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Als die ersten Kanonendonner über Lüttich rollten und Flintenschüsse fanatisierter Einwohner in den Grenzdörfern krachten, sollten in Gewitternacht zum 6. August 6 deutsche Friedensbrigaden (zwei von 1. Armee Kluck, drei von 2. Armee Bülow, eine von 3. Armee Hausen) den Fortgürtel durchschneiden. Dies mißlang in teils von Blitzen erhelltem, teils von Wolkenbruch verdüstertem Dunkel, weil für so weit gespannten Umklammerungsbogen die Kräfte fehlten. Auch die immer zahlreicher erscheinende Feldartillerie erwies sich anfangs unzulänglich, erst nach Auftreten der 42-cm-Geheimmörser fielen die Forts in Trümmer, erst am 15. das letzte der sechs am Ostufer. Am 7. drang die 34. Mecklenburgische Brigade in Lüttich ein, wo bald die weiße Fahne von der Zitadelle wehte und das deutsche Banner emporstieg. Doch die Schweriner Grenadiere, Rostocker Füsiliere und 9. Jäger befanden sich dort lange in mißlicher Lage, bis zum 10., förmlich nach außen abgeschnitten. Mit ihnen der Kommandeur des 10. Korps, Emmich, den dann General v. Einem (7. K.) als Leiter des allgemeinen Angriffs ablöste. Der Generalquartiermeister der 2. Armee Bülow, Ludendorff, der hier die Schwelle seiner weltgeschichtlichen Laufbahn betrat, suchte umsonst mit der 14. Brigade (4. K.) über die Karthause zu Emmich durchzudringen, berichtete am 8. in Aachen an Bülow über den Mißerfolg. Kavalleriekorps Marwitz machte sich erst allmählich nordwestlich Lüttich freie Bahn am Maasufer über Wegsperren, hochgezogene Schlagbäume und von Gendarmen geleitete Franktireurs. Indessen vermochten vier in den Forts und den 2 ½ km breiten Zwischenräumen aufgestellte belgische Brigaden das immer stärker entbrennende Geschützfeuer nicht zu ertragen und zogen sich aufs Westufer zurück. Da die höheren deutschen Führer überall vorauseilten, um ihren Mannschaften ein Beispiel zu geben, fiel ein Oberst der 11. Brandenburgischen Brigade auf einer Barrikade, General Hülsen soll an einer verrammelten Waldzunge durch Bajonettstich verwundet sein. Bei der 14. Brigade machte der Tod des Brigadegenerals Wussow und des Obersten der 27 er solchen Eindruck, daß hieraus ein mörderisches Gefecht erdichtet wurde. Draußen am Maasufer tötete die Kugel eines Heckenschützen den Kavalleriedivisionär Bülow. Wundfieberphantasien junger unerfahrener Offiziere in deutschen Spitälern verbreiteten den Wahn großer Opfer. Bei Beginn eines Feldzuges sehen Tagebücher immer Mord und Tod, bis nachher amtlich genaue Verlustlisten den Irrtum aufklären. Von »120 000« Stürmern, die »20 000« verloren, wie anfangs Ententeberichte fabelten, muß man, wie so oft bei ähnlichen Angaben, eine Null abstreichen: 12 000 Stürmer 2000 Verlust! Die am heftigsten und längsten fechtende 34. Brigade, die über Herstal und Pontisse in die Stadt drang, verlor nur 396 Mann, die 27. Westfälische 387, sie wanderte am 10. fast kampflos nach Lüttich. Solche Erstarrung lag auf den Belgiern. Ihre 11. Brigade will einen glücklichen Vorstoß beim mißlungenen Nachtangriff gemacht haben, drei Forts hielten sich wirklich wacker. Ft. Fléron hatte nur noch ein bedientes Geschütz, ein anderes Fort flog in die Luft. Jedenfalls sind sie nicht erstürmt, sondern »erschossen« worden, und antworteten zähe. Denn die deutschen von General Steinmetz, Chef der Artillerie der 2. Armee, versammelten Artilleriebrigaden litten verhältnismäßig mehr als die Infanterie: 234, wovon 124 allein auf die hannoversche Artillerie am Südende entfielen, 5 Offiziere der Wolfenbütteler 46. Art. bluteten.
Hier verloren Hannoveraner, 74., 79. Reg., 10. Pioniere, auch nur 342, Oberst Graf zur Lippe fiel, die Fahne in der Hand, vor Ft. Flamelle erst bei späterem Angriff aufs Westufer. Brigade Wussow inkl. 4. Pioniere und 4. Jäger verlor gar nur 7 Offiziere 113 Mann, wovon 9 im Franktireurgefecht am Dorf Micheroux. Zählte sie angeblich nur 1500 Gewehre, so wird sie wohl schwerlich allein 1500 Gefangene gemacht haben! Von den Brandenburgern kamen anscheinend nur I/35. und III/20. nebst 4. und 6. Komp. ins Feuer, ihr Verlust kann höchstens 200 betragen haben. Von der Thüringer 43. Brigade scheint nur 83. Reg. etwas verloren zu haben, dazu kommen noch einige Einbußen von neueren Teilen des 7. und 9. K., die gegen das Westufer vorrückten, wo die Forts am 16. alle kapitulierten, nachdem Panzerfort Lorcin schon nach dem 25. Schuß in Trümmern lag. Die Reiterei verlor etwa 50 Mecklenburgische Dragoner, Torgauer Husaren, 2. Reservedragoner, 30 ihrer 7. Fußjäger nach Holland abgedrängt. Gegen sie focht anfangs das 12. belgische Regiment Schulter an Schulter mit Franktireurs, doch ließ der Widerstand bald nach. Die Heckenschützen trieben aber noch länger ihr Unwesen, 111 Tote und Verwundete des erst später nachrückenden 4. K., 4. Res. K. und Verwundung des Divisionsgenerals Kühne in Lüttich noch am 21. rühren davon her. Die Belgier verloren nach eigener Angabe 2–3000 Tote und Verwundete, außerdem 4000 Gefangene mit dem greisen Gouverneur, Lemans. Weder Eroberung noch Verteidigung Lüttichs verdienen militärisch des Aufhebens, das man davon machte. Den Vogel schießt Hanotaux ab, deutscherseits seien 42 000 Gefallene zugestanden! Wo, wann? Ebenso phantastisch scheint aber das amtliche Märchen, Ludendorff habe mit der 14. Brigade Lüttich erobert. Von heißem Gefecht kann hier gar keine Rede sein, falls nicht die Verlustlisten schon anfangs in chronologische Unordnung gerieten. Zwei Angaben verraten sich selbst: Emmich sei mit Ludendorff eingezogen, er befand sich aber allein schon am 7. in Lüttich, L. am 8. in Aachen. Der Bahnhof sei unbesetzt gewesen, er war aber verschanzt und trug Kugelspuren von lebhafter Schießerei mit den Westfalen, die dort eindrangen und denen dann die 14. Brigade später gemütlich folgte. Bülows amtlich trockene Daten zerstören den Scherz, der Wohl nur dem Imperator L. das erste Portal seines historischen Triumphzuges mit Blumen umwinden soll. Derlei Retouchen der Kriegsphotographie darf man nicht übelnehmen, solange nicht Phantasie-Kriegsfilme dem gaffenden Publikum sich entrollen, worin die französischen Berichte zur Bereicherung der Schönen Künste beitrugen. »Da schreibe einer noch Kriegsgeschichte!« rief Lettow-Vorbeck einst bezüglich Chlum-Königgrätz.
