Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Liebeslieder
Ich hab ein Liebchen lieb recht von Herzen,
Hellfrische Augen hat's wie zwei Kerzen,
Und wo sie spielend streifen das Feld,
Ach, wie so lustig glänzet die Welt.
Wie in der Waldnacht zwischen den Schlüften
Plötzlich die Täler sonnig sich klüften,
Funkeln die Ströme, rauscht himmelwärts
Blühende Wildnis – so ist mein Herz!
Wie vom Gebirg ins Meer zu schauen,
Wie wenn der Seefalk, hangend im Blauen,
Zuruft der dämmernden Erd', wo sie blieb!
So unermeßlich ist rechte Lieb!
ward geboren am 10. März 1788 auf dem Schloß Lubowitz
in Schlesien. Er war der Sproß einer uralten Adelsfamilie und verlebte eine glückliche Kindheit. Besuchte das Gymnasium zu Breslau und besuchte später die Universitäten Breslau und Heidelberg. Trat mit Arnim und Brentano in persönliche Berührung und veröffentlichte in Heidelberg seine ersten Gedichte. Verlobte sich, als er nach der Heimat zurückgekehrt, mit der 17 jährigen Luise von Larisch, welche er 1814 heiratete. Die bekannteste seiner Erzählungen »Aus dem Leben eines Taugenichts« schrieb er als Oberpräsidialrat in Königsberg. Siedelte 1831 nach Berlin über, wo er verschiedene seiner bekannten Novellen und Gedichte schrieb. Nahm 1855 seinen Ruhesitz in Neiße und starb im Jahre 1857.
Herz, mein Herz, warum so fröhlich,
So voll Unruh' und zerstreut,
Als käm' über Berge selig
Schon die schöne Frühlingszeit.
Weil ein liebes Mädchen wieder
Herzlich an dein Herz sich drückt,
Schaust du fröhlich auf und nieder,
Erd' und Himmel dich erquickt.
Und ich hab' die Fenster offen,
Neu zieh' in die Welt hinein
Altes Bangen, altes Hoffen!
Frühling, Frühling soll es sein!
Still kann ich hier nicht mehr bleiben,
Durch die Brust ein Singen irrt,
Doch zu licht ist's mir zum Schreiben,
Und ich bin so froh verwirrt.
Also schlendr' ich durch die Gassen,
Menschen gehen her und hin,
Weiß nicht, was ich tu' und lasse,
Nur, daß ich so glücklich bin.
Über Wipfel und Saaten
In den Glanz hinein –
Wer mag sie erraten,
Wer holte sie ein?
Gedanken sich wiegen,
Die Nacht ist verschwiegen,
Gedanken sind frei.
Errät' es nur eine,
Wer an sie gedacht
Beim Rauschen der Haine,
Wenn niemand mehr wacht
Als die Wolken, die fliegen –
Mein Lieb ist verschwiegen
Und schön wie die Nacht.
Die Welt ruht still im Hafen,
Mein Liebchen, gute Nacht!
Wann Wald und Berge schlafen,
Treu' Liebe einsam wacht.
Ich bin so wach und lustig,
Die Seele ist so licht,
Und eh' ich liebt', da wußt' ich
Von solcher Freude nicht.
Ich fühl' mich so befreiet
Von eitlem Trieb und Streit,
Nichts mehr das Herz zerstreuet
In seiner Fröhlichkeit.
Mir ist, als müßt' ich singen
So recht aus tiefster Lust
Von wunderbaren Dingen,
Was niemand sonst bewußt.
O könnt' ich alles sagen!
O wär' ich recht geschickt!
So muß ich still ertragen,
Was mich so hoch beglückt.
Ich wollt' in Liedern oft dich preisen,
Die wunderstille Güte,
Wie du ein halbverwildertes Gemüte
Dir liebend hegst und heilst auf tausend süße Weisen,
Des Mannes Unruh' und verworrnem Leben
Durch Tränen lächelnd bis zum Tod ergeben.
Doch wie den Blick ich dichtend wende,
So schön in stillem Harme
Sitz'st du vor mir, das Kindlein auf dem Arme,
Im blauen Auge Treu' und Frieden ohne Ende,
Und alles laß' ich, wenn ich dich so schaue –
Ach, wen Gott lieb hat, gab er solche Fraue!
