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Die Baronin Trenck auf Schakaulak gab zu Ehren ihres Neffen, des österreichischen Baron Trenck, des Panduren, bevor dieser wegen seiner tollen Streiche von Kaiserin Maria Theresia auf dem Spielberg (in Brünn) eingekerkert wurde und bevor auch ihrem Sohn, dem preußischen Trenck, wegen ähnlicher Streiche auf der Sternschanze zu Magdeburg durch den alten König Fritz ein ähnliches Schicksal widerfuhr, ein großes Fest. Die Feste auf Schakaulak waren berühmt und berüchtigt zugleich, denn alles war toll, was mit dem Namen Trenck zusammenhing. Die Baronin bestand darauf, daß drei Tage und drei Nächte ununterbrochen gefeiert wurde, und es war dafür gesorgt, daß sich niemand heimlich auf »spanisch empfehlen« konnte. Ein Gast auf Schakaulak kam niemals vor drei Jahren wieder, so lange dauerte es nämlich, bis er den Schrecken eines so erbarmungslosen Festes verdaut hatte. Aus Anlaß der Begegnung der beiden Vettern ordnete die Baronin an, daß das Fest gar vier Tage dauern sollte, und das war einem der Geladenen doch zu viel, und ehe noch die Tore auf Schakaulak verriegelt waren, verschwand er mit der Verwünschung: »Wenn doch der Teufel die tolle Baronin holte.«
Und damit begann das Fest, die Verwünschung war in dem Wirbel und Trubel bei Wein und Tanz, bei Gesang und Gegröle bald vergessen. Einmal geht jedes Fest zu Ende und so auch dieses. Um Mitternacht des vierten Tages bat die Hausfrau zur Schlußpolonaise, und diese Aufforderung elektrisierte die Ermatteten. Alles strömte in den großen Saal, und die Baronin stellte sich, flankiert von Sohn und Neffen, unter allgemeinem Beifall an die Spitze der Paare. Noch fehlte für sie selbst ein Tänzer, und während sie überlegte, wem sie die Ehre geben sollte, dem Sohn oder Neffen oder irgendeinem dritten – denn ganz hinten im Saal erspähte sie einige adelige Herren, die Miene machten, sich vor der Schlußpolonaise zu drücken –, meldete ein Diener die Ankunft eines verspäteten Besuchers. Der Name einer bekannten ostpreußischen Gutsbesitzersfamilie, ging dem Livrierten genüßlich von der Zunge. Er bestellte der Hausherrin die Entschuldigung, die Einladung habe den gnädigst um Pardon bittenden Gast zu spät erreicht, weil er nämlich auf einem anderen Fest geweilt habe. Er wurde in Gnaden aufgenommen, und die Baronin erwählte ihn zu ihrem Tänzer. Ihre Bitte um Nachsicht, wenn ihr vielleicht etwas Müdigkeit anzumerken wäre, begegnete er mit der höflichen Antwort, auch er habe ein höllisches Fest hinter sich, und seine Augen brennen ihm ganz teuflisch vor Übernächtigkeit, und somit habe er der Baronin nichts voraus. Der Tanz begann, und trotz des mächtigen Gehüpfes fand der Gast immer wieder Gelegenheit seiner Partnerin etwas zuzuflüstern, und dieser fiel auf, daß dabei die Worte »höllisch heiß«, »teuflisch gute Stimmung«, »satanisches Vergnügen« und ähnliches mit Hölle und Beelzebub in Verbindung Stehendes wiederkehrte. Auf einmal spürte die Baronin wie eine riesige Hitze von dem Gast ausging, und kurz darauf stand er in hellen Flammen. Schwefelgestank um sich verbreitend, schritt die Fackelgestalt vor den schreiend zurückweichenden Tänzern zur Wand, auf die sie mit harter Faust pochte. Sofort klaffte ein Loch auf, durch das der Bube flammenzischend entschwand.
Die rechte Hand der Baronin Trenck, die sie dem Beelzebub zum Tanz gereicht hatte, war rußgeschwärzt, desgleichen die ganze rechte Seite ihres Körpers. Die Schwärze ließ sich nie mehr wieder abwaschen, die Baronin sah man fortan deshalb nur noch in hochgeschlossenem Kleid und mit Handschuhen. Aber das konnte ihre gute Laune nicht verderben, sie pflegte sich von da ab nur mehr »als teuflisch gut gelaunt« zu bezeichnen.