Reiterkorps Marrwitz dehnte sich nun weiter aus, schickte die 9. Kavalleriedivision nach Süden, verfolgte mit der 2. K. D. den belgischen Nachtrab bei St. Trond, am 10. bei Diest. Halberstädter Kürassiere, Salzwedeler Ulanen und besonders Torgauer Husaren gingen vorauf. Die Belgier erzählen wieder Märchen, wie von 3 m hohen deutschen Leichenhaufen vor Lüttich. Bei Diest »machte man Jagd auf die Ulanen«, die fußfällig um Gnade bettelten, bei Haelen schlugen »250« Radfahrerschützen (450 und eine Velo-Pionierkompagnie) »6000« in die Flucht (eine Vorhutschwadron!), am 13. und 14. im Gefecht bei Haelen-Hasselt, auf das sie besonders stolz sind, vertilgten die Belgier 2/3 der deutschen Reiterei und begruben nachher 3000 Barbaren und Pferdekadaver! Diese Ziffer läßt eher tief blicken bezüglich eigenen Verlustes, den sie auf 22 Offiziere 1100 Mann angeben. Denn deutscherseits sind nur 300 Jäger (180 der 7. J.) und schwerlich mehr als 300 Reiter aus den Verlustlisten zu erkennen. Der Gegner brachte 6 2/3 Bataillone 20 Schwadronen ins Feuer gegen 2 Jägerbataillone 48 Schwadronen, die fast nur abgesessen die Schußwaffe brauchten und ihre Maschinengewehre spielen ließen, jedoch durch Granatfeuer von der Luxberger Mühle zum Abzug genötigt wurden. Angebliche Sturmritte gegen Gräben und Drahtverhaue mit Vernichtung ganzer Schwadronen fanden nicht statt, nur die 12. Torgauer Husaren verloren 80 Köpfe bis 15., 4. Kürassiere Münster 42. Die meisten Reiterregimenter hatten ihren Hauptverlust erst bei Monatsende. Indessen lief noch eine Reihe von Infanteriegefechten die Gettelinie entlang, von denen offizielle Berichte nichts melden, so am 13. bei Eschweiler seitens der 64 er als Vorhut des 3. K., das sich erst am 15. bei Tongres vollzählig sammelte, gefolgt vom 3. R. K., dessen 20. Reg. schon am 12. und 13. lebhaft bei Hecht und Wespelaer focht, wo auch Landsturmbataillon Burg schon auftauchte. Gesamtverlust dieser Brandenburger Vorhutkämpfer 800. König Albert erwartete mit etwa 80 000 Mann seines Feldheeres (Vollstärke 135 000, 4. D. in Namur) hinter dem Flüßchen Gette zwischen Aerschot und Tirlemont den Angriff, der lange auf sich warten ließ.
Denn da die deutsche Mobilisierung beträchtlich den früher begonnenen französischen und belgischen nachhinkte, hatte man anfangs zu wenig Kräfte und hernach trat Verstopfung an den Maasbrücken ein, wo zwölf deutsche Korps defilieren sollten. Für die I. Armee wurden erst am 15. die Anmarschstraßen frei, vom 2. K. stand nur die 7. Brig. erst am 18. vor Aerschot, das Gros des 4. K. rückte erst am 14. von Aachen ab, 4. R. K. noch weit zurück. Als am 18. und 19. der Vormarsch gegen die Gette begann, mußte man 3. und 9. Korps südwärts und dann südwestwärts auf Mons wieder abdrehen, nur Teile der 18. Div. wirkten bei Tirlemont mit, wo das 9. R. K. die belgische Rechte aus den Angeln hob, deren Linke vom 14. Reg. und Landsturmbataillon Burg bei Aerschot und weiter südwestlich die Mitte vom 3. R. K. geschlagen wurde. Der Kampf war von kurzer Dauer, nur die 2. Brig der 1. Belg. Div. leistete bei Tirlemont namhaften Widerstand, wo aber laut Verlustlisten nur 76. Res., 31. und anscheinend auch ein Teil 75. Infanterie (17. Div.) nebst 24. und 45. Art. wirtlich stritten. Außerdem griffen noch 77. R., 20. R., Art. des 10. R. K. und 77. Landwehr der II. Armee Bülow ein. Hanotaux' Angabe, als ob hier große Massen der I. und II. Armee auf die armen Belgier gefallen seien, muß dahin berichtigt werden, daß überall nur Vorhuten genügten, den Gegner zu vertreiben. Deutscher Gesamtverlust etwa 1200, belgischer unbekannt, 8000 Verwundete wurden nach Antwerpen zurückgeschafft, auch hatten die Deutschen fast schon 8000 Gefangene in Händen. König Albert ging die Dylelinie zwischen Wavre und Löwen zurück, doch war auch dort seines Bleibens nicht lange. Er wählte nun eine neue Front weiter westwärts, gegen welche das 3. und 9. R. K. bisher sehr unvollzählig, doch jetzt gesammelt, eine Scheidewand aufrichteten. Seine Stellung schnitt sich in der Luftlinie im stumpfen Winkel mit dem bei Mons liegenden Englischen Hilfsheer, das schon jede Verbindung mit ihm verlor. Seine Div. Dufour war am 17. durch die Vorhut des 7. K. der II. Armee bei Rosières so eingeschüchtert worden, daß sie schon damals auf Wavre retirierte. Also riß auch jede Verbindung nach Südosten ab, wo die französische 5. Armee zur Sambre vorrückte.
Bülow schloß gleichfalls nicht vor dem 18. auf und war noch nicht voll operationsfähig, weil sein Gardekorps noch erheblich zurückblieb und das Garde R. K. Gallwitz sich erst der kleinen Veste Huy südlich Lüttich näherte, die man geräumt fand. Erst am 20. vollzog es Uferwechsel bei Andennes. General von Einem trat mit dem 7. K. und der 14. R. D. den Vormarsch nach Südwesten an in Richtung Nivelles, Emmich befand sich weiter östlich mit seiner Vorhut III/73. und II/79. bei Gembloux, wohin 10. R. K. folgte. Gegen Namur deckten die Flanke ursprünglich die 25. Westf. und 40. Hannov. Brig., was zu leichten Gefechten bei Pepinster führte. Die 13. R. D. blieb bis 21. bei Lüttich, rückte dann gegen Namur ab, wohin auch die 14. R. D. wieder abschwenkte. Bülows Reiterkorps Richthofen führte schon früh eine scharfe Auskundung aus, indem er bis zum Maasübergang Dinant südwestlich Namur vorgriff. Man stieß hier im Verein mit Sächsischer Reiterei und den 12. sächsischen Fußjägern auf die Div. Deligny des 1. franz. Korps nebst der Brigade Mangin vom 2. Korps der Armee Langle, hierher als Flankenschutz entsandt. Richthofen hatte dort nicht seine ganze 5. und Garde-Kav. Div., wie man irrtümlich vermeinte, sondern nur die Gardeulanenbrigade und die 6. Brigade Graf Pfeil nebst den 1. Kürassieren, 10. Ulanen und Ersatzschwadron 1. Ulanen. Jäger und Reiterschützen benahmen sich sehr gewandt, versteckten ihre Maschinengewehre hinter Felsvorsprüngen, beschossen Monfort-Turm und Zitadelle, von der erst abends Oberst Doyen die gehißte preußische Flagge niederholte. Zuletzt mußte Richthofen insofern unverrichteter Sache wieder abziehen, als der wichtige Maasübergang in Feindeshand blieb, doch streiften seine Vedetten bis Philippeville und stellten das Vorrücken der Armee Lanrezac fest, die mit Teilen bei Thuin die Sambre am 20. überschritt. Die übrige Reiterei schlug sich östlich Namur in den Ardennen mit Kav. Korps Sordet (9 Brigaden) herum, das infolge schlechter Pferdepflege die Strapazen in sengender Augusthitze nicht ertrug und in seiner Leistungsfähigkeit von Stufe zu Stufe sank. Westwärts am 16. ausweichend, schickte es seine 5. K. D. nach Pervez, um den Belgiern die Hand zu reichen, diese mußte aber bald geschlagen zur Sambre abziehen, auch die engl. Kav. Brig. Chetwood, die mit gleicher Absicht bis Waterloo vor Brüssel vorauseilte, Frenchs Ankunft anzukündigen, hatte kein besseres Los, doch hat deutscher Heerbericht angebliche Zersprengung dieser Truppe für den Zweck aufgebauscht, ein glückliches Omen an den Schlachtnamen Waterloo zu knüpfen. Hier focht auch Marrwitz' 9. K. D., folgte aber bald den übrigen Geschwadern, die sich mit großer Schnelligkeit über Südbelgien ergossen, schon in der linken Flanke der Engländer. An ihre Stelle treten Richthofens sechs Brigaden, die sich jetzt ganz auf Bülows rechter Flanke sammelten und zwischen Lanrezac und French auf Sordet vordrückten. Am 19. stellten ihn die Gardehusaren bei Huet, am 20. und 21. wurde er ganz über den Fluß geworfen und retirierte bis zur Festung Maubeuge, wo er sich kampfunfähig erklärte. Man hatte ihm die Inf. Brig. Hollender des 3. franz. Korps zu Hilfe geschickt, doch im Gefecht bei Lobbes und Anderluis erlag sie völlig der 27. Br. (General Harbou, 25. R. Br. fiel), und verlor laut Hanotaux 1500 Mann, die Deutschen natürlich das doppelte, man muß nur wie gewöhnlich eine Null zuviel anhängen, die Westfalen verloren nämlich nur 300! Auch für Dinant schätzt jener Historiker den deutschen Verlust auf 3000, er betrug etwa 500, der französische muß beträchtlich gewesen sein, zwei Bataillone wurden fast aufgerieben. Richthofens Erfolg und weiteres Vordringen des westfälischen 7. Korps wirkten bedeutungsvoll auf French ein, dessen rechte Flanke entblößt schien, während Kluck schon seine Linke zu umfassen strebte.