Die Höh'n und Wälder schon steigen
Immer tiefer ins Abendgold,
Ein Vöglein fragt in den Zweigen:
Ob es Liebchen grüßen sollt'?
O Vöglein, du hast dich betrogen,
Sie wohnet nicht mehr im Tal,
Schwing auf dich zum Himmelsbogen,
Grüß' sie droben zum letztenmal!
In einem kühlen Grunde
Da geht ein Mühlenrad,
Mein' Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.
Sie hat mir Treu' versprochen,
Gab mir ein'n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.
Ich möcht' als Spielmann reisen,
Weit in die Welt hinaus,
Und singen meine Weisen,
Und gehn von Haus zu Haus.
Ich möcht' als Reiter fliegen
Wohl in die blut'ge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.
Hör' ich das Mühlrad gehen:
Ich weiß nicht, was ich will –
Ich möcht am liebsten sterben,
Da wär's auf einmal still.
1.
Ist auch schmuck nicht mein Rößlein,
So ist's doch recht klug,
Trägt im Finstern zu 'nem Schlößlein
Mich rasch noch genug.
Ist das Schloß auch nicht prächtig,
Zum Garten aus der Tür
Tritt ein Mädchen dort allnächtig,
Dort freundlich herfür.
Und ist auch die Kleine
Nicht die Schönst' auf der Welt,
So gibt's doch just keine,
Die mir besser gefällt.
Und spricht sie vom Freien:
So schwing ich mich auf mein Roß –
Ich bleibe im Freien
Und sie auf dem Schloß.
2.
Wagen mußt du und flüchtig erbeuten,
Hinter uns schon durch die Nacht hör' ich's schreiten,
Schwing' auf mein Roß dich nur schnell
Und küß' noch im Flug mich, wildschönes Kind,
Geschwind,
Denn der Tod ist ein rascher Gesell.
Zwei Musikanten ziehn daher
Vom Wald aus weiter Ferne,
Der eine ist verliebt gar sehr,
Der andre wär' es gerne.
Die stehn allhier im kalten Wind
Und singen schön und geigen:
Ob nicht ein süßverträumtes Kind
Am Fenster sich wollt' zeigen?
Und durch das Fenster steigen ein
Waldsrauschen und Gesänge,
Da bricht der Sänger mit herein
Im seligen Gedränge.
1.
Da fahr' ich still im Wagen,
Du bist so weit von mir,
Wohin er mich mag tragen,
Ich bleibe doch bei dir.
Da fliegen Wälder, Klüfte
Und schöne Täler tief
Und Lerchen hoch in Lüften,
Als ob dein' Stimme rief.
Die Sonne lustig scheinet
Weit über das Revier,
Ich bin so froh verweinet
Und singe still in mir.
Vom Berge geht's hinunter,
Das Posthorn schallt im Grund,
Mein' Seel wird mir so munter,
Grüß' dich aus Herzensgrund.
2.
Ich geh' durch die dunklen Gassen
Und wandre von Haus zu Haus,
Ich kann mich noch immer nicht fassen,
Sieht alles so trübe aus.
Da gehen viel Männer und Frauen,
Die alle so lustig sehn,
Die fahren und lachen und bauen,
Daß mir die Sinne vergehn.
Oft wenn ich bläuliche Streifen
Seh' über die Dächer fliehn,
Sonnenschein draußen schweifen,
Wolken am Himmel ziehn:
Da treten mitten im Scherze
Die Tränen ins Auge mir,
Denn die mich lieben von Herzen,
Sind alle so weit von hier.
3.
Lied, mit Tränen halb geschrieben,
Dorthin über Berg und Kluft,
Wo die Liebste mein geblieben,
Schwing' dich durch die blaue Luft!
Ist sie rot und lustig, sage:
Ich sei krank von Herzensgrund;
Weint sie nachts, sinnt still bei Tage,
Ja, dann sag': ich sei gesund.
Ist vorbei ihr treues Lieben,
Nun, so end' auch Lust und Not,
Und zu allen, die mich lieben,
Flieg' und sage: ich sei tot!
4.
Ach Liebchen, dich ließ ich zurücke,
Mein liebes, herziges Kind,
Da lauern viel Menschen voll Tücke,
Die sind dir so feindlich gesinnt.
