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18.

Aller guten Dinge sind drei

Am nächsten Morgen früh um acht Uhr saß der alte Oberst von Hollprägel schon gestiefelt und gespornt auf dem Sofa und rauchte behaglich seine Pfeife.

Er wartete auf den Adjutanten, der nun bald kommen mußte, und deshalb war er schon in voller Uniform, das heißt im Oberrock, ohne Epauletten, aber sonst vollständig zugeknöpft und dienstlich fertig.

Da öffnete sich die Tür und militärisch, ohne anzuklopfen, trat der Adjutant ins Zimmer, ein hübscher junger Mann, der an Bildung und Aufklärung den meisten anderen überlegen war, und der deshalb auch ein weit weniger eingefleischtes Dienstgesicht machte, als die übrigen Offiziere es getan haben würden, wenn sie zu ihrem Kommandeur ins Zimmer getreten wären.

»Guten Morgen, lieber Rappenstill«, erhob sich Hollprägel von seinem Sitz und stellte die Pfeife fort; »was gibt's Neues?«

»Habe nichts zu melden, Herr Oberst!« entgegnete in strammer Haltung, aber mit einem leisen Anflug von Lächeln, der Adjutant.

Dann trat eine kurze Pause ein.

»Das Regiment ist wirklich prachtvoll in Ordnung« begann der Kommandeur dann wieder; »es ist die größte Seltenheit, wenn etwas Neues passiert.«

Herr von Rappenstill lächelte, und er durfte sich dieses Lächeln erlauben, denn der Adjutant ist der geheime Rat und Vertraute des Obersten, wie es der Wachtmeister beim Rittmeister ist.

»Ja; dann wäre wohl weiter nichts, lieber Rappenstill«, blickte der Kommandeur verstohlen nach seiner Pfeife, ob sie auch noch nicht ausgegangen wäre.

Der Adjutant schickte sich zum Gehen an.

»Ja, doch... was ich noch sagen wollte...« hielt Hollprägel ihn zurück; »was ist denn eigentlich an der Geschichte mit dem Fähnrich Klötersdorf...?«

»Genaues weiß ich auch nicht darüber, Herr Oberst...« zuckte der Adjutant die Achseln.

»Er soll auf 'ner Pappel gesessen haben... bei der Lohmühle«, fuhr der Alte fort; »das kann ich mir gar nicht denken... die Tür der Baronin steht doch wahrhaftig für jeden weit genug offen, als daß jemand auf 'nen Baum zu klettern braucht, um einen Blick in die Geheimnisse des Innern zu tun.«

»Das sollte ich auch meinen«, bestätigte der Adjutant.

»Wenn es wahr wäre... wenn Klötersdorf in sträflicher oder unsittlicher Absicht auf den Baum geklettert wäre; dann dürfte ich es ja nicht ungeahndet lassen«, sprach Hollprägel weiter; »das Regiment müßte sich ja wundern, wenn ich solche Überschreitungen nicht strafte... aber ich weiß ja nichts Offizielles darüber... ich dächte, der Rittmeister Schimmelmann würde es, bei seiner bekannten Gewissenhaftigkeit, doch gemeldet haben...«

»Wenn er es selbst schon weiß, Herr Oberst.«

»Hm!« machte dieser; »das sollte man doch glauben... wenn es mir schon zu Ohren gekommen ist... aber... er wird schon ein bißchen schwach... wie?«

Der Adjutant zuckte leicht die Achseln, als wenn er sich kein Urteil in dieser Angelegenheit erlauben wollte.

»Da steht heute eine Geschichte im Wochenblatt«, fuhr der Oberst fort; »die mir ziemlich unverständlich ist... es wird berichtigt, daß Schimmelmann seine Abendgesellschaft gegeben habe, weil er zum Major befördert worden sei..., woher, zum Teufel, kann denn ein solches Gerücht gekommen sein? – Das kann sich der Alte auch unmöglich selber eingebildet haben... man hält ihn, solange es geht, als Rittmeister; aber eine Aussicht auf den Major hat er unter keinen Umständen. – Weshalb hat er aber sonst das Fest gegeben?.. das Wochenblatt sagt, aus reiner Menschenfreundlichkeit... und weil er etwas in der Lotterie gewonnen habe... daraus mag sich ein anderer einen Vers machen.«

»Ich war nicht auf der Abendgesellschaft«, sagte der Adjutant; »ich befand mich jenen Abend nicht recht wohl.«

»Da können Sie Ihrem Schöpfer danken, daß Sie von zwei Übeln das kleinste gewählt haben... wenn auch unfreiwillig...« lächelte Hollprägel; »die Bowle schmeckte wie Glaubersalz... ich habe von einem halben Glas Leibschmerzen bekommen.. und dann der Padderow... haben Sie denn die Geschichte von Padderow gehört!«

»Jawohl, Herr Oberst.«

»Nun nehmen Sie 'mal bloß an... wie ich ihn frage, sagt er mir, er hätte Fräulein Alphonsine begleiten wollen... mit der Baßtuba... zum Klavier... und dazu setzt er sich draußen auf den Flur und bringt Töne zum Vorschein, als wenn man einem heiseren Bullen mit einer Zange in den Schwanz kneift... ich glaube, der Padderow schnappt nächstens über... säuft auch zu viel... es ist ein Unglück...«

Der Adjutant schwieg.