Das Pommersche 2. Korps Linsingen, erst am 15. bei Lüttich, ging weit nach Südwesten in Richtung Oudenarde, das Magdeburger 4. Korps besuchte am 20. das preisgegebene Brüssel und schlug ähnlichen Weg ein. Indessen hätte sichs besser strategisch gelohnt, mit dem allgemeinen Angriff zu warten, bis Übereinstimmung der drei Bülow unterstellten Armeen erzielt war, denn auch die 3. Armee Hausen sollte über Dinant dem Feind in Flanke und Rücken fallen. Lanrezac besetzte schon alle Sambreübergänge und schickte sich an, westlich des Flusses vorzustoßen mit dem 3. und 10. Korps, gefolgt von 19. Algerischen, während das 1. Korps sich südwestlich Namur entwickelte und drei Bataillone in den Platz warf. Die drei belgischen Brigaden in Namur sahen sich bereits auf den Fortgürtel beschränkt, nördlich und nordöstlich zernierte die 1. Res. Gardediv., während von Osten eine Vorhut des Thüringer 11. K., zur 3. Armee gehörig, den Ring schloß, im Westen 14. R. D. und Teile der sog. 2. Garde-Reservediv., die aber aus je zwei westfälischen und hannoverschen Reserveregimentern bestand und mit dem 10. R. K. marschierte. Nie verschwand dieser Name, die Division wurde nie in ihre natürlichen Bestandteile aufgelöst. Schwere Belagerungsartillerie ward bereitgestellt und begann die Beschießung unter Befehl des Generals der Artillerie von Gallwitz, Chef des Gardereservekorps, und später berühmter Armeeführer. Möglich, daß Bülow fürchtete, feindliches Vordringen nördlich der Sambre werde zur Aufhebung der Belagerung auf der Westseite zwingen. Er beschloß, schon am 21. kräftig vorzustoßen (statt am 24. wie verabredet) und sich der Sambreübergänge zu bemächtigen, ohne auf gleichzeitige Mitwirkung Klucks und Hausens zu warten. Wahrscheinlich, um diesen Übelstand zu verschleiern, schildert er selbst so, als ob erst am 23. die Hauptschlacht entbrannt wäre. Französische genaue Darstellung widerspricht dem durchaus. Jedenfalls verleidete er schon früh dem Gegner, der sich mit Offensivgedanken trug, das Festsetzen am Nordufer und erlaubte ihm nur Defensive am Südufer. Die gegenseitige Aufklärung ließ alles zu wünschen übrig. 3 Worte unleserlich. Re French erfuhr nichts, bis es zu spät war, über Marrwitz und Linsingen 1 Wort unleserlich. Re dämmerte es 1 Wort unleserlich. Re, daß er Front nach Norden nehmen müsse, vorher wollte er – unglaublich, aber wahr – ostwärts nach Wortteil unleserlich. Reeau rücken. Doch umgekehrt glaubte das große Hauptquartier am 20. noch, daß »englische Landungen in großem Umfange noch nicht erfolgten« und Bülow schätzte Lanrezac auf nur 3 Korps und schrieb an Hausen, daß er nur Kavallerie »und etwas Infanterie« vor sich habe! Tatsächlich hatte Lanrezac 6 Korps an der Front, denn auch das 18. K. Bordeaux und Res. K. Valabreque waren am linken Flügel im Anzug. Da die französischen Korps im allgemeinen 5 Brigaden und 2-4 Chasseurbat. zählten, jede Reservediv. 18 Bataillone, wälzten sich hier rund 200 Bataillone gegen höchstens 100 deutsche heran. Sogar General Baumgarten fällt auf die alte Täuschung herein, daß das 19. Korps aus Algier erst im September eintraf, weil jedes frühere Erscheinen unmöglich schien. Es focht jedoch vollzählig bei Charleroi, was zu recht unliebsamer Logik über Frankreichs Mobilisierungsvorsprung führt. 1 Wort unleserlich. Re Mobilmachung relativ und Aufmarsch absolut sich verspäteten, entnimmt man schon der Tatsache, über die Klucks Stabschef Kuhl in seinem »Marnefeldzug« wegleitet, daß Kluck bis zum 16. in Aachen blieb. Trotz 1100 leicht Fußkranken bis 14. beim 3. R. K. blieb die Marschfähigkeit ungetrübt erstaunlich und gerade hier wäre äußerste Schnelligkeit, mit allem Verfügbaren vorzustoßen, um so ergiebiger gewesen, als der Einmarsch den Gegner überraschte. Rechnete man aber irrig, weil Sordet schon am 4. im Hennegau streifte, mit baldiger Gegenmaßregel des Feindes, so hätte man erst recht früher als geschah, den Vormarsch auf Brüssel antreten sollen. Daß Kluck am 21. mit dem 4. Korps in Löwen einzog, war schon Abirren von der richtigen Bahn, alles hätte sofort südwestlich geleitet werden sollen, wenn man die große Umgehung im Auge gehabt hätte, wie sie der grundlegende Plan des früheren Generalstabschefs Graf Schlieffen vorschrieb. Über die Engländer zog man zu spät Nachricht ein, weil Marrwitz erst am 22. Ath erreichte. Ob diese erst am 18. Landung bei Rouen und Havre vollendet hatten, scheint fraglich, da ihre Vorhut schon am 20. Südbelgien betrat. Kluck erwartete sie aus Gent, um so mehr hätte er im Eilmarsch entgegenziehen müssen, um etwaiger Flankierung zu begegnen und French von den Franzosen zu trennen. Das wäre Operieren à deux mains gewesen; denn kam French statt aus Westen nun wirklich aus Süden, so wäre dann seine wirkliche Umfassung am 23. bestimmt erfolgt. Statt dessen legte Kluck »einen kurzen Marsch« ein: Gewaltmärsche kamen nach, als es schon zu spät war, einen Vollerfolg zu erzwingen. Gewiß sind Kuhls Aufschlüsse über mangelnde Fernsprechverbindung und unzureichenden Dienstbetrieb bei der Heeresleitung lehrreich. Doch die einst bis zum Überdruß gepriesene Selbständigkeit der Unterchefs ließ sich hier anfangs ganz vermissen, um später im ungeeignetsten Augenblick aufzutauchen. Auf Überblick der Lage bei der O. H. L. in Koblenz könnte nicht gerechnet werden, doch man wartete darauf. Alles ging planlos drunter und drüber. Unterstellung Klucks und des sächsischen A. Ch. Hausen unter Bülow brachte nicht wirklichen Zusammenhalt in die Operationen; hier beim ersten Vormarsch wäre rücksichtslose Selbsttätigkeit jedes Heerkommandos am Platze gewesen, nicht Warten des Einen auf den Anderen. Bülows Stabschef, Lauenstein, brachte die 2. A. auch zu spät an die Sambre. Entwicklung seiner fünf Korps zwischen Peroez und Namur verschlang zu viel Zeit; das Gardekorps war zu spät von Aachen verladen. Jetzt befürwortete Bülow Schwenkung der 1. Armee nach Süden statt Südwesten und zerriß damit den Schlieffenschen Umgehungsplan mit seiner üblichen Übervorsicht. Kluck schloß aber weder rechtzeitig nach Süden auf, noch setzte er einheitlich den Marsch nach Südwesten fort. Hätte er schon am 21. das 2., 4. und 3. K. genügend vorgetrieben und vor Mons nur mit dem 9. K. demonstriert, so wäre zuletzt French auf Maubeuge zusammengedrängt und dem Bereich auch der 3. A. unterworfen worden. Diese statt weiter abwärts auf Givet nur auf Dinant zu verweisen, gehörte zu Bülows Ängstlichkeiten, der sie nahe zur Hand haben wollte.
