Verschiedene Autoren
Fabeln aus Europa außerhalb Deutschlands
Verschiedene Autoren

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Fuchs und Gans

Aus England

Zur Zeit als die Vögel und alle anderen Tiere noch sprechen konnten und die Winde die abenteuerlichsten Geschichten durch den Wald trugen, kam einst ein junger Fuchs auf einem Streifzug zu einem Bauernhaus, das nahe am Walde lag. Dort erspähte er in einem offenen Stall eine Gans, die auf ihrer jungen Brut saß, und begrüßte sie mit den Worten: »Wie geht es dir, Schwester? Ich habe gehört, du seiest seit einiger Zeit etwas leidend, deshalb komme ich dich zu besuchen, da ich gern alles tun würde, was in meiner Macht liegt, um dir zu helfen.« Die Gans breitete die Flügel über ihre Kinderchen aus und antwortete: »Es ist wahr, ich bin krank, doch glaube ich, daß es mir und den Meinen weit besser ginge, wenn du uns nicht so oft besuchen würdest. Da du nun aber hier bist, so komme herein und fühle selbst, wie geschwollen mein Rücken ist, damit du mir besser raten kannst, was ich zur Heilung tun muß.« Der Fuchs war sehr froh über dieses unerwartete Entgegenkommen, durch das er leicht zu gewinnen hoffte, was er hier zu holen gedachte. Kaum hatte er jedoch den Kopf durch die offene Stalltür gesteckt, als ein Hund, der nahe versteckt gelegen hatte, ihn bei der Schnauze packte und ihm ein Stück der Lippe abbiß. Der arme Fuchs rettete mit knapper Not sein Leben und jagte in wilder Hast in seinen Bau zurück. Als er sich wieder im Kreis seiner Familie befand, berichtete er mit vielen Seufzern, daß er von einer Gans gebissen worden sei. Da aber die alte Füchsin diese Schmach erfuhr, fiel sie ihren Sohn wütend an und biß ihn aus dem Lager hinaus, indem sie ausrief: »Geh, Feigling, und beiße sie wieder! Du sollst nie mehr meine Höhle betreten! Von einer Gans hat er sich beißen lassen und nicht einmal eine Feder davongetragen!«

 


 


 << zurück weiter >>