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VIII.

Fünf Minuten vor acht hastete Jordan durch den Warteraum zu seinem Arbeitszimmer. Der Warteraum war schon um diese Zeit vollgequalmt, und mindestens zehn Angestellte mit Papieren und Mappen in den Händen warteten darauf, vorgelassen zu werden.

»Mr. Norfolk, bitte!« bestimmte Jordan kurz, ohne sich zu vergewissern ob Norfolk auch da sei.

»Mr. Meyring, hier warten, und wenn es Nacht wird!«

Gefolgt von Norfolk, betrat er sein Arbeitszimmer, sperrte den Schreibtisch auf, nahm eine Mappe in grünem Einband heraus und vertiefte sich ins Lesen der Akten. Norfolk stand stumm wartend daneben und rauchte.

»Setzen Sie sich!« befahl Jordan, und Norfolk setzte sich.

Erst nach zehn Minuten hob Jordan den Kopf.

»Also, Mr. Norfolk, diese Sache mit Hornung muß ins Reine gebracht werden. Warum trafen Sie übrigens gestern die blödsinnige Verabredung im Kakadu? Ein geeigneteres Lokal in New York gibts wohl nicht?«

Norfolk zog die Schultern hoch.

»Sie hatten gewünscht, die Dame kennen zu lernen, Mr. Jordan«, sagte er. Sie aber war entschlossen, in den Kakadu zu gehen. Es ließ sich nichts dagegen machen. Diese Frau ist sehr eigenwillig, Mr. Jordan.«

»O ja!« erwiderte er und lächelte plötzlich. Doch sogleich wurde sein Gesicht wieder ernst. »Gestern konnte und wollte ich dort nicht über unsere Sache sprechen. Wie hoch war doch Mr. Hornungs Preis?«

»Fünfzigtausend Dollar.«

»Stimmt. Könnten wir zahlen. Aber ich will nicht. Es ist wie ein Aufgeben. Ich will diesem Mann gegenüber nicht nachgeben.«

»Vielleicht war Ihr Gedanke ganz richtig, durch die Frau auf ihn einzuwirken. Mir schien, Sie hätten das sogar sehr gut eingeleitet ...«

»Kommt nicht mehr in Betracht«, unterbrach ihn Jordan. »Die Frau bleibt ganz aus dem Spiele. Also müssen wir den Kampf mit dem Hornung aufnehmen. Sie selbst gehen jetzt zu ihm und stellen ihn vor die Wahl: Entweder er gibt nach, läßt die Sache auf sich beruhen und nimmt dankbar den Lohn an, den wir nachher für angemessen halten, oder er verliert das Amt, und sein Nachfolger wird gefügiger sein.«

»Mr. Jordan«, sagte Norfolk warnend. »Der Hornung wittert anscheinend eine Möglichkeit, uns zu einer hohen Zahlung zu zwingen. Sie selbst wissen sehr gut, daß es eine solche Möglichkeit gibt«

»Welche Möglichkeit?« fragte Jordan rauh.

»Wenn die Konkurrenz – die Gromow-Werke – von dieser Sache Wind bekommen ... Mr. Jordan, das gibt einen heillosen Spektakel!«

»Die Gromow-Werke stehen vor der Pleite.«

»Ein Raubtier, das im Sterben liegt, ist manchmal sehr gefährlich.«

»Hornung wird nicht auf den Gedanken kommen, sich dorthin zu wenden.«

Norfolk wiegte sinnend den Kopf hin und her.

»Wenn Sie den Mann nur nicht unterschätzen, Mr. Jordan! Ich halte es nicht für ungefährlich, sich mit ihm ernsthaft einzulassen Er hat sich in diese Sache geradezu verbissen ...«

»Und ich habe mich nun auch in diese Sache verbissen«, sagte Jordan trocken. »Hören Sie mal, lieber Norfolk. Wie denken Sie: Können wir es nötigenfalls darauf ankommen lassen? Darf eine Untersuchung stattfinden?«

»Nein, Mr. Jordan. Sie wissen das genau so gut wie ich. Die Untersuchung selbst kann uns nichts schaden. Wir haben nicht zu fürchten, daß etwas Ungesetzliches ans Tageslicht käme. Wenn aber infolge dieser Untersuchung allgemein bekannt würde, daß wir neben unserer Farbenherstellung auch die Herstellung von Gasen und Giften für den Krieg betreiben ... so wird uns das die ganzen Staatsaufträge kosten.«

»Das stimmt. Dennoch bleibt es dabei. Stellen Sie Hornung vor die Wahl. Erzählen Sie ihm, wie weit meine Hand reicht. Läßt er die Sache nicht ruhen, so gibt es noch andere Möglichkeiten. Man kann ja auch noch mit dem Staatsanwalt reden.«

»Das ist schon viel schwerer.«

»Es ist gut, Norfolk.« Jordan stand auf und klopfte dem alten Mann auf die Schulter. »Sie sind eine ehrliche Haut. Aber sehen Sie: ich habe da andere Gründe ... Die Frau, verstehen Sie, soll ganz aus dem Spiele ...«

»Ich verstehe«, sagte Norfolk leise. »Ich habe auch einmal geliebt ...«

»Wann?« fragte Jordan gespannt.

»Vor fünf Jahren.«

»Aber da waren Sie doch auch schon ein alter Mann!«

»Ja, allerdings. Und ... es war auch sehr traurig.«

»Traurig? Inwiefern?«

Norfolk blickte unverwandt zu Boden.

»Sie liebte mich so lange, bis ein jüngerer kam. Da verließ sie mich. Es war ein gutes Mädchen, aber die Liebe ... will eben Jugend, Mr. Jordan.« Jordan runzelte die Stirn.

»Ja ...« Er schwieg einen Augenblick. »Aber Macht ist auch etwas! Ich werde ihr zeigen, um wieviel mehr die Macht bedeutet als die Jugend.«Norfolk schüttelte zweifelnd den Kopf und ging zur Tür.

»Schicken Sie den Meyring her,« rief ihm Jordan nach.


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