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VIII.

Die Krisis der Schlacht.

Während die Gardekavallerie sonderbarerweise in weitem Bogen zum Yserschutz entsendet, deckte Heereskavallerie von der 2., 3., 7. Div. nebst der angegliederten L. W. Brigade dauernd die linke Flanke. Die Württemberger waren jetzt fort. Weiteres Vorgehen machte Kreuzfeuer zwischen Plogsteert und Kemmel unmöglich. Das zusammengesetzte Korps Gerock, dem schon die 52. Württemb. Brig. abhanden kam, schob die Hessen zwischen Pommern und Bayern ein. Erstere rauften noch um den Wytschaeter Park, wo Maschinenschützen festgebunden an Baumkronen hingen, sonst aber ging es in den nördlichen Gebüschen gut vorwärts. Pommern, Hessen, Bayern vermischt oder nebeneinander. Die Hessen trugen am 11. die Hauptlast des Kampfes und gewannen fünftausend Schritt Boden nach Norden. Die bayr. 5. Brig. vervollständigte ihren Erfolg bei St. Eloi, auch erzielten in Verbindung damit die bayrischen Reserveregimenter einen andern durch Wegnahme eines Wäldchens fünfhundert Schritt nordöstlich Wytschaete. Hier stand also alles gut; die 4. b. Div. hielt östlich des Kanals starke Angriffe aus, dank der vorzüglichen Artillerie, von der eine Gruppe acht schwerer Batterien über den Kanal weg am 11. günstig auf Deimlings Gefechtsfeld einwirkte. Dessen ungeduldige Kampflust hatte schon am Vorabend sich in gleiche Luftlinie mit den Bayern gebracht; heute wand er sich mühsam durch die Zwartelenwälder hindurch und besaß einen guten Stützpunkt für Artillerie in »Höhe 60« an der Bahn Ypern–Comines südlich Zwartelen. Weiter aber konnte er nicht, sein 136. linker Flügel litt beträchtlich, auch bei 99., 143. wuchs der Verlust, dagegen hatten die Gefechte seiner andern Regimenter südlich des Herenthagewaldes wenig zu sagen. Dies bezieht sich auf 11., denn am 10. hatte Linsingen die Vorbereitung zum Angriff noch nicht beendet. Damals müssen Veld- und Poezelhoek endgültig den Württembergern zugefallen sein, denn die Gardedivision entwickelte sich von dort nördlich der Meninchaussee, die Bromberger Div. südlich der Chaussee. Ihr Stoß in den Südteil des Herenthagewalds fiel so lahm und kümmerlich aus, daß man sich über den geringen Verlust nicht wundert. Die Leistung war so schlecht, wie sie sonst nirgendwo bei Ypern vorkam. Man möchte die Ursache gern wissen! Tiefausgehobene Gräben und dicke Verhaue bewirkten, daß auch Rgt. Augusta von jeder Anstrengung abstand? Die G. St. Schr. erzählt hier Räubergeschichten von dreimaligem An- und Aussetzen des Sturmes wegen übergroßer Verluste, bis der rechte Flügel des Regiments unmittelbar auf der Chaussee entlang drang, das rasche Vorgehen der Franzer ausnutzend. Wir brauchen aber kein Beileid an dies am Nordostzipfel des Waldes festhängende Rgt. zu verschwenden, sintemal es nur 75 Mann verlor, also müßig feierte. Stegemann weiß so wenig vom Aufbau der Schlachtordnung, daß er Div. Winkler als 1. Gardediv. bezeichnet, während sie zur Hälfte aus der 4. Gren. Brig. bestand. Den Listen müssen wir außerdem entnehmen, daß auch das 2. G. oder Teile davon mitmachten, nicht nur 1., 3. G., wie die G. St. Schr. angibt. 2. litt wenig, 3. noch weniger, ziemlich im Einklang mit Rgt. Augusta, das erst im Dezember Opfer brachte. Wer hat nun Recht? Sicher nicht die Schrift! Nicht weil ihre Autorität bei uns Null ist, da wir so zahlreichen Proben ihrer Unzulänglichkeit begegnen, denn wir prüfen stets von Fall zu Fall und hier könnte ja Dezemberliste des Rgt. Augusta sich mit auf November beziehen, also unser Zweifel fehlgehen. Aber der Vergleich mit der Bromberger Div. beweist, daß aus unbekannten Gründen das Gefecht am Herenthagewald weder heftig noch verlustreich war, und woher sollte Rgt. Augusta »Flankenfeuer« erhalten haben, auf beiden Flanken durch Bromberger und Franzer gedeckt? Es benahm sich einfach schlapp oder blieb im Rückhalt; das ist alles. Dagegen scheint die wenig optimistische Schilderung des Kampfes vom 1. G. und Franzern uns umgekehrt den Erfolg zu verkleinern. Ententeberichte machen klar, daß beide den Feind aus dem Wald hinauswarfen, vor allem 1. G. aus dem Nonnenbusch noch weiter stürmte und erst später umkehrte. Daß die Schrift uns nicht gut unterrichtet, lehrt ihr ausschließliches Verweilen bei Verlust und Bedrängnis der Franzer während 1. G. einen viel verlustreicheren und daher bedeutenderen Kampf bestand. Zwischen Veldhoek und Schloß Poezelhoek aufmarschiert, zog die Garde ihren Angriff stralenförmig auseinander von Nordnordwest bis gradlinig West, heftig beschossen, doch begleitet vom Granatorkan der 2. G. Art., der in Haighs eingebaute Stellung zwischen Polygon- und Herenthagewald hineinfegte. Die Garden traten hier den besten englischen Truppen entgegen, und so furchtbar Haighs Korps schon schmolz, so half ihm jetzt die frische »Spezialreserve« auf die Beine.