»Also von der Klötersdorfschen Geschichte wissen Sie nichts Genaues«, kam Hollprägel wieder auf sein erstes Thema zurück; »tut mir leid... man ist doch gern unterrichtet über das, was im Regiment vorgeht... die Leute halten einen sonst für taub und blind...«

»Der Leutnant von Nasewitz pflegt über solche Geschichten immer sehr genau orientiert zu sein«, sagte der Adjutant; will mich einmal bei ihm erkundigen...«

»Tun Sie das, lieber Rappenstill; vielleicht können Sie mir morgen Bescheid sagen... aber, daß der alte Schimmelmann nichts davon erfährt, hören Sie wohl... ich möchte ihn doch nicht gern beleidigen.«

»Herr Oberst können ganz ruhig sein.«

»Na schön, lieber Rappenstill.«

»Haben der Herr Oberst sonst noch etwas zu befehlen?«

»Ich danke Ihnen.«

Der Adjutant machte eine leichte, nicht ganz militärische Verbeugung und verließ das Zimmer.

»Netter Mensch, der Rappenstill«, pustete Hollprägel in seine Pfeife; »nun ist sie richtig doch ausgegangen... hätte aber eigentlich den Nasewitz lieber zum Adjutanten gehabt... solche kalt gewordene Neige schmeckt doch lange nicht so gut, als wenn man ruhig hintereinanderweg raucht... der Rappenstill ist immer so zugeknöpft... so wenig ausgiebig... während der Nasewitz... es beißt einem ordentlich auf die Zunge... während also der Nasewitz weit mehr Geistesblitze hat... er erzählt so niedlich... und er weiß alles... das macht einem doch ein bißchen Vergnügen des Morgens... na, nun brennt ja sie wieder«, setzte sich Hollprägel auf seinen verlassenen Sofaplatz; »nun können wir noch ein halbes Stündchen an dem Pollack schmökern.«

Er mochte sich ungefähr zehn Minuten diesem Vergnügen hingegeben haben, als die Tür aufging und, nach militärischer Sitte, unangemeldet der Leutnant von Nasewitz eintrat.

»I guten Morgen, lieber Nasewitz«, stand Hollprägel abermals auf und stellte seine Pfeife in die Ecke; »Sie kommen ja wie lupus in fabula... na, was bringen Sie denn Gutes? wollen Sie nicht einen Augenblick Platz nehmen?«

»Der Herr Oberst sind zu gütig«, lächelte der lange Leutnant verbindlich.

»Nehmen Sie sich 'nen Stuhl und legen Sie Ihren Tschako weg... so... erlauben Sie, daß ich meine Pfeife weiterrauche... na, ich danke Ihnen... nun bringen Sie also Ihre Angelegenheit zum Vorschein«, sagte der alte Hollprägel, nachdem er sich wieder in seine Ecke gesetzt.

»Ich wollte den Herrn Oberst um Erlaubnis fragen, ob ich vielleicht in den nächsten Tagen eine Schlittenpartie veranstalten könnte...«

»Eine Schlittenpartie... i, sehen Sie 'mal an«, ergötzte sich der Alte sichtlich; »nun natürlich erlaub' ich das... das ist ja eine ganz reizende Idee... ich fahre auch mit... wen soll ich denn fahren, lieber Nasewitz?«

»Nun... ich dächte die Frau Rittmeister Schimmelmann... oder die Gräfin Plustra...«

»Wissen Sie, die Gräfin Plustra ist mir lieber«, schmunzelte Hollprägel... »von der schmeckt mir das Schlittenrecht besser als von der alten, dicken Auguste...«

»Nun, wie der Herr Oberst wünschen...«

»Na schön, also arrangieren Sie nur los, lieber Nasewitz... das Trompeterkorps bewillige ich Ihnen selbstverständlich... und was die Geschichte kostet, das verteilen Sie nachher... was?«

»Gewiß, Herr Oberst.«

»Sie haben wohl noch 'was auf dem Herzen... Sie drucksen ja so...« lachte der Alte; zieren Sie sich nicht... schießen Sie immer los.«

»Ich wollte den Herrn Obersten um Erlaubnis fragen, ob ich vielleicht ein Liebhabertheater ins Leben rufen dürfte«, sagte Nasewitz.

»Ein Liebhabertheater? - Gott geb' Gnade! - So etwas ist ja hier nicht erlebt worden, solange das alte Nest steht«, heulte Hollprägel in seiner hohen Stimmlage.

»Ich dächte, es müßte etwas mehr Geselligkeit geschaffen werden«, fuhr Nasewitz fort; »der Winter wird sonst zu öde... die Schauspieler kommen auch in diesem Jahre nicht... da könnte man ja selbst etwas Komödie spielen.«

»Na... mir soll's recht sein«, nickte der Alte; »wenn Sie glauben, daß Sie die Geschichte zustande bringen... und wenn Sie alles übernehmen wollen... aber ich spiele nicht mit... zusehen will ich, soviel Sie es verlangen, aber mitspielen nicht... wissen Sie, ich darf mich nicht lächerlich machen... ich schwebe über den Wassern, wie der Geist Gottes.«

»Alles, wie der Herr Oberst es wünschen«, verneigte sich Nasewitz auf seinem Stuhl.

