Sagen aus Oberösterreich
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Die Grenzmar-Bäume

Daß diejenigen, die sich auf Erden ein Versäumnis oder eine Unbotmäßigkeit gegen Rechtlichkeit und Ehrenhaftigkeit zuschulden kommen lassen, auch im Tode keine Ruhe finden können, das zeigt auch eine Sage aus Bodendorf bei Kollerschlag.

Es ist noch gar nicht lange her, die älteren Leute erinnern sich noch recht gut an dies Geschehnis: An einem Grenzmar zwischen zwei Feldern standen große Bäume gerade so, daß die mächtigen Schatten auf des Nachbarn Grundstück fielen und so einen ganzen lieben Tag dessen Frucht immer und immer des so notwendigen Sonnenlichts beraubten. Der Ertrag ließ viel zu wünschen übrig, und so ging der Geschädigte eines Tages zu seinem Nachbarn, um ihn in Güte zum Fällen der Bäume zu bewegen. Er bot ihm eine Summe Geldes, wenn er die Bäume am Feldrain umschlage. Der ließ sich lange bitten, sagte dann aber doch zu und nahm auch eine größere Anzahlung an.

Nun schickte es sich so, daß der Bauer nie dazukam, die Bäume fällen zu lassen. Er nahm sich keine Mühe und so verging Jahr um Jahr, ohne daß er das Versprechen eingelöst hätte, behielt aber das Geld und hielt den Nachbarn immer wieder hin.

So geschah es, daß er in die Ewigkeit einging, ohne seine Schuldigkeit getan zu haben.

Kaum aber war er begraben worden, als des Nachts plötzlich die Dorfbewohner von einem lauten Sägen und Werken geweckt wurden, das vom Grenzmar herüberscholl. Und siehe:

Nacht für Nacht erschien um die Mitternachtsstunde die Gestalt des Dahingegangenen und es klang aus dem Feld wie das Schlagen von Bäumen. Und der Spuk dauerte solange, bis der Sohn die Schuldigkeit des toten Vaters einlöste und die schattenverbreitenden Bäume schlagen ließ. Da hat der Alte endlich seine Ruhe gefunden.

 


 


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