3. G. ließ kaum ihren Sturmstand hinter sich, als sie im ersten Anlauf das Zwischenholz nahm, das südlich des Polygonwaldes zum Reutelwald vorspringt, aus welchem die Württemberger frontal vorgingen. Es war wenig über zehn Uhr, als 1. G. die Schützengräben bei Farm Varbek südlich des Nonnebusch eroberte. Das Handgemenge dauerte kurz, da die Artillerie seit halbacht Uhr früh gewaltig unter den Verteidigern aufräumte. Unter Führung von Prinz Eitel Fritz stürzte sich das vornehmste kaiserliche Leibregiment in den Nonnenbusch, dessen Besitz den Polygonwald unmittelbar im Rücken bedrohte, an dessen Südrand 3. (und 2.) Garde schon Front nach Norden hatte. Nördlich der Chaussee, die den großen Herenthagewald durchquert und ein kleines Stück davon nach Norden abklemmt, stießen die Franzer die englische Vorderstellung vor sich nieder. Beide Regimenter hatten vorher freie Ebene durchzogen, viele blieben liegen, ehe man zum Ziele kam, nachdem man aus dem Halt Sprünge nach vorne wagte. Der Feind überschüttete das Vorfeld mit Geschossen jeder Art. Doch unverzagt stürzten auch hier die Grenadiere sich ins Walddickicht, an dessen nordwestlichem Ausgang Schloß (vom Dorf zu unterscheiden) Veldhoek lag. Wiederholt im Waldinnern abschwenkend, wann der Feind Flankenfeuer losließ, richteten die Franzer ihren Stoß gut ein, der endlich zum Stocken kam. Ein plötzlicher Rückschlag erfolgte. Als die Signalhörner die Aufspringenden zum Sturme riefen, dachten die Franzer nicht, daß sie auf so viel Drahthindernisse stoßen würden, die kein Faschinenmesser leicht durchhieb, von Granaten selten durchrissen und weggeräumt. Ihr Füsilierbataillon blieb vor Schloß Veldhoek unter Sumpf, Hecken, rasendem Feuer aus Fenstern, Flankengräben, Baumwipfeln liegen. Kühner Gegenstoß des 1. Bataillons rettete nur wenig Versprengte der vordersten Füsilierkompagnie, doch vermochte allgemeiner Vorstoß des erbosten Feindes die Franzer nicht zu sprengen. 1. G. setzte sich in der englischen Vorderstellung fest. Um 5 Uhr schlug Prinz Eitel, der sich unerschrocken benahm, einen gefährlichen Angriff ab, den besonders Liverpool Royals gegen die Innenflanke beider Regimenter richtete. Die englische Artillerie beschoß aus Versehen die eigenen Leute und der Feind war froh, die kühnen Stürmer in den Nonnenbusch zu bannen, aber eigenes Vorgehen mußte die Garde angeblich einstellen, so daß nach solcher Auffassung der berühmte Gardekampf ziemlich ergebnislos geblieben wäre. Das steht in Widerspruch zu englischen Berichten, wonach die Garde bis hinter die englischen Schanzen gelangte, was für Nonnenbusch schwerlich paßt. Wir glauben, daß am 12. die Garde aus dem Busch hervorbrach und bis ins Gehölz von Hooge gelangte, wo es dann freilich hieß: rückwärts, stolzer Cid! Da die Franzer in viel ungünstigerer Lage viel weniger verloren als 1. G., so kann letztere diesen großen Verlust wohl kaum bloß im Nonnenbusch sich zugezogen haben. Das vierseitige Waldgefecht stellte an die Garde große Anforderungen. Der Feind unterhielt ein mörderisches Feuer auch am Polygonwald, in dessen Südostzipfel die Gardejäger, nebst ihrer Maschinengewehrabteilung, den Württembergern überwiesen, beherzt eindrangen. Am Ostsaum entbrannte ein überaus blutiger Kampf, wo die Württemberger ihre Anstrengung vereinten, als wollten sie ärgerlich ihre notgedrungene Untätigkeit im Oktober wettmachen. Blockhäuser und Stacheldrähte des unheilvollen Waldes spotteten der hingebendsten Begeisterung. 246. R. schlug den Verlustrekord im blutigen Nebelmond. Umsonst erwiesen die Garden sich als echte Waldläufer, der aus Süden und Südwest umfaßte Wald hielt sich auch dann unversehrt. Die Verhältnisse änderten sich hier nicht bis Monatsende, auch nicht vor der Front der in Richtung Zonnebeke im Feuer liegenden Sachsen. Fügt man den ungeheuren Verlust der sechs Schwabenbataillone (3150) und den der Garde (2100) dem von 238., 239. R., 25. R. J. hinzu, so tobte der blutigste Kampf der Novemberschlacht von Veldhoek bis Zonnebeke. Das Ergebnis war gering, nicht einmal der Herenthagewald in seinem Hauptteil konnte erworben werden. Man stand im Wesentlichen da, von wo man am 10. vorrückte. Korps Carlowitz war zufrieden, seinen alten Posten wieder zu haben. Korps Hügel hatte sich mehr südlich verschoben, um Beseler Platz zum Einrücken in die Schlachtlinie zu verschaffen, und griff nochmals über Paschendaele an, konnte aber über unzerstörte Drahtverhaue nicht weiter und stellte jeden weiteren Vorstoß auf Zonnebeke ein. Dagegen tobte rechts von ihm zu beiden Seiten von Langemark ein von der G. St. Schr., die Paschendaele–Broodseinde ganz vernachlässigt, bevorzugter Kampf. Beseler hatte die ihm unterstellte Posener Div. Cornitz östlich Langemark auf St. Julien vorgehen lassen, offenbar über den Strombeekbach, sie geriet jedoch in Kreuzfeuer, vielleicht am Haanebeekbach von Höhe 56 her, wie wir aus Prüfung der Karte ableiten, und kehrte unverrichteter Sache am 12. heim nach Poel, sodaß Angriff östlich von Langemark sich untunlich erwies. 6. R. hatte ziemlich gelitten, ebenso die beigegebenen 5. Pioniere; dagegen blieben 7., 19. R. im Hintertreffen, auch dann als Beseler die Division aus seinem rechten Flügel abberief. Sie stand dort bis 25. bei Dreisbank (einen Punkt, den Teile der 46. R. Div. schon früh im Oktober erreichten), ohne etwas anzurichten. Beseler soll inzwischen angeblich mit der 6. R. Div. von Norden, mit der 5. von Westen Langemark angegriffen haben. Letztere mußte nach einigen Fortschritten den Vorstoß wieder einstellen, erstere lief tapfer an wie immer; links mit 26 R. an Poel gelehnt doch Langemark blieb unüberwindlich. Der Feind hatte dort ein frisches Korps (2. oder 20) versammelt, um seinerseits vorzubrechen, hatte also genügend Kräfte beisammen, als der Angriff ihn überraschte. Man bekam nur den magern Vorteil daß darob der feindliche Vorstoß unterblieb, der wohl ebenso erfolglos geworden wäre.

