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Gottfried August Bürger

Liebeslieder

Liebeszauber.

Mädel, schau mir ins Gesicht!
Schelmenauge, blinzle nicht!
Mädel, merke, was ich sage!
Gib mir Rede, wenn ich frage!
Holla hoch, mir ins Gesicht!
Schelmenauge, blinzle nicht!

Bist nicht häßlich, das ist wahr;
Äuglein hast du, blau und klar;
Wang' und Mund sind süße Feigen;
Ach, vom Busen laß mich schweigen!
Reizend, Liebchen, das ist wahr,
Reizend bist du offenbar.

Gottfried August Bürger

im Dorfe Mollmerswende bei Harzgerode am 31. Dezember 1747 als Sohn eines Pfarrers geboren, kam 1759 zu seinem Großvater nach Aschersleben und besuchte dort die Stadtschule. Besuchte 1764 die Universität Halle, um nach des Großvaters Willen Theologie zu studieren. Sein freier Lebenswandel, sowie auch seine philologischen Interessen paßten nicht zu seinem künftigen Beruf, weshalb ihn sein Großvater nach Göttingen schickte, um sich dem Studium der Rechte zu widmen. Als er infolge seines leichtsinnigen Lebenswandels wieder in Schulden geriet, verweigerte sein Großvater ihm jegliche Unterstützung und er litt wirkliche Not. Nach mancherlei Brotarbeit gelang es ihm 1772 als Gerichtshalter angestellt zu werden, und siedelte nach Gelliehausen über, um sein Amt anzutreten. War hier dichterisch sehr fruchtbar, vor allem entstand hier sein bekanntestes Gedicht, die »Lenore«. Verheiratete sich 1774 und nahm später auch seine jüngere Schwägerin Gustchen ins Haus. Als seine Frau erkrankte, erwachte eine leidenschaftliche Liebe zu Gustchen, welche auch von ihr erwidert wurde. 1778 erschien die erste Ausgabe seiner Gedichte. Die Redaktion des Göttinger Musenalmanachs übernahm er 1779. Mußte 1784 wegen Vernachlässigung seines Amtes seinen Abschied nehmen. Während er sich um ein Lehramt bemühte, starb seine Frau. Siedelte später nach Göttingen über und heiratete dort seine Schwägerin Auguste, welche im Januar 1786 ihm schon durch den Tod entrissen wurde. Als seine Dichtkunst fast erloschen, regte ihn der junge August Schlegel wieder an, und brachte seine Produktion wieder in Fluß. Seine dritte Ehe mit einer Schwäbin wurde geschieden. In den letzten Jahren seines Lebens hatte er mit Nahrungssorgen zu kämpfen. Er starb am 8. Juni 1794.

Lust am Liebchen

Wie selig, wer sein Liebchen hat,
Wie selig lebt der Mann!
In Friedrichs oder Ludwigs Stadt
Ist keiner besser dran.

Er achtet's nicht, was Hof und Stadt
Dafür ihm bieten kann;
Und wenn er keinen Kreuzer hat,
Dünkt er sich Krösus dann.

Die Welt mag laufen oder stehn,
Mag rollen um und um;
Und alles auf dem Kopfe gehn!
Was kümmert er sich drum?

Hui! ist sein Wort zu Strom und Wind,
Wer macht aus euch sich was?
Nichts mehr als wehen kann der Wind,
Und Regen macht nur naß.

Gram, Sorg' und Grille sind ihm Spott;
Er fühlt sich frei und froh;
Und kräht vergnügt in seinem Gott,
In dulci Jubilo.

Durch seine Adern kreiset frisch
Und ungehemmt sein Blut.
Gesunder ist er wie ein Fisch
In seiner klaren Flut.

Ihm schmeckt sein Mahl; er schlummert süß
Bei federleichtem Sinn,
Und träumt sich in ein Paradies
Mit seiner Eva hin.

In Götterfreuden schwimmt der Mann,
Die kein Gedanke mißt,
Der singen oder sagen kann,
Daß ihn sein Liebchen küßt.

     Doch ach! was sing' ich in den Wind
Und habe selber keins?
O Evchen, Evchen, komm geschwind,
O komm und werde meins!

Gegenliebe

     Wenn ich wüßte, daß du mich
Lieb und wert ein bißchen hieltest
Und von dem, was ich für dich,
Nur ein Hundertteilchen fühltest;

     Wenn dein Denken meinem Gruß
Halbeswegs entgegenkäme,
Wenn dein Mund den Wechselkuß
Gerne gäb' und wiedernähme;

     Himmel! Himmel! außer sich
Würde ganz mein Herz zerlodern!
Leib und Leben könnt' ich dich
Nicht vergebens lassen fodern!

     Gegengunst erhöhet Gunst,
Liebe nähret Gegenliebe
Und entflammt zu Feuersbrunst,
Was ein Aschenfünkchen bliebe.

Die beiden Liebenden

     Ein andrer werb' um Ehr' und Gold!
Ich werb' um Wollust bei Selinden.
Mich kann nur süßer Minnesold
An allgetreue Dienste binden.
Das Glück läßt manchen Ehrenmann
In seinem Dienst umsonst verderben.
Allein bei trauter Minne kann
Der Hirt auch sichern Sold erwerben.

     Ich bin kein großer, reicher Herr,
Und sie ist keine hohe Dame.
Dagegen klingt viel reizender
Ein kurzer schäferlicher Name.
Dagegen herzen wir uns frei,
Sind sicher vor Verrätertücken,
Auch schielet keine Spötterei,
Wann wir uns Knie und Hände drücken.

     Der Prunk der hochstaffierten Kunst,
Selbst die Natur im Feierkleide,
Erbuhlen selten meine Gunst;
Denn sie beschämt an Reizen beide.
Das tausendstimmige Konzert
Der Lerchen und der Nachtigallen
Ist mir kaum halb so lieb und wert,
Wann ihre Solotriller schallen.

