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Dreizehntes Kapitel.

Guiomar. Sprecht, Wer seyd Ihr?
Rutilio.    Hört mich, huldreiche Frau. Ich bin Fremdling.
Damit habt Antwort Ihr auf alle Fragen.

Der Landesbrauch.

Eugenie zog den Vorhang wieder vor, und kaum hatte sie dies gethan, als die Schritte von dem äußern Zimmer sich dem näherten, wo sie stand. Ihr Diener trat ein in Begleitung von zwei Polizeibeamten.

»Verzeiht, Madame,« sagte Einer der Letztern; »aber wir verfolgen einen Verbrecher. Wir glauben, er muß in dies Haus gedrungen seyn, durch ein Fenster oben, während Euer Diener auf der Straße war. Erlaubt uns nachzusuchen.«

»Gewiß,« antwortete Eugenie, sich setzend. »Wenn er hereingekommen ist, so seht in den andern Zimmern nach. Dies Zimmer habe ich nicht verlassen.«

»Ihr habt Recht. Nehmt unsere Entschuldigung an.«

Die Beamten kehrten um und durchsuchten jeden Winkel, wo der Flüchtling nicht war. Denn hierin glichen die Schergen der Gerechtigkeit ihrer Gebieterin; wann schaute je menschliche Gerechtigkeit auf den rechten Fleck?

Der Diener blieb noch, um zu berichten, was er gesehen, was er gehört – als er in diesem Augenblick den Vorhang des Alkovens sich leicht bewegen sah. Er stieß einen Ausruf aus – sprang an das Bett – seine Hand berührte den – Vorhang – Eugenie faßte seinen Arm. Sie sprach nicht; aber als er erstaunt seine Augen auf sie richtete, sah er, daß sie zitterte, und ihre Wange weiß wurde wie Marmor.

»Madame,« sagte er stockend, »in der Vertiefung ist Jemand versteckt!«

»So ist's. Schweigt!«

Ein Verdacht zuckte durch die Seele des Dieners. Die reine, die stolze, die fleckenlose Eugenie!

»Jemand da! in dem Zimmer von Madame!« stammelte er unbewußt heraus.

Eugeniens schneller Blick faßte den schnöden Gedanken auf. Ihre Augen flammten, ihre Wangen wurden purpurroth. Aber ihre erhabene, großherzige Natur bezwang selbst den Ausbruch der verachtenden Entrüstung, der ihr auf der Lippe schwebte. Die Wahrheit! – konnte sie dem Manne trauen? Ein Zweifel – und das ihr anvertraute Menschenleben konnte verrathen seyn. Sie wechselte die Farbe – die Thränen traten ihr ins Auge.

»Ich bin gütig gegen Euch gewesen, François. Kein Wort davon!«

»Madame vertraut mir – das ist genug!« sagte der Franzose sich verbeugend, und mit einem leisen Lächeln um den Mund; und er zog sich ehrerbietig zurück.

Einer von den Polizeibeamten trat wieder ein.

»Wir sind fertig, Madame. Er ist nicht hier. Aha! der Vorhang dort!«

»Es ist das Bett von Madame,« sagte François, »aber ich habe schon dahinter nachgesehen.«

»Es thut mir sehr leid, daß wir Euch gestört haben,« sagte der Polizeibeamte, mit der Antwort zufrieden. »Aber wir bekommen ihn schon noch.« Und er zog sich zurück.

Die letzten Schritte verhallten, die letzte Thüre der Zimmer schloß sich hinter den Polizeibeamten und Eugenie und ihr Diener standen allein da, einander anstarrend.

»Ihr könnt Euch jetzt entfernen,« sagte sie endlich, nahm ihre Börse vom Tisch und legte sie in seine Hände.

Der Mann nahm sie mit einem bedeutungsvollen Blick. »Madame kann auf meine Verschwiegenheit bauen!«

Eugenie war wieder allein. Diese Worte klangen ihr noch im Ohr – Eugenie de Merville sollte sich verlassen müssen auf die Verschwiegenheit ihres Lakaien! Sie sank auf ihren Sessel, und da auf die Aufregung Erschöpfung folgte, stützte sie ihr Angesicht auf ihre Hände und brach in Thränen aus. Sie ward aufgeschreckt durch eine leise Stimme, schaute auf, und der junge Mann kniete zu ihren Füßen.

