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Achtzehntes Kapitel.

Severin hatte nie die kleinen gemütlichen Anhänglichkeiten an die Menschen und Umgebungen seiner Heimat in sich empfunden; er zeigte andern Morgens seiner Frau die Bömleswiese und den Busch, woraus er sich den Stechpalmenstock geschnitten, und gab den Begegnenden nur kurze Antworten. Die junge Frau entwarf schnell eine Skizze von dem Waldgrunde bei der Bömleswiese und nahm sich vor, dieselbe in den kommenden Tagen weiter auszuführen.

Wenn Severin mit seiner Frau durch das Dorf ging, liefen oft viele Kinder hinter ihm drein, andere stellten sich in Haufen zusammen, und wenn die beiden vorüber waren, riefen sie kecklich: Grüß' Gott! andere bildeten eine Kette, faßten sich an die Hand und rannten ihnen voraus mit jener eigenen barfüßigen Behendigkeit und warteten immer, bis sie in ihrer Nähe waren, um zu wiederholen. Agy wehrte ihrem Mann ab, der diese kindische Freudenbezeigung nicht dulden wollte.

Ein Zwischenfall, der selbst den Severin lächeln machte, ereignete sich mit der Tochter des Auerhahnwirts. In langen Kleidern und am Sonntag mit dem aufgespannten Sonnendach ging das Mädchen oft im Dorfe umher mit dem stolzen Selbstgefühle einer für diese Umgebung zu hoch gebildeten Seele. Der Gevatter Auerhahnwirt hatte seinen Paten gefragt, ob seine Frau französisch könne, und mit der bejahenden Antwort eilte er zu seinem Töchterchen und befahl ihm, sich an die Engländerin anzuschließen und dem Dorfe zu zeigen, was sie könne. Das Mädchen mochte endlich weinend gestehen, daß es ja noch gar keine Uebung habe, der Vater ließ nicht ab und sagte immer: »Dann üb' dich, jetzt hast du die beste Gelegenheit dazu. Du mußt, üb' dich jetzt.« Zur Verlegenheit aller zeigte sich aber, daß das Mädchen weder ein Wort französisch verstand noch sprechen konnte; der Revierförster fluchte über den Lehrer von Endringen, dem man noch jedesmal, wenn er Stunde gab, ein Glas Wein einschenkte, aber das half nichts mehr, und Brosi war nicht wenig stolz, als er eines ungeahnten Reichtums inne wurde: er kannte vom Elsaß her einige französische Brocken, und seine Söhnerin klatschte darüber vor Freude in die Hände.

Am Nachmittag war große Gasterei bei der Schwester Rösle, es wurde sehr satziger Kaffee aus kleinen Tassen getrunken und dazu »Sträuble« (Spritzkrapfen) gegessen; das Rösle, das von der Hitze und der Bereitung des Schmalzgebäckes glänzte, ließ sich nicht bewegen, mit an den Tisch zu seinen Gästen zu sitzen, es lief mit seiner ältesten Tochter immer ab und zu und bediente mit Kilians Frau die Eltern, den Bruder und die Schwägerin. Severin hatte sich bald entfernt, da er einen Bauriß zu vollenden habe, und bestimmte seine Frau, nur unter den Angehörigen zu verbleiben. Er verrechnete sich nicht. Agnes wagte es, wenn Severin nicht dabei war, ihr weniges Deutsch zum besten zu geben, und lernte noch manches dazu von den Eltern und der Schwägerin, und die Art, wie sie das bereits Gekannte aussprach und das Neuerlernte nachbuchstabierte und dabei so treuherzig vertrauend lächelte und alles nachmachte, erregte große Heiterkeit und oft lautes Lachen. Mit Beihilfe vieler Pantomimen erklärte ihr Brosi, sie sei ihm wie ein kleines liebes Kind, das erst sprechen lerne, und das sei ja die schönste Zeit der Kinder, das sei die Zeit der Apfelblüte. Das letzte verstand die junge Frau nicht, aber das erste begriff sie, und mit einer das tiefste Herz ansprechenden Innigkeit ahmte sie nun die Weise eines kleinen Kindes nach, so daß Brosi oft mit beiden Händen auf die Lederhosen schlug und hoch beteuerte:

