Sagen aus Niederösterreich
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Der Sägefeiler und der Teufel auf der Ruine Dürnstein

Es war zu der Zeit, da die Ritter abkamen und die Burgen langsam zerbröckelten. Auch das Schloß Dürnstein stand, von den Menschen verlassen, verfallen auf seiner Felsenzinne und blickte mit öden Fensterhöhlen traurig auf den Donaustrom zu seinen Füßen hinab. Des Nachts aber, so erzählten die Leute, wurde es lebendig hinter den rissigen Mauern, man glaubte, Getöse und Hundegebell zu vernehmen, und allerlei Geistererscheinungen, ja der Teufel selbst, sollen sich in der Burg gezeigt haben.

Da kam eines Abends ein wandernder Sägefeiler nach Dürnstein und wollte ein Nachtlager haben. Doch in keinem Wirtshaus war eine Unterkunft frei, und da der Mann ein wenig schäbig und abgerissen aussah, wie es sein Beruf mit sich brachte, fand er auch sonst nirgends Aufnahme. Schließlich riet ihm ein behäbiger Bürger, er möge doch in das verlassene Schloß hinaufgehen, dort gebe es Räume genug, vielleicht finde er sogar noch seidene Betten. Freilich sei es ein wenig gruselig oben, man höre von mancherlei nächtlichem Spuk, der im Schloß umgehen solle.

»Wenn's sonst nichts ist«, meinte der Sägefeiler, »so soll's mich nicht verdrießen«, schwang seinen Schraubstock auf die Schulter und stieg langsam zur Höhe empor, auf der die Burg stand. Unterwegs begegnete ihm ein alter Mann, der vom Berg herabkam und ihn fragte: »Wohin, guter Freund, so spät am Abend?«

»Ich muß ins Schloß hinauf übernachten, weil im Ort kein Platz für mich ist«, entgegnete der Sägefeiler.

»Da oben aber«, gab der Alte zur Antwort, »wirst du die ganze Nacht keine Ruhe finden, weil der Teufel im Schloß drinnen haust.«

Aber der Sägefeiler meinte gelassen: »Er wird mich nicht gleich fressen«, setzte getrost seinen Weg fort und fand richtig in der Burg eine gute Schlafstelle, wo er sich ausstrecken und müde, wie er war, sogleich in tiefen Schlaf sank. Um Mitternacht schreckte ihn ein grimmiges Hundegebell aus seiner Ruhe auf, ein Tosen und Lärmen begann und wurde immer ärger, daß er nicht mehr einschlafen konnte. So setzt er sich im Bett auf und fing zum Zeitvertreib an ein paar Nüsse aufzuknacken, die er in einer Tasche seiner Joppe bei sich trug.

Wie er im besten Aufbeißen war, stand auf einmal ein kohlrabenschwarzer Teufel vor ihm und schrie ihn grimmig an: »Du Lump, was treibst du denn da?«

»Nüsse essen«, meinte seelenruhig der Sägefeiler.

»Gib mir auch ein paar!« rief der Teufel und hielt die Hand hin.

Da griff der Mann in die andere Tasche und gab dem Höllensohn einige glatte Kieselsteine, die er auf dem Weg aufgelesen hatte. Gierig griff der Teufel zu und steckte gleich eines der runden Dinger ins Maul. Wie er aber so nach Herzenslust hineinbiß, da krachten seine Zähne, und Funken sprühten aus dem breiten Mund. Er konnte keinen Kern aus der vermeintlichen Nuß herausbringen.

»Zum Donner«, schrie er wütend, »was ist das nur, ich kann die Nuß nicht aufknacken. Wieso bringst du das zustande?«

»Ja«, lächelte der Mann und biß mit Leichtigkeit wieder eine Nuß auf, »weißt du, ich bin Zahnfeiler und habe meine Zähne so scharf gefeilt, daß es mir keine sonderliche Mühe macht, so eine Nuß aufzubeißen. Wenn du willst, kann ich dir deine Zähne auch ordentlich schärfen.«

Gleich riß der Teufel sein ungewaschenes Maul auf und hielt es dem anderen hin. »Nein, nein«, wehrte dieser ab, »So einfach geht das nicht. Da mußt du einen Kopf in den Schraubstock einspannen lassen, damit er fest hält und beim Feilen nicht hin und her wackelt.« Und der Teufel beugte schön brav seinen Schädel nach rückwärts und ließ ihn zwischen den Schraubstock einklemmen. Der Sägefeiler aber drehte rasch die Klammern zusammen, daß sie den Schädel des Teufels immer fester umfaßten und der Gottseibeiuns schrie: »Genug, genug, der Kopf ist schon fest eingespannt, er tut mir schon weh!« Aber der andere tat, als höre er nicht, drehte, daß sich der Teufel vor Schmerzen wand und winselnd jammerte: »Laß los, laß los, ich halte es nicht mehr aus!«

Jetzt brüllte ihn der Sagfeiler an: »So, jetzt habe ich dich fest, du vermaldeiter Höllenhund! Ich werde dir gegen, jahraus, jahrein die Leute zu erschrecken! Du kommst mir nicht früher los, als bis du feierlich versprichst, niemals wieder in das Schloß Dürnstein zu kommen.«

Was blieb dem Satan anderes übrig, wollte er aus der schrecklichen Umklammerung loskommen, als diese Versprechen zu geben! »Ich will gewiß nimmer herkommen und mich für immer ruhig verhalten«, winselte er kläglich. »Das ganze Dürnstein wird mich nie wieder sehen!«

Da schraubte der Sägefeiler seinen Schraubstock auf, und der Teufel fuhr schnell wie der Blitz heulend von dannen. Die Ruine Dürnstein sah ihn nimmermehr; dem Sägefeiler aber wollte er seine Übeltat heimzahlen.

Diesem gefiel es in Dürnstein; er blieb in der Stadt und brachte es in einigen Jahren so weit, daß er ein kleines Häuschen besaß, in dem eine hübsche junge Frau nach dem Rechten sah. Eines Sonntags ging das Ehepaar fröhlich und nichtsahnend im Wald spazieren. Da sprang plötzlich der Teufel aus einem Gebüsch hervor und schrie: »Warte, du Halunke, jetzt sollst du deinen Lohn bekommen!«

Aber unerschrocken rief der Sägefeiler: »Komm nur her, hier habe ich meinen Schraubstock; du willst ihn wohl wieder ein wenig verspüren?« Als der Satan vom Schraubstock hörte, bekam er's von neuem mit dem Schrecken zu tun. Mit eingeklemmten Schwanz raste er davon, daß die Funken stoben. Der Sägefeiler hatte von nun an Ruhe vor ihm.

 


 


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