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Da ich bemerkte, daß die Redlichkeit am Hofe nicht zu finden sey, so begab ich mich in den Laden eines Kaufmanns. Gleich bey dem Eintritte sah ich etwas, welches mich vermuthen machte, auch hier nicht glücklich zu seyn. Ein Schild war ausgehängt, auf welchem mehrere Bücher in einem großen Feuer dargestellt waren. Ich erkundigte mich nach dem Sinne des Bildes, und der Kaufmann sagte mir, daß er damit anzeigen wolle, seine Creditbücher seyen verbrannt, und er könne nichts mehr auf Credit hergeben. Also auch hier keine Treue, kein Vertrauen, keine Redlichkeit. Im Hintergrunde des Ladens saßen ein paar Freunde, welche sich ein Frühstück trefflich schmecken liessen. Ich fragte nach ihrem Namen, und erfuhr, daß der Eine ein vornehmer Herr, und der Andere ein Schmarotzer sey, welcher sich von jenem fett füttern lassen. Bei dem Schmarotzer fielen mir die Freunde des Job ein. So lange dieser reich war, hatte er eine Menge Freunde, welche kamen und das Brod mit ihm aßen. Sobald er aber arm war, verschwanden sie. Solche Scheinfreunde gleichen den Schwalben, welche so lange bleiben, als schöne Witterung ist, bey kaltem Winde aber entfliehen; den Fliegen, welche nur so lange verweilen, als sie zu fressen finden; den Blutegeln, welche abfallen, sobald sie sich voll angesoffen haben.
Ich versuchte es, die Redlichkeit in dem Hause zweyer Brüder zu suchen, welche, wie das Gerücht sagte, in vollster Eintracht lebten. An der Hausthüre kam mir schon die Falschheit entgegen, und ich wurde belehrt, daß sie in diesem Hause überall den Vorsitz habe, doch unter einem so dichten Schleyer, daß nur ein geübtes Aug sie erkennen kann. Unter den ersten Brüdern herrschte sie schon, gieng dann in Eifersucht, und endlich in solche Feindschaft über, daß Kain den Abel erschlug. Manche Freundschaft gleicht jener des Bauern zu dem Fuchsen. Ein Fuchs, welcher von dem Jäger arg verfolgt wurde, rettete sich in die Scheuer eines Bauern, und bat ihn inständig, ihn da zu verbergen. Er versprach dagegen, die Hüner und Gänse auf seinem Hofe für immer zu schonen. Der Bauer war damit zufrieden, und verbarg den Fuchs unter einigen Burden Stroh. Kaum war es geschehen, als schon der Jäger kam und fragte, ob der Fuchs nicht vorüber gekommen sey. Dort auf dem Felde habe ich einen laufen sehen, sagte der Bauer, winkte aber zugleich dem Jäger, daß er unter dem Stroh verborgen sey. Zum Glücke bemerkte der Jäger diese Winke nicht, welche der Fuchs aus seinem Hinterhalte sehr wohl bemerkt hatte. Als die Gefahr vorüber war, kam er hervor, und der Bauer rühmte sehr den geleisteten Dienst. »Deine Worte, sagte der Fuchs, waren gut, aber deine Handlungen stimmten nicht damit überein.« Er ließ den Treulosen beschämt stehen und fraß ihm seine Hühner, wie zuvor.
Mein Weg führte mich nun zu zwey Eheleuten. Auf den ersten Anblick sollte man geglaubt haben, daß hier kein Falsch herrsche, bald sah ich indessen die Falschheit im Hintergrunde ihr Wesen treiben. Der Herr hatte seine geheime Wege, und die Frau war eine Verwandtin der Gattin des Putiphar, welche ihren Verwalter lieber hatte als ihren Mann. Er war einfältig und sie schlau. Als einst eine nahe Verwandtin starb, ohne ihm etwas zu hinterlassen, erboste er sich sehr darüber, und behauptete, daß er, wenn alle Teufel aussterben sollten, nicht einmal ein paar Hörner eben würde. »Sey doch zufrieden, tröstete ihn seine Frau, wir haben ohnedem genug.«
Wahr ist, daß in keinem Stande mehr Falschheit vorgeht, als im Ehestande. Brautleute zeigen sich sehr oft von einer ganz anderen Seite als sie sind. Die geheimen Gebrechen werden sorgfältig noch mehr verborgen. Mancher erscheint als ein liebvoller, nachgiebiger Mann, und später zeigt er sich als ein Zänker, oder Trunkenbold. Manche ist im Brautstande so sanft, daß sie sich formen läßt, wie Wachs, und nachher wird sie ein störrisches, unbiegsames Weib, welches dem Mann das Leben zu Hölle macht. Oft wird ein großes Vermögen angegeben, und man sieht sich nachher getäuscht, oder es finden sich geheime Schulden. Die Braut scheint als Mädchen eine gute Haushälterin, und als Frau versteht sie nichts von der Wirthschaft, oder will sich nicht darum annehmen. Alle diese Täuschungen, und Falschheiten kommen endlich an den Tag, und machen eine unzufriedne, unglückliche Ehe.
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Gerichtsstellen, und Obrigkeiten sind dazu bestimmt, das Recht zu schützen, und die Wahrheit handzuhaben. Wie viele Partheylichkeit, falsche Zeugnisse, falsche Schwüre? Falschheit hat sich leider überall eingeschlichen. Es giebt viele, welche zwar eine heilige Außenseite haben, inwendig aber voll Falsch sind.
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Wie Mancher, wie Manche, decken ihren Lebenswandel durch Scheinheiligkeit? Sie sind die Ersten, und die Letzten, bey dem Gebethe, in den Kirchen; in ihren Wohnungen aber herrschen Sünde und Verbrechen.
Wie können diese Menschen es wagen, sich Christen zu nennen? Sie gleichen den Apothekerbüchsen, welche mit schönen goldnen Aufschriften prangen, und oft die bittersten, ekelhaftesten Dinge enthalten. Wehe solchen Christen! Wehe denen, welche den Namen des Stifters der Religion tragen, aber seinen Werken nicht folgen.