     Im Denken ist sie Pallas ganz
Und Juno ganz am edlen Gange,
Terpsichore beim Freudentanz,
Euterpe neidet sie im Sange;
Ihr weicht Aglaja, wann sie lacht,
Melpomene bei sanfter Klage,
Die Wollust ist sie in der Nacht,
Die holde Sittsamkeit bei Tage.

     Des Morgens, welch ein Malerbild!
Wallt sie hervor in lichtem Kleide,
Noch ungeschnürt und halb verhüllt
Nur in ein Mäntelchen von Seide.
Entringelt auf die Schulter sinkt
Die Hälfte goldner Locken nieder.
Wie dann ihr rasches Auge blinkt,
So blinkt das Licht aus Quellen wieder.

     Natur und Einfalt helfen ihr
An ihrem kleinen Morgentischchen.
Des Busens und des Hauptes Zier
Sind Ros' und Myrt' in einem Büschchen.
Zu ihren Wangen wurde nie
Ein Pinsel in Karmin getauchet;
Und doch wie Rosen blühen sie,
Von Frühlingsodem aufgehauchet.

     Wann sie an ihrem Tischchen sitzt,
So werd' ich scherzend hingewinket:
»Komm', schmücke selbst dein Mädchen itzt,
Wie deiner Laun' am besten dünket!«
Und mich beflügelt ihr Gebot,
Sie unvermutet zu umfangen.
Dann schminkt mit hohem Morgenrot
Mein Kuß die jugendlichen Wangen.

     Ihr Haar im Nacken reizet mich
Zu hundert kleinen Torenspielen.
Fast nimmer müde läßt es sich
In diesen seidnen Locken wühlen.
Sie äugelt nach dem Spiegel hin,
Und lauschet meinen Neckereien,
Sie schilt, daß ich ein Tändler bin,
Und freut sich doch der Tändeleien.

     Drauf leg' ich ihr die Schnürbrust an.
Vor Wonne beben mir die Hände.
Das Band zerreißt, so oft es kann,
Damit die Arbeit später ende.
Wie flink bin ich nicht stets bereit,
So liebe Dienste zu verrichten!
Doch flinker noch zur Abendzeit,
Das Werk des Morgens zu zernichten.

     Nun schlinget meine kühne Hand –
O Liebe, Liebe, welche Gnade! –
Ein sanftgeflammtes Rosenband
Ihr zierlich zwischen Knie und Wade.
Wie mir das Blut zu Herzen stürzt!
Nicht schöner wies sie Atalante,
Da sie ums Jawort, hochgeschürzt,
Mit ihren Freiern wetterannte.

     Nun schwebt die Grazie vor mir,
Schlägt mit den Silberfüßchen Triller
Und tanzet hin an das Klavier
Und singt ein Lied nach Weis' von Miller.
Mit welcher Wollustfülle schwellt
Mein Herz der Zauber ihrer Kehle!
Hinweg aus aller Gotteswelt
Gen Himmel singt sie meine Seele.

     Der Morgen eilt, man weiß nicht wie.
Zur Mahlzeit ruft die Küchenschelle.
Ihr gegenüber Knie an Knie
Und Fuß an Fuß ist meine Stelle.
Hier treiben wir's wie froh und frei!
Uns fesselt kein verwünschter Dritter.
Die beste Fürstenschmauserei
Ist gegen solch ein Schmäuschen bitter.

     Selinde schenkt mir Nektar ein,
Erst aber muß sie selber nippen.
Hierauf kredenzet sie den Wein
Mit ihren süßen Purpurlippen.
Der Pfirsich, dessen zarten Flaum
Ihr reiner Perlenzahn verwundet,
Wie lüstern macht er Zung' und Gaum!
Wie süß mir dieser Pfirsich mundet!

     Nach Tische läßt auf ihrer Brust
Mein hingesunknes Haupt sich wiegen.
Von Wein berauschet und von Lust
Will schier die Sprache mir versiegen.
Ein volles Herz gibt wenig Klang;
Das leere klingt aus allen Tönen.
Sie fühlet dennoch seinen Drang;
Und ach! versteht sein stummes Sehnen.

     Jetzt wird Selinden bang ums Herz.
Ein Mädchen ist ein banges Wesen.
Sie reichet mir aus losem Scherz
Verwirrten Zwirn, ihn aufzulösen.
Zwar findet sie mich ungeschickt,
Doch sucht sie mich nur hinzuleiern.
O List! Indem sie her sich bückt,
Muß sich ihr Busen selbst entschleiern.

     Ein schlauer Blick wird hingesandt;
Allein der Dieb läßt sich betreten.
Ein Streich von ihrer weichen Hand
Rächt auf der Stell' ihr Schamerröten.
Dann rückt sie weg und spricht nicht mehr;
Bedeckt ihr Auge; macht die Blinde;
Lauscht aber durch die Finger her,
Ob ich die Kränkung wohl empfinde.

     Dann spiel' ich einen Augenblick,
Doch nur verstellt, den Tiefbetrübten;
Und sie, o Wonne! springt zurück,
Versöhnt sich mit dem Vielgeliebten,
Umhalset ihn, weiß nicht genug
Mit süßen Namen ihn zu nennen,
Und Mund und Wange, die sie schlug,
Fühlt er von tausend Küssen brennen.

     Wohl hundert Launen kraus und hold
Umflattern täglich meine Traute.
Bald singt und lacht, bald weint und schmollt,
Bald klimpert sie auf ihrer Laute,
Tanzt hin und wieder blitzgeschwind,
Bringt bald ein Büchelchen, bald Karten,
Bald streut sie alles in den Wind
Und eilt hinunter in den Garten.

