, so wolle er schweigen, und es solle ungemeldet bleiben. Er wolle aber nichts anderes nehmen als das Pferd. Der Pfaffe hatte das Pferd sehr gern und hätte Eulenspiegel lieber seine ganze Barschaft gegeben, als von dem Pferde zu lassen. Und doch trennte er sich von ihm, wenn auch gegen seinen Willen, denn die Not brachte ihn dazu.
Er gab Eulenspiegel das Pferd und ließ ihn damit fortreiten. Also ritt Eulenspiegel mit des Pfaffen Pferd nach Wolfenbüttel. Als er auf den Stadtwall kam, stand der Herzog auf der Zugbrücke und sah Eulenspiegel mit dem Pferd dahertraben. Sogleich zog der Fürst den Rock aus, den er Eulenspiegel versprochen hatte, ging zu ihm und sprach: »Schau her, mein lieber Eulenspiegel, hier ist der Rock, den ich dir versprochen habe!« Da sprang Eulenspiegel vom Pferd und sagte: »Gnädiger Herr, hier ist Euer Pferd.« Er hatte sich den großen Dank des Herzogs verdient und mußte ihm erzählen, wie er das Pferd von dem Pfaffen an sich gebracht hatte. Darüber lachte der Fürst und war fröhlich und gab Eulenspiegel ein anderes Pferd zu dem Rock.
Der Pfarrer aber trauerte um das Pferd und schlug die Köchin noch oft und heftig darum, so daß sie ihm entlief. Da war er ihrer beide ledig, des Pferdes und der Magd.
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