»Sie ist mir tausendmal lieber als der Severin, das ist ja was Herziges, er ist sie gar nicht wert.«

Die Hühner Rösles waren auch zu Gaste in die Stube gekommen, man wollte sie schnell hinausscheuchen, aber Agy verstand ihre Bitte deutlich zu machen, daß man sie da ließe. Ihren Zusatz: daß dieses Gemeinleben der Menschen mit den Tieren sie freue, begriffen die Hörer nicht; aber Brosi hatte eine Ahnung davon, denn er sagte:

»Sie hat ein gutes Herz, sie ist auch gegen die Tiere gut. Der Severin muß doch das Herz auf dem rechten Fleck haben, daß er so ein Frauele genommen hat.«

Als sie ihm zuletzt noch den Rock auszog und teils mit Worten, teils mit Zeichen ihm sagte: es sei viel schöner, wenn er in Hemdärmeln sei, und er brauche sich vor ihr nicht einen Zwang anthun, da rief Brosi:

»Moni, wenn du nicht mit mir goldene Hochzeit machst, da geh' ich nach England und hol' mir auch so eine.« Er sprang in die Höhe, seine Hand, die sich wie Tannenrinde anfühlte, faßte die Hand der jungen Frau, und mit großer Beschwerde erklärte er ihr, daß sie auf seine goldene Hochzeit kommen und mit ihm tanzen müsse. Die junge Frau, die von dieser bevorstehenden Feier schon wußte, ahmte zur Bekundung ihres Verständnisses den Geistlichen und den Bräutigam und die Braut und die Musikanten nach. Brosi schnupfte nochmal so viel vor Freude, aber putzte sich die Hand schnell ab und faßte immer wieder die Hand seiner Söhnerin und sagte zu den Umstehenden:

»Das Händle ist wie lauter Seide und Baumwoll', o, wie muß das einen streicheln,« er führte sich die Hand über seine Backen und machte die Gebärden des höchsten Entzückens.

Am Abend konnte der Brosi seinem Severin gar nicht genug erzählen, welch eine liebe Frau er habe, und er schaute den Sohn viel freundlicher an. In ihrem Hause sang Brosi für seine Söhnerin, die um einen Sang gebeten hatte, mit seiner Frau, dem Rösle, der Schwiegertochter und dem Kaspar allerlei Lieder. Severin saß still dabei und spaltete den Mund nicht, die junge Frau aber versuchte mitzusingen, und Brosi nickte ihr ermunternd zu.

Als man endlich spät endigte, ging Agnes auf Brosi zu, legte die Hand auf dessen Schulter und sagte mit fremdelnder Betonung, aber ganz deutlich: »Mein Mann ischt koanr.«

»Es ist ein' Blitzhex,« rief Brosi und jauchzte hellauf: »Juhu,« daß die junge Frau doch zusammenschrak.

Am zweiten Tage ging es nach Endringen zur Gasterei, denn Kilians Frau wollte die Heimkunft ihres Mannes abwarten. Brosi und Moni fuhren zum erstenmal in ihrem Leben in einer Kutsche nach Endringen. Moni saß neben ihrer Söhnerin und Brosi ihr gegenüber. Brosi lüpfte gnädig den Hut vor allen Begegnenden, welche die Insassen auf diese Art begrüßten, und manche, die es vor Staunen vergaßen, lehrte er es durch zuvorkommenden Gruß.

Als man gegen das Haus des Petersepp kam, sagte Brosi: »Da drüben in den Garten hinein hab' ich immer ein netts Häusle gewünscht, das ist der höchste Wunsch gewesen, den ich in meinem ganzen Leben gehabt hab'.«

Das Auge Brosis leuchtete bei diesen Worten, und doch sprach Severin kein Wort und nickte nur still vor sich hin. Nur Agy sagte durch den Mund ihres Mannes, daß ihr Endringen noch besser gefiele als Haldenbrunn, und Brosi war darob überaus glücklich.

Beim Petersepp und der Mariann' war's nicht minder gastfreundlich als gestern beim Rösle. Alle Endringer, die kamen, ließ Brosi eine Prise nehmen und seine Spruchdose bewundern.

Solange der Severin da war, machte Agy viel weniger Späße und war stiller; aber auch heute ging Severin fort, und als man heimkehren wollte, mußte man ihn vom Bürgermeister, wie man im Badischen den Schultheiß nennt, holen.