     Ich hinterher, ereile sie
In einer sichern stillen Grotte.
Freund Amor treibt, sie weiß nicht wie,
Sie tief ins Dunkel. Dank dem Gotte!
Sie bebt, von meinem Arm umstrickt.
Mein Kuß erstickt ihr letztes Lallen.
Sie sinkt. Ich halte sie entzückt,
Und – halt! – und lasse sie nicht fallen.

Die Weiber von Weinsberg

     Wer sagt mir an, wo Weinsberg liegt?
Soll sein ein wackres Städtchen;
Soll haben, fromm und klug gewiegt,
Viel Weiberchen und Mädchen.
Kömmt mir einmal das Freien ein,
So werd' ich eins aus Weinsberg frein.

     Einsmals der Kaiser Konrad war
Dem guten Städtlein böse
Und rückt' heran mit Kriegesschar
Und Reisigengetöse;
Umlagert' es mit Roß und Mann
Und schoß und rannte drauf und dran.

     Und als das Städtlein widerstand
Trutz allen seinen Nöten,
Da hieß er, hoch von Grimm entbrannt,
Den Herold 'nein trompeten:
»Ihr Schurken! komm' ich 'nein, so wißt,
Soll hängen, was die Wand bepißt.«

     Drob, als er den Avis also
Hinein trompeten lassen,
Gab's euch ein Zetermordio
Zu Haus und auf den Gassen.
Das Brot war teuer in der Stadt,
Doch teurer noch war guter Rat.

     »O weh mir armen Korydon!
O weh mir!« – Die Pastores
Schrien: »Kyrie Eleison!
Wir gehn, wir gehn kapores!
O weh mir armen Korydon!
Es juckt mir an der Kehle schon.« –

     Doch wenn's Matthä am letzten ist
Trotz Raten, Tun und Beten,
So rettet oft noch Weiberlist
Aus Ängsten und aus Nöten.
Denn Pfaffentrug und Weiberlist
Gehn über alles, wie ihr wißt.

     Ein junges Weibchen lobesan,
Seit gestern erst getrauet,
Gab einen klugen Einfall an,
Der alles Volk erbauet,
Den ihr, sofern ihr anders wollt,
Belachen und beklatschen sollt.

     Zur Zeit der stillen Mitternacht
Die schönste Ambassade
Von Weibern sich ins Lager macht
Und bettelt dort um Gnade.
Sie bettelt sanft, sie bettelt süß,
Erhält doch aber nichts als dies:

     »Die Weiber sollten Abzug han
Mit ihren besten Schätzen,
Was übrig bliebe, wollte man
Zerhauen und zerfetzen.«
Mit der Kapitulation
Schlich die Gesandtschaft trüb' davon.

     Drauf, als der Morgen bricht hervor,
Gebt Achtung! Was geschiehet?
Es öffnet sich das nächste Tor,
Und jedes Weibchen ziehet
Mit ihrem Männchen schwer im Sack
So wahr ich lebe! huckepack.

     Manch Hofschranz suchte zwar sofort
Das Kniffchen zu vereiteln;
Doch Konrad sprach: »Ein Kaiserwort
Soll man nicht drehn noch deuteln!
Ha, bravo,« rief er, »bravo so!
Meint' unsre Frau es auch nur so!«

     Er gab Pardon und ein Bankett,
Den Weibern zu gefallen.
Da ward gegeigt, da ward trompet't
Und durchgetanzt mit allen,
Wie mit der Bürgermeisterin
So mit der Besenbinderin. –

     Ei! sagt mir doch, wo Weinsberg liegt?
Ist gar ein wackres Städtchen,
Hat, treu und fromm und klug gewiegt,
Viel Weiberchen und Mädchen.
Ich muß, kömmt mir das Freien ein,
Fürwahr! muß eins aus Weinsberg frein!

Abendphantasie eines Liebenden

     In weiche Ruh' hinabgesunken,
Unaufgestört von Harm und Not;
Vom süßen Labebecher trunken,
Den ihr der Gott des Schlummers bot;
Wohl eingelullt vom Abendliede
Der wachen Freundin Nachtigall
Schläft meines Herzens Adonide
Nun ihr behaglich Schläfchen all.

     Wohlauf, mein liebender Gedanke,
Wohlauf, zu ihrem Lager hin!
Und webe gleich der Eppichranke
Dich um die traute Schläferin!
Geneuß der übersüßen Fülle
Von aller Erdenseligkeit,
Wovon zu kosten noch ihr Wille,
Und ewig ach! vielleicht verbeut! – –

     Ahi! da hör' ich das Gesäusel
Von ihrem Schlummerodem wehn;
Wie Schmeichellüftchen durchs Gekräusel
Des Maienlaubes leise gehn.
Ahi! da hör' ich das Gestöhne,
Das Wollust aus dem Busen stößt;
Wie Bienensang und Schilfgetöne,
Wenn Abendwind dazwischen bläst.

     O, wie so schön dahingegossen
Umleuchtet sie des Mondes Licht!
Die Blumen der Gesundheit sprossen
Auf ihrem wonnigen Gesicht.
Die Arme liegen ausgeschlagen,
Als wollten sie mit Innigkeit
Um den den Liebesknoten schlagen,
Dem sie im Traume ganz sich weiht.

     Nun kehre wieder! Nun entwanke
Dem Wonnebett! Du hast genug!
Sonst wirst du trunken, mein Gedanke!
Sonst lähmt der Taumel deinen Flug!
Du loderst auf in Durstesflammen –
Ha! wirf ins Meer der Wonne dich!
Schlagt, Wellen, über mich zusammen!
Ich brenne! brenne! kühlet mich!

Lied

     Mein Trautel hält mich für und für
In festen Liebesbanden;
Bin immer um und neben ihr;
Sie läßt mich nicht abhanden.
Ich darf nicht weiter als das Band,
Woran sie mich gebunden;
Sie gängelt mich an ihrer Hand
Wohl Tag vor Tag zwölf Stunden.