Hollprägel schien zu überlegen, ob er noch einen andern Gegenstand aufs Tapet bringen sollte oder nicht.

Endlich siegte doch die Neugier und die unabweisbare Geschwätzigkeit des Alters.

»Sagen Sie 'mal, lieber Nasewitz«, begann er endlich; »was ist denn das eigentlich für 'ne häßliche Geschichte mit dem Fähnrich Klötersdorf...?«

»Ach Herrje!« dachte der Leutnant; »nun fängt er davon an... wäre ich doch lieber gleich gegangen...«

»Er soll da auf der Pappel gesessen haben, vor der Lohmühle...« klopfte Hollprägel zögernd auf den Busch.

»Da haben wir's«, wurde dem Leutnant schon wieder warm; »wissen tut er's nun einmal, also Leugnen wäre Unsinn... der Alte ist so guter Laune... ich möchte seine Stimmung benutzen und meinen Schützling zu retten versuchen... wenn ich nur ein bißchen Zeit zum Nachdenken hätte... mir ist der Kopf noch schwach von den letzten Ereignissen...«

»Und das paßt sich doch gar nicht«, fuhr der Oberst fort; »ich wundere mich nur, daß mir der Rittmeister Schimmelmann die Sache noch nicht gemeldet hat... so etwas muß man doch disziplinarisch bestrafen...« »Gott sei Dank!« reflektierte Nasewitz in der Eile; »der Fall ist also noch nicht offiziell geworden... brechen wir ihm daher die Spitze ab... wenn der alte Schimmelmann bis jetzt die Geschichte nicht angezeigt hat, tut er es überhaupt nicht... da kenne ich ihn... er hat den Kopf zu voll mit seinen eigenen Geschichten... und dann wird er überhaupt vergeßlich... machen wir also die Sache tot, dann verblutet sie sich am schnellsten.«

»Ist wohl nicht wahr?« lächelte Hollprägel.

»Doch, Herr Oberst«, sagte Nasewitz.

»Was Sie sagen?... das ist ja aber eine schauderhafte Verwegenheit ... da auf den Baum zu klettern und in die Fenster zu sehen... der Klötersdorf muß ja ein ganz ausgekochter Lüstling sein... ich habe Lust, ihn gar nicht zum Offizier vorzuschlagen...«

»Herrje!« dachte Nasewitz; »wenn ich gewußt hätte, daß der Alte die Sache so streng auffaßt, würde ich meinen Klötersdorf lieber herausgelogen haben... nun ist's aber zu spät, nun muß man auf andere Weise durchzukommen suchen.«

»Und der Rittmeister Schimmelmann meldet mir das nicht«, begann der Alte sich zu ereifern; »ich hätte wirklich die größte Lust, mit ihm darüber zu sprechen... vertuscht darf das unter allen Umständen nicht werden.«

»Ich habe ein Pech ohnegleichen«, stöhnte Nasewitz inwendig; »jedes Mittel, das ich anwende, ist falsch... alle Wetter, wenn mir doch etwas einfallen wollte!«

»Ich werde mir also den Rittmeister Schimmelmann im Vertrauen rufen lassen«, nickte Hollprägel vor sich hin.

»Ach, Herr Oberst«, begann Nasewitz, ohne zu wissen, wie er enden sollte; »die Sache hat ja eine ganz andere Bewandtnis...«

»Wieso?« blickte der Alte wieder auf.

»Das ist ja gar nicht so schlimm, wie es aussieht«, druckste der Leutnant weiter; »der Fähnrich von Klötersdorf... ist nämlich deshalb auf den Baum gekrochen...«

»Weil er ins Fenster sehen wollte... sonst kann ich mir keinen anderen Grund denken«, unterbrach ihn der Alte.

»Ganz richtig, Herr Oberst«, konnte Nasewitz nicht umhin, zu bestätigen; »aber er wollte...«

»Die schöne Molly belauschen«, fiel Hollprägel abermals dazwischen.

»I bewahre, Herr Oberst«, wich Nasewitz aus; »es handelte sich ja...« »Na, um ein Frauenzimmer doch jedenfalls... ob er nach der einen guckt oder nach der andern, das ist ganz gleich straffällig...«

»Aber, Herr Oberst, er hat ja nach gar keinem Frauenzimmer geguckt«, ritt sich Nasewitz immer tiefer hinein.

»Nach gar keinem Frauenzimmer? - Nach wem denn sonst... vielleicht nach 'ner Mannsperson?«

Der Leutnant nickte.

»Na, da bin ich doch neugierig, wer könnte denn das gewesen sein?«

Dem armen Nasewitz wogten eine Menge unklarer Gedanken durch den Kopf.

»Der Fähnrich Strammin«, sagte er endlich, weil er den Blick des Alten nicht länger aushalten konnte.

»Na, Gott geb' Gnade!« brauste Hollprägel auf; »das wird ja immer hübscher... mein einer Fähnrich sitzt auf dem Baum und mein anderer Fähnrich sitzt bei der Baronin in der Stube... das ist ja eine nette Wirtschaft beim Regiment!«

»Donnerwetter!« brach Nasewitz der Angstschweiß aus; »nun habe ich den anderen auch in die Tinte gebracht... und zwar ganz unschuldigerweise... ich manövriere heute ausnehmend geschickt, das muß ich sagen...«

»Ich will die Sache sofort untersuchen«, machte der Alte Miene, aufzustehen und zu klingeln.

