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4. Abenteuer
Voll Unmuts darüber, daß ihn die Krähe überlistet hatte, schlich der Fuchs im Walde herum und wußte nicht, wo er sich Speise holen sollte, als ihm sein ehemaliger Kamerad, der Bär, unversehens in den Weg trat.
Dieser arme Mann hatte vor kurzem sein Weib verloren und mußte nun einen Leidtragenden suchen, der bei ihrer Leiche weine. Nachdem er lange herumgewandert, war ihm der Wolf begegnet und hatte ihn gefragt: »Wohin des Wegs, Gevatter?« – »Ich suche einen Leidtragenden.« –»Nimm mich dazu, Gevatter«, bat der Wolf – »Verstehst du dich auch aufs Heulen?« fragte der Bär. – »Gewiß, Gevatter, gewiß!« versicherte der Wolf. – Aber der Bär wollte jedenfalls erst die Stimme hören, und sagte: »Heule ein wenig zur Probe, damit ich sehe, ob du es kannst oder nicht.« Der Wolf stimmte sofort ein Klagelied an: Hu, hu, hu, huuu, huh! – Dem Bär gefiel die Stimme doch nicht so recht: »Du verstehst das Wehklagen nicht, geh deiner Wege!« sagte er zum Wolf und wanderte weiter.
Bald traf er einen Hasen, dem er sein Begehr vortrug, und dieser erbot sich sofort zum Leidtragenden, weil er meinte, seine Stimme müsse dabei besonders schön klingen. »Nun, probier's mal, daß ich dich erst hören kann«, antwortete der Bär. Der Hase hob an zu klagen: Pu, pu, pu, puuu, puh! – Aber auch seine Stimme gefiel dem Bären durchaus nicht. »Das geht nicht an«, sagte er zum Häschen, »du taugst mir vollends nicht dazu.«
Hierauf begegnete ihm der Fuchs, der ihn, ebenso wie die andern, fragte: »Wohin des Wegs, Gevatter?« – »Einen Leidtragenden zu suchen.« –»Wähle mich dazu«, sagte der Fuchs. Der Bär sah ihn nachdenklich an. »Hm! kannst du gut heulen?« – »Oh, und ob!« antwortete der Fuchs und fing an zu klagen und zu weinen: »Luu, luu, luu! dem Gatten ist die treue Gattin gestorben, die brave Wirtschafterin, die fleißige Spinnerin, die Bäckerin der guten Kuchen, die emsige Arbeiterin! Vorbei ist's mit dem Kuchenschmause, und von der Ofenbank fielen die Pfannen!« – »Nun, ich sehe, du bist doch ein Wehklager von der rechten Art!« sagte darauf der Bär und führte den Fuchs in seine Wohnung. Er trat mit ihm in die Stube, wo seine gute Selige auf einem Bette lag, und befahl dem Fuchs seines Amtes zu walten und über die Tote zu klagen. Dieses war aber Meister Michel durchaus nicht nach dem Sinn. »In der Stube ist es nicht gut wehklagen, hier ist es zu dumpf«, sagte er zum Bären; »bring die Leiche in das Vorratshaus, im luftigen Raum wird's besser gehen.« Der Bär war damit einverstanden und trug die Tote in das Hintergebäude; er selbst ging zurück in die Stube, um den Brei für den Wehklagenden zu kochen. Dabei horchte er von Zeit zu Zeit durch die halboffene Tür nach der Leichenklage, aber sonderbar – davon vernahm er durchaus nichts. Endlich wurde es ihm doch zu bunt; er lief in Eile an die Tür des Hauses, und rief dem Fuchs zu: »Warum heulst du nicht, Gevatter? Ich höre deine Stimme ja gar nicht!«
Der Fuchs, welcher eben dabei war mit bestem Appetit die Leiche zu verzehren, antwortete heulend: »Es bleiben noch die Schenkel zu genießen, die Sohlen zu schmausen, wenn's nur in den Magen ginge und die Zeit zum Essen ausreichte!«
Als der Bär solches hörte, stürzte er mit dem Kochlöffel hinein, um den unverschämten Fuchs zu züchtigen; aber sowie er nur die Tür öffnete, huschte auch Michel zwischen seinen Beinen hindurch ins freie Feld, als brenne es hinter ihm. Beim Vorbeischnellen traf ihn der Bär mit dem mehlbedeckten Löffel an den Schwanz, und seitdem hat der Fuchs eine weiße Schwanzspitze behalten.