Am dritten Tage ging Brosi an seine Arbeit, er sagte: er halte diese Gastereien nicht aus; er hatte einst den Ausspruch gethan, man könne nicht von der Freiheit essen, und jetzt sagte er: »Ich kann von der Freud' allein nicht leben.«

Agy vollendete ihre Zeichnung vom Bömlesgrund, und Brosi arbeitete unweit davon. Severin war allein nach Endringen gegangen.

In den folgenden Tagen vollführte Agy zum Staunen aller Haldenbrunner noch eine weitere Zeichnung; sie saß jenseits des Baches und nahm das elterliche Haus Severins auf. Das Haus mit dem Strohdache und den Pflanzen, die sich darauf festgewurzelt hatten, nahm sich auf dem Papiere sehr gut aus, und als Agy gegen Severin die Einfachheit und Ursprünglichkeit dieser Bauart lobte, war dieser strenger Fachmann genug, um ihr zu beweisen, daß in dieser Bauart gar kein Stil liege und gar keiner anzuwenden sei, es sei eben nichts als die rohe Notdürftigkeit. Agy biß bei dieser Darlegung auf ihren Bleistift; aber sie schaute bald wieder hell auf, sie kannte ihren Mann, bei dem die strenge rücksichtslose Wahrhaftigkeit alles beherrschte und der deshalb keinen liebgewordenen oder anmutenden Schein verschonte.

Von der kleinen, vor fünfzig Jahren aufgeführten Ufermauer sah man wenig mehr. Weiden und Erlen bedeckten das Ufer und bildeten einen ansprechenden Vordergrund mit dem Bachstege. An der Stelle des ehemaligen Zaunes von fuchsig gewordenen Tannenzweigen grünte ein lebendiger und kurz gehaltener Buchenhag.

Moni hatte trotz der Abwehr doch ihren Söhnen Kunde von der Ankunft des Bruders zukommen lassen, und diese hatten solche zu gleicher Zeit auch von andrer Seite erhalten; sie kamen nun auch schon am Samstag Morgen, und Severin schüttelte ihnen wacker die Hände und gab jedem einen silberbeschlagenen Ulmerkopf, die sie nur nach vieler Einsprache mit lautem Dank annahmen, denn sie hatten Größeres erwartet.

Mit Kilian, der ihm immer der Liebste gewesen war, hatte Severin viel zu geheimnissen, und man sah diesen oft zufrieden lächeln, während Kilian sich vor Lachen bog. Einmal indes hörte man Kilian auch rufen:

»Du wirst aber sehen, er thut's nicht. Denk' an mich. Es ist nur so geredt. Er kann's nicht, und wenn er auch möcht'.«

Severin winkte ihm hierauf mit Heftigkeit Schweigen zu.

Mit Franz verkehrte Severin nur sehr wenig.

»Hast dir ein' Saubere 'rausgelesen,« sagte Franz einmal zu seinem Bruder, mit seiner neuen Pfeife auf Agy deutend.

»Warum bist denn du noch ledig?«

»Weiß nicht, ich hab's versäumt, und jetzt ist's fast gar zu spät. Wenn du mir eine geschickte Witfrau wüßtest, ich ließ mich noch überreden. Aber ich denk' wohl, ich bleib' ledig. Wir haben so ein' große Familie, und es soll auch einmal was zu erben geben.«

Franz war eine zufriedene stille Natur, die sich mit Denken nicht viel zu plagen hatte. Dabei war er äußerst karg und hatte seine Hauptfreude an barem Gelde.

Am Sonntag Morgen saß alles schön geschmückt und zum Kirchgange bereit lange vor Beginn desselben im elterlichen Hause. Brosi schnitt von den Stockscherben, die ein unberührbares Heiligtum waren, die schönsten Nelken ab und schenkte sie seiner englischen Söhnerin. Es läutete zum erstenmal zur Kirche, und man wollte sich auf den Weg machen, um sich noch vorher gehörig bewundern und begaffen zu lassen. Brosi freute sich besonders darauf, seiner Söhnerin auch zu zeigen, daß er in der Gemeinderatsbank sitze; da sagte Severin:

»Meine Frau geht nicht mit uns.«

»Warum?«

»Sie ist evangelisch.«

Alles zuckte zusammen, und eine Weile war es so still in der Stube, daß man nichts hörte, als das Picken der Wanduhr und ein schnelles Atmen Brosis.