»Aber der Herr Oberst haben mich ja noch nicht auserzählen lassen«, schwitzte der Leutnant nun schon über den ganzen Körper.

»Na... dann reden Sie aus...« blieb Hollprägel noch sitzen; »was hatte also der Fähnrich von Strammin bei der Baronin zu suchen... aus welchem Grunde war er da?«

»Er war ja gar nicht da, Herr Oberst!« sagte Nasewitz schnell.

»Was? - Er war nicht da? - Na; wie konnte denn aber Klötersdorf nach ihm sehen?«

»Er glaubte, daß er da wäre, Herr Oberst.«

»Ach so... er glaubte... er hielt es für möglich...« sagte Hollprägel; »weshalb hielt er es denn für möglich?«

»Mein Gott«, zuckte der Leutnant die Achseln; »Strammin hatte vielleicht damit geprahlt... der Herr Oberst wissen ja, wie die jungen Leute sind...«

»Und bloß um den anderen zu kontrollieren, bloß um zu wissen, ob er die Wahrheit gesagt, klettert Klötersdorf auf einen Baum und setzte sich der Gefahr aus, in die übelste Lage zu kommen«, schüttelte Hollprägel, energisch zweifelnd, den Kopf; »nein, das dürfen Sie mir nicht einreden, lieber Nasewitz, das glaube ich Ihnen unter keinen Umständen... da steckt noch ein anderer Grund dahinter.«

»Nun freilich... steckt ja auch«, nickte der Leutnant, dem schon alles vor den Augen herumtanzte.

»So?« machte Hollprägel; »nun wie verhielt sich denn die Sache?«

»Der... der Klötersdorf... der war nämlich... der war nämlich...« stammelte der Offizier.

»Eifersüchtig... wie?«

»Ja«, nickte Nasewitz, dem das im ersten Augenblick ganz glaubhaft schien.

»Aha«, machte der Oberst; »auf den Strammin?«

»Ja«, nickte Nasewitz, schon ein bißchen erleichterter.

»Also lieben sie alle beide die berühmte Molly?« runzelte Hollprägel die Stirn.

»I, Gott bewahre«, lenkte der Leutnant schnell ab; »der Strammin liebt nämlich...«

»Na, wen liebt er denn?«

»Die Tochter vom Rittmeister Schimmelmann«, leuchtete Nasewitz auf, weil er glaubte, einen ausgezeichneten Gedanken gehabt zu haben.

»I, das ist ja etwas ganz Neues«, erstaunte sichtlich der alte Oberst; »also der Strammin liebt die Tochter vom Rittmeister Schimmelmann?«

»Jawohl!« nickte Nasewitz sehr freundlich.

»Und der Klötersdorf liebt sie auch?« schmunzelte Hollprägel weiter.

»Klötersdorf«, entgegnete der Leutnant; »Klötersdorf... nein... der...«

»Na, wenn er eifersüchtig auf Strammin ist, dann muß er doch dieselbe Tochter lieben!« sagte der Oberst ungeduldig.

Nasewitz überlief es siedendheiß.

»Jawohl«, verbesserte er sich schnell; »ich... ich war bloß etwas zerstreut... wenn er eifersüchtig auf Strammin ist... dann... dann muß er natürlich dieselbe Tochter lieben...«

Hollprägel schien über die Sache nachzudenken.

»Nun reime ich's mir schon zusammen«, sagte er dann; »der Klötersdorf war also eifersüchtig auf den Strammin... und da der Strammin damit geprahlt hatte, daß er zu Möhrenstolzens ginge, so war das dem Klötersdorf aufgefallen, und er hatte geglaubt, der Strammin habe das bloß gesagt, um Klötersdorfs Aufmerksamkeit von seinem wahren Verhältnis abzulenken, und da ist der Klötersdorf auf die Pappel geklettert, um sich zu überzeugen, ob Strammin wirklich bei Möhrenstolzens sei.«

»Sehr richtig, Herr Oberst!« fiel dem armen Nasewitz eine Zentnerlast von der Seele; »gerade so verhält sich die Sache.«

»Das ist ja aber ganz reizend«, wurde Hollprägel wieder guter Laune; »da muß sich ja Schimmelmann außerordentlich freuen.«

»Ja... das wird er wohl, Herr Oberst«, freute sich Nasewitz mit.

»Und dann kann man es eigentlich dem Klötersdorf so übel nicht nehmen...«

»Nein, das dächte ich auch, Herr Oberst...«

»Man muß die Sachen zu vertuschen suchen...«

»Der Ansicht bin ich ebenfalls...«

»Schließlich erfahren ja die Leute doch den wahren Sachverhalt...«

»Oder sie vergessen die ganze Geschichte«, dachte Nasewitz.

Da schlug es neun vom grünen Rathausturm.

Der Leutnant erhob sich schnell von seinem Stuhl.

