Theodor Wolff
Spaziergänge
Theodor Wolff

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Maccaroni auf dem Vesuv

(Pompeji)

Zwischen den zwei kleinen Gasthöfen, die nicht weit vom Eingang zur Ruinenstadt sich an der Landstraße entgegenschauen, wie Schillers altersgraue Schlösser am Hellespont, standen mein Führer, mein Streitroß und noch ein anderer Esel. Die Luft war klar, und der Himmel war blau, die Wolken, die ihn tags zuvor noch verfinstert, hatten sich aufgelöst zu lichtem Schnee, der den dunklen Berghäuptern in der Ferne weiße Nachthäubchen aufgesetzt hatte und nun langsam vor dieser Armee von Sonnenstrahlen floh. Unter der Tür des Schweizerhotels stand der dicke Wirt mit dem freundlichen Bacchusbauch, und drinnen sang die zweiköpfige Hauskapelle das Lied von der Drahtseilbahn:

»Aissera, Nannine, me ne sagliette
Tu saje addo?
Addo suo core 'ngrato cchiu dispiette
Farme non prò
Addo lo ffuoco coce, ma 's fuie,
Te lassa sta.
E non te corre appriesso, non te struje,
200
Ncielo a quardà.
Jamma ncoppa jammo ja – – –
Funiculi – Funiculà.
«

Man singt dieses Lied bereits am Nordkap. Der Eskimo singt es in seiner niederen Hütte, wenn er ein Gläschen Tran über den Durst getrunken hat, und dann liegen die klugen Seehunde neugierig vor der Tür und spitzen die Ohren. Und auch der Indianer singt es gewiß in seinem Wigwam, und der Zwergmensch im innersten Afrika tanzt die Polka und den Walzer danach, aber dann werfen ihn die Affen von ihren Bäumen mit Kokosnüssen, weil er so alte Melodien vorträgt.

Die Klänge dieses schönen Liedes also drangen hinaus durch die stille, unbewegte Luft, zu den alten grauen Ruinen dort auf den pompejanischen Hügeln hinüber, und jedesmal bei dem »jammo« schnellten die Stimmen jauchzend in die Höhe, und jedesmal bei dem »funiculi funicula« bemühten sie sich, das Ächzen und Stöhnen der Drahtseilbahn hindurchklingen zu lassen.

Die zwei Tiere auf der Landstraße standen geduldig neben dem Führer, der eine blaue Leibbinde mit roten Verzierungen trug und einen Hals hatte, der wie so viele Hälse hier ein wahres Sonntagsfressen für einen soliden Galgen gewesen wäre.

Die Sonne spannte güldene Brücken zwischen den beiden Häusern aus, sie floß in goldenen Seen über die Felder und leuchtete wie goldene Schleier der Dryaden in den Baumkronen. Mein Streitroß blinzelte ein wenig mit den Augen, dann senkte es die müden Lider und gähnte, und sein Gähnen klang fast wie das »Y-a« von Müllerlieschens grauem Esel.

201 Wie es dastand – imposant und herrlich in der vollen Schönheit seiner Gestalt! Es hatte ganz kurze Beinchen und einen dicken, rundlichen Körper, wie der Bauch einer Lokomotive, und lange braune Haare hüllten es ein wie ein dichter, gemütlicher Pelz. Es hatte den Kopf mit den verräterisch großen Ohren beschaulich gesenkt und gab sich nicht die geringste Mühe, die Kniee auch nur ein wenig durchzudrücken. Was waren alle berühmten Pferde des Altertums und der Neuzeit gegen dieses Geschöpf Italiens, das traurig und träumerisch dastand wie der Pegasus des Pessimismus.

»Das ist kein Pferd,« sagte ich entrüstet. »Das ist ein Esel!« Der alte Kavalleristenstolz empörte sich in mir. Nein, das war kein Pferd, das war eine Beleidigung!

»Es ist ein Pferd!« sagte der Führer mit der gestickten Leibbinde und dem Galgenhals.