     Mein Trautel hält mich für und für
In ihrer stillen Klause.
Darf nie zum Tanz, als nur mit ihr,
Nie ohne sie zum Schmause.
Und ich bin gar ein guter Mann,
Der sie nur sieht und höret
Und aus den Augen lesen kann,
Was sie befiehlt und wehret.

     Ich, Trautel, bin wohl recht für dich,
Und du für mich geboren.
O Trautel, ohne dich und mich
Sind ich und du verloren.
Wenn einst des Todes Sense klirrt
Und mähet mich von hinnen;
Ach! lieber, lieber Gott! was wird
Mein Trautel doch beginnen?

Das Mädel, das ich meine

     O, was in tausend Liebespracht
Das Mädel, das ich meine, lacht!
Nun sing', o Lied, und sag' mir an!
Wer hat das Wunder aufgetan,
Daß so in tausend Liebespracht
Das Mädel, das ich meine, lacht?

     Wer hat wie Paradieseswelt
Des Mädels blaues Aug' erhellt?
Der liebe Gott! der hat's getan,
Der 's Firmament erleuchten kann;
Der hat wie Paradieseswelt
Des Mädels blaues Aug' erhellt.

     Wer hat das Rot auf Weiß gemalt,
Das von des Mädels Wange strahlt?
Der liebe Gott! der hat's getan,
Der Pfirsichblüten malen kann;
Der hat das Rot auf Weiß gemalt,
Das von des Mädels Wange strahlt.

     Wer schuf des Mädels Purpurmund
So würzig, süß und lieb und rund?
Der liebe Gott! der hat's getan,
Der Nelk' und Erdbeer' würzen kann,
Der schuf des Mädels Purpurmund
So würzig, süß und lieb und rund.

     Wer ließ vom Nacken blond und schön
Des Mädels seidne Locken wehn?
Der liebe Gott! der gute Geist,
Der goldne Saaten reifen heißt;
Der ließ vom Nacken blond und schön
Des Mädels seidne Locken wehn.

     Wer gab zu Liebesred' und Sang
Dem Mädel holder Stimme Klang?
Der liebe, liebe Gott tat dies,
Der Nachtigallen flöten hieß;
Der gab zu Liebesred' und Sang
Dem Mädel holder Stimme Klang.

     Wer hat zur Fülle süßer Lust
Gewölbt des Mädels weiße Brust?
Der liebe Gott hat's auch getan,
Der stolz die Schwäne kleiden kann;
Der hat zur Fülle süßer Lust
Gewölbt des Mädels weiße Brust.

     Durch welches Bildners Hände ward
Des Mädels Wuchs so schlank und zart?
Das hat die Meisterhand getan,
Die alle Schönheit bilden kann;
Durch Gott, den höchsten Bildner, ward
Des Mädels Wuchs so schlank und zart.

     Wer blies so lichthell, schön und rein
Die fromme Seel' dem Mädel ein?
Wer anders hat's als Er getan,
Der Seraphim erschaffen kann;
Der blies so lichthell, schön und rein
Die Engelseel' dem Mädel ein.

     Lob sei, o Bildner, deiner Kunst!
Und hoher Dank für deine Gunst!
Daß du dein Wunder ausstaffiert
Mit allem, was die Schöpfung ziert.
Lob sei, o Bildner, deiner Kunst!
Und hoher Dank für deine Gunst!

     Doch ach! für wen auf Erden lacht
Das Mädel so in Liebespracht?
O Gott! Bei deinem Sonnenschein!
Bald möcht' ich nie geboren sein,
Wenn nie in solcher Liebespracht
Dies Mädel mir auf Erden lacht.

Männerkeuschheit

     Wer nie in schnöder Wollust Schoß
Die Fülle der Gesundheit goß,
Den ziemt's, daß er sich brüsten kann;
Ihn ziemt das Wort: Ich bin ein Mann!

     Denn er gedeiht und sproßt empor,
Wie auf der Wies' ein schlankes Rohr;
Und lebt und webt, der Gottheit voll,
An Kraft und Schönheit ein Apoll.

     Die Götterkraft, die ihn durchfleußt,
Beflügelt seinen Feuergeist
Und treibt aus kalter Dämmerung
Gen Himmel seinen Adlerschwung.

     Er badet sich im Sonnenmeer,
Und Klarheit strömet um ihn her.
Dann wandelt sein verklärter Sinn
Durch alle Schöpfung Gottes hin.

     Und er durchspäht und wägt und mißt,
Was in der Schöpfung herrlich ist,
Und stellt es dar in Red' und Sang,
Voll Harmonie wie Himmelsklang.

     O schaut, wie er voll Majestät,
Ein Gott, daher auf Erden geht!
Er geht und steht in Herrlichkeit
Und fleht um nichts, denn er gebeut.

     Sein Auge funkelt dunkelhell,
Wie ein kristallner Schattenquell.
Sein Antlitz strahlt wie Morgenrot;
Auf Nas' und Stirn herrscht Machtgebot.

     Das Machtgebot, das drauf regiert,
Wird hui! durch seinen Arm vollführt.
Denn der schnellt aus wie Federstahl;
Sein Schwerthieb ist ein Wetterstrahl.

     Das Roß fühlt seines Schenkels Macht,
Der nimmer wanket, nimmer kracht.
Er zwängt das Roß, vom Zwang entwöhnt,
Er zwängt das Roß, und horch! es stöhnt.

     Er geht und steht in Herrlichkeit
Und fleht um nichts; denn er gebeut:
Und dennoch schaut, wo er sich zeigt,
O schaut, wie ihm sich alles neigt.

     Die edelsten der Jungfraun blühn,
Sie blühn und duften nur für ihn.
O Glückliche, die er erkiest!
O Selige, die sein genießt!