»Ach, Sie haben wohl Dienst, lieber Nasewitz?«

»Zu Befehl, Herr Oberst!«

»Na, dann leben Sie wohl und machen Sie uns einen recht lustigen Winter... freue mich schon im voraus darauf.«

Der Leutnant machte eine militärische Verbeugung und verließ dann das Zimmer, um sich zu den Rekruten auf den Markt zu begeben.

»Netter Mensch, der Nasewitz«, schmunzelte Hollprägel, als jener gegangen... »hätte ihn weit lieber zum Adjutanten als den förmlichen Rappenstill... weiß doch, was im Städtchen passiert... erzählt einem doch etwas... sorgt für Vergnügen... ist mir lieb, daß Schimmelmann die Sache mit dem Klötersdorf nicht an die große Glocke gehangen hat... der Alte wird den mildernden Grund selber eingesehen haben... obgleich, strenge genommen... na... ich hätte es ebenso gemacht und mache es ja noch nicht besser... was ich nicht weiß, das macht mich nicht heiß... ich weiß es freilich... aber nur als Mensch... nicht als Regimentskommandeur ... und die haben beide nicht gern miteinander zu schaffen... na... denken wir nun nicht mehr an die Geschichte, sondern freuen wir uns bloß, daß der alte Schimmelmann eine Tochter los wird...«

Als Nasewitz unten auf der Straße ankam, war ihm noch ganz wirr im Kopf von den wechselnden Möglichkeiten der eben gehabten Unterhaltung; aber die Freude war doch das überwiegend vorherrschende Gefühl in seiner Brust. »Das ging ja vortrefflich«, wiederholte er den Fall; »erst reite ich mich auf eine unbegreifliche kopflose Art hinein, indem ich den armen Strammin auch noch verdächtige, und dann legt mir der alte Hollprägel Wort für Wort in den Mund, wie ich die beiden Fähnriche und mich selber wieder aus der Patsche herausbringe... es war wirklich kostbar... na... Glück muß der junge Mann haben ... puh... ist mir aber warm geworden da oben.«

Unter diesem Selbstgespräch war er auf dem Markt bei seinen Rekruten angekommen, betrachtete dieselben mit freundlich liebevollen Blicken und ging dann, behaglich in seinen Mantel gewickelt, auf und nieder, indem er eben an nichts anderes dachte, als daran, daß seine Bedrängnisse heute einen günstigen Stand erreicht hätten.

Ungefähr eine Viertelstunde später kröpelte der Rittmeister Schimmelmann über das halsbrecherische Straßenpflaster der Wohnung des Obersten von Hollprägel zu.

Er sah wieder unwirsch aus, als wenn er Ärger gehabt hätte, oder als wenn seine Seele noch jetzt unter der Last einer Unannehmlichkeit seufzte.

Vor dem Hause des Obersten angekommen, stand er zuerst noch eine Minute still, um sich zu verpusten, dann stackerte er steifbeinig die Treppe hinauf, und trat schließlich, ohne sich melden zu lassen, in dasselbe Zimmer, das Herr von Nasewitz vor einer Viertelstunde verlassen.

»Guten Morgen, lieber Schimmelmann!« rief ihm Hollprägel, sich abermals erhebend, entgegen; »was bringen Sie Gutes?«

Der Rittmeister schnitt ein Gesicht, als wenn er seine ganze Bowle allein ausgetrunken hätte.

»Was Gutes ist es eben nicht, das ich bringe, Herr Oberst«, brummte er unter dem schwarzen struppigen Bart hervor.

»Na, na«, machte Hollprägel, noch äußerst gut gelaunt; »machen Sie mich nur nicht graulich... hat sich irgendein Schwadronspferd während der Nacht den Schwanz gescheuert?«

»Herr Oberst... ich bin gekommen, um Ihnen einen Fall vorzutragen«, sagte der Rittmeister sehr trübe.

»Einen Fall«, scherzte der Kommandeur; »na, dann setzen Sie sich nur erst, lieber Schimmelmann... das nimmt ja solchen feierlichen Anfang, als wenn es nicht mit drei Worten abgemacht sein würde.«

Hollprägel nahm wieder auf seinem Sofa Platz, und der Rittmeister ließ sich steifgliedrig auf einen Stuhl neben demselben nieder. »Na, nun legen Sie los, lieber Schimmelmann.«

Der Alte druckste erst noch ein bißchen, ehe er anfing.

»Herr Oberst«, faßte er sich dann endlich ein Herz... »es hat sich bei meiner Schwadron leider ein Fall zugetragen... der erst ganz vor kurzem zu meiner genauen Kenntnis gekommen ist...«

»Nanu!« spitzte Hollprägel die Ohren.

»Es handelt sich nämlich um den Fähnrich von Klötersdorf«, fuhr der Rittmeister fort: »derselbe hat sich einen groben Unfug zuschulden kommen lassen, den ich nicht umhin kann, dem Herrn Obersten dienstlich zu melden.«

Auf Hollprägels Antlitz lagerte sich ein Ausdruck stiller Bewunderung.

»Sie meinen die Geschichte mit der Pappel?« sagte er dann.

Der Rittmeister machte große Augen.

»Vor der Lohmühle...« fuhr der Kommandeur fort... »den Fenstern der Baronin Möhrenstolz gegenüber?«

»Der Herr Oberst wissen schon?« fragte der alte Rittmeister, kleinlaut und höchst unangenehm berührt.