»Geht – geht!« sagte sie, »ich habe für Euch alles gethan, was ich kann. Ihr habt gehört – Ihr habt gehört – mein eigner Miethling dazu! Mit Gefahr meines guten Namens seyd Ihr gerettet. Geht!«

»Eures guten Namens!« – denn Eugenie bedachte nicht, daß Blicke, nicht Worte ihren Stolz so empört hatten – »Eures guten Namens!« wiederholte er; und wie er sich im Zimmer umsah – die Toilette, den Vorhang, die Vertiefung in der Wand, wo er verborgen gewesen, – Alles sah, was das keuscheste Heiligthum eines keuschen Weibes verrieth, welches, für einen Fremden zu betreten, beinahe so viel ist als es entweihen – da begriff er den Sinn ihrer Worte.

»Eures guten Namens! – Euer Miethling! Nein, Madame! nein!« Und mit diesen Worten erhob er sich. »Für mich kein solches Opfer! Eure Menschenliebe soll Euch nicht so viel kosten! He da! ich bin der Mann, den Ihr suchtet!« Und er schritt auf die Thüre zu.

Eugenie war tief erschüttert von dieser Antwort. Sie sprang auf ihn zu – sie faßte ihn bei den Kleidern.

»Still! still! um Gottes willen, was wolltet Ihr thun? Meint Ihr, ich könnte je wieder glücklich seyn, wenn das Vertrauen, das Ihr in mich gesetzt, verrathen würde? Seyd ruhig – verhaltet Euch still! Ich wußte nicht, was ich sagte. Es wird leicht seyn, den Mann zu enttäuschen – später – wenn Ihr gerettet seyd, und Ihr seyd unschuldig – nicht wahr?«

»Oh, Madame,« sagte Morton, »von Grund meiner Seele sage ich es, ich bin frei – nicht von Armuth – Elend – Irrthum – Schaam, aber frei von der Schuld eines Verbrechens. Möge der Himmel Euch segnen!«

Und wie er ehrerbietig die auf seinen Arm gelegte Hand küßte, da lag etwas so Rührendes in seiner Stimme, in seinem Benehmen Etwas, das so weit über seinem äußern Zustand war, daß Eugenie sich ganz verlor in ihren Gefühlen des Mitleids, der Ueberraschung und vielleicht selbst der Bewunderung, die sich ihrem Erstaunen beimischte.

»Und, oh!« sagte er leidenschaftlich, indem er sie mit seinen dunkeln, glänzenden Augen, feucht vor Bewegung, anblickte, »Ihr habt mir das Leben süß gemacht, indem Ihr mir es gerettet. Ihr – Ihr – von der ich seit dem ersten – beinahe dem einzigen Mal, daß ich Euch sah – so oft träumte und brütend sann! Hinfort, was mir auch zustoße, werden mir Erinnerungen bleiben, die – die –«

Er stockte, denn sein Herz war zu voll für Worte; und dies Schweigen sagte Eugenien mehr, als wenn Rousseaus ganze Beredsamkeit auf seiner Zunge geflammt hätte.

»Und Wer und Was seyd Ihr?« fragte sie nach einer Pause.

»Ein Verbannter – ein Waise – ein Ausgestoßener! Ich habe keinen Namen. Lebt wohl!«

»Nein, bleibt noch; die Gefahr ist noch nicht vorüber. Wartet bis mein Diener zur Ruhe ist; ich höre ihn noch. Setzt Euch – setzt Euch, und wohin wolltet Ihr gehen?«

»Ich weiß nicht.«

»Habt Ihr keine Freunde?«

»Keine.«

»Keine Heimat?«

»Nein!«

»Und die Polizei von Paris so wachsam!« rief Eugenie und rang die Hände. »Was ist zu thun? Ich werde Euch Vergebens gerettet haben – Ihr werdet entdeckt werden! Wessen klagen sie Euch an? Doch nicht des Raubes – oder –«

Und auch sie stockte jetzt, denn sie konnte nicht das schwarze Wort »Mord!« über den Mund bringen.