Das Tier öffnete die Augen, hob ein wenig den Kopf und sah mich mit einem so schmerzlich bittenden Blicke an, als wollte es versichern: »Kränke mich nicht – siehst du nicht, wie unsäglich ich leide?« Es mochte der Abkömmling einer vornehmen Familie sein, der verarmte, heruntergekommene Nachkomme eines alten Geschlechts, das einst bei den Turnieren in den Rosengärten einer entschwundenen Zeit sich Ruhm und Ehre erworben. Die Vorfahren hatten Lorbeeren auf dem Haupte und Heu in der Krippe gehabt – es mußte den Nachkommen schmerzen, wenn man ihn Esel nannte. Es war das alte Lied!

»Nun gut!« sagte ich und stieg hinauf. Und das 202 Tier hob langsam und müde die Beinchen, und wir ritten davon.

Links auf den Höhen standen die ausgeplünderten grauen Mauern von Pompeji, rechts dehnte sich weithin das flache Land mit kleinen, winzig kleinen Dörfern, die aus der Entfernung so sauber aussahen, ganz sauber und einladend. Und hinter all der Ebene mit ihren weißen Häusern und ihren schwarzen Pinien stieg mit dunklen Schatten kahl und ernst der Vesuv empor, auf dessen Höhe der Rauch lagerte, der so unbeweglich aussieht, wenn man ihn aus der Ferne erblickt.

Dorthin ging unser Weg. Durch die schmalen Straßen zwischen all den zerbröckelten Gartenmauern lief lustig das Wasser, das von den Bergen herniederkam und keinen anderen Ausweg fand. Und die Mädchen an den Fenstern lachten und warfen die Makkaroniabfälle herunter, und die schmutzigen Frauen hielten ihre Wickelkinder in die Höhe, die erst ein Wort lallen konnten: »Signore, un soldo!«

Dann kamen wir auch nach Boscoreale. Das ist ein Ort, den Wein und Wasser sehr berühmt gemacht haben. Denn sein Wein heißt lacrimae Christi, und aus dem Fallen des Wassers in seinen Zisternen erkennt der Eingeborene die nahende Gefahr. Es fällt jetzt wieder einmal, freilich langsam und gemächlich. Die große Stopfung und Sperrung im Erdinnern hat begonnen, die vom Meer her eingedrungenen Wasser werden schon unruhig, und in absehbarer Zeit werden die drängenden Wasserdämpfe neue Wege suchen. Und unter dem donnernden »Ça ira« des Berges wird dann die neue Revolution geboren.

203 In der Tür des Wirtshauses stand ein schönes Mädchen. Sie war eine hohe Siebenundzwanzigerin, von jener holden Entwicklung der Formen, die der leichtsinnige Rubens und die fröhlichen Venetianer so liebten; aber ihre Züge zeigten doch jene vornehme, ernste Schönheit, die man in diesen Gegenden überall dort antreffen kann, wo die Lebensbedingungen die Pflege dieses hier so unendlich empfindlichen Edelguts ermöglichen.

Aurelia, genannt »la bella Aurelia«, stand in der Tür und strickte. Sie hatte die überflüssigen Nadeln in den dunklen Haarturm gesteckt und sah kriegerisch aus wie Athene, die Blauäugige.

Der Führer stieg vom Pferd. Und da ich, weniger durstig als er, noch zögerte und ihn fragend ansah, meinte er: »costumi, signore!« Er wollte mir sagen, es sei Sitte, hier einzukehren. Und um der costumi und der bella Aurelia willen kehrten wir ein. Aurelia brachte den Wein des Vesuv, sie nippte auch ein wenig am Glase, und dann erhob sich der Führer mit der Leibbinde und dem Galgenhals, hielt ernst und feierlich sein Glas in die Höhe und sprach langsam und gemessen: »A votre santé, monsieur, et à la santé de votre famille!« Es war sein französischer Vokabelschatz. »Merci,« sagte ich und verbeugte mich.

Und dann ging es weiter. Nun lagen keine Gärten mehr zur Seite, keine Häuser, keine Spuren schaffenden Lebens, nun dehnten sich nur die Lavafelder, dunkel und endlos, diese Riesenschlachtfelder der Natur, unter denen, tief im Grunde, vergangene Zeiten den Traum der Ewigkeit träumen. Noch ein letztes Haus, das weiß 204 aus der dunklen Wüste aufsteigt, dann ist alles vorbei, die Welt liegt dort hinten, weit zurück, weit fort von dieser Einsamkeit, und das große Lied der Kultur ist verrauscht und verklungen.