Wir müssen hier wieder etwas Wasser in den Wein üppiger Einbildungskraft schütten. Denn der Begriff 5., 6. R. Div. ist gar nicht am Platze, auch standen deren anwesende Teile nicht mal einheitlich beisammen. 33. R. war nämlich nach Paschendaele entsendet, wo es den letzten Anlauf des Korps Hügel mitmachte, dessen dortiger Verlust hierdurch um 500 Mann steigt. Bei Poel stand nur 26. R. in heftigem Kampf schon bis 7., sodann mit seinem Ersatzbataillon bis 13., doch 24. R. und ein paar Kompagnien vom 35. R. verloren hier nur 100 Mann, somit stellt der ganze Angriff der 6. R. Div. sich als mythisch heraus. Immerhin mögen dort, nicht »westlich«, I/35. und 20. Inf. mitgefochten haben (770). Mit anderen Worten: von »6. R. D.« fochten hier ernstlich nur jene zugefügten andern Bestandteile, von deren Anwesenheit besonders für 20., 35. Inf. die amtliche Schrift überhaupt nichts weiß. Nicht mal seine Artillerie hatte Beseler mitgebracht, an deren Stelle die 51. R. Art. Kassel zwischen Poel und Paschendaele arbeitete und allein so viel einbüßte, wie die zwei obengenannten Reserveregimenter, die nur als Statisten figurierten. Ernster sah auch nicht der Vorstoß westlich Langemark aus, wo nur 12. R. zur Stelle war, überhaupt kaum eine Brigade der 5. Div., was hier noch weniger sagen will, weil 8. R. (nur 2 Batl.) nach Bixchoote entsendet. Übrigens stand I/35. Inf. zuletzt bei Ostnieukerke nordwestlich Poel nahe Westroosebeke, was leider andeutet, daß man bis über den Bahnhof nordwestlich der Kapelle zurückgeworfen wurde, wenn auch Poel selber vom Magdeburger 26. R. noch aufopfernd gehalten wurde. Wenn also bezüglich Gegenwart des ganzen 3. R. K., dessen andere Teile wir ja alle noch an der Yser trafen, bloß Unkenntnis besteht, so wird die Erfindungsgabe unerträglich, wenn man vernimmt: Die 44. R. Div. als rechter Flügel Beselers sei mit durchschlagendem Erfolg bis Het Sas südlich Bixchoote durchgestoßen. Darauf soll sich der Satz des Heeresberichts beziehen: »Westlich Langemark brachen junge deutsche Regimenter in die erste Linie des Feindes ein unter dem Gesang »Deutschland über Alles«. Das kommt von der pedantisch lächerlichen Geheimniskrämerei, mit der man alle näheren Angaben über fechtende Truppenteile vermied, als ob der oft nur zu gut unterrichtete Feind daraus etwas ihm Nützliches lernen könne. So wird natürlich jeder beliebigen Auslegung Tür und Tor geöffnet. Nun wohl, die 44. R. Div., von der wir 208. am gleichen Tage mächtig bei Dixmuiden kämpfen sehen, würde schon wegen ihres sonstigen Verlustes (365) sich am wenigsten zu heldenhaften weitem Vorstoß eignen, sie stand aber überhaupt nicht dort, noch hatte sie je etwas mit Het Sas zu schaffen, sondern westlich des Ypernkanals und bei Luhghem–Merkem mit den neuhinzugetretenen 17. R. J., 205., 207. bei Dreisbank, wo die 9. R. Div. sich in Reserve aufstellte. Stammt die rein aus der Luft gegriffene Verlegung bloß aus obiger Kundgebung des Heeresberichts? Müssen die Brandenburger alles allein getan haben, soll die 44. Div. nicht leer ausgehen, wo die 43. bei Dixmuiden angeblich allein ihren Sieg holte, hat man vielleicht vom Hörensagen, daß Teile der 44. sich großartig opferten und erdichtet nun, weil man in holder Ahnungslosigkeit nicht weiß, daß sich dies auf 208. bei Dixmuiden bezieht, eine ebenso blanke Unmöglichkeit? Auf diese Stachelfrage wird es wohl keine Antwort geben. Wir halten nicht etwa offen, sondern erklären bestimmt, daß es sich beim Vorgang »westlich Langemark« einfach um 215., 216. R. handelt, deren Niedersachsen und Friesen hier unter dem vaterländischen Gesang stürmten. Wir wären gewiß der Letzte, Brandenburgern ihren Ruhm zu mißgönnen, den sie schon überreichlich genießen, doch gerade deshalb ist man geneigt, sie überall zu vermuten, wo Hervorragendes geschieht. Wir sagen frank und frei: das 22. R. K., das später auch bei Lemberg und vor Verdun sich opferte, hat unter allen deutschen Korps den ersten Anspruch auf eine Ehrennische in der Regensburger Walhalla. Aber besser, wir bestreiten diesen Helden ein Verdienst, dessen sie nicht bedürfen, als daß man zwei sonst unbekannten braven Regimentern ihren Lorbeer entzieht und gerechten Groll erzeugt. Ob wir irren oder nicht, sie standen unbestreitbar bei Mangelaere und wenn »westlich Langemark« auch ein recht vager Begriff für Het Sas am Ypernkanal, so ist so weiter Vorstoß von Mangelaere aus immerhin denkbarer als gar von Merkem her und an sich nicht unmöglich, weil 213. R. des Korps Kleist bis Steenstrate vorstieß. Übrigens läuft Verlust von 205., 207. nur bis 10., 11. und der Vorstoß auf Steenstrate, identisch mit dem auf Het Sas, entfällt auf den 12. Ob man dort 1 168 (14 Off.) Gefangene machte, können wir nicht prüfen; 1 000 andere soll Korps Kleist erwischt haben. Bei allgemeinem Wirrwarr solcher amtlichen Angaben sind wir auch nicht sicher, ob der Mißerfolg des später bei Verdun bekanntgewordenen Generals Goretsky-Cornitz wirklich östlich Langemark erfolgte und Beseler ihn hinter der Front herum auf seine Rechte versetzte, eine Maßregel, die taktisch Bedenken erregt. Bei so gefährlichem Abenteuer hätte man sicher mehr als 700 verloren wie diese Division bis 12. Wir beanstanden es um so mehr, als die Listen hier nichts von St. Julien, sondern nur von Poel, Dreisbank, Bixschoote sagen. In dieser Gegend standen auch Teile des 161. Rheinischen, während Bataillone vom 25., 29. Rgt. vielleicht am Yserkanal südlich Dixmuiden die Lücke füllten. Korps Kleist hatte zunächst Erfolg, errang die Höhenwelle südwestlich Bixschoote am Ypernkanal, trat dann gegen Nordschoote nordwestlich an und säuberte so den ganzen Ostrand des Kanals. Trümmer und Tiefenkessel Bixschootes jetzt mutig durchschreitend, jagte man am 11. den Feind bis Het Sas–Steenstrate, wobei 213. die Spitze nahm, wohl in Verbindung mit 215., 216. Inzwischen hatten 209., 210., 212. Nordschoote genommen, den großen Kanal erreicht und überschritten. »Eine Brigade 45. Div. und schwache Teile der 46.« ist jedenfalls ungenau, die 46. war jetzt vereint in Gegend Bixschoote nebst 8. R., von dem jedoch ein Teil, wie wir sahen, bei Mannekensvaere an der Yser stand. Die bei Merkem–Nordschoote vereinten Teile Kleists und Teile 44. R. Div. sollten die Kanallinie am Westrand aufrollen und Ypern im Rücken fassen. Da zeigte sich, daß die Überschwemmung auch dorthin übergriff. Eine peinliche Überraschung, die auch für später üble Folgen hatte. Die geplante Umgehungsbewegung unterblieb daher.