»Ich weiß nicht,« sagte Morton, die Hand an die Stirne legend, – »außer daß ich Freund war mit dem einzigen Mann, der mich beschützte – und ihn haben sie getödtet.«

»Ein andermal sollt Ihr mir Alles erzählen.«

»Ein andermal!« rief er lebhaft, »soll ich Euch wieder sehen dürfen?«

Eugenie erröthete bei dem Blick und der Stimme voll Freude.

»Ja,« sagte sie, »ja. Aber ich muß mich besinnen. Seyd ruhig – seyd still. Ha! ein glücklicher Gedanke!«

Sie setzte sich, schrieb ein paar hastige Zeilen, siegelte und gab das Billet Morton.

»Nehmt dies Billet, an Madame Dufour gerichtet und adressirt; es wird Euch ein sichres Logis verschaffen. Sie ist eine Person, auf die ich mich verlassen kann – eine alte Dienerin, die bei meiner Mutter gewesen, und der ich eine kleine Pension gegeben. Sie hat ein Logis zu vermiethen – es ist kürzlich leer geworden – ich habe ihr versprochen, für einen Miethsmann zu sorgen – geht – sagt Nichts von dem, was vorgefallen. Ich werde sie sprechen und Alles in Ordnung bringen. Wartet – horch! – Alles ist still. Ich will zuerst gehen und sehen, ob Niemand Euch auflauert. Halt!« (und sie riß das Fenster auf und schaute in den Hof) »die Pförtnersthüre ist offen; das ist ein Glück! Eilt, und Gott sey mit Euch!«

In wenigen Minuten war Morton in den Straßen. Es war noch früh, die Plätze waren noch leer, noch kein Laden geöffnet. Die Adresse des Billets bezeichnete eine etwas entfernte Straße, auf dem andern Seineufer. Er ging über denselben Quai, den er nur vor wenigen Stunden erst betreten – über dieselbe prächtige Brücke, neu belebt, auf der er gestanden hatte, verzweifelnd sie zu verlassen – er erreichte die Rue Faubourg St. Honoré. Ein junger Mann in einem Cabriolet, auf dessen zarter Wange die hektische Röthe von durchwachten Nächten und unmäßiger Vergnügungssucht brannte, rollte gemächlich heim vom Spielhause, wo er noch mehr als sonst glücklich gewesen – seine Taschen waren beladen mit Banknoten und Gold. Er beugte sich vor, als Morton an ihm vorbeiging. Philipp in seine Träumerei versunken, bemerkte ihn nicht und setzte seinen Weg fort. Der Gentleman bog eine der Straßen links hinab, hielt an, und rief seinen Diener, der hinten auf dem Cabriolet schlummerte.

»Folgt in aller Stille diesem Fußgänger – seht, wo er wohnt; findet ihn ja gewiß auf und benachrichtigt mich davon. Ich fahre ohne Euch heim.« Damit fuhr er weiter.

Philipp, Nichts ahnend von dieser espionage, gelangte zu einem kleinen Hause in einer stillen, aber achtbaren Straße, und zog mehrere Male die Glocke, bis er endlich von Madame Dufour selbst, in ihrer Nachthaube, eingelassen wurde. Die alte Frau blickte die unerwartete Erscheinung fragend und erschrocken an. Aber das Billet schien sie sogleich zufrieden zu stellen. Sie führte ihn in ein Logis auf dem ersten Stock, klein, aber sauber und sogar elegant eingerichtet – es bestand aus einem Wohnzimmer und einem Schlafgemach – und sagte dann ruhig:

»Ist Monsieur damit zufrieden?«

Sie erschienen Monsieur wie ein Palast. Morton nickte bejahend.

»Und will Monsieur eine Weile schlafen?«

»Ja.«

»Das Bett ist gut gelüftet. Die Zimmer sind nur drei Tage leer gestanden. Kann ich Euch mit Etwas dienen, bis Euer Gepäck ankommt?«

»Nein.«

Die Frau verließ ihn. Er legte seine Kleider ab – warf sich auf das Bett, und wachte nicht auf bis Mittag.