General v. Kuhl schließt die glänzendklare Einleitung seines bekannten Buches, das im übrigen zu seiner eigenen und Kluck's Ehrenrettung dienen soll und daher von vornherein einer vorgefaßten Tendenz huldigt, mit der Erkenntnis, daß nur schnelle Schläge uns helfen konnten. Nun, der Wille dazu war da, das Heerinstrument über jedes Lob erhaben, so folgert einfach, daß die geistige Ausrüstung zu wünschen übrig ließ.
Am 21. durchschritt das 10. R. K. Hülsen-Kirchbach die Chaussee bei Gosselies; 39 er des 7. R. K. Zwehl schlossen sich bei Fleurus an und gingen auf Gilly halbwegs Charleroi vor. Der Feind wurde dort geworfen und General Einem wandte sich hauptsächlich nach Thuin, wo die 56 er die Sambre schon am 21. überschritten mit wenigem Verlust. Diese Kolonne kam von Genappes her, und Schützen der 13. D. beunruhigten gleichzeitig englische Reiterei, die Fühlung mit Lanrezac aufnehmen wollte, doch südwestlich auswich, als westfälische Artillerie von Maisières her den englischen rechten Flügel kanonierte. Weiter traten die Westfalen nirgends mit den Briten in Berührung und ihr Anteil an der Charleroischlacht kann auch nicht erheblich gewesen sein, denn ihre Einbuße blieb sehr gering; nur auffallend viel Offiziere bei den Kölner 53 ern, dabei zwei Majore. Sie und die berühmten 16 er, die beide allein bei Lüttich fochten und dort beim Einmarsch lebhafte Schießerei am verschanzten Bahnhof hatten, waren auch an der Sambre voraus nebst III/57.; die Paderborner 158 er durchschritten am 22. Peronnes (nicht zu verwechseln mit Peronne oder dem Moseldörfchen), wo schon früh 11. Lothringer Ulanen plänkelten. Das Bordeauxkorps langte erst am 23. an. Was vom Feind bis Marbais vorrückte, war schon alles bei Thuin über den Fluß geworfen. Taktisch nicht bedeutend, stiftete Einems Kampf strategisch Verwirrung bei Franzosen und Engländern, deren Verbindung er zerschnitt. Am Ostflügel Bülows verblieb die 1. G. D. vorerst bei Spy neben 14. R. D. vor der Westfront Namurs, während die Vorhut der 2. G. D. schon am 21. auf den Übergangspunkt Auvellais vorging nebst drei Gardereiterregimentern. Auch die 6. R. Dragoner und 2. R. Ulanen zogen mit zum Streit, als Hülsens Vorhut mit aller Kraft auf Charleroi losging. Emmichs Vorhut, 77. Celle, schlug die französischen 70 er und 71 er bei Tamines; ihre voraufstürzende 9. Kompagnie ging aber dabei zugrunde. Es kam zu erbittertem Kampf längs der ganzen Flußlinie gegen das französische 3. und die Hälfte des 10. K. Hier geriet hannoversche 74. mit französischem Regiment gleicher Nummer aneinander, 79. Hildesheim im Verein mit 10. Res. Jäger trieb den Gegner durch die winklige Vorstadt von Charleroi, 91. Oldenburg warf sich auf Châtelet. Die Franzosen wichen mit sehr großen Verlusten ans Südufer; in der Nacht währte das Gefecht fort. Die Gardevorhut warf die französische Rechte mit ganz geringem eigenen Verlust; ihren Pionieren kostete der Übergang nur 5 Mann. Sieben Gardebatterien bearbeiteten am Arsimonthügel die 19. D. Brennier, deren 40. Rgt. floh, während ihr 71. allein 576 Tote und Verwundete (16 Offiziere) verlor. Sie wich 10 km bis zur rückwärtsstehenden 20. D. Schon am 22. kam Bülow mit Macht über den Fluß; die Schlacht entbrannte bei Charleroi mit größter Wut. Das 3. K. konnte die Wolfsbrücke nicht halten; der italienische Korrespondent Barzini schilderte das gräßliche Gemetzel in der lichterloh brennenden Bergwerksstadt. Während hier besonders 91. R. Göttingen und 10. R. J. vordrangen, warf Emmich bei Châtelet und südlich davon das ihm gegenüberstehende 10. K. über den Haufen; auch die Alexandergrenadiere drangen weiter südöstlich vor. Ein verzweifelter Gegenstoß der 38. D. auf Arsimont blieb erfolglos, fieberhafter Elan kühlte sich ab unter ungeheurem Blutbad durch verderblich spielende Maschinengewehre der Garde. Die 20. D. Boe, von der deutschen gleicher Nummer gesprengt, war nun auch erledigt; ihr Chef gab verwundet das Kommando ab, als er seine bisher unberührten 25., 47., 137. Regt. umsonst vorführte. Emmichs 10. Artillerie beherrschte das Schlachtfeld bis Mattet. Inzwischen rührte sich das 1. K. Esperet diesseits und jenseits der Sambre am Ostflügel fast gar nicht, nur darauf bedacht, Verbindung mit Namur zu unterhalten. Dort scheiterte ein Ausfall der Belgier. §§§
Der 23. wurde ein kritischer Tag erster Ordnung und zerfiel in vier verschiedene Kriegshandlungen, bei denen merkwürdigerweise die Belgier am besten abschnitten. Bis dahin tappten die Verbündeten im Dunkel, wußten nicht, wohin sie ihre Schläge austeilen sollten. Socdet als »Auge des Heeres« litt entschieden am grauen Star, trieb sich zulange östlich Namur herum und machte nachher zu eilig bei Fleurus kehrt, statt Richthofen etwas länger den Weg zu verlegen. Seine zwei Kürassierbrigaden leisteten so wenig, wie die 2. Kürassierdivision »Luneville« in Lothringen; überhaupt trat die Schwäche der französischen Reiterei erschreckend zutage. Auch die englische Reiterei wußte nicht ein noch aus, so daß French bei Mons durch Klucks Angriff völlig überrascht wurde. Er hätte laut Verabredung schon am 15. an der Schelde sein müssen, was tief blicken läßt für die lange Vorbereitung der Überschiffung (Bridges Enthüllung). Die Überlastung französischer Bahnen mit eigener Truppenbeförderung verzögerte seine Ankunft in Belgien; auch so bleibt erstaunlich, daß er am 20. bei Mons anlangte, wenn England erst am 4. mobilisiert hätte. Deutscherseits wäre zweckmäßiger einzugestehen, daß man sich politisch überrumpeln ließ, weshalb die Korps Gallwitz und Plüskow zu spät eintrafen, um operativ verwendet zu werden; denn selbst die amtlich angegebene Verwendung beider zur Zernierung Namurs, eine übermäßige Kraftvergeudung, ist sehr zweifelhaft, wenigstens in dem vorausgesetzten Sinne. Alle Dispositionen waren so schlecht berechnet, daß Bülow auch am 23. gegen gewaltige Übermacht rang und Kluck bei Mons desgleichen. Dessen verspätete Ankunft konnte durch wilde Gewaltmärsche nicht ausgeglichen werden, doch mußte er natürlich French fesseln, dessen Eingreifen gegen die Westfalen möglich schien. In Wahrheit war dies nicht zu befürchten, da French sich selber um seine rechte Flanke bei Binches besorgt zeigte. Er dachte nicht daran, Lanrezac Luft zu machen, der sich schon zu heftig verbiß, um die Schlachtfortsetzung einstellen zu können. Deutscherseits wäre ratsamer gewesen, erst am 24. den Hauptschlag zu führen, bis Kluck genügend Kräfte hatte und Hausen bei Dinant übergehen konnte. Wären die Verbündeten nicht schon am 23. abmarschiert, was sie sicher nicht taten, so wären sie bei Maubeuge zusammengedrängt worden. Unter obwaltenden Verhältnissen brachte es sie ohnehin in gefährdete Lage, daß Lanrezac noch am 24. um seinen Rückzug kämpfen mußte.