Nichts ist so rauh, so hart, so unbarmherzig wie dieses Bild, wie diese erbarmungslose Einöde, dieses unendlich weite Land des Todes. Nur Geröll, wüstes, farbloses Geröll, so weit das Auge blickt. Und in diesem gewaltigen weiten Totenfeld steigt dunkel und drohend des Todes Fürst empor, dieser Berg des Unglücks, dieser unheiltragende Koloß, aus dessen Schlund die grauen Dampfmassen wie Ungeheuer der Vorzeit zu dem blauen Himmel sich wälzen, zu dem himmlischen Thronsaal, wo der ernste Zeus die ambrosischen Locken schüttelt und schon nach den Blitzen greift, um die Frechen hinunterzustürzen, zurück in den Höllenschlund, der sie gebar. Hier hat er einst die Giganten zerschmettert, die rasenden Gottesleugner, und rings im Gefilde liegen ihre zerbröckelten, versteinerten Riesenleiber. So sanken sie hin, sie, die den Himmel zerstören wollten, von dem Aphroditens ewige Schönheit ihr sonniges Licht beglückend zu der armen Menschenwelt sandte, so endeten sie in Schutt, Asche und Staub. Gütiger Zeus, rächender Zeus, komm wieder, nimm wieder den Blitz – – –

»Hoi, Makkaroni!« rief hinter mir der Führer. Ich sah mich ein wenig verwundert um. »Makkaroni?« fragte ich. Und da erfuhr ich, daß mein Streitroß diesen Namen trug. Ja, ich ritt auf »Makkaroni!« In Deutschland hätte man dies brave Tier vielleicht »Therese« oder »Friederike« genannt, nach dem Namen der lächelnden Geliebten, hier nennt man es 205 »Makkaroni«. Und wie es den Kopf zurückwarf, stolz und zufrieden, als es mit diesem Kosenamen gerufen wurde! Und wie es galoppierte und sprang und alle Hindernisse siegreich nahm und unermüdlich über dieses Geröll an dem steilen Berg hinaufkletterte, ohne zu stolpern! Ja, es wußte die Ehre zu schätzen, die Ehre, »Makkaroni« zu heißen!

Aber dann mußte ich von »Makkaroni« scheiden. Schon seit geraumer Zeit hatte sich ein verdächtiges Individuum an »Makkaronis« Schwanz festgeklammert und trabte und galoppierte mit, wo wir trabten und galoppierten. Es war der Pferdeversorger, der die Tiere bewachen sollte, während wir weiterkletterten.

Mitten in der grauen Steinwüste lagerten um ein Feuer einsame Menschen. Struppige Leute, denen ein Waschbecken so fremd war wie den Wilden auf Robinsons Insel das Schießgewehr. Bei diesen Ungeheuern der schrecklichen Öde, die mich wie eine Steuereinschätzungskommission mit prüfenden Blicken betrachteten, verließ ich »Makkaroni«.

Die weiße Dampfwolke über uns an der Spitze des Berges war von der großen Zauberin Sonne mit goldenen Rändern geschmückt worden, und sie sah nicht mehr so unbeweglich und wandellos aus, wie sie aus weiter Ferne gesehen erscheint, sie zog bedächtig und langsam durch die Luft hinaus, in vollen, schweren Strömen von Dampf und Rauch. Und man konnte auf den weiten Steinfeldern ganz deutlich die verschiedenen Flüsse von Lava und Asche unterscheiden, die sich im langen Lauf der Jahre aus dem Krater ergossen haben – schmal 206 haben sie oben begonnen, und allmählich haben sie sich dann zu beiden Seiten hin ausgedehnt und sind in breiten Meeren von Geröll und formlosem Gestein in die Täler niedergegangen. Sie sind ein wenig verschieden in der Färbung, einige sind dunkler, die anderen heller, woran die längere oder kürzere Einwirkung von Regen und Luft und Sonne wohl die Schuld trägt.

