Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Liebeslieder
Ach, wenn's nur der König auch wüßt',
Wie wacker mein Schätzelein ist!
Für den König da ließ' er sein Blut,
Für mich aber eben so gut.
Mein Schatz hat kein Band und kein' Stern,
Kein Kreuz wie die vornehmen Herrn,
Mein Schatz wird auch kein General;
Hätt' er nur seinen Abschied einmal.
Es scheinen drei Sterne so hell
Dort über Marien-Kapell';
Da knüpft uns ein rosenrot Band,
Und ein Hauskreuz ist auch bei der Hand.
ward geboren am 8. September 1804 in Ludwigsburg als Sohn eines vielbeschäftigten Arztes. Als der Vater 1817 an den Folgen eines Schlaganfalles starb, ließ er seine Witwe mit sieben Kindern in sehr bedrängten Verhältnissen zurück. Die Kinder wurden bei Verwandten untergebracht, und kam der junge Mörike in das Haus seines Oheims. Zum Theologen bestimmt, trat er 1818 in das Uracher Seminar. Bestand 1826 die theologische Prüfung, und nun begann eine langjährige Vikariatszeit, die ihn an diverse Orte führte. Wurde 1834 zum Pfarrer von Cleversulzbach ernannt, und verlebte hier mit seiner Mutter und der Schwester Klärchen eine glückliche Zeit. Da seine Gesundheit infolge seiner unsteten Verhältnisse erschüttert war, ließ er sich 1843 pensionieren. Siedelte hierauf nach Mergentheim über, wo er seine spätere Frau kennen lernte. Als Lehrer für Literaturgeschichte nach Stuttgart berufen, heiratete er 1851, jedoch wurde die Ehe nicht glücklich. 1873 verließ seine Frau mit einer der Töchter sein Haus. Dies trübte die letzten Jahre des Dichters sehr und kam eine Aussöhnung erst kurz vor seinem Tode zustande. Er starb am 4. Juni 1875.
So ist die Lieb'! So ist die Lieb'!
Mit Küssen nicht zu stillen;
Wer ist der Tor und will ein Sieb
Mit eitel Wasser füllen?
Und schöpfst du an die tausend Jahr'
Und küssest ewig, ewig gar,
Du tust ihr nie zu Willen.
Die Lieb', die Lieb' hat alle Stund'
Neu wunderlich Gelüsten;
Wir bissen uns die Lippen wund,
Da wir uns heute küßten.
Das Mädchen hielt in guter Ruh',
Wie's Lämmlein unterm Messer;
Ihr Auge bat: »Nur immer zu!
Je weher, desto besser!«
So ist die Lieb! und war auch so,
Wie lang' es Liebe gibt,
Und anders war Herr Salomo,
Der Weise, nicht verliebt.
Auf ihrem Leibrößlein,
So weiß wie der Schnee,
Die schönste Prinzessin
Reit't durch die Allee.
Der Weg, den das Rößlein
Hintanzet so hold,
Der Sand, den ich streute,
Er blinket wie Gold.
Du rosenfarbs Hütlein,
Wohl auf und wohl ab,
O wirf eine Feder
Verstohlen herab!
Und willst du dagegen
Eine Blüte von mir,
Nimm tausend für
eine,
Nimm alle dafür!
Früh, wann die Hähne krähn,
Eh' die Sternlein verschwinden,
Muß ich am Herde stehn,
Muß Feuer zünden.
Schön ist der Flammen Schein,
Es springen die Funken;
Ich schaue so drein,
In Leid versunken.
Plötzlich, da kommt es mir,
Treuloser Knabe,
Daß ich die Nacht von dir
Geträumet habe.
Träne auf Träne dann
Stürzet hernieder;
So kommt der Tag heran –
O 'ging' er wieder!
Rosenzeit! wie schnell vorbei,
Schnell vorbei
Bist du doch gegangen!
Wär mein Lieb nur blieben treu,
Blieben treu,
Sollte mir nicht bangen.
Um die Ernte wohlgemut,
Wohlgemut
Schnitterinnen singen.
Aber ach! mir krankem Blut,
Mir krankem Blut
Will nichts mehr gelingen.
Schleiche so durchs Wiesental,
So durchs Tal,
Als im Traum verloren,
Nach dem Berg, da tausendmal,
Tausendmal
Er mir Treu' geschworen.
Oben auf des Hügels Rand,
Abgewandt,
Wein' ich bei der Linde;
An dem Hut mein Rosenband,
Von seiner Hand,
Spielet in dem Winde.
Bei Nacht im Dorf der Wächter rief:
»Elfe!«
Ein ganz kleines Elfchen im Walde schlief –
Wohl um die Elfe! –
Und meint, es rief ihm aus dem Tal
Bei seinem Namen die Nachtigall,
Oder Silpelit hätt' ihm gerufen.
Reibt sich der Elf die Augen aus,
Begibt sich vor sein Schneckenhaus
Und ist als wie ein trunken Mann,
Sein Schläflein war nicht voll getan,
Und humpelt also tippe tapp
Durchs Haselholz ins Tal hinab,
Schlupft an der Mauer hin so dicht,
Da sitzt der Glühwurm, Licht an Licht.