Das Ringen dort am 23. führte zur Krise. Das 4. Garde und vier Kompagnien des 3. Garde gingen über, später folgte die ganze 1. Gardedivision, während Emmich das Osnabrücker 78. und ein Bataillon 74. ganz östlich verschob. Im Sambre-Maaswinkel vor Namur wurde hier die Hälfte der Brigade Mangin, die den Belgiern dort die Hand bot, zersprengt und aufgerieben. Esperet fühlte sich durch den von Dinant herüberschallenden Kanonendonner so erschreckt, daß ihm die Lust ausging, energisch gegen die Garde vorzugehen. 73. Alg. Brig. lief fruchtlos gegen das tiefgelegene Chatelet an, südlich Charleroi wich die 5. D. vor Hülsens Andrang. Dessen Verluste waren außer dem Göttinger Regiment mäßig wie die der Westfalen; gleichwohl gewann Bülow in seinem Hauptquartier Fleurus so wenig Übersicht, daß er abends an Hausen schrieb, der Feind habe dort »mit Erfolg« angegriffen! Indessen gibt der französische Bericht zu, daß die frischen vier Divisionen Bordelaisen und Reserven gar nichts ausrichteten und teilweise nicht ins Feuer zu bringen waren. Das 3. franz. K. wurde zuletzt völlig gesprengt, längs einer Bachschlucht vom linken Flügel abgeschnitten und wich ganz aus der Schlachtfront, nachdem es sich lange rühmlich wehrte. Das 10. K. befand sich schon im Abzug nach Mattet, nur die Algerier stellten sich noch zur Deckung des Rückzuges. Esperets Division Galtet flankierte endlich die Garde, die bei St. Gerard heftig ins Gedränge kam. Regiment Augusta besaß das in zweimaligem Sturm eroberte Waldstück Lanotte, und seit die standfesten Bretonen des 28. Regt. endgültig Arsimont verloren, faßte die ganze 2. G. D. am Südufer so festen Fuß in stetigem Vordringen, daß sich Laurezac im Hauptquartier Flourens südlich Mattet nicht mehr sicher fühlte, wo die südöstlich bis Fosse abgetriebenen Bretonen mit abgeschlagenen Tirailleurs Algeriens durcheinander wirrten. Ihre Generale Bloch und Schwarz (zwei so echtfranzösische Namen!) berieten sich, daß die 38. D. heute kaum noch zu ähnlicher Anstrengung fähig sei. Doch versuchte die afrikanische Infanterie wiederholt anzurennen. Nachdem das 1. Garderegiment ganz östlich die Moreimontbrücke überschritt, geriet es in scharfes Feuer. Esperet zwang mittags die Garde zum Halten, doch Meldung von Einnahme Dinants (verfrüht und irrig) bewog ihn zum Einstellen jeder Unterbrechung und Abfallen nach Süden, obschon seine Stellung nordöstlich Fosse bis zur Maasschleife nicht fern dem Fort Malonne förmlich einlud, die Garde zu umfassen. Diese, bisher bei Auvellais und Arsimont sehr wenig leidend, litt heute beträchtlich bei Mattet und St. Gerard, besonders 1. Garde, die vornehmste Truppe des Kaiserreichs. Mittlerweile drang Emmichs Mitte bis Farcinnes vor, wo 74. des franz. 3. K. und 129. des 10. K. zusammenschlossen. Sie wurden so gut wie aufgerieben und der Keil war so angesetzt, daß der Zusammenhang zwischen Mitte und Flügeln Laurezacs zerfiel. Zwischen Charleroi und Chatelet legten 79 er und 164 er den Feind in dichten Garben vor sich nieder; auch die zwei Braunschweiger Regimenter 92. Inf. und 78. Res. zeichneten sich aus. Nachdem früherer Nachtangriff des 3. K. nur zu unnützem Blutvergießen führte, sträubten die Flandrer der 10. und 12. Brig. sich noch hartnäckig gegen die Besiegung. Doch der wütende Anlauf der zu Hilfe gerufenen 37. Alg. D. erstickte in hochgetürmten Leichenhaufen. Das Bordeauxkorps begnügte sich mit Aufnahme der Geschlagenen durch seine 69. und 70. Brigaden; seine 10. Husaren bemühten sich vergeblich, die fliehende Kavallerie Sordet zum Stehen zu bringen. Da auch Esperet nicht ausgiebig unterstützte, sondern eiligen Rückzug antrat, zogen auch die Algerier ab, zuletzt Brig. Blanc mit 3. Zuaven und 2. Turkosen. Ihres Wörther Ruhmes nicht eingedenk, flohen sie aus dem Feuer, Vaterlandsliebe erwies sich als der festere Kitt. Die Bretonen des 41., 25., 136., schon so lange geprüft, deckten den Raubzug auf Flourens, wo das Hauptquartier nun wirklich ausgeräuchert wurde. Es erging Befehl zu allgemeinem Rückzug auf Fourneaux. Esperet schickte Div. Deligny schon nach Dinant fort, was Div. Gallet vorerst noch unterließ. Die Schlacht war verloren, obschon der gallische Leichtsinn mancher Offiziere sich dahin aussprach: »Das Heer ist schwer verwundet, doch nicht bezwungen«. So bluffte man, obwohl schon am 22. abends die Kunde umging: »Die Verluste sind sehr groß, man gibt die Schlacht verloren«. Ganze Bataillone warfen die Waffen weg; die algerische Reiterei hielt sich strammer, besonders 3. Ch. d'Afrique. Doch ermattete der Kampf am 24. im Osten ganz; nur die »Franzer« der Garde-Grenadiere verfolgten auf Fourneaux. Auch die französische Linke befand sich in vollem Rückzug. Richthofen war gleich bei der Hand, sich zwischen Thuin und Binche einzudrängen. Reservekorps Valabregue kam dem Befehl nicht nach, die linke Front zu schützen, das 18. K. gehorchte keinem Befehl zum Vorgehen mehr, nachdem es bei Merles von den Westfalen abgeschlagen. Seine Reserve (218., 219.) hinderte nicht Erstürmung der Valmontbrücke durch die 57 er schon gestern Abend. Verfolgungsfeuer aus der Fontinneschlucht begleitete den Rückzug der 35. und 36. D. So war auch dies Korps geschlagen, in die Niederlage verwickelt. Artilleriegeneral Roquerolle mußte seine von der Castreshöhe fliehenden Batterien durchs 123. Rgt. der Brig. Durand decken, sonst wären sie erwischt worden. Die Westfalen überschritten jetzt alle den Fluß zwischen Thuin und Marchiennes, doch nur III/16. und II/158. verfolgten bis südlich Valmont. Vielleicht irregeführt durch täuschende Berichte, erfuhr Bülow erst zu spät durch Luftaufklärung das fluchtartige Abfluten der französischen Marschsäulen. Um dies zu beschönigen, schrieb er von »ernsten Kämpfen« noch am 24., während Laurezacs Rückzug schon am 23. abends beschlossene Sache und am 24. früh in vollem Gange war. Man ließ sich von Nachhuten beschäftigen und verlor unbillig Zeit. Die bei Maubeuge angestaute Fluchtwoge konnte von Glück sagen, daß sie noch ziemlich unzersplittert an der Festung vorüberschäumte. So kam es, daß man erst 5 Tage später den Geschlagenen wieder »stellte«. Die zunächst zur Hand befindlichen Westfalen sputeten sich nicht, was auch Bülow unwillkürlich bestätigt, indem er die Schlachttrophäen nur seinem linken Flügel zuschreibt. Sie bestanden in 4000 Gefangenen, 35 Geschützen, 5 Fahnen und sonstigem Material.