Die möchten so gerne zerstören
Auf Erden das schöne Fest,
Ach, könnte das Lieben aufhören,
So mögen sie nehmen den Rest.
Und alle die grünen Orte,
Wo wir gegangen im Wald,
Die sind nun wohl anders geworden,
Da ist's nun so still und kalt.
Da sind nun am kalten Himmel
Viel tausend Sterne gestellt,
Es scheint ihr goldnes Gewimmel
Weit übers beschneite Feld.
Mein' Seele ist so beklommen,
Die Gassen sind leer und tot;
Da hab' ich die Laute genommen
Und singe in meiner Not.
Ach, wär' ich im stillen Hafen!
Kalte Winde am Fenster gehn,
Schlaf ruhig, mein Liebchen, schlafe,
Treu' Liebe wird ewig bestehn!
5.
Grün war die Weide,
Der Himmel blau,
Wir saßen beide
Auf glänz'ger Au'.
Sind's Nachtigallen
Wieder, was ruft,
Lerchen, die schallen
Aus warmer Luft?
Ich hör' die Lieder,
Fern, ohne dich,
Lenz ist's wohl wieder,
Doch nicht für mich.
6.
Wolken, wälderwärts gegangen,
Wolken, fliegend übers Haus,
Könnt' ich an euch fest mich hangen,
Mit euch fliegen weit hinaus!
Tag' lang durch die Wälder schweif' ich,
Voll Gedanken sitz' ich still,
In die Saiten flüchtig greif ich,
Wieder dann auf einmal still.
Schöne, rührende Geschichten
Fallen ein mir, wo ich steh',
Lustig muß ich schreiben, dichten,
Ist mir selber gleich so weh.
Manches Lied, das ich geschrieben
Wohl vor manchem langen Jahr,
Da die Welt von treuem Lieben
Schön mir überglänzet war;
Find' ich's wieder jetzt voll Bangen:
Werd' ich wunderbar gerührt,
Denn so lange ist vergangen,
Was mich zu dem Lied verführt.
Diese Wolken ziehen weiter,
Alle Vögel sind erweckt,
Und die Gegend glänzet heiter,
Weit und fröhlich aufgedeckt.
Regen flüchtig abwärts gehen,
Scheint die Sonne zwischendrein,
Und dein Haus, dein Garten stehen
Überm Wald im stillen Schein.
Doch du harrst nicht mehr mit Schmerzen,
Wo so lang' dein Liebster sei –
Und mich tötet noch im Herzen
Dieser Schmerzen Zauberei.
Mit meinem Saitenspiele,
Das schön geklungen hat,
Komm' ich durch Länder viele
Zurück in diese Stadt.
Ich ziehe durch die Gassen,
So finster ist die Nacht,
Und alles so verlassen,
Hatt's anders mir gedacht.
Am Brunnen steh' ich lange,
Der rauscht fort wie vorher,
Kommt mancher wohl gegangen,
Es kennt mich keiner mehr.
Da hört' ich geigen, pfeifen,
Die Fenster glänzten weit,
Dazwischen dreh'n und schleifen
Viel fremde fröhliche Leut'.
Und Herz und Sinn mir brannten,
Mich trieb's in die weite Welt,
Es spielten die Musikanten,
Da fiel ich hin im Feld.
2.
Sind's die Häuser, sind's die Gassen?
Ach, ich weiß nicht, wo ich bin!
Hab' ein Liebchen hier gelassen,
Und manch Jahr ging seitdem hin.
Aus den Fenstern schöne Frauen
Sehn mir freundlich ins Gesicht,
Keine kann so frischlich schauen,
Als mein liebes Liebchen sicht.
An dem Hause poch' ich bange –
Doch die Fenster stehen leer,
Ausgezogen ist sie lange,
Und es kennt mich keiner mehr.
Und ringsum ein Rufen, Handeln,
Schmucke Waren, bunter Schein,
Herrn und Damen gehn und wandeln
Zwischendurch in bunten Reihn.
Zierlich Bücken, freundlich Blicken,
Manches flücht'ge Liebeswort,
Händedrücken, heimlich Nicken –
Nimmt sie all der Strom mit fort.
Und mein Liebchen sah ich eben
Traurig in dem lust'gen Schwarm,
Und ein schöner Herr daneben
Führt sie stolz und ernst am Arm.