»Was sind das helle Fensterlein?
Da drin wird eine Hochzeit sein:
Die Kleinen sitzen beim Mahle
Und treiben's in dem Saale;
Da guck' ich wohl ein wenig 'nein!«
– Pfui, stößt den Kopf an harten Stein!
Elfe, gelt, du hast genug?
Guckuck! Guckuck!
Wir Schwestern zwei, wir schönen,
So gleich von Angesicht,
So gleicht kein Ei dem andern,
Kein Stern dem andern nicht.
Wir Schwestern zwei, wir schönen,
Wir haben lichtbraune Haar',
Und flichst du sie in
einen Zopf,
Man kennt sie nicht fürwahr.
Wir Schwestern zwei, wir schönen,
Wir tragen gleich Gewand,
Spazieren auf dem Wiesenplan
Und singen Hand in Hand.
Wir Schwestern zwei, wir schönen,
Wir spinnen in die Wett',
Wir sitzen an
einer Kunkel
Und schlafen in
einem Bett.
O Schwestern zwei, ihr schönen,
Wie hat sich das Blättchen gewend't!
Ihr liebet einerlei Liebchen –
Und jetzt hat das Liedel ein End'.
Ach, wenn's nur der König auch wüßt',
Wie wacker mein Schätzelein ist!
Für den König da ließ er sein Blut,
Für mich aber ebensogut.
Mein Schatz hat kein Band und kein' Stern,
Kein Kreuz wie die vornehmen Herrn,
Mein Schatz wird auch kein General;
Hätt' er nur seinen Abschied einmal!
Es scheinen drei Sterne so hell
Dort über Marien-Kapell';
Da knüpft uns ein rosenrot Band,
Und ein Hauskreuz ist auch bei der Hand.
Aninka tanzte
Vor uns im Grase
Die raschen Weisen.
Wie schön war sie!
Mit den gesenkten,
Bescheidnen Augen
Das stille Mädchen –
Mich macht' es toll!
Da sprang ein Knöpfchen
Ihr von der Jacke,
Ein goldnes Knöpfchen,
Ich fing es auf –
Und dachte wunder
Was mir's bedeute,
Doch hämisch lächelt'
Jegor dazu,
Als wollt' er sagen:
Mein ist das Jäckchen
Und was es decket,
Mein ist das Mädchen
Und dein – der Knopf!
Hat der Dichter im Geist ein köstliches Liedchen empfangen,
Ruht und rastet er nicht, bis es vollendet ihn grüßt.
Neulich, so sah ich, o Schönste, dich erstmals flüchtig am Fenster,
Und ich brannte: nun liegst heute du schon mir im Arm!
In aller Früh', ach, lang' vor Tag,
Weckt mich mein Herz, an dich zu denken,
Da doch gesunde Jugend schlafen mag.
Hell ist mein Aug' um Mitternacht,
Heller als frühe Morgenglocken:
Wann hätt'st du je am Tage mein gedacht?
Wär' ich ein Fischer, stünd' ich auf,
Trüge mein Netz hinab zum Flusse,
Trüg' herzlich froh die Fische zum Verkauf.
In der Mühle, bei Licht, der Müllerknecht
Tummelt sich, alle Gänge klappern;
So rüstig Treiben wär' mir eben recht!
Weh, aber ich! o armer Tropf!
Muß auf dem Lager mich müßig grämen,
Ein ungeberdig Mutterkind im Kopf.
Wenn Dichter oft in warmen Phantasien
Von Liebesglück und schmerzlichen Vergnügen
Sich oder uns, nach ihrer Art, belügen,
So sei dies Spielwerk ihnen gern verziehen.
Mir aber hat ein güt'ger Gott verliehen,
Den Himmel, den sie träumen, zu durchfliegen,
Ich sah die Anmut mir im Arm sich schmiegen,
Der Unschuld Blick von raschem Feuer glühen.
Auch ich trug einst der Liebe Müh' und Lasten,
Verschmähte nicht den herben Kelch zu trinken,
Damit ich seine Lust nun ganz empfinde.
Und dennoch gleich' ich jenen Erzphantasten:
Mir will mein Glück so unermeßlich dünken,
Daß ich mir oft im wachen Traum verschwinde.
Ein Schifflein auf der Donau schwamm,
Drin saßen Braut und Bräutigam,
Er hüben und sie drüben.
Sie sprach: »Herzliebster, sage mir,
Zum Angebind', was geb' ich dir?«
Sie streift zurück ihr Ärmelein,
Sie greift ins Wasser frisch hinein.
Der Knabe, der tat gleich also
Und scherzt mit ihr und lacht so froh.
»Ach, schöne Frau Done, geb' sie mir
Für meinen Schatz eine hübsche Zier!«
Sie zog heraus ein schönes Schwert;
Der Knab' hätt' lang' so eins begehrt.
Der Knab', was hält er in der Hand?
Milchweiß ein köstlich Perlenband.