Dort unten aber, in weiter Ferne, liegt das blaue Meer, Neapels Golf mit seinen Märchenfarben, weiße Städte flimmern im Sonnenlicht, Castellamare und Torre del Greco, und am Horizont, schwimmend in goldenen Nebeln, Capris blauschattige Felsen. Und garnichts, was vermittelt zwischen dieser grausigen Steinwüste hier oben und dem glücklichen Land dort unten, über das in jubelndem Reigen die Sonnenelfen hinziehen, nichts, was vermittelt – nichts als ein paar einsame Pinien, die dort, wo das Reich des Todes schon begonnen, wunderlich hinausleuchten mit ihren grünen Schirmdächern aus dem farblosen Lavagrund.

Der Weg durch die tiefe, lose Asche, immer am steilen Berg in die Höh', ist zu unzähligen Malen geschildert und bejammert worden. Wie schwer ist der Weg zu dieser Hölle! Schon darum ist es wenig wahrscheinlich, daß das hier die richtige Hölle ist – der Teufel verstand noch immer sein Geschäft und machte es niemals den Menschen so schwer, zu ihm zu gelangen. Viel eher mag seine Hölle einem großen Hotel gleichen – alles sieht von außen nett und freundlich aus, und der Teufel steht an der Tür und trägt den Frack eines Oberkellners und lächelt immer und winkt: »Sie werden sich sehr wohl bei uns fühlen – bitte nur näher zu treten.« 207 Aber am andern Tage präsentiert er die Rechnung. Und er lächelt wieder.

Beim Aufstieg auf den Vesuv habe ich, soweit ich mich erinnere, wenig gelächelt. Ich weiß nur noch, daß ich mich ein paarmal sehr gern niedergesetzt hätte, daß aber nichts da war, was einem Ruhesitz ähnlich gesehen hätte, denn warme Asche ist als Kanapee nicht nach jedermanns Geschmack. Und dann weiß ich noch, daß einer von jenen Kerlen, die ich vorher am Feuer gesehen, immer neben mir herschritt und mir anbot, daß er mich an einem kleinen Riemen hinaufziehen wollte, nur für ein paar Lire, und daß ich erst ganz energisch nein sagte, zwei-, dreimal, bis ich schwächer und schwächer wurde und müder und müder. Da kamen mir allerlei Gedanken, zuerst, daß es doch töricht sei, so aus reinem Heroismus sich abzuquälen, daß die Strapaze um der Strapaze willen für vernünftige Menschen keinen Reiz haben könnte, und schließlich, daß auch der große Goethe einst in der gleichen Situation zu diesem Riemen gegriffen, vielleicht zu eben demselben Riemen, der sich nun vererbt hatte, vom Großvater auf Vater und Sohn. Das gab den Ausschlag, meine Tugend fiel, und ich griff nach dem rettenden Riemen.

Nicht lange darauf kamen wir zu einer kleinen Steinhütte, drei Mauern ohne Dach, dort konnte man ruhen. Teurer und schlechter Wein war auch zur Hand. Und wieder hob der Führer mit der gestickten Leibbinde und dem Galgenhals das Glas in die Höhe und sprach ernst und feierlich die geflügelten Worte: »A votre santé, monsieur, et à la santé de votre famille!« – »Merci!« sagte ich.

208 Eine knappe Stunde später waren wir oben. Aber die Lage der Sache war keineswegs eine günstige. Die Dampfentwicklung war noch stärker als gewöhnlich, und die Schwefeldämpfe zogen so niedrig über den Berg, daß es zunächst unmöglich schien, auch nur einen Schritt weit vorzudringen. Wir krochen zur Seite; dort lag Schnee zwischen den Steinen, und diesen freundlichen Schnee banden wir im Taschentüchlein vor Mund und Nase. So arbeiteten wir uns rings um den Krater herum.

