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Die nassen Zuhörer von Rimini

Der wunderthätige Antonius Paduanus predigte einsmals in der Stadt Rimini die Lehr Jesu Christi / welcher Doctrin der Ketzer Bombellus samt den mehresten Inwohnern zuwider waren / welches dann verursachet, daß Antonius unter seiner Predigt wenig Zuhörer bekommen. Ja mit der Weil nichts / als höltzerne Zuhörer / nemlichen die Herren von Bankenriedt und Stüllingen: will sagen / nichts nichts als Stül und Bänck in der Kirchen. Solches schmertzte Antonium, daß denen Riminesern besser schmeckten die Egyptische Knobloch deß Bombelli, als das süsse Manna deß Wort Gottes. Wann dann /sagt Antonius, der Saamen deß Göttlichen Worts dieser Erden mißfället / so will ich ihn werffen in das Wasser / und weilen mich die Menschen verachten / so werden mich doch die Fisch anhören. Antonius in grossser Beglaitschaft gehet zu dem Gestatt deß Meers / fängt an zu predigen das Evangelium Jesu Christi. Sihe Wunder! Bey dem schönen trucknen Wetter lauter nasse Zuhörer / maßen alle Fisch gantz eylfertig dem Gestatt zu geschwummen / die Köpff auß dem Wasser gehebt / und der Predigt zugehöret.

Die Karpffen mit Rogen / seynd all hieher zogen / Haben d‘ Mäuler auffgrissen / sich deß Zuhörens beflissen. Kein Predig niemalen den Karpffen so gefallen.

Spitzgoschete Hechten / die immerzu fechten / seynd eylend hergschwummen / zu hören den Frommen. Kein Predig niemalen den Hechten so gfallen.

Platteißl so da klein / Wollten die letzten nicht seyn/ Antoni z Ehren / sein Predig zu hören. Kein Predig niemalen den Fischln so gfallen.

Auch jene Phantasten / so gmeinglich beym fasten / thue Stockfisch verstehen / hat man auch da gesehen. Kein Predig niemalen dem Stockfisch so gfallen.

Sardellen gut Bißln / wanns ligen in Schüßln / schwimmen embsig zu Port / zum Göttlichen Wort. Kein Predig niemalen den Fischln so gfallen.

Gut Aalen / gut Hausen / Vornehme gern schmausen / sich daher bequemen / die Predig vernehmen. Kein Predig niemalen dem Hausen so gefallen.

Die Sälbling und Äschen / sonst trefflich zum naschen / vor freuden schier gsprungen / zuhören die Zungen. Kein Predig niemalen dem Fisch so gfallen.

Auch Krebsen / Schildkrotten / sonst langsame Botten / steygen eylends vom Grund zuhören diesen Mund. Kein Predig niemalen den Krebsen so gfallen.

Fisch grosse / Fisch kleine / Vornehme und Gmeine / heben in d‘ Höh die Köpff / wie verständige Geschöpff. Auf Gottes Begehren Antonium anhören.

Nach vollendter Predigt deß wunderthätigen Manns habn alle Fisch die Köpff‘ geneigt / und sich bedanckt der wunderschönen Lehr. Nachmals wiederum unter das Wasser geschwummen. Aber Fisch verblieben / wie zuvor: Der Stockfisch ein plumper Großkopff geblieben / wie zuvor: Der Hecht ein Karpffen-Dieb geblieben / wie zuvor: Die Krebsen zurück gangen / wie zuvor: Die Aale geile Gesellen geblieben / wie zuvor. In Summa / die Predig hat ihnen gefallen / aber sie seynd geblieben / wie zuvor. Also gehen viel Neydige in die Predigt / hören / wie Gott so scharpff gestrafft / den Neyd des Cains / deß Sauls / des Esaus / der Brüder Josephs / aber bessern sich nicht: Viel Hoffärtige gehen in die Predig / hören / wie der gerechte Gott so scharpff gezüchtiget die Babylonier / der Agar / deß Lucifers, deß Nabuchodonosor / deß Antiochi / deß Amman / ec. Aber bessern sich nicht: viel Dieb gehen in die Predig / hören / wie die Göttliche Justitz ist kommen / und gestrafft hat den Diebstahl deß Achau / deß Judae / desß Nabaths / ec. Und bessern sich nicht: Viel Unzüchtige gehen in die Predig / und vernemmen nicht ohne Schröcken / wie der Allmächtige gestrafft hat den Ammon / den Herodes / den Holofernes / die Sodomiter / die Silchemiter / ec. Und bessern sich nicht / dann sie können es nicht mehr lassen / wie die Katz das Mausen / wie der Wolff das Zausen / wie der Ochs das Rehren / wie das Schaaff das Blärren / die Gewonheit ist ein eyserne Pfaidt / die Gewonheit ist schon in der Natur / und die Natur ist in der Gewonheit. Ein alten Baum biegen / das kann ich nicht / ein alten Hund guschen lehren / das kann ich nicht / ein altes Mahl auß einem Klaid bringen / das kann ich nicht / einem ein alte Sünd abgewöhnen / das kann ich noch weniger. Sicut erat in principio ein Weinkauffer / & nunc ein Weinsauffer / & semper ein Weintauffer. Er läst es nicht. Es ist kein Thier auf der Welt / welches ein so unbeständiges Leben hat / als ein Fisch / wann derselbe nur ein wenig ausser Wasser / so erbleicht er schon / der Ursachen hat Christus lauter Fischer zu seinen Aposteln genommen / und uns Menschen Fisch genennt / damit wir sollen erkennen / wie unbeständig und wanckelmüthig das Menschliche Leben sey.


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