Wenn Beselers Befehlskreis von Poel bis Dreisbank reichte, so gab es dort weder Erfolg noch großen Verlust (Gesamteinbuße 3. R. K. 2 650, zumeist bei 26. R. inkl. 35. R. bei Paschendaele), man focht wesentlich nur bis 13. abends, die Posener Division (rund 1700 inkl. Pioniere) war noch 17. bis 21. bei Dreisbank etwas im Feuer, ging dann in Richtung Bixschoote vor, wobei 6. R. erheblich litt, die anderen Teile noch minder als früher. Mit 24., 25. P. bei Mangelaere und 205., 207. bei Dreisbank als Lückenfüller kostete Beselers Unternehmungen noch nicht 5000. Wesentliches kam nicht dabei heraus, man band nur bedeutende feindliche Streitkräfte und hinderte sie, bei Steenstrate zu unterstützen. Joffre dürfte jedoch seine neugekommenen Verstärkungen mehr östlich angesetzt haben, sodaß Beseler schwerlich auf besondere Übermacht stieß, dafür aber auf Stellungen, die selbst Brandenburger nicht nehmen konnten. Inkl. Ers. Batl. vom 26. hat Beseler nebst 9. R. Div. nur 21 Batl. bei Langemark ins Feuer gebracht, denn 24. R. mit 60 Mann Verlust blieb doch sicher in Reserve und 8., 35. R. waren außerhalb entsendet. Man sollte also von diesem Kampf kein Wesens machen, dagegen erregt Aufsehen der Vorstoß vom 215., 216. R., ersteres hatte freilich seinen Hauptverlust schon früher, aber wir sind überzeugt, daß sie hier den Ausschlag gaben. Unstreitig errangen 211., 213., 214., 215., 216. hier einen großen Erfolg, unterstützt vom 8. R. und Teilen 24. P. sowie der opferwillig eingesetzten Mecklenburger 46. R. Art. Der heftigste Kampf dauerte hier bis 13. fort, wobei 211. ungemein litt; am 17. trat Abdämpfung ein, dann offenbar Zurückfluten bis 25., wo 214. sich bis Langewade zurückzog, dann erfolgte am 27. nochmaliger Angriff, an dem 6., 7. R. teilnahmen, sodaß wahrscheinlich 800 ihres Verlustes hierher entfallen, und vielleicht auch ein Rheinisches Bataillon 161. Gesamteinbuße 4700, ohne den großen angeblich früheren Verlust vom 215. zu rechnen. Wir sind in der Lage zu unterscheiden, daß 211., 213. bis 9. nur 670, dann bis 17. fast 1300 verloren. 211. machte späteren Kampf nicht mehr mit, auf den wahrscheinlich noch 1160 (170 vom 214.) inkl. Posener und Rheinländer entfallen, sodaß inkl. 216. die ersten Novemberkämpfe bei Bixschoote–Mangelaere etwa 1900, das Hauptringen vom 10. bis 17. nahezu 2650 kostete. Das Ergebnis war Rückzug und dann wieder Vorgehen, Geländegewinn zuletzt ziemlich Null, Steenstrate und Het Sas blieben den Franzosen. Wir können die Tatsachen nicht anders lesen. Übrigens mag 205. R. von Dreisbank her am letzten Angriff teilgenommen haben mit dem kolossalen Verlust von – 75 Mann. Wer immer »westlich Langemark« singend in den Tod ging, Brandenburger Freiwillige waren es sicher nicht. 207., 205., 17. R. J. fochten bei Merkem westlich des Kanals neben 209., 210., 212. bei Grachten, 835 Gesamtverlust. Das Gefecht war glücklich, man vertrieb den Feind aus Nordschoote, vielleicht mengten auch zwei Rheinische Bataillone sich scharmützelnd an den Kanalrändern ein. Man stieß hier wohl immer noch auf fr. 38. Div. Bei Monatsende gab der Feind den Punkt, der einst Bixschoote war, endgültig preis; am 14. wurde die durch Versehen der Ablösungsabteilungen verlassene Bodenwelle südwestlich Bixschoote aus eigenem Antrieb der erzürnten Mannschaften ohne Befehl zurückerobert. Manchmal reizt Ärger zu Heldentaten. Das war alles schön, man mag auch im ganzen 2600 Gefangene am Nordflügel erwischt haben, das Territorialkorps befand sich in übelster Verfassung, aber damit kam man der feindlichen Hauptstellung um keinen Schritt näher. Nur die jetzt gesicherte Behauptung der Kanalstrecke von Nordschoote bis westlich Bixschoote war unleugbarer Gewinn.

