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Fabeln aus Europa außerhalb Deutschlands
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Der Hahn und das Hühnchen

Aus Ungarn

Mitten im Wald waren ein Hahn und ein Hühnchen. Ihr Herr war gestorben; sie hatten nichts zu essen. Sie hungerten; da fanden sie eine Holzbirne, aber die Holzbirne war größer als des Hühnchens Kehle. Aber da sagt es nur: »Lauf geschwind, mein Hähnchen! Hole ein wenig Wasser, denn sonst ersticke ich.«

Läuft das Hähnchen zum Brunnen: »Ach, ach, mein lieber Brunnen, du sollst Wasser geben! Das Wasser bringe ich meinem Hühnchen, weil es an der Holzbirne ersticken will.«

»Ich gebe nicht Wasser«, sagt der Brunnen, »du bringst mir denn den Kranz vom schönen Mädchen.«

Geht der Hahn zum schönen Mädchen. »Schönes Mädchen, du sollst mir den Kranz geben.«

»Du bekommst ihn nicht eher«, sagt das schöne Mädchen, »bis du nicht Milch von der Kuh bringst.«

Da ging er auch zur Kuh: »Kuh, du sollst mir Milch geben. Die Milch bringe ich dem schönen Mädchen, das schöne Mädchen macht einen Kranz, den Kranz bringe ich dem Brunnen, der Brunnen gibt Wasser, das Wasser bringe ich meinem armen Hühnchen, weil es an der Holzbirne ersticken will.«

»Nicht eher gebe ich Milch«, sagt die Kuh zum armen Hähnchen, »als bis du Heu von der Wiese bringst.«

Da ging es zur Wiese. »Wiese, du sollst mir Heu geben; das Heu bringe ich der Kuh, die Kuh gibt Milch, die Milch bringe ich dem schönen Mädchen, das schöne Mädchen macht einen Kranz, den Kranz bringe ich dem Brunnen, der Brunnen gibt Wasser, das Wasser bringe ich meinem Hühnchen, weil es an der Holzbirne ersticken will.«

»Nicht eher gebe ich Heu«, sagt die Wiese, »als bis du zum Laden nach der Sense gehst.«

»Laden, du sollst mir die Sense geben. Die Sense bringe ich der Wiese, die Wiese gibt mir Heu, das Heu bringe ich der Kuh, die Kuh gibt Milch, die Milch bringe ich dem schönen Mädchen, das schöne Mädchen macht einen Kranz, den Kranz bringe ich dem Brunnen, der Brunnen gibt Wasser, das Wasser bringe ich meinem Hühnchen, weil es an einer Holzbirne ersticken will.«

»Nicht eher gebe ich die Sense«, sagt der Uden, »als bis du mir Geld bringst.«

Jetzt grämte sich das arme Hähnchen. Es lief geschwind zum Misthaufen und scharrte; dort fand es einen Kreuzer, den trug es zum Laden, nun bekam es eine Sense, ging zur Wiese, die gab Heu, das legte es dem Kühchen vor, das gab Milch, die Milch brachte es dem schönen Mädchen, das machte einen Kranz, den Kranz gab es dem Brunnen, der Brunnen gab Wasser, das Wasser brachte es gleich dem Hühnchen; aber dieweil es das Wasser geholt hatte, war das arme Hühnchen erstickt.

Das arme Hähnchen tat so, als wenn es sich nichts daraus machte; aber dennoch klagt es fortwährend sein Leid und weint auch jetzt noch, wenn andere Leute schlafen.

 


 


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