Doch verblaßt war Mund und Wange,
Und gebrochen war ihr Blick,
Seltsam schaut' sie, stumm und lange,
Lange noch auf mich zurück. –
Und es enden Tag und Scherzen,
Durch die Gassen pfeift der Wind –
Keiner weiß, wie unsre Herzen
Tief von Schmerz zerrissen sind.
Wer in die Fremde will wandern,
Der muß mit der Liebsten gehn,
Es jubeln und lassen die andern
Den Fremden alleine stehn.
Was wisset ihr, dunkle Wipfel,
Von der alten, schönen Zeit?
Ach, die Heimat hinter den Gipfeln,
Wie liegt sie von hier so weit.
Am liebsten betracht' ich die Sterne,
Die schienen, wie ich ging zu ihr,
Die Nachtigall hör' ich so gerne,
Sie sang vor der Liebsten Tür.
Der Morgen, das ist meine Freude!
Da steig' ich in stiller Stund'
Auf den höchsten Berg in die Weite,
Grüß' dich, Deutschland, aus Herzensgrund!
Es zogen zwei rüst'ge Gesellen
Zum erstenmal von Haus,
So jubelnd recht in die hellen,
Klingenden, singenden Wellen
Des vollen Frühlings hinaus.
Die strebten nach hohen Dingen,
Die wollten, trotz Lust und Schmerz,
Was Rechts in der Welt vollbringen,
Und wem sie vorübergingen,
Dem lachten Sinnen und Herz.
Der erste, der fand ein Liebchen,
Die Schwieger kauft' Hof und Haus;
Der wiegte gar bald ein Bübchen,
Und sah aus heimlichem Stübchen
Behaglich ins Feld hinaus.
Dem zweiten sangen und logen
Die tausend Stimmen in Grund,
Verlockend' Sirenen, und zogen
Ihn in der buhlenden Wogen
Farbig klingenden Schlund.
Und wie er auftaucht' vom Schlunde,
Da war er müde und alt,
Sein Schifflein das lag im Grunde,
So still war's rings in die Runde,
Und über die Wasser weht's kalt.
Es singen und klingen die Wellen
Des Frühlings wohl über mir;
Und seh' ich so kecke Gesellen;
Die Tränen im Auge mir schwellen –
Ach Gott, führ' uns liebreich zu dir!
Liebe, wunderschönes Leben,
Willst du wieder mich verführen,
Soll ich wieder Abschied geben
Fleißig ruhigem Studieren?
Offen stehen Fenster, Türen,
Draußen Frühlingsboten schweben,
Lerchen schwirrend sich erheben,
Echo will im Wald sich rühren.
Wohl, da hilft kein Widerstreben,
Tief im Herzen muß ich's spüren:
Liebe, wunderschönes Leben,
Wieder wirst du mich verführen!
Fraue, in den blauen Tagen
Hast ein Netz du ausgehangen,
Zart gewebt aus seidnen Haaren,
Süßen Worten, weißen Armen.
Und die blauen Augen sprachen,
Da ich waldwärts wollte jagen:
»Zieh mir, Schöner, nicht von dannen!«
Ach, da war ich dein Gefangner!
Hörst du nun den Frühling laden? –
Jägers Waldhorn geht im Walde,
Lockend grüßen bunte Flaggen,
Nach dem Sänger alle fragen.
Ach, von euch, ihr Frühlingsfahnen,
Kann ich, wie von dir, nicht lassen!
Reisen in den blauen Tagen
Muß der Sänger mit dem Klange.
Flügel hat, den du gefangen –
Alle Schlingen müssen lassen,
Und er wird dir weggetragen,
Wenn die ersten Lerchen sangen.
Liebst du, treu dem alten Sange
Wie dem Sänger, mich wahrhaftig:
Laß dein Schloß, den schönen Garten,
Führ' dich heim in Waldesprachten!
Auf dem Zelter sollst du prangen,
Um die schönen Glieder schlanke
Seide, himmelblau, gespannet,
Als ein süßgeschmückter Knabe.
Und der Jäger sieht uns fahren,
Und er läßt das Wild, das Jagen,
Will nun ewig mit uns wandern
Mit dem frischen Hörnerklange.