Geradeso stand es auf der Ostfront, die seit 17. zum Sappenangriff überging. Im allgemeinen nahm hier der Hauptverlust seit 13. ein Ende, obschon hier und da einige Reibung stattfand. Deutscherseits hört man ungern von der zweiten Monatshälfte, weil hier nichts Günstiges zu berichten scheint und die Angriffswelle zeitweilig etwas zurückebbte. Sobald unsere Front sich durch Abzüge ganzer Divisionen schwächte, raffte sich der Feind an einigen Stellen zu neuen Angriffen auf, die wüst und wild daherrasten und alles überfluten wollten, aber allmählich verschäumten. Jeder beiderseits geplante Schlag blieb auf verschlammtem Boden sozusagen im Dreck stecken, Ausführung blieb aus. Nur darf man sich nicht anstellen, als ob alles beim Alten geblieben sei, wie es am 11. abends aussah. Französischer Bericht verlegt nach Broodseinde nochmaligen schweren Kampf, erst nach langem Hin- und Herwogen wurde auch unser Besitz von Becelaere nochmals außer Frage gestellt. Daß zu Neujahr alle genommenen Punkte fest in deutschen Händen blieben, ist wohl sicher. Doch die feindliche Hauptstellung Langemark–Zonnebeke–Polygonwald– Hooge–Zillebeke blieb unberührt; die Garde behauptete schwerlich den Nonnenbusch, weil der Polygonwald nicht anzubeißen war und von Hooge her die englische Artillerie ihre Feuerwellen ergoß. Dagegen gelang es der Garde am 14. den ganzen Herenthagewald zu säubern und im gleichnamigen Schloß eine Menge englischer Riflemen (Scharfschützen) abzukneifen. (Möglichenfalls griff hier 2. G. ein). Haighs 1. Div. die Blüte englischer Armee, befand sich jetzt in gleichem Zustand wie die 7., nichts als Schlacke. Während Herzog Albrecht seinem Heer bei stürmischem Regenwetter Ruhe gönnte, riß Fabeck immer noch die Initiative an sich. Am Südflügel gibt zwar unser Artillerieverlust (318) einen Begriff von der Heftigkeit des Zweikampfs mit den Kemmelbergbatterien, doch hatten die Bayern verhältnismäßig wenig zu leiden, die Hessen noch weniger. Letztere rüsteten sich schon zum Abzug, der wohl spätestens am 15. begann, denn 118. R. hatte nur Verlust bis 13., die andern Regimenter litten noch viel weniger, mit Ausnahme von 168. das vorerst noch hier zurückblieb. Hier aber ist bezeichnend, daß es bis 12. nur 100 Wann verlor, später fast tausend! Die Schlacht währte hier bis Monatsende fort, doch hatten freilich nur 2., 168. sowie 17. R. noch ansehnlichen Verlust. Ententebericht spricht noch den 19. als kritischen Tag erster Güte an. Am 17. stellte Albrecht jeden Bewegungskrieg ein, nur Pioniere mit Minenlegern und Batterien hatten das Wort, doch trug Deimlings Linke am gleichen Tage einen hübschen Vorteil davon, besonders als die hannoversche 77., 78. Inf. mit frischer Kraft den Sturmbock weiterschoben. Die neugebildete ihm gegebene provisorische Div. Hofmann (77., 78. Inf., 73., 74. R,) begann aber tatsächlich den Angriff am 19. nicht am 17., wie die stets ungenaue G. St. Schr. sagt, die Hannoveraner fochten bis 26. (die Reservebrigade kam nur zum Ferngefecht) und verloren immerhin 1 125, jedenfalls ein Beweis, daß der Kampf nicht abriß. 99., 143. und das ins Bayerngefecht sich einmischende 138. steigerten bis Monatsende ihren Gesamtverlust auf über 3 000. Die Hauptstellung mit starkgebauten Blockhäusern, Schanzgräben, Unterständen im Zwartelenwald niederzwingend, konnten die Deutschen gleichwohl noch lange nicht Gr. Zillebeke erreichen.