     Die Fülle seines Lebens glänzt
Wie Wein, von Rosen rund umkränzt.
Sein glücklich Weib an seiner Brust
Berauscht sich draus zu Lieb' und Lust.

     Frohlockend blickt sie rund umher:
»Wo sind der Männer mehr wie er?«
Fleuch, Zärtling, fleuch! Sie spottet dein,
Nur er nimmt Bett und Busen ein.

     Sie steht und fordert auf umher:
»Wo ist, wo ist ein Mann wie er?«
Sie, ihm allein getreu und hold,
Erkauft kein Fürst mit Ehr' und Gold.

     Wie, wenn der Lenz die Erd' umfäht,
Daß sie mit Blumen schwanger geht:
So segnet Gott durch ihn sein Weib,
Und Blumen trägt ihr edler Leib.

     Die alle blühn wie sie und er,
Sie blühn und duften um ihn her;
Und wachsen auf, ein Zedernwald,
Voll Vaterkraft und Wohlgestalt.

So glänzt der Lohn, den der genießt,
So das Geschlecht, das dem entsprießt,
Der nie in schnöder Wollust Schoß
Die Fülle der Gesundheit goß.

Liebeszauber

Mädel, schau' mir ins Gesicht!
Schelmenauge, blinzle nicht!
Mädel, merke, was ich sage!
Gib mir Rede, wenn ich frage!
Holla, hoch, mir ins Gesicht!
Schelmenauge, blinzle nicht!

Bist nicht häßlich, das ist wahr;
Äuglein hast du, blau und klar;
Wang' und Mund sind süße Feigen;
Ach! vom Busen laß mich schweigen!
Reizend, Liebchen, das ist wahr,
Reizend bist du offenbar.

Aber reizend her und hin!
Bist ja doch nicht Kaiserin;
Nicht die Kaiserin der Schönen,
Würdig ganz allein zum Krönen.
Reizend her und reizend hin!
Fehlt noch viel zur Kaiserin.

Hundert Schönen sicherlich,
Hundert, hundert, fänden sich,
Die vor Eifer würden lodern,
Dich auf Schönheit rauszufodern.
Hundert Schönen fänden sich;
Hundert siegten über dich.

Dennoch hegst du Kaiserrecht
Über deinen treuen Knecht:
Kaiserrecht in seinem Herzen,
Bald zur Wonne, bald zu Schmerzen.
Tod und Leben, Kaiserrecht,
Nimmt von dir der treue Knecht!

Hundert ist wohl große Zahl;
Aber, Liebchen, laß es mal
Hunderttausend Schönen wagen,
Dich von Thron und Reich zu jagen!
Hunderttausend! welche Zahl!
Sie verlören allzumal.

Schelmenauge, Schelmenmund,
Sieh' mich an und tu' mir's kund!
He, warum bist du die Meine?
Du allein und anders keine?
Sieh' mich an und tu' mir's kund,
Schelmenauge, Schelmenmund.

Sinnig forsch' ich auf und ab:
Was so ganz dir hin mich gab? –
Ha! durch nichts mich so zu zwingen,
Geht nicht zu mit rechten Dingen.
Zaubermädel auf und ab,
Sprich, wo ist dein Zauberstab?

Lied

Könnt' ich mein Liebchen kaufen
Für Gold und Edelstein
Und hätte große Haufen,
Die sollten mich nicht reun.
Schön Ding zwar ist's mit Golde;
Wohl dem, der's haben kann!
Doch ohne sie, die Holde,
Was Frohes hätt' ich dran?

Ja, wenn ich der Regente
Von ganz Europa wär'
Und Liebchen kaufen könnte,
So gäb' ich alles her.
Vor Städten, Schlössern, Thronen
Und mancher fetten Flur,
Wählt' ich, mit ihr zu wohnen,
Ein Hütt- und Gärtchen nur.

Mein liebes Leben enden
Darf nur der Herr der Welt,
Doch dürft' ich es verspenden,
So wie mein Gut und Geld:
Dann gäb' ich gern, ich schwöre!
Für jeden Tag ein Jahr,
Da sie mein eigen wäre,
Mein eigen ganz und gar!

Untreue über alles

Ich ruhte mit Liebchen tief zwischen dem Korn,
Umduftet vom blühenden Hagebuttdorn.
Wir hatten's so heimlich, so still und bequem
Und koseten traulich von diesem und dem.

Wir hatten's so heimlich, so still und bequem,
Kein Seelchen vernahm was von diesem und dem;
Kein Lüftchen belauscht' uns von hinten und vorn;
Die spielten mit Kornblum' und Klappros' im Korn.

Wir herzten und drückten, wie innig, wie warm!
Und wiegten uns eia popeia! im Arm.
Wie Beeren zu Beeren an Trauben des Weins,
So reihten wir Küsse zu Küssen in eins.

Und zwischen die Trauben von Küssen hin schlang
Sich, ähnlich den Reben, Gespräch und Gesang.
Kein Weinstock auf Erden verdient so viel Ruf,
Als der, den die Liebe beim Hagedorn schuf.

