Hermann Bote
Till Eulenspiegel
Hermann Bote

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Die 37. Historie sagt, wie der Pfarrer von Hoheneggelsen Eulenspiegel eine Wurst wegfraß, die ihm danach nicht gut bekam.

Als Eulenspiegel in Hildesheim war, kaufte er eine gute rote Wurst am Fleischstand und ging weiter nach Hoheneggelsen. Dort war er mit dem Pfarrer gut bekannt. Und es war an einem Sonntagmorgen, als er dort ankam. Der Pfarrer hielt die Frühmesse, damit er zeitig essen konnte. Eulenspiegel ging in die Pfarre und bat die Köchin, ihm die rote Wurst zu braten. Die Köchin sagte ja. Dann ging Eulenspiegel in die Kirche. Die Frühmesse war gerade aus, und ein anderer Priester begann mit dem Hochamt, das Eulenspiegel zu Ende hörte.

Inzwischen war der Pfarrer nach Hause gegangen und sagte zu der Magd: »Ist hier noch nichts gar gekocht, daß ich einen Bissen essen könnte?« Die Köchin sprach: »Hier ist nichts gekocht als eine rote Wurst, die Eulenspiegel gebracht hat; die ist gar. Er wollte sie essen, wenn er aus der Kirche käme.« Der Pfarrer sagte: »Lang mir die Wurst her, ich will einen Bissen davon essen.« Die Magd reichte ihm die Wurst. Dem Pfarrer schmeckte die Wurst so gut, daß er sie ganz auffraß und zu sich selber sprach: »Segne mir es Gott, es hat mir wohl geschmeckt, die Wurst ist gut gewesen.« Und er sagte zu der Magd: »Gib Eulenspiegel Speck und Kohl zu essen, wie er es gewöhnt ist! Das bekommt ihm viel besser.«

Und als das Hochamt zu Ende war, ging Eulenspiegel wieder in den Pfarrhof und wollte von seiner Wurst essen. Da hieß ihn der Pfarrer willkommen, dankte ihm für die Wurst und sagte, wie sie ihm so gut geschmeckt habe, und setzte ihm Speck und Kohl vor. Eulenspiegel schwieg still, aß, was da gekocht war, und ging am Montag wieder hinweg. Der Pfarrer rief Eulenspiegel nach: »Höre, wenn du wieder hierher kommst, so bring zwei Würste mit, eine für mich und eine für dich. Was du dafür zahlst, das will ich dir wiedergeben. Und dann wollen wir redlich schlemmen, daß uns die Mäuler vor Fett triefen.« Eulenspiegel sprach: »Ja, Herr Pfarrer, es soll geschehen nach Euern Worten. Ich will Eurer wohl gedenken mit den Würsten.«

Dann ging er wieder nach der Stadt Hildesheim. Und es geschah gerade wie nach seinem Willen, daß der Abdecker eine tote Sau zur Abfallgrube fuhr. Da bat Eulenspiegel den Abdecker, er möge Geld nehmen und ihm von der Sau zwei rote Würste machen; und er zahlte ihm dafür etliche Silberpfennige. Der Abdecker tat das und machte ihm zwei schöne, rote Würste. Die nahm Eulenspiegel und sott sie halb gar, wie man mit Würsten zu tun pflegt.

Am nächsten Sonntag ging er wieder nach Hoheneggelsen, und es traf sich, daß der Pfarrer abermals die Frühmesse hielt. Da ging Eulenspiegel auf den Pfarrhof, brachte der Köchin die zwei Würste und bat sie, die Würste für den Imbiß zu braten. Der Pfarrer solle die eine haben und er die andere. Dann ging er in die Kirche. Also setzte die Magd die Würste auf das Feuer und briet sie. Als die Messe zu Ende war, wurde der Pfarrer Eulenspiegels gewahr, ging sogleich aus der Kirche in den Pfarrhof und sprach: »Eulenspiegel ist hier. Hat er auch die Würste mitgebracht?« Die Köchin sagte: »Ach ja, zwei so schöne Würste, wie ich sie kaum gesehen habe. Und gleich sind alle beide fertig gebraten.« Sie ging und nahm die eine von der Glut, und es gelüstete sie auch nach der Wurst, so gut wie dem Pfarrer. Und sie setzten sich beide zusammen nieder. Während sie so begierig die Wurst aßen, begannen ihnen die Mäuler vor Fett zu schäumen. Ein anderer Mann sah und hörte, daß der Pfarrer zu der Köchin sprach: »Ach, meine liebe, traute Magd, sieh, wie schäumt dir der Mund!« Und die Magd sprach wieder zu dem Pfarrer: »Ach, lieber Herr, sogleich ist Euer Mund auch so!«

Darüber kam Eulenspiegel von der Kirche hereingegangen. Da sprach ihn der Pfarrer an: »Sieh, was du für Würste gebracht hast! Schau, wie mir und meiner Haushälterin die Münder triefen!« Eulenspiegel lachte und sprach: »Gott segne es Euch, Herr Pfarrer! Euch geschieht nach Euerm Begehren, da Ihr mir nachrieft, ich solle zwei Würste mitbringen. Davon wolltet Ihr essen, daß Euch der Mund schäume. Aber des Schäumens achte ich nicht, wenn nur nicht das Speien hinterher kommt. Ich bin sicher, es wird bald hinterher kommen. Denn wovon die zwei Würste gemacht sind, das war eine verendete Sau, die schon vier Tage tot war. Darum mußte ich das Fleisch sauber seifen, und davon kommt Euch der Schaum.«

Die Köchin fing an zu zürnen und spie über den Tisch, desgleichen auch der Pfarrer. Der rief: »Geh schnell aus meinem Haus, du Schalk und Bube!« und ergriff einen Knüttel und wollte ihn damit werfen und schlagen. Eulenspiegel sprach: »Das stehet einem frommen Mann nicht wohl an! Ihr hießet mich doch die Würste bringen, habt sie beide gegessen und wollt mich jetzt mit Knütteln schlagen und werfen. Bezahlt mir doch zuerst die beiden Würste, ich schweige von der dritten!«

Der Pfarrer wurde zornig und tobte sehr. Er sprach, Eulenspiegel solle künftig seine faulen Würste, die er aus der Abfallgrube geholt habe, selber essen und sie ihm nicht in sein Haus bringen. Eulenspiegel sagte: »Ich habe sie Euch doch ohne Euren Willen nicht in den Leib gesteckt. Freilich hätte ich diese Würste nicht essen mögen. Aber die erste Wurst hätte ich wohl gemocht. Die habt Ihr mir ohne meine Erlaubnis aufgegessen. Habt Ihr nun die gute erste Wurst gefressen, so eßt auch die schlechten Würste hinterher!« Und er sprach: »Ade, gute Nacht!"


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