Der Wytschaeter Park fiel endlich am 13., bayrische Reserveregimenter schmetterten einen Gegenstoß kräftig nieder. Der Feind hatte in dieser Gegend stets ungewöhnliche Verluste, doch die der Pommern waren auch nicht gering. Der Ellenbogenraum erweiterte sich immer mehr, die 168. Kurhessen eroberten ein Gehöft samt einer Batterie und vier Maschinengewehren und warfen drei französische Regimenter, ein Vorfall, den die G. St. Schr. auf den 11. verlegt, was durch den minimalen Verlust des 168. bis 12. widerlegt wird. Es dürfte am 19. geschehen sein und ist lehrreich, daß das 168. jetzt 445, doch bis Monatsende nochmals 530 verlor: schlagender Beweis für stete Fortdauer des Kampfes an diesem Brennpunkt. Wir beharren stets auf unserm Standpunkt der Logik und scheren uns keinen Deut um offizielle Geschichtsklitterung. Im Grunde hatten beide Parteien sich abgekämpft, doch der Feind verschaffte sich neuen Kraftzuwachs und scheint das Wäldchen westlich Hollebeke zurückgenommen zu haben. Indessen war man seit 20. so weit, fortlaufende Höhenlinie gegenüber Kemmelberg in die Hand zu bekommen, aus der unsere Artillerie jede feindliche Angriffsbewegung niederhielt. Die Bayern blieben später erneut Meister nach Nordwesten und scheinen sogar Dickebusch mit Handgranaten beworfen zu haben.

Der erschöpfte Feind ließ zu, daß die Deutschen endlich ihre unvollkommenen nassen Gräben flicken und mit Draht umgaben, Ruhebedürftige rückwärts behagliche Quartiere suchten. Der Gesundheitszustand war kein guter, Grundwasser zwang oft die armen jungen Freiwilligen, in freiem Feld deckungslos der Kanonade zu trotzen. Wenn auch manche Muttersöhnchen, Helden beim Sturm, über so viel Mühsal weinend nach Mutter riefen, so fluchten und jammerten auch wetterharte englische Veteranen herzbeweglich. Die Stacheldrahtfelder vor Ypern rötete noch viel Blut, bis Maisonne sie und siegausstrahlende deutsche Bajonette beschien. Bis dahin zerriß den Nebelvorhang nie mehr das Brüllen einer Hauptschlacht, wo bei Nachtangriffen gespenstiger Feuerschein die Luft färbte, weil das Heidegestrüpp, mit Petroleum begossen und angezündet, um den Stürmern die Bahn zu weisen, ein grell unheimliches Licht verbreitete. Lange tönte nicht mehr das »Deutschland über alles«, mit dem todesmutige Freiwilligenscharen sich verewigten. Das Anstimmen der Nationalhymne beim Sturm war hier so allgemein, daß britische Berichterstatter genau das gleiche wie für Langemark für Dixmuiden melden. Unter »Gesang und Hörnerklang« gingen die Sturmharste der Freiwilligenkorps allenthalben mit unübertrefflicher Unerschrockenheit dem Feinde an den Leib. Wo immer aber die englischen Vettern auf ihre engeren Verwandten, die Niedersachsen und Friesen der »Wasserkante«, stießen, da wurde ihnen zu Gemüt geführt, woher sie selber ihre kostbaren Eigenschaften unbeugsamen Willenstrotzes erbten, als die altdeutschen Worte Hengist und Horse (horse – Roß) die Herzoge ihrer Altvordern zierten.