»Ich weiß alles!« nickte Hollprägel.

»Dann nehmen es mir der Herr Oberst nicht übel, daß ich so spät mit der dienstlichen Meldung komme«, entschuldigte sich der Rittmeister; »und daß ich erst heute den Herrn Obersten bitte, den Fähnrich von Klötersdorf mit der vollen Strenge des Militärgesetzes zu bestrafen.«

Hollprägel antwortete nicht, aber der Ausdruck der Bewunderung auf seinen Zügen steigerte sich um ein Bedeutendes.

»Der Herr Oberst können sich wohl denken, wie schwer mir der Gang geworden ist«, fuhr der Rittmeister noch gedrückter fort...

Hollprägel schwieg noch immer.

»Ich wollte es anfangs noch nicht glauben«, sprach Schimmelmann, der dies für Mißbilligung oder gar für Entrüstung hielt, weiter; »es ist ein so eigentümlicher Fall...«»

»Wissen Sie, Schimmelmann, Sie haben Ähnlichkeit mit Brutus!« nickte ihm Hollprägel zu.

Der Alte machte ein ganz erstauntes Gesicht.

»Der seine eigenen Söhne zum Tode verurteilte«, fuhr der Kommandeur fort.

»Ich habe doch meine Söhne nicht... zum Tode verurteilt?...« fragte der Alte immer verwunderter.

»Ich spreche bildlich, lieber Schimmelmann ... nicht Ihre Söhne... aber einen angehenden Schwiegersohn haben Sie, nun Ihre Pflicht obenan stellend, zur geistigen Schlachtbank geführt.«

Der Rittmeister blickte seinen Vorgesetzten mit einer gewissen ängstlichen Besorgnis an.

»Sie sind ein braver Mann«, reichte ihm Hollprägel die Hand; »Sie haben sich meine höchste Achtung verdient... aber nun will ich Ihnen auch etwas im Vertrauen sagen... so strenge müssen Sie die Sache nicht nehmen... die Tat geschah ja nicht aus Unfug oder Sittenlosigkeit, sondern aus Liebe und Eifersucht, und das entschuldigt vieles... beinahe alles.«

Schimmelmann machte noch immer ein Gesicht, als wenn er durchaus nichts von der Geschichte verstände, die Hollprägel ihm vortrug.

»Lassen wir also die Sache auf sich beruhen«, fuhr dieser fort; »sowie die Verlobung mit Ihrer Fräulein Tochter allgemein bekannt ist, können wir es ja ganz offen als einen Scherz erzählen.«

»Die Verlobung mit meiner Tochter?« fuhr sich der Rittmeister mit einem Finger ins Ohr, als wenn er nicht recht gehört hätte.

»Nun gewiß«, nickte Hollprägel; »ich würde Ihnen raten, gar nicht damit zu zögern ...«

Schimmelmann blickte eine Weile nachdenklich vor sich hin.

»Entschuldigen der Herr Oberst«, hob er dann wieder den Kopf; »was hat denn aber die Verlobung meiner Tochter mit dem Fähnrich von Klötersdorf gemein?«

»Ja, allerdings«, meinte Hollprägel; »wenn Sie Strammin den Vorzug geben wollen...«

»Vor Padderow?« vergaß sich Schimmelmann.

»Ach, machen Sie doch keine Witze mit mir«, lächelte der Oberst; »wer spricht denn von Padderow?«

»Na, von wem sprechen wir denn sonst?«

»Alter, Sie sind ein bißchen zerstreut... von Klötersdorf sprechen wir.«

»Von Klötersdorf? - Entschuldigen Sie, Herr Oberst ... Sie scheinen die beiden Fälle geneigtest zu verwechseln ... Klötersdorf ist ja der, der ...«

»Na ja... der Ihre Tochter liebt!« winkte Hollprägel ungeduldig mit der Hand.

»Der meine Tochter liebt?« wiederholte der Rittmeister; »belieben der Herr Oberst vielleicht zu scherzen?«

»Wissen Sie, nun ist es genug, lieber Schimmelmann«, ereiferte sich Hollprägel ordentlich ein bißchen; »ich glaube nicht, daß Sie nötig haben, an der Liebe des jungen Mannes zu Ihrer Fräulein Tochter zu zweifeln ... denn, wenn er in seiner Eifersucht auf Strammin so weit getrieben wird, daß er auf einen Baum klettert, um zu sehen, ob jener dort ist, oder ob er ihm bloß seinen Besuch bei der Baronin vorgeschwindelt, um Klötersdorfs Aufmerksamkeit von seiner Liebe zu Ihrer Fräulein Tochter abzulenken, dann, lieber Schimmelmann, muß die Leidenschaft schon einen hohen Grad erreicht haben!«

Der alte Rittmeister machte ein ganz merkwürdiges Gesicht. Bald blickte er verstohlen nach dem Obersten, bald senkte er wieder grübelnd den Kopf, als wenn er über den Fall nachdenken wollte.

»Woher wußte nur Hollprägel die Geschichte? – Von Padderow, das konnte sich herumgesprochen haben... der konnte unter seinen Fenstern bemerkt worden sein... ebensogut wie Strammin... aber Klötersdorf... Klötersdorf auch... die Sache mit der Eifersucht hatte allerdings etwas Glaubhaftes... der junge Mensch war ja sonst als solide bekannt... wie sollte er also plötzlich auf die Idee kommen... das konnte man ja eigentlich gar nicht glauben...«

»Na; habe ich nicht recht?« unterbrach Hollprägel diesen Gedankengang.