Der Dampf kommt nicht aus dem einen großen Krater, er kommt aus zahllosen Ritzen und Spalten, die überall zwischen Asche, Fels und Lava sich auftun und die ganz charmant ausschauen, weil der Schwefel ihre Ränder in allen Regenbogenfarben, grün, gelb, rot und blau, erschimmern läßt. Die Luft, die aus diesen Spalten ausströmt, ist glutheiß, und es ist einer der ältesten Scherze, Eier darin zu kochen. An jenem Tage aber kochten wir keine Eier, wir hatten beide keinen rechten Appetit, weder ich noch der Führer, und das ist sehr sonderbar, denn in einem sind sonst die Führer in allen Ländern und Gebirgen sich ähnlich: sie haben immer Appetit.

Wir stiegen auch zum Atrio del Cavallo hinab, zu diesem talartigen Einschnitt zwischen dem jetzigen Vesuv und dem Monte Somma. Hier ist der alte, ausgebrannte Krater zu suchen, und hier sieht man aus dem Vesuv den neuen Lavastrom niederfließen, eine weichliche, schwärzliche, dampfende Masse. Aber es war wieder eine zwei- oder dreistündige Tour über Geröll und loses Gestein. Und hier war alles bedeckt mit einer hüllenden, heimtückischen Decke von weißem, leuchtendem Schnee.

209 Dann sahen wir von oben das Observatorium und das Gebäude der Drahtseilbahn, die aber gerade ihren Dienst eingestellt hatte – zu viel Schnee oder zu wenig Gäste, eins oder das andere war wohl der Grund. Vielleicht auch beides. Aber als mein Führer das Stationsgebäude erblickte, begann er zu summen:

»Jammo ncoppa, jammo ja – – –
Funiculi – Funiculà
«

Das ist der höchste Beweis für die Popularität dieses Liedes, daß sogar die Führer es singen. Sie hassen die Drahtseilbahn, die ihnen den Verdienst raubt, und es geht das Gerücht. daß sie nicht ganz unschuldig sind an den vielen Schienenbeschädigungen, welche die Gesellschaft so oft zur Einstellung des Betriebes zwingen. »Das ist die Camorra!« sagen die Leute. Die Camorra! Ach, hier ist alles Camorra! Der erste hilft dem zweiten, den dritten zu betrügen oder zu vernichten – Camorra! Man sitzt in einer Locanda und hat zwei Flaschen getrunken; der Wirt schwört, es seien fünf gewesen, drei Kerle stehen dabei und schwören mit ihm – Camorra! Man klettert am Vesuv empor, und der Führer geht just auf dem schlechtesten, niederträchtigsten Wege, damit man schließlich doch jenen rettenden Riemen des Genossen ergreifen müsse – Camorra! Im ganzen neapolitanischen Gebiet herrscht sie, und der Vesuv ist ihr Eigentum.

Nun noch einen Blick zurück! Aus dem Höllenkessel ziehen die Dämpfe und wälzen sich empor, und neue steigen nach, immer neue, bis der blaue Himmel in Rauch und Nebel verschwindet. Und durch die Erdspalten hört man die Lava im Innern rauschen, und 210 aus den Nebeln dringt von Zeit zu Zeit ein ferner Donner. Dort hauste Bulwers Hexe des Vesuv, dort kam Arbaces zu der alten etrurischen Wunderfrau, Arbaces, dieser weise Ägypter, der wie ein hölzerner, gespreizter Theaterheld durch den Roman spaziert – dort brauten sie ihren sündigen Trank, am Tage, ehe Pompeji fiel. Und dann sind die Lavaströme hinabgeflutet dort unten zu der Stadt, die mit so sonderbar engen Ruinen nun wieder auf ihrem alten Hügel erstanden ist, ein Schrei ist durch das Land gegangen, ein Schrei wie Feuer und Mord und Flammen, und Pompeji und Herkulanum hatten aufgehört zu leben. –

Ich war sehr glücklich, als ich bei den einsamen Menschen am Feuer mein friedliches Roß »Makkaroni« wiederfand. Wir tranken noch immer, weil es so »costumi« war, und als ich schon auf »Makkaroni« froh und zufrieden saß, hob mein Führer mit der Leibbinde und dem Galgenhals die Flasche mit dem letzten Restchen in die Höhe und sagte wieder ernst und feierlich und jedes Wort gemessen erwägend: »A votre santé et à la santé de votre famille.« –»Merci!« sagte ich. 211

 


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