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Der Freier

Nicolae verbindet die endgültige Auswanderung aus den Berggründen seiner Jugendzeit mit der fälligen Brautschau dieses Jahres, die er nun in ganz anderm Staate und vor allem Stande als bisher unternimmt. Schwarz von Haar, kann er sich jenem vergleichen, der mit soviel Überlegenheit den braunen Lümmel in der Bewerbung bei der Mutter ausstach. Und wirklich schnüffelt wieder der große schwarze Raubritter aus den Nachbarbergen in allen Umgebungen nach den süßen Brautdüften herum, gerade als Nicolae sich eine noch etwas spröde, schlanke Gestalt zu der Seinigen erkoren. Da tritt ihm der andre ins Gehege, grollend, schwer zürnend. Nicolae hat sich selbst noch wenig im Bruderkampf erprobt, denn Bär mit Bär trifft sich selten und hat außer in Verteidigung der Beute und Raubstätte wenig Veranlassung, Fehde zu beginnen. Nun aber ist der Streitfall gegeben, nun werden Kraft und Geschicklichkeit über Recht und Unrecht entscheiden.

Der andere ist inzwischen noch weiter in Länge und Breite gegangen, das langsame Spiel der Bewegungen läßt eine gewisse Behäbigkeit als Zeichen einfließender Alterszustände erkennen. Nicolae mißt den Feind. In ihm reckt sich wieder die durch den Winterschlaf mitgenommene Gelenkigkeit, in allen Muskeln und Sehnen strafft sich die erworbene und verdiente Leistungszucht. Dumpf grölend gehn sie aufeinander zu. Gleich nach der ersten Umarmung faßt Nicolae den Feind mit dem Fang seitlich am langen Halse, treibt ihm den Kopf mit kühnem Griff über die Drossel zurück und setzt ihn so außer Gefecht. Das geschieht wie von Schraubstockkraft, ruhig und gegen alles Sträuben mit unwiderstehlichem Druck. Als er ihn so wie eine gespannte Schlagfeder mehr und mehr nach hinten umbiegt, während dessen Körper zu taumeln beginnt, als die furchtbar pressenden Branten um Nicolaes Brust sich stockend lockern und schließlich, nach Halt suchend, in die Luft fahren, da schnappt sein Fang blitzgeschwind dem Schwarzen in die Gurgel, die eigene Brante wird frei, schlägt weitumflügelnd mit der andern zugleich unter der Brust des Feindes zusammen, und nun hängt der, von den umfangenden Armen eingeschraubt, schier widerstandslos hintenüber, und Nicolaes drosselnder Fang hat freie Arbeit. Umsonst krampfen sich die Pranken des Eingespannten in Nicolaes Rippen, die Last nimmt schwellend zu; und da bricht der Unterliegende, des Gleichgewichts beraubt, ins Kreuz – wehrlos, geschlagen, besiegt liegt er unter Nicolae auf dem Rücken. Mehr braucht, mehr will Nicolae nicht. Diesen Feind hat er nicht mehr zu fürchten, das weiß er. Er gibt ihn frei, und lautlos, den Kopf zu Boden, trägt sich der Unterlegene davon. Nicolaes Rache wegen des Nebenbuhlers im Vorjahre, Rache auch für den Braunen. Das gibt Stolz, Größe, unerschütterlichen Glauben an die eigene Kraft – und sie, deretwegen die Kräfte gestiegen, empfängt in jungfräulich herber Bewunderung und Anerkennung den ersten Geliebten.

Käuzchen ruft im Tann. Uraleule heult.


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