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Der Laubfrosch wollte heiraten, und alle Verwandten und Nachbarn sollten an der Hochzeit teilnehmen. Er hatte eben die Liste der Eingeladenen beendet, und überlegte nun mit einem seiner Verwandten das Festessen.
»Zuerst geben wir gebratene Mücken als Voressen,« sagte der Laubfrosch.
»Lieber Freund, dann muß ich auf die Freude verzichten, deiner Hochzeit beizuwohnen,« rief ein Eichhorn, das oben im Baume wohnte und nie zugeben wollte, daß es junge Vögel und Vogeleier fraß, »Fleisch von Tieren esse ich nie!«
»Nicht?« fragte verwundert die Eidechse, eine Freundin des Laubfrosches. »Warum nicht?«
»Ich bitte Sie! Tiere töten! Sie sind doch unsersgleichen!«
»Ja, du liebe Zeit,« rief die Eidechse, »das tun wir doch fast alle.«
»So! Da haben wir es wieder! Weil es alle tun, ist es recht! Meinetwegen, geben Sie gebratene Mücken, ich esse eben daheim meine Nüsse.«
»Bewahre!« begütigte der Laubfrosch, »ich werde mit Freuden für Sie Nüsse besorgen. Also: erster Gang: gebratene Mücken und Nüsse. Zweiter Gang vielleicht Ameiseneier?«
»Er tut mir leid,« rief der Regenwurm, »die esse ich grundsätzlich nie.« Der Regenwurm hatte so viele Grundsätze, daß er an nichts anders denken konnte als daran, keinen zu vergessen. