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(1872.)
Der Jugend steht die Zagheit schön! Sie mag
Erfahrnen Sinn durch kluges Schweigen ehren,
Die Kräfte, in ihr schlummernd, Tag für Tag
Erproben und im Born des Wissens klären
Und so geruhig warten ihrer Zeit
Und bis dahin sich reinen Sinn bewahren,
Die Zagheit steht der Jugend schön und feit
Vor raschem Thun und müßigem Beharren!
Doch müßte Jugend nimmer Jugend sein,
Nicht mehr auf ihren Wangen Rosen blühen,
Nicht mehr in ihrem Busen – klar und rein
Die Himmelslohe der Begeist'rung glühen,
Der Glaub' an alle Zukunft würde Lüge,
Die Hoffnung bessrer Zeit zu Grab gelegt,
Wenn nicht Ein Name zündend in sie schlüge,
Wenn Schillers Name nimmer sie bewegt'.
Als Schiller früh von dieses Lebens Bühne
Inmitten regen Schaffens mußte fliehen,
Da haben reuig diesem Weh zur Sühne
Die Götter ew'ge Jugend ihm verliehen,
Und keiner mag des Zaubers sich erwehren,
Der milde ihn, nach Götterschluß, umgibt.
Man mag die andern hohen Geister ehren –
Der ewig junge Schiller wird geliebt!
In hohen edlen Rhythmen ausgesprochen
Ergreift uns sein harmonisches Gestalten
Und dieser holde Bann wird nicht gebrochen
Von weißem Haar und tiefgefurchten Falten.
Gar rasch ist manches Wort ans Herz gedrungen
Und warm durchrieselt es das müde Blut
Und freundlich winkt aus den Erinnerungen
Noch einmal Jugendlust und Lebensmut.
Der Jugend pocht das Herz mit raschem Schlägen
Und seinem Urteil folgt sie unbedingt
Und bringt dem Meister volle Lieb' entgegen,
Der ihre Glut und ihre Weihe singt.
Es kann sie nimmer in dem Winkel leiden,
Nicht seitab kann sie seine Ehren schauen;
Sie muß heran, sie muß zum Werke schreiten,
An des geliebten Meisters Denkmal bauen.
Wir fanden sonst auf unsrer Wege Spur
Auf Brücken und in Nischen auf den Straßen
Die düstern Bilder derer, welche nur
Dem Himmel lebten und der Erd' vergaßen!
Sie missen nimmermehr uns fürzubitten,
Sie wissen uns kein Beispiel mehr zu geben.
Sie wissen es ja nicht, was wir gelitten,
Sie wissen es ja nicht, was wir erstreben.
Es hat der Mensch sich eitlen Sinns entschlagen,
Im eignen Herzen sucht er Fried' und Glück,
Und legt mit stillem heiligen Entsagen
Sein Hoffen in des Herren Hand zurück,
Nicht sucht die Jugend Himmel zu gewinnen,
Sie sucht kein Eden mehr, das sie verlor,
Es ringt zu reinerm sittlichem Beginnen
Die Menschheit sich aus eigner Kraft empor.
Das wird der Herr der Welten nicht vergessen,
In seinen Händen wuchert wohl das Pfand,
Auf Erden aber hat der Mensch indessen
Zu regem Schaffen seine freie Hand.
So wollen wir der Erd' Verächter strafen,
Und mögen blinkend Erz und rauher Stein
Aus ihrem tiefen Schoß die besten Waffen
Um ihre Sache zu verfechten sein!
Es mögen rings die Bilder derer schwinden,
Die diese Welt gezieh'n der Nichtigkeit,
Da in des Herzens innerstem Empfinden
Die Wahrheit lebte jetzt und alle Zeit.
Wir wollen unsern Helden Raum gewinnen
Und wo Asketen stehen an den Wegen,
Da trete auch ein Geisterkämpe ihnen
In Erz und Stein gewappnet stets entgegen.
Wir wollen auf die Ehrensäulen heben
Diejenen nur, in deren mächt'ge Hand
Allzeit der Menschheit Würde war gegeben
Und welche treu bewahret dieses Pfand.
Damit ihr Recht auch endlich jenen werde,
Die unsers Geistes, unsers Blutes Zeugen,
Die uns den Himmel wollten zu der Erde
Mit treuem starken Arm herniederbeugen!
Damit dir, Hoher, auch dein Recht geschehe,
An dessen Denkmal wir die Hand nun legen,
Und möge deines Bildes reine Nähe
Zu treuem Hort uns werden und zum Segen,
Vermahnend uns und kommende Geschlechte,
Ans Edle stets zu halten ohne Bangen,
Und treu in Kampf zu gehn für jene Rechte,
Die oben unzerbrechlich wie die Sterne hangen!
Das mahne dein Gedächtnis, großer Meister,
Auch uns durchglüh', was dir im Busen brennt:
Das walte du, du edelster der Geister,
Den diese Welt als Friedrich Schiller kennt!