Er legt's ihr um ihr schwarzes Haar,
Sie sah wie eine Fürstin gar.
»Ach, schöne Frau Done, geb' Sie mir
Für meinen Schatz eine hübsche Zier!«
Sie langt hinein zum andernmal,
Faßt einen Helm von lichtem Stahl.
Der Knab' vor Freud' entsetzt sich schier,
Fischt ihr einen goldnen Kamm dafür.
Zum dritten sie ins Wasser griff:
Ach weh! da fällt sie aus dem Schiff.
Er springt ihr nach, er faßt sie keck,
Frau Done reißt sie beide weg:
Frau Done hat ihr Schmuck gereut,
Das büßt der Jüngling und die Maid.
Das Schifflein leer hinunterwallt;
Die Sonne sinkt hinter die Berge bald.
Und als der Mond am Himmel stand,
Die Liebchen schwimmen tot ans Land,
Er hüben und sie drüben.
Wildes Mädchen! schau mir doch
Einmal recht ins Auge!
Ob so gar nichts dir darin
Nur ein wenig tauge?
Zwar dein liebes Bild hast du
Öfters drin gesehen,
Freutest auch des Spiegels dich,
Läßt ihn wieder stehen.
Doch so mußt du mehr und mehr
Dir darin gefallen,
Und am Ende bleibt er dir
Lieb und wert vor allen.
Bist du, goldner Frühling,
Wieder auf dem Wege,
Wirst du wieder rege,
Warme Lebensluft?
Daß du, holder Knabe,
Vor der Türe stehest,
Linde mich umwehest,
Spür ich lange schon.
Willst du erst mich necken,
Dann mit schnellen Schwingen
Mir entgegenspringen,
Wie der Braut in Arm?
Deine grüne Jacke
Sah ich lange blitzen,
Und aus allen Ritzen
Flimmert sie hervor.
Nur den alten Winter
Laß sich nimmer regen!
Laß dich nimmer legen
In das Leichentuch!
Sonst folg' ich dem Sieger
Fort in alle Weite,
Und im Flockenkleide
Kehr' ich nur zurück,
Daß du beim Erwachen
Kalt und starr mich findest
Und beinah erblindest
Vor dem Flockenmann!
Magst mit Rosen schmeicheln
Und mit Blumenschmelze, –
Ei, am weißen Pelze
Steht die Blüte wohl!
Glaubst mich zu erwärmen,
Mir das Kleid zu rauben? –
Wollt's ja gern erlauben, –
Ach, so komme nur!
In dieser Winterfrühe
Wie ist mir doch zumut!
O Morgenrot, ich glühe
Von deinem Jugendblut.
Es glüht der alte Felsen
Und Wald und Burg zumal,
Berauschte Nebel wälzen
Sich jäh hinab das Tal.
Mit tatenfroher Eile
Erhebt sich Geist und Sinn,
Und flügelt goldne Pfeile
Durch alle Ferne hin.
Auf Zinnen möcht' ich springen
In alter Fürsten Schloß,
Möcht' hohe Lieder singen,
Mich schwingen auf das Roß!
Und stolzen Siegeswagen
Stürzt' ich mich brausend nach!
Die Harfe wird zerschlagen,
Die nur von Liebe sprach.
– Wie! schwärmst du so vermessen,
Herz, hast du nicht bedacht,
Hast du mit eins vergessen,
Was dich so trunken macht?
Ach wohl! was aus mir singet,
Ist nur der Liebe Glück,
Die wirren Töne schlinget
Sie sanft in sich zurück.
Was hilft, was hilft mein Sehnen?
Geliebte, wärst du hier!
In tausend Freudentränen
Verging' die Erde mir.
»Lebe wohl!« – Du fühltest nicht,
Was es heißt, dies Wort der Schmerzen:
Mit getrostem Angesicht
Sagtest du's und leichtem Herzen.
Lebe wohl! Ach, tausendmal
Hab' ich mir es vorgesprochen,
Und in nimmersatter Qual
Mir das Herz damit gebrochen.
Fragst du mich, woher die bange
Liebe mir zum Herzen kam,
Und warum ich ihr nicht lange
Schon den bittern Stachel nahm?
Sprich, warum mit Geisterschnelle
Wohl der Wind die Flügel rührt,
Und woher die süße Quelle
Die verborgnen Wasser führt?
Banne du auf seiner Fährte
Mir den Wind im vollen Lauf!
Halte mit der Zaubergerte
Du die süßen Quellen auf!
Herz! und weißt du selber denn zu sagen,
Was dich drückt und quält?
Oder kann man so um nichts verzagen?
Herz, ich habe schwer an dir zu tragen,
Schwer!
Daß ich mit dir im Grabe wär'!
Die Geschwister kommen mich zu fragen,
Was mir immer fehlt?
O ich darf nicht wagen,
Die verweinten Augen aufzuschlagen,
Wenn ich denke, was du mir verhehlt'!
Herz, ich habe schwer an dir zu tragen,
Schwer!
Daß ich im Grabe wär'!