Als er die Augen öffnete – und sein Blick auf dem friedlichen Gemach verweilte, mit dem gesunden, saubern, behaglichen Aussehen, da währte es lange, bis er sich überzeugen konnte, daß er wirklich wachte. Er vermißte die laute, tiefe Stimme Gawtreys – den Rauch von des Todten Meerschaumkopf – die trübe Bodenkammer – die klaffenden Wände – das verstohlene Geflüster des verhaßten Birnie; langsam dämmerte das in den letzten zwölf Stunden durchgemachte und das dahingegangene Leben seiner ringenden Erinnerung wieder auf. Er stöhnte und warf sich unruhig herum, als die Thüre leise geöffnet wurde und er heftig aufsprang.

»Wer ist da?«

»Nur ich bin's, Herr,« antwortete Madame Dufour. »Ich bin schon dreimal da gewesen, zu sehen, ob Ihr wach seyd. Da ist ein Brief, für Euch, glaub' ich, Herr, obgleich kein Name darauf ist,« und sie legte den Brief auf den Stuhl neben ihm. Kam er von ihr, dem rettenden Engel? Er ergriff ihn. Das Couvert war nicht beschrieben; er war gesiegelt mit einem kleinen Siegel wie von einem Ring. Er riß ihn auf und fand vier Bankbillets, jedes zu 1000 Franks, etwa 160 Pf. Sterling.

»Wer hat dies geschickt, die – die Dame, von der ich das Billet brachte?«

»Madame de Merville? gewiß nicht, Herr,« sagte Madame Dufour, die, mit dem Privilegium des Alters, jetzt ohne Bedenken die Wassergefässe füllte und den Toilettetisch in Ordnung brachte. »Ein junger Mann sprach vor etwa zwei Stunden, nachdem Ihr zu Bette waret; er beschrieb Euch und fragte, ob Ihr hier logirt, und was Euer Name sey. Ich sagte ihm, Ihr seyet eben erst angekommen und ich wisse Euren Namen nicht. So ging er weg, und kam eine halbe Stunde später wieder mit diesem Brief, den er mir auftrug, Euch richtig zu übergeben.«

»Ein junger Mann? ein Gentleman?«

»Nein, Herr; es schien ein ganz flotter Bursch, aber von gemeinem Stand.«

Denn die einfache Madame Dufour entdeckte in dem simpeln schwarzen Frack und den Tuchgamaschen des Ueberbringers dieses Briefs nicht die einfache Livree von dem Reitknecht eines englischen Gentleman.

Von Wem konnte es kommen, wenn nicht von Madame de Merville? Vielleicht von einem Freunde des todten Gawtrey. Ein Gedanke an Arthur Beaufort durchzuckte ihn, aber er verwarf ihn mit Unwillen. Die Menschen nehmen selten gläubig an, was sie nicht gern glauben. Welche Güte hatten die Beauforts bisher ihm gezeigt? – Sie hatten seine Mutter am gebrochnen Herzen sterben lassen – ihm seinen Bruder von der Seite gestohlen, und in diesem Bruder das einzige Herz erkältet und verhärtet, von dem er Dankbarkeit und Liebe zu erwarten das Recht hatte! Nein, es mußte von Madame de Merville kommen!

Er schickte Madame Dufour fort nach Feder und Papier – stand auf – schrieb einen Brief an Eugenie – dankbar aber stolz, und schloß die Banknoten ein. Dann rief er Madame Dufour und schickte sie mit seinem Briefe fort.