»Lieb Liebchen,« so sprach ich, so sang ich zu ihr,
»Lieb Herzchen, was küssest, was liebst du an mir?
Sprich! Ist es nur Leibes- und Liebesgestalt?
Sprich! Oder das Herz, das im Busen mir wallt?« –

»O Lieber,« so sprach sie, so sang sie zu mir,
»O Süßer, was sollt' ich nicht lieben an dir?
Bist süß mir an Leibes- und Liebesgestalt;
Doch teurer durchs Herz, das im Busen dir wallt.« –

»Lieb Liebchen, was tätest du, hätte die Not
Dir eines fürs andere zu missen gedroht?
Sprich! Bliebe mein liebendes Herz dein Gewinn,
Sprich! Gäbst du für Treue das andre dahin?« –

»Ein goldener Becher gibt lieblichen Schein;
Doch süßeres Labsal gewähret der Wein.
Ach! Bliebe dein liebendes Herz mein Gewinn,
So gäb' ich für Treue das andre dahin.« –

»O Liebchen, lieb Herzchen, wie wär' es bestellt,
Durchstrichen noch üppige Feen die Welt,
Die Schönste der Schönsten entbrennte zu mir
Und legte mir Schlingen und raubte mich dir;

Und führte mich in ihr bezauberndes Schloß
Und ließe nicht anders mich ledig und los,
Als bis ich in Liebe mich zu ihr gesellt?
Wie wär' es um deine Verzeihung bestellt?« –

»Ach! Fragtest du vor der so schmählichen Tat
Dein ängstlich bekümmertes Mädchen um Rat,
So riet' ich: Bedenke, mein Kleinod, mein Glück!
Komm' nimmer mir oder mit Treue zurück!« –

»Wie wenn sie nun spräche: ›Komm, buhle mit mir!
Sonst kostet's dir Jugend und Schönheit dafür!
Zum häßlichsten Zwerge verschafft dich mein Wort;
Dann schickt mit dem Korb auch dein Mädchen dich fort.‹« –

»O Lieber, das glaub' der Verräterin nicht!
Entstellte sie dich und dein holdes Gesicht!
Erfülle sie alles, was Böses sie droht!
So hat's mit dem Korbe doch nimmermehr not.«

»Wie, wenn sie nun spräche: ›Komm, buhle mit mir!
Sonst werde zur Schlange dein Mädchen dafür!‹
O Liebchen, lieb Herzchen, was rietest du nun?
Was sollt' ich wohl wählen, was sollt' ich wohl tun?« –

»O Lieber, du stellst mich zu ängstlicher Wahl!
Leicht wäre mir zwar der Bezauberung Qual;
Doch jetzt bin ich süß dir wie Honig und Wein,
Dann würd' ich ein Scheuel und Greuel dir sein.« –

»Doch setze: du würdest kein Greuel darum,
Ich trüge dich sorglich im Busen herum;
Da hörtest du immer bei Nacht und bei Tag,
Für dich nur des Herzens entzückenden Schlag;

Und immer noch bliebe dein zärtlicher Kuß
Dem durstigen Munde des Himmels Genuß:
O Liebchen, lieb Herzchen, was rietest du nun?
Was sollt' ich wohl wählen, was sollt' ich wohl tun?« –

»O Lieber, o Süßer, dann weißt du die Wahl!
Was hätt' ich für Sorge, was hätt' ich für Qual?
Dann hülle mich lieber die Schlangenhaut ein,
Als daß mir mein Trauter soll ungetreu sein.« –

»Doch wenn sie nun spräche: ›Komm', buhle mit mir!
Sonst werde zur Rache des Todes dafür!‹
O Liebchen, lieb Herzchen, was rietest du nun?
Was sollt' ich wohl wählen, was sollt' ich wohl tun?« –

»O Lieber, du stellst mich zur schrecklichsten Wahl!
Zur Rechten ist Jammer, zur Linken ist Qual.
Bewahre mich Gott vor so ängstlicher Not!
Denn was ich auch wähle, so wähl' ich mir Tod.

»Doch wenn er zur Rechten und Linken mir droht,
So wähl' ich doch lieber den süßeren Tod.
Ach, Süßer! So stirb dann und bleibe nur mein!
Bald folgt dir dein Mädchen und holet dich ein.

»Dann ist es geschehen, dann sind wir entflohn,
Dann krönet die Treue unsterblicher Lohn!
So stirb dann, du Süßer, und bleibe nur mein!
Bald holet dein Mädchen im Himmel dich ein.« – –

Wir schwiegen und drückten, wie innig, wie warm!
Und wiegten uns eia popeia! im Arm.
Wie Beeren zu Beeren an Trauben des Weins,
So reihten wir Küsse zu Küssen in eins.

Wir wankten und schwankten, berauscht von Gefühl,
Und küßten der herrlichen Trauben noch viel.
Dann schwuren wir herzlich bei ja und bei nein,
Im Leben und Tode getreu uns zu sein.

Des Pfarrers Tochter von Taubenhain

Im Garten des Pfarrers zu Taubenhain
Geht's irre bei Nacht in der Laube.
Da flüstert und stöhnt's so ängstiglich;
Da rasselt, da flattert und sträubet es sich,
Wie gegen den Falken die Taube.

Es schleicht ein Flämmchen am Unkenteich,
Das flimmert und flammert so traurig;
Da ist ein Plätzchen, da wächst kein Gras,
Das wird von Tau und von Regen nicht naß;
Da wehen die Lüftchen so schaurig. –

Des Pfarrers Tochter von Taubenhain
War schuldlos wie ein Täubchen.
Das Mädel war jung, war lieblich und fein,
Viel ritten der Freier nach Taubenhain
Und wünschten Rosetten zum Weibchen. –

Von drüben herüber, von drüben herab,
Dort jenseits des Baches vom Hügel,
Blinkt stattlich ein Schloß auf das Dörfchen im Tal,
Die Mauern wie Silber, die Dächer wie Stahl,
Die Fenster wie brennende Spiegel.

Da trieb es der Junker von Falkenstein
In Hüll' und in Füll' und in Freude.
Dem Jüngferchen lacht' in die Augen das Schloß,
Ihr lacht' in das Herzchen der Junker zu Roß
Im funkelnden Jägergeschmeide. –

     Er schrieb ihr ein Briefchen auf Seidenpapier
Umrändelt mit goldenen Kanten.
Er schickt' ihr sein Bildnis, so lachend und hold,
Versteckt in ein Herzchen von Perlen und Gold.
Dabei war ein Ring mit Demanten. –

     »Laß du sie nur reiten und fahren und gehn!
Laß du sie sich werben zu schanden!
Rosettchen, dir ist wohl was Bessers beschert!
Ich achte des trefflichsten Ritters dich wert,
Beliehen mit Leuten und Landen.