Bülow übersah erst spät die ganze Größe des Sieges; der Gegner hat das » desastre de Charleroi« selber nie in voller Schwere abgeleugnet. Das 3. K. verlor anscheinend die Hälfte seines Bestandes, beim 19. K. die 1. Zuaven 50 %, die Turkos 70 %!; darnach bemesse man das Übrige. Wahrscheinlich betrug der Gesamtverlust inkl. der Versprengten nahezu 30 000; der deutsche war nicht gering, doch sehr ungleich. Die Artillerie litt sogar auffallend wenig, auch die der Garde, bei deren 2. D. nur die Franzer einigermaßen litten, um so mehr bei der 1. D. das 1. G. Regt., dem zahlreiche Offiziere und 800 Mann bluteten. Im ganzen 11 000 Tote und Verwundete, davon 6500 Hannoveraner. Die Franzosen schlugen sich beim 3., 10., 19. K. gewiß sehr brav, fanden aber an den kernigen Niedersachsen ihren Meister. Werkwürdigerweise litten 91. Inf. und 91. R. in den zwei verschiedenen Korps am meisten. Ein Hildesheimer Bataillon verlor allein den Major, viel Offiziere und 400 Mann, auch Bataillon Aurich des 78. Osnabrück litt erheblich. Vermutlich bezieht sich darauf das Tagebuch eines Gefallenen, was natürlich für Hanotaux maßgebend als Phantasie über allgemein »großen Verlust« war. Diese Tagebücher, wo jeder moralisch Erschütterte seine Schwarzgalligkeit ausströmte, schadeten sehr; man hätte solche Privatschriftstellerei untersagen sollen, statt sie zu ermutigen. Von höheren Führern bluteten Generalleutnant Kirchbach und Artilleriebrigadechef Rüstow. Die an anderen Kriegsstellen ihren Ruf rechtfertigende französische Artillerie zeigte sich im Anfang wenig wirksam. Mächtig donnerte die deutsche über das flammende Kohlenrevier, wo man durch die Nacht das wüste Tigergeheul der Algerier vom anderen Ufer hörte. (Nicht der »Marokkaner und Senegalneger«, welche bis heute die Legende falsch dorthin versetzt). Die hannoverschen Batterien müssen sehr gute Deckung gehabt haben. So verlor z. B. 26. Art. Verden, von welcher einige Batterien schon der Kavallerie Sordet übel bei Peroez mitspielten, nur 10 Mann, obschon sie bei Chatelet im Brennpunkt feuerte. Allerdings hatten auch Bataillone, wie III/92. R. und I/164. Inf., minimalen Verlust, während 10. R. Jäger allein 300 einbüßten. Ob 15. R. Detmold bei Hülsen mitfocht, scheint zweifelhaft, seine Verlustliste verzeichnet »Namur«. –
Lanrezac konnte also Joffres Geheiß, den Feind nördlich der Sambre anzugreifen – wohl um Namur zu entsetzen, lief doch sogar das törichte Gerücht um, die Lüttichforts hielten sich noch –, nicht ausführen. Dann hatte er, Verfasser theoretischer Arbeiten, ein bißchen Aspern und Katzbach spielen wollen, daher am 22. Befehl ausgegeben, den Feind »in den Fluß zu werfen«. Doch auch dies erwies sich untunlich. Nachdem alles selber hinter den Fluß geworfen, konnte man nicht mehr auf Spitzen herüberkommender Sturmsäulen fallen, denn die Deutschen waren gleich mit Massen drüben. Von French erfuhr er zuerst, dieser werde über den Monskanal vorrücken, wozu er aber noch gar keine Anstalten traf – und als nun nachmittags der Kanonendonner von Mons nach Thuin herüberschallte, mußte der Franzose notgedrungen standhalten. Sonst hätte ihn French beschuldigt, ihn im Stiche gelassen zu haben, was er ohnehin später höchst ungerecht tat, als habe erst Lanrezacs Rückzug ihn entblößt. Eine grobe Wahrheitsentstellung, da er gleichfalls gründlich geschlagen war. Indessen mag sein, daß er am 24. früh eiliger den eigenen Rückzug beschleunigt hätte, wäre ihm Lanrezacs vollständige Niederlage bekannt gewesen, die er nachweislich nicht so rechtzeitig wie nötig erfuhr. So geht es unter Alliierten, die sich sozusagen voreinander schämen und sich nie klaren Wein einschenken. Denn ebenso verspätet vernahm Lanrezac, daß es dem Kollegen nicht viel besser erging als ihm.
Dieser erzählte natürlich, seine vier Divisionen seien von vier deutschen Korps überwältigt worden, wobei er das 7. K. lustig mitzählte, das nur mit einiger Artillerie bei Binche das 1. K. Haigh beunruhigte. Dies und drei Kav. Brig. ließ French Gewehr bei Fuß stehen; erst spät schickte von dort die 2. Div. anderthalb Brigaden zur Aufnahme der 3. D. Hamilton, wo schon nach Mittag die 17. Hanseatisch-Mecklenburgische D. am Bahnhof und Kanalschleuse Symphorien reinen Tisch machte. Die Bremenser und Hamburger sowie die Schweriner Grenadiere und 45. Rostocker Art. hielten hier den Feind gründlich nieder; erst abends kam das Gefecht auf dem alten Schlachtfeld zu Molplaquet zum Stehen. Viel später als die 17. griff die Vorhut der 18. D. vor 3 Uhr nachmittags die Linke Hamiltons an, warf sie über den Kanal und überschritt ihn mit seltener Unerschrockenheit. Sehr zu seinem Schaden hatte der Engländer die Linie Obourg-Maisières vor der Kanalfront besetzt; seine 8. Brig. wurde über das Wasser gejagt, Bahnhof und Brücke Obourg erobert. Um diese Zeit waren südlich davon bereits die 7. und die halbe 4. Brigade erschüttert, Regiment Royal Scots hart mitgenommen.