Ermattung bis Februar.

Trotz einzelner kräftiger Kampfmomente sogar im Elsaß trat längs der ganzen Front eine Ruhepause ein, was sich deutlich in nur 45 000 Verl. bis Mitte Januar offenbart, während die Presse phantasierte, Dezember sei der blutigste Monat gewesen.

Unablässiger Landregen lockerte den trügerisch morastigen Boden. Grundwasser stieg, die Insassen der beiderseitigen Gräben duldeten Unsägliches. Wassergüsse durchweichten die ohnehin wässrige Tiefebene, daß kein Einbuddeln mehr half, die jungen Freiwilligen schutzlos dem Sturmwind und Geschützorkan preisgegeben lagen. Doch nach englischer Schilderung litten die Tommies in ihren von Unsauberkeit strotzenden Gräben noch grausamer, weil sie, dem Kanal näher, noch mehr Grundwasser faßten. Ja, das helle Sonntagswetter des letzten Oktobertages, das mit Glockengeläut eine neue erhebende Schlacht eröffnete, kam nicht wieder. Damals war das englische Feuer aus Drahtfeldern und Trümmerhaufen erschreckend, heut schlugen nur selten Schiffsgranaten vom Kemmel auf hartgefrorenen Schlamm, denn Frost begann früh, der Winter war da. Jede Partei besserte an ihren unvollendeten oder zerstörten Gräben, in denen man zu überwintern sich anschickte, man brauchte beiderseits nicht vorbrechende Schützenschwärme unter Schuß zu nehmen. Die mit Wickelgamaschen praktisch ausgerüsteten Briten, an Feuchtigkeit ihres Inselklimas, nicht an schneidende Kälte gewöhnt, fluchten nicht wenig. Die Südfranzosen erst recht und gar erst die Schwarzen. Die Lazarette überfüllten sich bei den Alliierten sicher noch mehr als bei den germanischen Nordländern. Um den unerträglichen Stillstand unter so aufreibenden Umständen zu vermeiden und den Bann der Einkreisung zu brechen, schwatzte man den Tommys vor, die bloody Germans siechten dahin. Doch Ausfälle am 19. Dezember und am Weihnachtsfeste genossen einen so heißen Empfang, daß man lieber in eiskalte Gräben heimkehrte. Seit Neujahr begannen Wolkenbrüche, orkanartige Gewitter rüttelten an allen Einschanzungen, die Lys bekam Hochwasserstand mit 800 Meter Breite. So stockte »die blutigste Schlacht der Weltgeschichte«, wie die Briten dekretierten. Nach dem Ton ihrer Prahlberichte eigentlich nur von ihnen geschlagen, während die Bundesgenossen die Hauptlast trugen. Die Franzosen bereiteten auch gehässige Neujahrsgrüße, man lehnte solche Festlichkeit gebührend ab, während Äroplane am 10. Januar der Festung Dünkirchen ein Geschenk von 50 zündenden Explosionsbomben verabreichten. Attentate verbündeter Flieger auf Luftschiffhallen und U-Boot-Depot Zeebrügge versetzten in Alarm, doch nicht in Schrecken bei mäßiger Wirkung.

Das deutsche Publikum erwartete täglich Yperns Fall, das noch nie wieder ein deutscher Fuß betrat. Umgekehrt reizten die offiziellen Beschönigungen Joffres nachher die Londoner und Pariser zu Spott und Lachen, da man täglich Aufhören der »Belagerung« voraussetzte. Doch die Deutschen zogen so wenig ab als die Verbündeten, bis Kriegsende floß immer neues Blut in diese klebrige Erde. Uns will bedünken, daß jedes Wecken und Einbürgern falscher Vorstellungen im Kriege schadet, getäuschte Hoffnung gerinnt zu ärgerlichem Mißtrauen. Beide Parteien erfanden sich einen Sieg, weil sie eine Niederlage vermieden. Im Dezember schob sich die Lage so zurecht, um Abfluß vieler Teile nach anderen Schlachtfeldern zu gestalten. Stetes Gehen und Kommen von Kräften. Was hat es für einen Zweck zu verwischen, daß der Kampf bis Neujahr nicht abriß! Die V. L. stufen es chronologisch ab. Unser geringer Verlust bis Mitte Januar lehrt, daß eben dem Feind der Atem ausging. Der famose Oberst Repington schrieb: »Unsere Offiziere und Mannschaften sind schrecklich gelichtet, die Deutschen haben zwar 20 000 Tote, doch sind immer noch zahlreicher als wir.« Man sei nicht im Stande regelmäßigen Ersatz zu bekommen. Hört! Hört! Wären die Deutschen zahlreicher gewesen, so sollte er lieber als Grund dafür auf die übervollen Grabhügel der Verbündeten blicken. Der deutsche Ring schmolz aber immer mehr, bald ging außer der 3., 4., 26. D., 25. R. D., auch das 3. R. K. nach Osten, die rheinischen Regimenter nach dem Elsaß. Bei 52. D. trat 142. badische, bei 46. D. das 89. Rgt. als Auffüllung ein. Das war alles, zuletzt blieb von der ganzen Herrlichkeit prächtiger Massenentfaltung nur ein Schatten übrig.