Endlich sagte er aufstehend und sich vor Frost die Hände reibend:

»Kommet in Gottes Namen. So gehen wir allein. Oder hast du auch deinen Glauben abthan?«

»Nein,« sagte Severin und ging mit dem Vater, der nach der Söhnerin, die er so sehr geliebt hatte, nicht mehr umschaute.

In das seligste Glück riß die Spaltung über Glaubensmeinungen, die der ganzen Menschheit schon so viel Unheil bereitet, einen tiefen Riß.

Brosi, der allen Menschen triumphierend ins Auge hatte sehen wollen, ging mit niedergeschlagenem Blick nach der Kirche. »Nicht katholisch und nicht einmal reich,« sprach es in ihm, und er zuckte zusammen.

In der Kirche sang er wiederum laut mit, als müßte er seinen eigenen Glauben doppelt festhalten und verkünden, dann saß er still niederschauend und drückte manchmal mit der Hand fest die Augen zu.

Er mußte aber doch eine Beruhigung gefunden haben, denn als er neben dem nachdenklichen Severin aus der Kirche ging, sagte er:

»Das hast nicht recht gemacht, du hättest nicht über den Sonntag bei uns bleiben sollen. Es hätten's nicht alle Leute zu wissen brauchen.«

Als er heimkam, sah er Agy aus einem schwarz eingebundenen Buche lesen, er schaute hinein und erblickte schöne heilige Bilder. Agy las nur noch wenige Zeilen, dann stand sie auf und machte eine tiefe Verbeugung. Brosi reichte ihr die Hand und fühlte den warmen Druck von der Hand seiner Söhnerin. Seine Finger waren kalt, und sie erwärmten sich.

In dieser stillen Handreichung lag in diesem Augenblicke eine Verständigung und ein Religionsfriede, der der ganzen Welt zu wünschen wäre.

Am Mittag nahm Brosi alle seine Kinder mit nach der Gipsmühle. Er stand einmal am Wege und ließ Kinder und Enkel an sich vorbeiziehen, um zu überschauen, wie reich sich sein Leben aufgezweigt hatte. Wie oft war er diesen Weg einsam gewandert. Auf den Wunsch Agys wurden helle Lieder angestimmt, die im Walde widerhallten. Noch fühlte Brosi eine leichte Bedrückung von dem überwundenen Schmerz, den er heute empfunden, und auch laut nun das letzte abschließend, sagte er:

»Es ist doch nur ein Gott, der die Sonne scheinen und die Bäume wachsen läßt, und er weiß doch, wie es gemeint ist, ob man so oder so zu ihm betet.«

Er sang dann so laut mit, daß seine Stimme alle übertönte.

Severin sah allein bis auf den Grund der mächtigen Bewegung, die in seinem Vater vorgegangen war; er freute sich dessen, aber ihm solches kundzugeben, fand er die rechten Worte nicht und hielt es schließlich auch nicht für nötig.

Der Gipsmüller, der krank in einem großen Armsessel saß, freute sich hoch über die Ankömmlinge. Severin und Agy mußten sich zu ihm setzen, daß er sie genau sehe, denn er litt auch an schwachen Augen.

Beim Gipsmüller traf man zufällig »die geschickte Witwe«, die sich Franz schon längst gewünscht, die ihm aber einen förmlichen Korb gegeben hatte. War es das eifrige Zureden des Gipsmüllers, oder war es die stolze Anwartschaft, einen Oberbaurat zum Schwager zu haben: die Witwe, die zwei Kinder hatte und ein schönes Vermögen besaß, gab ihr Jawort, und Franz wurde unversehens Bräutigam.

Brosi war darob glückselig, und er sagte einmal:

»Jetzt sind alle meine Kinder versorgt, mein Altbackener auch. Gott gibt mir recht, er zeigt mir's, daß ich die rechten Gedanken hab', sonst hätt' er mich heut das nicht erleben lassen.«

Es wurde ausgemacht, daß die Hochzeit des Franz an der Kirchweih sein solle, an welchem auch Brosi seinen goldenen Ehrentag feiern wollte. Dabei blieb er, wenn auch Moni noch schüchtern Einsprache that; er sagte stets, er habe es seiner englischen Söhnerin versprochen, und faßte oft deren Hand.