French verliebte sich in seine »schöne Stellung«, die er für uneinnehmbar hielt, verkannte aber dabei ganz den Fehler ihrer Ungleichmäßigkeit. Haigh hatte eine viel kürzere Linie inne als 2. K. Smith-Dorien hinter Kanal Mons-Condé. Es vermehrte dies Unpassende, daß Hamilton den nordwärts vorspringenden Bogen des Kanals du Centre nordöstlich Mons hielt und westwärts D. Fergusson auf viel längerer Strecke die Aufstellung verlängerte. So fiel der deutsche Hauptstoß auf Hamilton allein, dem man erst umständlich von beiden Flügeln her Verstärkung senden mußte. Wurde aber seine Linie mit dem Schlüsselpunkt Mons durchbrochen, so war die Stellung von innen unterhöhlt und eingenommen. Schon bei Bülows Schlacht bildete sich ein Zentrumsstoß als entscheidend heraus; auch bei Mons wirkte weit weniger Flügelumfassung als Zentrumdurchbruch. Wenn es hier unter ungünstigen Verhältnissen glückte, so blamierte sich endgültig die »moderne« Theorie, daß frontale Durchbrüche wegen heutiger Feuerwirkung sich ausschlössen.
Die Engländer gaben sich selbst auf 74 000 Streiter bei Mons an; Headquarter States zählen aber stets nur Gewehre und Säbel, ohne Artillerie, Pioniere, Offiziere. Ferner kann die Kriegsgliederung so aufgefaßt werden, daß nur 48 Bataillone vorhanden waren. Das ist aber unmöglich, denn jede Division à 3 Brigaden sollte bis zu 18 000 Mann zählen, und es gibt eine andere Lesart, wonach 37 Bataillone Haighs und 41 Doriens herauskämen, was weit eher der wahren Stärkeziffer entspricht. Die amtliche Deutsche Generalstabsschrift schätzt French auf 80 000 Mann; schwächer war er in keinem Falle. Dazu 230 Geschütze inkl. 5 reitenden Batterien der überstarken Kav. D. Allenby, deren 54 Schwadronen nur 18 deutsche gegenüberstanden. (3., 10. Husaren, 16. Dragoner als Korpsreiterei des 3., 4., 9. K.) Von 12 deutschen Artillerieregimentern der drei Korps kamen laut Verlustlisten und sonstigen Angaben schwerlich mehr als 3., 39., 9., 45. und die Hälfte von 4. und 74. zum Schuß. Was aber die Infanterie betrifft, so scheinen von 17. D. vier Bataillone nicht ins Feuer gekommen zu sein, bei 18. fehlte notarisch 31. Rgt., und nach dem minimalen Verlust halten wir für sehr unwahrscheinlich, daß die Holsteiner 84., 85,, 86. mit mehr als 6 Bataillonen mitwirkten, besonders den Füsilierabteilungen, die sich mit Ruhm bedeckten. Ebenso täuscht die Annahme, das 3. K. habe irgendwie vollzählig gefochten; vom 4. kamen ernstlich nur geringe Teile zum Schlagen. Weit entfernt mit Mindestzahl gefochten zu haben, erfreute sich French vielmehr während des Kampfes stets beträchtlicher Übermacht, selbst wenn wir 4 ½ Brigaden der D. Lennox und Monroe abrechnen, die keinen Schuß taten. Dies numerische Mißverhältnis gereicht der deutschen Führung nicht zum Lobe. Wegen zu spät ausgerufenem »Kriegszustand« mußte man schon darauf verzichten, den Belgiern sofort Vernichtungsschläge zu versetzen, und auch jetzt noch rächte sich Klucks zu später Aufbruch, so daß kein Korps vollzählig an den Feind gelangte. Das 3. K. brauchte 35 km Anmarsch in glühender Hitze, um erst vor 5 Uhr den Feind zu erreichen. 4. K. gar 75 km und setzte die Umstellung eigentlich erst am 24. früh durch. Der räumlich noch weiter vorgesehene Flankenmarsch des 2. K. gelangte damals erst bis in die Gegend nördlich Mons. Da das 4. K. einen endlos langen Weg zurücklegen mußte, wäre gewiß vorteilhafter gewesen, wenn Kluck am 23. Ernstkampf vermied.
Hamiltons 8. Brigade flutete nun zerschlagen aus Obourg zurück; bei den R. Irish Rifles fiel die ganze Bemannung der Maschinengewehre, 4. Middlesex und R. Füsiliers wurden gesprengt. Monroe sandte in weitem Bogen seine 5. Brig. zur Hilfe, dabei die famosen Connaught Rangers, die lange auf ihren gelben Litzen ein Stück Trauerflor trugen zum Andenken ihres einstigen Chefs, des bei Waterloo gefallenen Picton. Doch die Holsten vom Nord- und Ostseestrand wurden auch mit ihnen fertig: Ihr Oberst, Major Seaford und fast alle Offiziere fielen. Die 9. Altonaer Artillerie wirkte hier mörderisch. 84 er erstiegen die alten Stadtwälle von Mons; zwei kühn voraustrabende Geschütze beseitigten die Sperre am Südausgang, um 8 Uhr verließ Jan Hamilton die Vorstadt, wo er Gefahr lief, abgeklemmt zu werden. Nur ein Vorstoß des berühmten 92. Regts. befreite die R. Welsh Füsiliere; nur mit knapper Not retteten diese Garde-Hochschotten ihre Walliser und Irländer Kameraden. Die Heldentat der Holsteiner ist ebenso außerordentlich, wie angesichts ihres mehr als mäßigen Verlustes unbegreiflich; das Massenfeuer aus großen und kleinen Gewehren tat ihren Schützenschwärmen gar wenig zuleid.
Inzwischen wurde Hamiltons 9. Brigade aufs ungestümste von der 6. Brandenburger Division angerannt. Ihr fehlten die 35 er, von denen ein Bataillon bei Cartaux am Tiolemonttreffen teilnahm. Der Verteidiger sparte auf dieser Front nicht mit Barikaden und Sandsäcken, seine 8,4 und 12,8 cm Geschütze spielten gehörig. Doch der Brandenburger denkt: »Bangemachen gilt nich«. Der Engländer wurde alsbald übers Wasser geworfen. Das Ringen hob hier erst vor 5 Uhr an und wurde beim Dorf Jemappes blutig; doch schlugen 24 er den Gegner hinaus, dessen 57. Pionierkompagnie Mann für Mann sich opferte. Dagegen gelang nicht der noch später ankommenden 5. Division, die vorerst nur aus 12. Grenadieren bestand, weiter westlich bei Tertre und Gislain entscheidend einzudringen, wo sie auf die Rechte der engl. 5. D. stieß. Erst abends betrat I/52. die Feuerzone, I/8. den Kanalrand; das war alles, was General Wuchera hier heranbrachte. Der kommandierende General Lochow zog aber seine Artillerie vor, die mit gewohnter Unerschrockenheit sehr nahe ihr Fußvolk unterstützte und dem Feind schwere Verluste zufügte. Dieser Kampf zog sich bis 7 Uhr unentschieden hin, als sich plötzlich die Vorhut des 4. K. im äußersten Westen näherte, doch erst um 9 Uhr gruben sich zwei Vorhutbataillone südlich des Wassers ein, während man vor II/93. noch nicht die Hauptbrücke bei Hamsies räumte.
