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Vorwort

Die Rougon-Macquart sollen sich aus etwa zwanzig Romanen zusammensetzen. Seit dem Jahre 1869 steht der allgemeine Plan fest, und ich folge ihm mit größter Strenge. »Der Totschläger« ist zur bestimmten Stunde erschienen; ich habe dieses Buch geschrieben, wie ich die anderen schreiben werde, ohne auch nur einen Augenblick von dem vorgezeichneten Wege abzuweichen. Hierin beruht meine Kraft. Ich habe ein Ziel, auf das ich losgehe.

Als »Der Totschläger« in einer Zeitung erschien, griff man dieses Buch mit einer Erbitterung ohnegleichen an, man verdächtigte es und belud es mit allen Verbrechen. Ist es wohl nötig, hier in einigen Zeilen meine schriftstellerischen Absichten auseinanderzusetzen?

Ich habe den verhängnisvollen Verfall einer Arbeiterfamilie in dem verpesteten Innern unserer Vorstädte schildern wollen. Am Ende der Trunksucht und des Müßigganges steht eine Erschlaffung der Familienbande, ein Versinken im Schmutz, ein fortschreitendes Abnehmen jeder ehrenwerten Empfindung und schließlich als Lösung die Schande und der Tod.

Das ist ganz einfach in Handlung umgesetzte Moral. »Der Totschläger« ist ohne Zweifel das keuscheste meiner Bücher. Wie oft habe ich nicht noch viel entsetzlichere Wunden berühren müssen. Die Form allein hat verwirrt. Man hat an der Ausdrucksweise Anstoß genommen. Mein Verbrechen ist, daß ich die literarische Neugier hatte, die Sprache des Volkes aufzuraffen und in eine fein durchbildete Form zu gießen. Ach! die Form, da liegt das große Verbrechen! Und dennoch gibt es Wörterbücher dieser Sprache, die Gelehrten studieren sie und freuen sich ihrer Frische, der Ursprünglichkeit und Kraft ihrer Bilder. Sie ist das Lieblingsgericht des umherstöbernden Grammatikers. Doch was liegt daran? Niemand scheint es geahnt zu haben, daß ich beabsichtigte, eine rein philologische Arbeit zu machen, von der ich glaube, daß sie ein lebhaftes historisches und soziales Interesse hat.

Übrigens verteidige ich mich nicht. Mein Werk wird mich verteidigen. – Es ist ein Werk der Wahrheit; der erste Roman über das Volk, der nicht lügt, aus dem das Volk selber spricht. Man darf durchaus nicht aus meinem Buche den Schluß ziehen, daß das ganze Volk schlecht sei, denn meine Personen sind nicht schlecht, sie sind nur unwissend und verdorben durch den Wechsel von harter Arbeit und bejammerungswürdigem Elend, aus dem ihr Leben besteht. Nur lesen, verstehen und in ihrem Zusammenhange erfassen müßte man meine Romane, ehe man schon fertige, ungeheuerliche und häßliche Urteile über meine Person und meine Werke in die Welt setzt. Oh! wie meine Freunde das verblüffende Märchen belächeln, womit man die Menge belustigt! Wenn man wüßte, was dieser Blutmensch, dieser wilde Romandichter für ein würdiger Bürger, ein Mann der Wissenschaft und Kunst ist, dessen einziges Streben dahin geht, ein so großes und lebendiges Werk zu hinterlassen, wie seine Kräfte ihm erlauben!

Ich will keine dieser Fabeln widerlegen; ich arbeite und verlasse mich auf die Zeit und den gesunden Sinn des Publikums, das mich endlich wohl hervorziehen wird unter dem Haufen von Narrheit und Torheit, unter dem man mich begraben hat.

Paris, den 1. Januar 1877.
Emile Zola.


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