Wer von uns verführt den andern,
Ob es deine Augen taten,
Meine Laut', des Jägers Blasen? –
Ach, wir können's nicht erraten;
Aber um uns drei zusammen
Wird der Lenz im grünen Walde
Wohl ein Zaubernetze schlagen,
Dem noch keiner je entgangen.
Gar oft schon fühlt' ich's tief, des Mädchens Seele
Wird nicht sich selbst, dem Liebsten nur geboren.
Da irrt sie nun verstoßen und verloren,
Schickt heimlich Blicke schön als Boten aus,
Daß sie auf Erden suchen ihr ein Haus.
Sie schlummert in der Schwüle leicht bedeckt,
Lächelt im Schlafe, atmet warm und leise,
Doch die Gedanken sind fern auf der Reise,
Und auf den Wangen flattert träumerisch Feuer,
Hebt buhlend oft der Wind den zarten Schleier.
Der Mann, der da zum erstenmal sie weckt,
Zuerst hinunterlangt in diese Stille,
Dem fällt sie um den Hals, vor Freude bang,
Und läßt ihn nicht mehr all' ihr Lebelang.
Komm zum Garten denn, du Holde!
In den warmen schönen Tagen
Sollst du Blumenkränze tragen,
Und vom kühl kristallnen Golde
Mit den frischen roten Lippen,
Eh' ich trinke, lächelnd nippen.
Ohne Maß dann, ohne Richter,
Küssend, trinkend singt der Dichter
Lieder, die von selbst entschweben:
Wunderschön ist doch das Leben!
Es weiß und rät es doch keiner,
Wie mir so wohl ist, so wohl!
Ach, wüßt es nur einer, nur einer,
Kein Mensch es sonst wissen soll!
So still ist's nicht draußen im Schnee,
So stumm und verschwiegen sind
Die Sterne nicht in der Höh,
Als meine Gedanken sind.
Ich wünscht', es wäre schon Morgen,
Da fliegen zwei Lerchen auf,
Die überfliegen einander,
Mein Herze folgt ihrem Lauf.
Ich wünscht', ich wäre ein Vöglein
Und zöge über das Meer,
Wohl über das Meer und weiter,
Bis daß ich im Himmel wär'!
Im hohen Gras der Knabe schlief,
Da hört' er's unten singen,
Es war, als ob die Liebste rief,
Das Herz wollt' ihm zerspringen.
Und über ihm ein Netze wirrt
Der Blumen leises Schwanken,
Durch das die Seele schmachtend irrt
In lieblichen Gedanken.
So süße Zauberei ist los,
Und wunderbare Lieder
Geh'n durch der Erde Frühlingsschoß,
Die lassen ihn nicht wieder.
Stand ein Mädchen an dem Fenster,
Da es draußen Morgen war,
Kämmte sich die langen Haare,
Wusch sich ihre Äuglein klar.
Sangen Vöglein aller Arten,
Sonnenschein spielt' vor dem Haus,
Draußen überm schönen Garten
Flogen Wolken weit hinaus.
Und sie dehnt' sich in den Morgen,
Als ob sie noch schläfrig sei,
Ach, sie war so voller Sorgen,
Flocht ihr Haar und sang dabei:
»Wie ein Vöglein hell und reine,
Ziehet draußen muntre Lieb',
Lockt hinaus zum Mondenscheine,
Ach, wer da zu Hause blieb'!«
Wohin ich geh' und schaue,
In Feld und Wald und Tal,
Vom Berg' hinab in die Aue:
Vielschöne, hohe Fraue,
Grüß' ich dich tausendmal.
In meinem Garten find' ich
Viel Blumen, schön und fein,
Viel Kränze wohl draus wind' ich,
Und tausend Gedanken bind' ich
Und Grüße mit darein.
Ihr darf ich keinen reichen,
Sie ist zu hoch und schön,
Die müssen alle verbleichen,
Die Liebe nur ohnegleichen
Bleibt ewig im Herzen stehn.
Ich schein' wohl froher Dinge
Und schaffe auf und ab,
Und ob das Herz zerspringe,
Ich grabe fort und singe
Und grab' mir bald mein Grab.
Am Himmelsgrund schießen
So lustig die Stern',
Dein Schatz läßt dich grüßen
Aus weiter, weiter Fern'!
Hat eine Zither gehangen
An der Tür unbeacht't,
Der Wind ist gegangen
Durch die Saiten bei Nacht.