Man kann nicht sagen, daß die Brandenburger 20., 24. und 64. an dem Schlachthaufen Cornwall, Manchester, Borderer (Grenzerschützen) entschlossene Gegner fanden. Als empfindliches Feuer aus Gehöften und Schlackenfeldern den Angriff nicht aufhielt und die weiter Stürmenden hinüber waren, entwichen die Geschlagenen zum Erebusberg. Gegen die 12 er entlud sich Massenfeuer von Maxim-Wickers-Mitrailleusen, doch sie blieben im Vorgehen; Rgt. Surrey East entzog sich kaum der Umschließung. Da stockte der Angriff zwischen wasserdurchfüllten Gräben und Hecken vor der Gislainhöhe; Fergusson's 13. Brigade hielt sich brav, besonders Leichte Yorkshire. Unsere Infanterie II/12. litt hier viel mehr als III/12. bei Tertre, bei dem die deutsche amtliche Schrift verweilt, weil dessen Major bei Einnahme des Dorfes fiel, über das man aber nicht vorwärts kam. Auch die Art. litt beträchtlich, da sie sich rücksichtslos bis in die Kampflinie einsetzte, um den bedrängten Bataillonen auszuhelfen. Es scheint, daß Dorian auch seine ganze 5. D. verbrauchte, denn er rief: »hätte ich nur noch ein einziges Bataillon, so wäre ich Sieger«, eine seltsame Auffassung, da doch seine stärkere Hilfe Hamilton unwiderruflich geschlagen war. In der Nacht währte das Schießen fort, doch French sah seine Linke durch 4. K. Armin umwickelt und ordnete am 24. früh allmählichen Rückzug an, zu dessen Deckung er vormittags den Kampf fortsetzte. Eine frische Brigade seiner bei Valenciennes ausgeladenen 4. D. mußte sich der linken Flanke angliedern, doch half es nichts; denn der sehr tüchtige General Sixt v. Armin entfaltete jetzt ruckweise sein Magdeburger Korps, dessen Regimenter vom Elb- und Saalestrand schon unter Friedrich d. Großen mit den besten Märkern wetteiferten. So groß die Marschermüdung, noch größer war der Eifer. Voraus die 26 er, schon bei Auerstädt und Ligny bewährt, und die ausgezeichneten 93 er der drei Anhaltiner Herzogtümer, einst Leibregiment des alten Dessauer. Hamilton hielt das Feld noch in rückwärtiger Stellung bei Frameries; die 12 er waren aber jetzt entlastet und die einst neben ihnen bei Ligny-Waterloo fechtenden 24 er nahmen den Kirchhof. Fergussons weitere Gegenwehr blieb ohne Erfolg; ein Todesritt der 2. Kav. Brig. Lisle bei Audrignies endete mit deren Zersprengung, die Hälfte der Reiter und Pferde blieben auf dem Platze. Die 9. Lancers, berühmt durch ihre Omdurman-Attake, persönlich geführt vom General de Lisle, brachten nur Wenige zurück, als die Trompeter zum Sammeln bliesen; den 5. Hussars und 4. Dragoons erging es etwas besser. Mehr Balaclawa-Steeplechase als Bredowritt; im hohen Gras von Drahtschlingen und Kugelspritzen belauert, rettete die Attake wenigstens die 119. Batterie. Die 26 er und I/153. Weißenfels umfaßten immer weiter im Westen. I. Abt. 4. und II. Abt. 74. Art. donnerten aus Westsüdwest. Sir Charles Fergusson ließ in Elonges zahlreiche Gefangene zurück, seine Truppen gingen nach hinten durch, Tornister und Mäntel abwerfend. Schon am Vorabend hatte III/93., obschon nur drei Kompagnien fochten, den Major, den Führer der Maschinengewehrkompagnie nebst 130 Mann verloren; heut war der Verlust nicht unbeträchtlich, für höchstens sieben ernstlich verwendete Bataillone (»7., 8. Div.« ist hier nie ernst zu nehmen). Die frische 13. Brig. Drummond deckte Sir Horace Doriens Abzug aufs Basisdepot Bavai, das man nicht verschanzt hatte, Rückzug für unmöglich haltend! So hatte auch French die Kanalbrücke unterminiert, doch nicht gesprengt, weil er vom eigenen Vorbrechen träumte. Das hätte den Deutschen nur lieb sein können. Er wußte jetzt besser Bescheid, wie zart man mit solchem Gegner umgehen müsse. Nachdem die Oxford Light Infantry und R. Welsh Kents sich Paturages westlich Frameries durch die 20 er entreißen ließen, flohen sie und 1. Lincoln nebst den Northumberland Füsilieren in wilder Unordnung. Umsonst vollzog 6. Brig. Davies der D. Monroe einen tapferen Gegenstoß bei Harmiguies. Die Brandenburger waren aber jetzt ebenso gut ausgepumpt wie alle englischen Bataillone außer der 1. D. Lennox, an welcher die Westfalen ruhig zur Sambre vorbeimarschiert waren, da Haigh sich täuschen ließ und stets Angriff bei Binches erwartete. Dieser übernahm jetzt den Schutz der unaufhaltsam auf Maubeuge weichenden Armee; seine ganz aus Garde bestehende 4. Brig. Karr mußte erst von einem Hügel an der Chaussee Binches–Mons vertrieben werden. 5. Kav. Brig. Chetwood und R. Engeneers opferten sich.
Der englische Verlust darf auf 8000 geschätzt werden, davon etwa 1500 Gefangene mit einem ganzen Divisionsstab und viel Kriegsgerät, der deutsche 4400, wovon die Hälfte auf die Brandenburger fiel, deren 12 er allein 25 Off., 500 Mann einbüßten, die 64 er, 24 er und 20 er nicht weniger. Die Art. Klucks verlor 240 Mann, 3. Art. allein 95. Das Ergebnis war für, Tommy Atkins (Spitzname des britischen Söldners), der siegesgewiß auszog, um die Germans zu »verhauen«, recht niederschmetternd. Die auf beiden Flügeln verteilte Reiterei zeigte sich unbehilflich, die Artillerie nicht entfernt der deutschen gewachsen. Dorien jammerte über »300 deutsche Geschütze« die ihn zermalmt hätten; wir sahen, wie es damit stand. Auch rühmt er die Präzision des britischen Gewehrfeuers; die deutschen Verlustlisten reden anders. Dieser Herr ließ sich von seinen Landsleuten als »Ney« des Rückzuges preisen, als ob jene Großtaten des Tapfersten der Tapferen in Rußland auch nur entfernten Vergleich zuließen. Es geht nichts über britische Glory, die oft die französische Gloire aussticht. Ein Northcliffe-Korporal nannte in der Presse das deutsche Schießen »verächtlich«, die stets schrecklichen englischen Verluste antworten darauf. Man hätte sich besserer Dinge von Berufsveteranen versehen. Natürlich versicherte man, nur der glorreiche Tommy habe die übermächtigen Deutschen aufgehalten; als ob die tapferen Franzosen an der Sambre Männer der blassen Furcht gewesen wären. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Hinterm Kanal mit rasch aufgeworfenen Schützengräben unter Schlackenhügeln von Bergwerken fühlte man sich voreilig sicher und wurde aus der kostbaren Stellung im ersten Anlauf herausgeworfen. Ernstlich fochten deutscherseits nur etwa 35 Bataillone, also nicht ganz drei Divisionen. Man kann sich auf unsere Statistik verlassen, die sich auf Schritt und Tritt bestätigt; es ist nicht mal sicher, ob manche von uns Mitgerechnete wirklich fochten, denn nur I/III/64., II/III/24., I/III/75., I/II/76., III/90. verzeichnen Verluste, sehr möglich, daß die übrigen 6 Bataillone dieser Regimenter erst am 24. früh zur Stelle waren. I/52. verlor nur 70 Mann, auch I/III/12. viel weniger als das eine II/12., und die amtliche Schrift macht sehr zu Unrecht die 12 er zu den Helden des Tages, während nur der 6. Div. der Ruhm gehörte. Der Offiziersverlust blieb ganz normal, im Durchschnitt 1:20; so verloren 26., 93. und 153. zusammen 43 Offiz., 840 Mann, nur bei den 75 ern bluteten 378 bei nur 15 Offizieren. (Die 31 er bei Tirlemont verloren 2 Oberstleutnants, doch wenig Mannschaft; Ausnahmen bestätigen die Regel.)