Als man gegen Abend heimkehrte, wartete man nicht erst die Aufforderung der Agy ab, und singend zog man in das elterliche Haus.

Im Auerhahn war heute große Versammlung, alles erwartete die Ankunft Severins, aber dieser sagte, daß er nicht hingehe, und wunderbarerweise – Brosi gab ihm recht und sagte, er bleibe auch daheim. Es schien indes nur wunderbar, es hatte alles seinen guten, wenn auch geheimen natürlichen Grund. Brosi wußte, daß die Menschen, immerdar neidisch auf ein unantastbares Glück, fast eine Genugtuung darin empfinden werden, daß der andere Glaube der Söhnerin einen Schatten darauf werfe; er wollte sie das in gemeinsamer Versammlung auskosten lassen und hoffte, daß sie dann damit fertig seien.

Mit den Seinen saß er in seiner Stube, schnupfte vergnüglich und plauderte allerlei; Severin erzählte viel von seinem Leben, und wie er so schnell zu der Berufung und der raschen Heirat gekommen sei, daß er nicht vorher schreiben gekonnt. Man holte den sehr steif gewordenen Ranzen, den Severin ehemals so trotzig zurückgelassen hatte, er bestimmte ihn jetzt für den ältesten Sohn seiner Schwester Rösle, der als Schuster in der Lehre stand und bald auf die Wanderschaft ziehen wollte. Der Franz, der später in den Familienrat nachgekommen war, wollte auch ein Wort dazu thun und sagte:

»Severin, du bist jetzt Oberbaurat, was kannst denn jetzt auch noch werden? Kannst auch noch höher 'nauf?«

»Freilich, ich kann Oberbaudirektor werden.«

»Und dann?«

»Weiter nichts mehr als – Engel,« antwortete Brosi. Ein schallendes Gelächter erfüllte die Stube, und Brosi lachte nochmals mit, als Severin seiner Frau alles verdolmetscht hatte und diese herzlich lachte.

Franz ließ sich aber nicht so bald von seinen Erforschungen abbringen, sie waren nicht bloß Neugier; er bat seinen Bruder, ihm auch eine feste Anstellung zu verschaffen, das Amt eines Weginspektors sei jetzt frei, und das könne er wohl versehen. Severin erklärte ihm, daß er keine Stellen zu vergeben habe, und auch Kilian fragte jetzt:

»Sollen wir denn bloß noch die alten Maurer sein, wenn du unser Oberbaurat bist?«

Severin erklärte, daß das nichts ändere, und wie das leicht geht: nach großer, anhaltender Freude thut sich plötzlich unversehens eine Verstimmung auf; so geschah es auch hier. Die Brüder fühlten sich zurückgesetzt; aber Brosi verstand es, ihnen die Sache deutlich zu machen, und schloß damit:

»Es bleibt ein jedes, was es ist. Im geraden Weg braucht eines das andere nicht, und im ungeraden wird euch der Severin schon beistehen. Haltet nur getreulich zusammen, wenn eure Eltern auch nimmer da sind.«

Diese Mahnung verfehlte ihre Wirkung nicht, und wenn auch nicht in heller Freude, so doch in stiller gesättigter Beruhigung ging man auseinander, zumal da Severin noch kurz versprach, stets der Seinigen eingedenk zu bleiben. Am andern Morgen, als Severin und Agy nach der Residenz abgereist waren, sagte Brosi immer:

»Ich weiß nicht, wie mir ist, mir fehlen die Kinder in allen Ecken, ich kann mir's gar nimmer denken, wie's einmal gewesen ist, wo wir noch gar nichts von ihnen gewußt haben.«

Jetzt, da Severin fort war, hatte Brosi im Gedanken an ihn fast noch mehr Freude von ihm, als während seiner Anwesenheit. Er gab Moni recht, als sie sagte:

»Er ist doch ein prächtiger Mensch, er redt nicht viel, aber jedes Wort von ihm ist wie ein Eid, da kann man Häuser drauf bauen.«


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