»Ja«, nickte der Rittmeister; »der Herr Oberst haben allerdings wohl recht...«

»Nun ... wem wollen Sie nun den Vorzug geben?« schmunzelte der Kommandeur.

»Ja, das weiß der Teufel, Herr Oberst«, stöhnte der Alte; »darüber wird wohl meine Tochter entscheiden müssen.«

»So ist's brav ... nur nicht die Kinder beeinflussen; das gibt gewöhnlich unglückliche Ehen... also von Bestrafen keine Rede mehr... was?

»Nun, wenn der Herr Oberst nicht meinen? ...«

»Unter keinen Umständen ... aber empfangen Sie im voraus meinen Glückwunsch ... entweder zu dem einen oder zu dem anderen.«

»Der Herr Oberst sind zu gütig«, drückte Schimmelmann die ihm freundlich dargereichte Hand; »nun will ich aber zu meinen Rekruten auf den Markt.«

Damit stand er auf, machte dem ebenfalls sich erhebenden Hollprägel eine steife Verbeugung und stackerte dann der Tür zu.

Plötzlich stand er aber still und wandte sich noch einmal um.

»Könnten der Herr Oberst mir vielleicht sagen«, brummelte er mit freundlichem Augenzwinkern, »von wem der Herr Oberst das wissen... daß der... Fähnrich von Klötersdorf... in meine... Tochter verliebt ist?«

»Nein, lieber Schimmelmann, das kann ich Ihnen nicht verraten«, zuckte Hollprägel die Achseln; »es ist eine vertrauliche Mitteilung, zu der ich durch einen Zufall gekommen bin... ich weiß nicht, ob es dem Betreffenden angenehm sein würde, wenn ich seinen Namen nenne; lassen Sie ihn daher mein Geheimnis bleiben... von meiner Verschwiegenheit werden Sie wohl überzeugt sein.«

»Gewiß, Herr Oberst ...«

»Und noch einmal meinen Dank für Ihre seltene Uneigennützigkeit«, klopfte ihm Hollprägel auf die Schulter; »Sie sind ein Soldat von altem Schrot und Korn, dem die Pflicht über alles geht, selbst über das Glück seiner Familie... Sie sind ein Ehrenmann, durch und durch, lieber Rittmeister!«

»Der Herr Oberst sind wirklich zu gütig«, dienerte der alte Mann, und dann machte er noch einmal kehrt und drückte sich aus der Tür hinaus.

»Mir ist, als wenn ich ein Bienennest im Kopf hätte«, brummelte er, als er unten auf der Straße angekommen war; »der Oberst überhäuft mich da mit Schmeicheleien, die ich gar nicht verdiene... und dann die andere Geschichte, daß Klötersdorf auch in meine Tochter verliebt ist... da schlage Gott den Teufel tot... sie reißen sich jetzt förmlich um die Alphonsine... und früher, wo sie noch jünger war, hat sie keiner angesehen... na... nun hat sie drei, unter denen sie wählen kann... oder vielmehr zwei, denn das Verhältnis mit dem Padderow muß abgebrochen werden... der Mensch schnappt 'mal über... und außerdem hat er auch noch andere Unvollkommenheiten... na, die beiden anderen werden sie hoffentlich für den Verlust des ersten entschädigen... aber kein Wort geredet vorher; darin habe ich ein Haar gefunden... stumm wie das Grab, bis die Tatsachen selber sprechen.«

Unter diesem Selbstgespräch war er auf dem Markt bei seinen Rekruten angelangt.

Als Nasewitz seiner ansichtig wurde, trat er auf ihn zu und machte ihm die dienstliche Meldung.

»Danke, danke«, schmunzelte Schimmelmann, indem er einen freundlicheren Blick als sonst über seine Rekruten gleiten ließ; »na, geht's denn heute gut mit den Wendungen?«

»Ganz vortrefflich, Herr Rittmeister«, entgegnete der Leutnant, der noch immer in dem unklaren Gefühl seiner guten Laune schwamm.

Schimmelmann lächelte noch einmal die lange ungeschickte Linie an; dann wandte er sich und machte einige Schritte nach der Mitte des Marktes.

»Ach, bitte, lieber Nasewitz, auf ein Wort«, nickte er seinem Offizier zu.

»Herr Rittmeister befehlen?« trat dieser näher, indem er militärisch grüßend die Hand an die Kopfbedeckung legte.

»Ach, lassen Sie doch, liebster Nasewitz«, nahm Schimmelmann ihm sanft die Hand fort; »ich wollte nur eine Frage ... im Vertrauen an Sie richten ....«

»Bitte, Herr Rittmeister ... « sagte der Leutnant sehr freundlich.

»Ich war nämlich eben beim Obersten«, begann Schimmelmann mit leiser Stimme und einem pfiffig verlegenen Blick; »um den Klötersdorf zu melden ... wegen ... Sie wissen ja ....«

»Oh!« dachte Nasewitz; »nun ist er also doch hingelaufen, na ... es schadet ja nichts«.