     »Ich hab' ein gut Wörtchen zu kosen mit dir:
Das muß ich dir heimlich vertrauen;
Drauf hätt' ich gern heimlich erwünschten Bescheid.
Lieb Mädel, heut' Mitternacht bin ich nicht weit;
Sei wacker und laß dir nicht grauen!

     »Heut Mitternacht horch auf den Wachtelgesang
Im Weizenfeld hinter dem Garten.
Ein Nachtigallmännchen wird locken die Braut
Mit lieblichem, tief aufflötendem Laut;
Sei wacker und laß mich nicht warten!«

     Er kam in Kapp' und Mantel vermummt,
Er kam um die Mitternachtsstunde.
Er schlich, umgürtet mit Waffen und Wehr,
So leise, so lose wie Nebel einher
Und stillte mit Brocken die Hunde.

     Er schlug der Wachtel hellgellenden Schlag
Im Weizenfeld hinter dem Garten.
Dann lockte das Nachtigallmännchen die Braut
Mit lieblichem, tief aufflötendem Laut;
Und Röschen, ach! – ließ ihn nicht warten. –

     Er wußte sein Wörtchen so traulich und süß
In Ohr und Herz ihr zu girren.
Ach, liebender Glauben ist willig und zahm!
Er sparte kein Locken, die schüchterne Scham
Zu seinem Geluste zu kirren.

     Er schwur sich bei allem, was heilig und hehr,
Auf ewig zu ihrem Getreuen.
Und wann sie sich sträubte, und wann er sie zog,
Vermaß er sich teuer, vermaß er sich hoch:
»Lieb Mädel, es soll dich nicht reuen!«

     Er zog sie zur Laube, so düster und still,
Von blühenden Bohnen umdüftet.
Da pocht ihr das Herzchen; da schwoll ihr die Brust;
Da wurde vom glühenden Hauche der Lust
Die Unschuld zu Tode vergiftet. – –

     Bald als auf duftendem Bohnenbeet
Die rötlichen Blumen verblühten;
Da wurde dem Mädel so übel und weh;
Da bleichten die rosigen Wangen zu Schnee;
Die funkelnden Augen verglühten.

     Und als die Schote nun allgemach
Sich dehnt' in die Breit' und Länge,
Und Erdbeer' und Kirsche sich rötet' und schwoll;
Da wurde dem Mädel das Brüstchen so voll,
Das seidne Röckchen so enge.

     Und als die Sichel zu Felde ging,
Hub's an sich zu regen und recken;
Und als der Herbstwind über die Flur
Und über die Stoppel des Habers fuhr,
Da konnte sie's nicht mehr verstecken.

     Der Vater, ein harter und zorniger Mann,
Schalt laut die arme Rosette:
»Hast du dir erbuhlt für die Wiege das Kind,
So hebe dich mir aus den Augen geschwind
Und schaff' auch den Mann dir ins Bette!«

     Er schlang ihr fliegendes Haar um die Faust
Und hieb sie mit knotigen Riemen.
Er hieb, das schallte so schrecklich und laut,
Er hieb ihr die samtene Lilienhaut
Voll schwellender, blutiger Striemen.

     Er stieß sie hinaus in finsterer Nacht,
Bei eisigem Regen und Winden.
Sie klimmte den dornigen Felsen empor
Und tappte sich fort bis an Falkensteins Tor,
Dem Liebsten ihr Leid zu verkünden. –

     »O weh mir, daß du mich zur Mutter gemacht,
Bevor du mich machtest zum Weibe!
Sieh' her! sieh' her! mit Jammer und Hohn
Trag' ich dafür nun den schmerzlichen Lohn
An meinem zerschlagenen Leibe!«

     Sie warf sich ihm bitterlich schluchzend ans Herz,
Sie bat, sie beschwur ihn mit Zähren:
»O mach' es nun gut, was du übel gemacht!
Bist du es, der so mich in Schande gebracht,
So bring' auch mich wieder zu Ehren!« –

     »Arm Närrchen«, versetzt er, »das tut mir ja leid!
Wir wollen's am Alten schon rächen.
Erst gib dich zufrieden und harre bei mir!
Ich will dich schon hegen und pflegen allhier;
Dann wollen wir's ferner besprechen.« –

     »Ach! hier ist kein Säumen, kein Pflegen, noch Ruhn!
Das bringt mich nicht wieder zu Ehren.
Doch hast du treulich geschworen der Braut,
So laß auch an Gottes Altare nun laut
Vor Priester und Zeugen es hören!« –

     »Lieb Närrchen, so hab' ich es nimmer gemeint!
Wie kann ich zum Weibe dich nehmen?
Entsprossen bin ich aus adligem Blut;
Nur Gleiches zu Gleichem gesellet sich gut,
Sonst müßte mein Stamm sich ja schämen.

     »Lieb Närrchen, ich halt' es dir, wie ich's gemeint:
Mein Liebchen sollst immerdar bleiben;
Und wenn dir mein wackrer Jäger gefällt,
So laß ich's mir kosten ein gutes Stück Geld.
Dann können wir's ferner noch treiben.« –

     »Daß Gott dich! – O schändlicher, bübischer Mann!
Daß Gott dich zur Hölle verdamme! –
Entehr' ich als Weib dein adliges Blut,
Warum denn, o Bösewicht, war ich einst gut
Für deine unehrliche Flamme? –

     »So geh' dann und frei' dir ein adliges Weib! –
Das Blättchen soll schrecklich sich wenden!
Gott siehet und hört und richtet uns recht.
So müsse dereinst dein niedrigster Knecht
Das adlige Bette dir schänden! –

     »Dann fühle, Verräter, dann fühle, wie's tut,
An Ehr und Glück zu verzweifeln!
Dann renn' an die Mauer die schändliche Stirn
Und jag' eine Kugel dir fluchend durchs Hirn!
Dann, Teufel, dann fahre zu Teufeln!«

     Sie riß sich zusammen, sie raffte sich auf,
Sie rannte verzweifelnd von hinnen
Mit blutigen Füßen durch Distel und Dorn,
Durch Moor und Geröhrich, vor Jammer und Zorn
Zerrüttet an allen fünf Sinnen.