Schwang sich auf dann vom Gitter
Über die Berge, übern Wald –
Mein Herz ist die Zither,
Gibt ein'n fröhlichen Schall.
Ich hab' ein Liebchen lieb recht von Herzen,
Hellfrische Augen hat's wie zwei Kerzen,
Und wo sie spielend streifen das Feld,
Ach, wie so lustig glänzet die Welt!
Wie in der Waldnacht zwischen den Schlüften
Plötzlich die Täler sonnig sich klüften,
Funkeln die Ströme, rauscht himmelwärts
Blühende Wildnis – so ist mein Herz!
Wie vom Gebirge ins Meer zu schauen,
Wie wenn der Seefalk, hangend im Blauen,
Zuruft der dämmernden Erd', wo sie blieb? –
So unermeßlich ist rechte Lieb'!
Ich kam vom Walde hernieder,
Da stand noch das alte Haus,
Mein Liebchen, sie schaute wieder
Wie sonst zum Fenster hinaus.
Sie hat einen andern genommen,
Ich war draußen in Schlacht und Sieg,
Nun ist alles anders gekommen,
Ich wollt', 's wär' wieder erst Krieg.
Am Wege dort spielt ihr Kindlein,
Das glich ihr recht auf ein Haar,
Ich küßt's auf sein rotes Mündlein:
»Gott segne dich immerdar!«
Sie aber schaute erschrocken
Noch lange Zeit nach mir hin
Und schüttelte sinnend die Locken
Und wußte nicht, wer ich bin.
Da droben hoch stand ich am Baume,
Da rauschten die Wälder so sacht,
Mein Waldhorn, das klang wie im Traume
Hinüber die ganze Nacht.
Und als die Vöglein sangen
Frühmorgens, sie weinte so sehr,
Ich aber war weit schon gegangen,
Nun sieht sie mich nimmermehr!
Seh' ich dich wieder, du geliebter Baum,
In dessen junge Triebe
Ich einst in jenes Frühlings schönstem Traum
Den Namen schnitt von meiner ersten Liebe?
Wie anders ist seitdem der Äste Bug,
Verwachsen und verschwunden
Im härtren Stamm der vielgeliebte Zug,
Wie ihre Liebe und die schönen Stunden!
Auch ich seitdem wuchs stille fort wie du,
Und nichts an mir wollt' weilen,
Doch meine Wunde wuchs – und wuchs nicht zu
Und wird wohl niemals mehr hienieden heilen.
Auf die Dächer zwischen blassen
Wolken scheint der Mond herfür,
Ein Student dort auf der Gassen
Singt vor seiner Liebsten Tür.
Und die Brunnen rauschen wieder
Durch die stille Einsamkeit
Und der Wald vom Berge nieder
Wie in alter schöner Zeit.
So in meinen jungen Tagen
Hab' ich manche Sommernacht
Auch die Laute hier geschlagen
Und manch lust'ges Lied erdacht.
Aber von der stillen Schwelle
Trugen sie mein Lieb zur Ruh' –
Und du, fröhlicher Geselle,
Singe, sing' nur immer zu!
Dein Bildnis wunderselig
Hab' ich im Herzensgrund,
Das sieht so frisch und fröhlich
Mich an zu jeder Stund'.
Mein Herz still in sich singet
Ein altes schönes Lied,
Das in die Luft sich schwinget
Und zu dir eilig zieht.
Er: Laß mich ein, mein süßes Schätzchen!
Sie: Finster ist mein Kämmerlein.
Er: Ach, ich finde doch ein Plätzchen.
Sie: Und mein Bett ist eng und klein.
Er: Fern komm' ich vom weichen Pfühle.
Sie: Ach, mein Lager ist von Stein.
Er: Draußen ist die Nacht so kühle.
Sie: Hier wird's noch viel kühler sein.
Er: Sieh! Die Sterne schon erblassen!
Sie: Schwerer Schlummer fällt mich an.
Er: Nun, so will ich schnell dich fassen!
Sie: Rühr' mich nicht so glühend an.
Er: Fieberschauer mich durchbeben.
Sie: Wahnsinn bringt der Toten Kuß.
Er: Weh! Es bricht mein junges Leben!
Sie: Mit ins Grab hinunter muß.