»Ach, Madame,« sagte die ci-devant bonne, als sie bei Eugenien angekommen war, »der arme Junge! wie schön er ist, und wie schmählich von dem Vicomte, ihn solche Kleider tragen zu lassen!«

»Dem Vicomte!«

»Oh, meine theure, gnädige Frau, Ihr müßt es nicht läugnen. Ihr schriebt mir in Eurem Billet, ich solle keine Fragen an ihn thun, aber ich errieth es sogleich. Der Vicomte sagte mir selbst, er werde den jungen Herrn in wenigen Tagen hier haben. Ihr dürft Euch seiner nicht schämen. Ihr werdet sehen, welchen Unterschied in seiner Erscheinung Kleider machen und ich habe es auf mich genommen, den Schneider zu ihm zu bestellen. Der Vicomte muß mich bezahlen.«

»Kein Wort gegen den Vicomte für jetzt! Wir wollen ihn überraschen,« sagte Eugenie lachend.

Madame de Merville hatte den ganzen Morgen studirt, um eine Geschichte zu erfinden, die ihr Interesse für den Miethsmann erkläre, und wie begünstigte sie jetzt das Glück.

»Aber ist dieser Brief für mich?«

»Und ich hätte ihn beinahe vergessen,« sagte Madame Dufour, und bot ihr ihn hin.

So Manches in den Verhältnissen Mortons bisher schon das Interesse Eugeniens erweckt und ihren romantischen Sinn angesprochen hatte: die Phantasie ward noch mehr angezogen durch den Ton des Briefes, den sie jetzt las. Denn obgleich Morton, der mehr Uebung im französisch Sprechen als im Schreiben hatte, sich mit weniger Genauigkeit, und in weniger gewählten und wohltönenden Phrasen ausdrückte, als die Autoren und élégants, welche ihre gewöhnlichen Correspondenten waren: so war doch in jeder Zeile seines Briefs ein angeborner, rauher Adel – ein starkes und tiefes Gefühl, was ihr Staunen und ihre Bewunderung noch vermehrte.

»Alles, was ihn umgibt – Alles, was auf ihn Bezug hat, ist sonderbar und geheimnisvoll,« murmelte sie; und sie setzte sich nieder, ihm zu antworten.

Nachdem Madame Dufour mit diesem Brief weggegangen war, blieb Eugenie über eine Stunde in stummem, tiefem Nachdenken versunken, Mortons Brief lag vor ihr; und süß waren, bei aller Verworrenheit, die Erinnerungen und Bilder, die auf ihre Seele eindrangen.

 

Morton, überzeugt durch die ernsten und feierlichen Versicherungen Eugeniens, daß sie nicht die unbekannte Geberin der wieder beigeschlossenen Banknoten sey, dachte, nachdem er sich vergebens den Kopf zerbrochen mit neuen Muthmaßungen, von welcher Seite sie doch kommen möchten, es wäre bei seinen dermaligen Verhältnissen eine Don Quixoterie, die Benutzung und Verwendung dessen auszuschlagen, was die Vorsehung selbst, der er sich von Neuem vertrauend anheimgegeben, ihm zu seiner Hülfe zugeschickt zu haben schien, und es half ihm auch hinweg über alle Anerbietungen von Geldunterstützungen von einer Person, von welcher solche anzunehmen er am wenigsten hätte übers Herz bringen können. So willigte er denn in Alles, was der geschwätzige Schneider ihm vorschlug, und es wäre schwer gewesen, den wilden, verstörten Flüchtling in der stattlichen und anmuthigen Gestalt, mit der jugendlichen Schönheit und mit der Haltung des hochgebornen Stolzes wieder zu erkennen, welche am folgenden Tag an der Seite Eugeniens saß, und an diesem Tag, erzählte er seine traurige, stürmische Geschichte; und Eugenie weinte; und von diesem Tag an kam er täglich; und zwei Wochen – glücklich, traumhaft, berauschend für Beide – verstrichen; und als am letzten Tage die Sonne unterging, da knieete er zu ihren Füßen, stammelte ihr, der bisher die Huldigungen des Witzes und Genie's und behaglichen Reichthums vergebens waren dargeboten worden, das ungestüme, aufgeregte, köstliche Geheimniß der Ersten Liebe vor. Er sprach und stand auf, um dann für immer zu scheiden – als ihr Blick und ihr Seufzer ihn zurückriefen.

Am folgenden Tag, nach einer schlaflosen Nacht ließ Eugenie de Merville den Vicomte de Vaudemont zu sich bitten.



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