French meldete offiziell 88 000 Verl. von August bis Neujahr, doch man hielt ihm vor, dies sei viel zu niedrig. Bei der absichtlichen Unvollständigkeit der amtlichen Listen ergänzte die Presse auf eigene Hand den Offiziersverlust, Geständnisse von Wissenden ergaben 20 000 Tote im Oktober, 24 000 im November und eine Weihnachtsbescherung von ferneren 3000. 47 000 Tote multipliziert mit je 4 Verwundeten liefern rund 235 000. Beim Unterschlagen aller französischen Listen bleibt man auf die zugestandene Ziffer von 20 000 verlorenen Offizieren angewiesen, tatsächlich gesteht man heute 340 000 Tote bis Neujahr, was 1 360 000 Verwundeten entspricht. Jedenfalls verlor die Entente bis Neujahr inkl. 100 000 Belgier seit Kriegsbeginn nicht unter 2 Millionen inkl. Gefangene.

Die Ypernschlacht endete sozusagen zu beiderseitigem Nachteil, doch wird offenbar, daß Foch-French nur mit schwerer Mühe ihr Ypern-Rondel bewahrten. Sie hüteten es nur aus Prestigegründen und lockerten doch nie den pressenden Eisenring. Man hielt sie in eisernen Schrauben und als im schönen Monat Mai die Reifen nicht sprangen, sondern noch enger einklammerten, dachten sie da nie daran, daß wir in Ypern sein konnten, ehe sie sichs versahen, bis der Rückzug einen Stich ins Beresinahafte bekam? Selbst wenn Abschneidung mißlang, konnten sie dann nur ein kampfunfähiges Heer zur Lys retten. Soll man solche Zuversicht hochachten oder belächeln? Was berechtigte zu solch unbegreiflichem Selbstgefühl nach so trüber Erfahrung? Joffre nahm Einsicht in diese Schöpfung seiner Dichtkunst und siehe da, sie war sehr gut nach seiner sehr unmaßgeblichen Meinung. Wiegte er sich in der Hoffnung, seine kriegsgehärteten Scharen würden mit milizartigen Gebilden fertig werden? Da sah er sich bitter getäuscht. Kannte er die Deutschen nicht endlich genug, daß er in des Teufels Küche saß, wenn der Ring in seinem Rücken sich schloß? Wohin der Rückzug, den man durch die Überschwemmungen mehr schädigte als schützte? Doch wir zerbrechen uns nutzlos den wirren Kopf der Herren, denn der Erfolg gab ihnen ja recht, sie hielten Ypern, obschon es nach Bericht kühler englischer Offiziere 3 Jahre lang eine Hölle wurde, wo jede Woche Tausende wegfraß. Im Frühjahr schaufelte die frische kanadische Division sich hier selber ihr Grab, kaum daß sie kam. Nach Frenchs eigener Klage liegt Englands Veteranenheer im Yperngraben, es wurde ein verlorener Posten, wo sich von Halbjahr zu Halbjahr riesige Opfer summierten. Nur sich nicht als überwunden bekennen! Solcher Starrsinn wird verbrecherisch, wenn er mit dem Leben von Hunderttausenden spielt. Man kann den Briten Achtung nicht versagen, die sich hier in Massen töten ließen wie bei Waterloo. Nein, tapferer, denn der Waterloomut ist eine Legende, über die Wellingtons eigene Bitterkeit und das Manuskript des Rittmeisters Hamilton das Nötige sagen. Gern werden wir der stolzen Standhaftigkeit gerecht, mit der die Briten hier Jahr für Jahr den Todesregen über sich ergehen ließen, wohl aber verwerfen wir den frivolen Leichtsinn ihrer eingebildeten Führer, die mit unbekümmertem Vabanque das Dasein ihres braven Heeres aufs Spiel setzten. Dachten sie: Kommen wir erst hier ins Gleiten, so gibts kein Halten mehr bis Calais, schlimmer als es schon ist, kann es nicht werden? Manchmal ist Torheit Instinktklugheit, begreife wer mag des Schicksals Unberechenbarkeit! Wollte Deutschland den Krieg gewinnen, mußte es bis Ende Oktober geschehen. Hernach verstrich die Gnadenfrist, die Hindenburgs erstes Zerbrechen der russischen Dampfwalze gewährte. Zwar errang man zuletzt trotz Österreichs Schwäche den Vollsieg im Osten, doch im Westen, wo man leichtes Spiel zu haben glaubte, ging alles schief trotz günstiger Anfangschancen. Wegen besonderer Unfähigkeit der O. H. L. oder gar irgendwelcher Fähigkeit der gegnerischen? Nein, nach Schicksalsbeschluß gegen ein verzopftes System voll pedantischer Marotten. Etwas mehr Beständigkeit und die Marneschlacht wurde ein Entscheidungssieg unseres unbesiegbaren Heeres, d. h. der Truppen. Etwas mehr Einsicht und die letzten Strahlen der scheidenden Oktobersonne beschienen einen Entscheidungssieg bei Ypern, ehe Kitchener seine Milizmassen ins Rollen brachte. Glück? Als es spöttisch vorbeihuschte und damit die letzte Hoffnung auf schnellen Erfolg, wie wir ihn brauchten, da kicherte es den alten Römerspruch: Nur den (geistiq) Kühnen hilft das Glück!


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