     »Wohin nun, wohin, barmherziger Gott,
Wohin nun auf Erden mich wenden?«
Sie rannte verzweifelnd an Ehr' und Glück
Und kam in den Garten der Heimat zurück,
Ihr klägliches Leben zu enden.

     Sie taumelt', an Händen und Füßen verklommt,
Sie kroch zur unseligen Laube;
Und jach durchzuckte sie Weh auf Weh,
Auf ärmlichem Lager, bestreut mit Schnee,
Von Reisig und rasselndem Laube.

     Es wand ihr ein Knäbchen sich weinend vom Schoß
Mit wildem unsäglichen Schmerze.
Und als das Knäblein geboren war,
Da riß sie die silberne Nadel vom Haar
Und stieß sie dem Knaben ins Herze.

     Kaum, als sie vollendet die blutige Tat,
Begann sich ihr Wahnsinn zu enden.
Kalt wehten Entsetzen und Grausen sie an. –
»O Jesu, mein Heiland, was hab' ich getan?« –
Wild rang sie das Bast von den Händen. –

     Sie kratzte mit blutigen Nägeln ein Grab
Am schilfigen Ufergestade.
»Da ruh' nun, mein Armes, da ruh' du in Gott,
Geborgen auf immer vor Elend und Spott! –
Mich hacken die Raben vom Rade!«

     Das ist das Flämmchen am Unkenteich,
Das flimmert und flammert so traurig;
Das ist das Plätzchen, da wächst kein Gras,
Das wird von Tau und von Regen nicht naß,
Da wehen die Lüftchen so schaurig!

     Hoch hinter dem Garten vom Rabenstein,
Hoch über dem Steine vom Rade
Blickt hohl und düster ein Schädel herab,
Das ist ihr Schädel, der blicket aufs Grab,
Drei Spannen lang an dem Gestade.

     Allnächtlich herunter vom Rabenstein,
Allnächtlich herunter vom Rade
Huscht bleich und molkig ein Schattengesicht,
Will löschen das Flämmchen und kann es doch nicht
Und wimmert am Unkengestade.

Der wohlgesinnte Liebhaber

     In Nebelduft und Nacht versank
Das Dörfchen und die Flur.
Kein Sternchen war mehr blink und blank,
Als Liebchens Äuglein nur.
Da tappt' ich still mich hin zu ihr;
Warf Nüß ans Fensterlein;
Sie weht' im Hemdchen an die Tür
Und ließ mich still hinein.

     Husch! sie voran; husch! ich ihr nach,
Wie leichter Frühlingswest,
Hinauf zur Kammer unterm Dach,
Hinein ins warme Nest! –
»Rück hin! Rück hin!« – »Ei, schönen Dank!« –
»O ja! O ja!« – »Nein, nein!«
Mit Bitten halb und halb mit Zank
Schob ich mich doch hinein.

     »Hinaus,« rief Liebchen schnell, »hinaus!
Hinaus aufs Schemelbrett!
Ich ließ dich Schelm wohl in das Haus,
Allein nicht in mein Bett.« –
»O Bett,« rief ich, »du Freudensaal,
Du Grab der Sehnsuchtspein!
Verwahrt' auch Eisen dich und Stahl,
So müßt' ich doch hinein.« –

     Drauf küßt' ich sie, von heißer Lust
Durch Mark und Bein entbrannt,
Auf Stirn, auf Auge, Mund und Brust
Und hielt sie fest umspannt. –
»Ach, Schelmchen, nichts zu arg gemacht,
Damit wir nichts bereun!
Du sollst auch wieder morgen nacht
Und alle Nacht herein.« – –

     Doch ach! Noch war kein Monat voll,
Da merkte Liebchen klar,
Daß ihr es unterm Schürzchen wohl
Nicht allzu richtig war.
»O weh, du hast es arg gemacht!
Nun droht mir Schmach und Pein,
Ach, hätt' ich nie erlebt die Nacht,
Da ich dich ließ herein!«

     Das Mädchen seiner Lieb und Lust
In Angst und Pein zu sehn,
Ist von der ärgsten Heidenbrust
Wohl schwerlich auszustehn.
Wer A gesagt, der sag' auch B,
C, D dann hintendrein
Und buchstabiere bis in E–h'
Sich treu und brav hinein!

     Ich nahm getrost, so wie sie war,
Mein Liebchen an die Hand
Und gab ihr vor dem Traualtar
Der Weiber Ehrenstand.
Kaum war der Fehl gebenedeit,
So schwanden Angst und Pein;
Und – wohl mir! – sie hat's nie bereut,
Daß sie mich ließ hinein.

Lied

     Mein frommes Mädchen ängstigt sich,
Wann ich zu viel verlange;
Die Angst der Armen macht, daß ich
Von Herzen mit erbange.

     Schwebt unversucht alsdann von mir
Der Wollust süßer Angel,
So härmt sie sich noch ärger schier
Und wähnet Liebesmangel.

     So, hier und dort gebracht in Drang,
Ersticken unsre Freuden.
O Liebe, löse diesen Zwang
An einem von uns beiden!

     Gib, daß sie mich an Herz und Sinn
Zum Heiligen bekehre,
Wo nicht, daß sie als Sünderin
Des Sünders Wunsch erhöre!


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