»Und da hat mir der Oberst erzählt«, murmelte der Alte weiter.

»Ach, Herrje!« überrieselte es den Leutnant.

»Sie wissen ja ... die Geschichte von Klötersdorf, die Sie mir auf dem Reitplatz mitteilten ....«

»Hat der Alte also doch geplaudert«, wurde es Nasewitz noch unbehaglicher; »das ist eigentlich sonst nicht seine Sache ... er ist im Gegenteil von einer Verschwiegenheit ....«

»Aber die Gründe der Handlungsweise verändern doch sehr die Sache«, plauderte Schimmelmann weiter.

»Da haben wir's?« bekam Nasewitz Gänsehaut; »der Oberst hat ihm also die ganze Geschichte erzählt, die ich unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt zu haben glaubte ... nun ist's natürlich am besten, den Unbefangenen zu spielen ... da der Oberst doch einmal meinen Namen genannt hat ....«

»Ja, gewiß«, setzte er dann laut hinzu; »das habe ich dem Herrn Regimentskommandeur auch gesagt.«

Schimmelmann lächelte ihn pfiffig an.

»Sehen Sie, ich dachte es mir gleich, daß Sie es gewesen wären ...« sagte er; »der Alte wollte seinen Berichterstatter durchaus nicht namhaft machen ....«

»Da bin ich wieder zu voreilig gewesen«, dachte Nasewitz; »ich hätte wirklich einen außerordentlichen Diplomaten abgegeben .... Himmel und kein Ende!«

»Weshalb haben Sie mir denn aber jene Gründe nicht auch mitgeteilt?« fragte Schimmelmann.

Der Leutnant geriet in die größte Verlegenheit.

»Weshalb ich Ihnen jene Gründe nicht auch mitgeteilt habe...« stotterte er; »Gott, wissen Sie, Herr Rittmeister... das ist solche eigene Sache... ich hätte Sie vielleicht in Ihrem Pflichtgefühl beeinflußt...«

»Braver, junger Mann!« drückte ihm der Alte die Hand.

»Sehr gütig, Herr Rittmeister!« drückte sie ihm Nasewitz wieder.

»Und deshalb sagten Sie dem Obersten ...«

»Ach, das kam durch Zufall«, entgegnete der Offizier; »ich war zu ihm gegangen, um die Erlaubnis zu einer Schlittenfahrt, zu einem Liebhabertheater einzuholen ... das sind nämlich die gesellschaftlichen Veranstaltungen, die ich Ihnen versprochen habe, um die schüchternen Liebhaber zum Sprechen zu bringen...«

»Ist denn Klötersdorf auch schüchtern?«

»Ja... das ist der Allerschüchternste!«

»Das ist die Möglichkeit! - Braver, junger Mann, was Sie alles für mich getan haben... ich werde es Ihnen nie vergessen...«

»Der Herr Rittmeister sind zu gütig...«

»Den schönsten Lohn tragen Sie aber in Ihrem eigenen, ruhigen Bewußtsein, eine gute Tat getan zu haben...«

»Das weiß der Teufel!« dachte Nasewitz.

»Also so furchtbar liebt der Klötersdorf meine Tochter?« schmunzelte Schimmelmann nach einem Weilchen wieder.

»Ganz furchtbar, Herr Rittmeister«, wurde der lange Leutnant hautfeucht.

»Es ist 'ne tolle Geschichte, lieber Nasewitz!«

»Ja, es ist 'ne ganz tolle Geschichte, Herr Rittmeister.«

»Na; Sie bringen mir alles hübsch in Ordnung, nicht wahr?«

»Jawohl, ich bringe Ihnen alles hübsch in Ordnung, Herr Rittmeister.«

»Na, adieu, lieber Nasewitz, noch einmal meinen besten Dank!«

»Bitte ganz gehorsamst, Herr Rittmeister.«

Dann ließ dieser noch einen liebevollen Blick über seine Rekruten gleiten, so daß diese gar nicht wußten, was das zu bedeuten habe, und knickerte über den Markt seiner Wohnung zu.

»Nein, wer hätte das gedacht«, kopfschüttelte er immer sachte weg; »nun hat die Alphonsine drei... es ist eine förmliche Krankheit, die sie nach ihr haben ... und die anderen Schwestern werden Gesichter machen... hu! - Na, wenn sie nur erst 'ne Wahl getroffen hätte, damit wir wieder Ruhe bekämen.« -

Nasewitz ging mit langen, aufgeregten Schritten den Markt auf und nieder.

»Die ganze Hölle hatte sich gegen mich verschworen!« wirbelten seine Gedanken wieder wild durcheinander; »ein größeres Pech ist in der Weltgeschichte nicht dagewesen ... nun habe ich drei Liebhaber für Schimmelmanns Töchter... der erste, Padderow, will die Alphonsine nicht... die beiden anderen, Strammin und Klötersdorf, lieben eine von den drei übrigen... haben aber gar keine Ahnung davon ... wissen daher auch nicht, welche sie lieben ... und die drei übrigen haben ebenfalls keine Ahnung, daß, und von wem sie geliebt werden, oder vielmehr nicht geliebt werden... und aus dem Durcheinander soll ich unglückseligstes aller Menschenkinder einen Vers machen!«


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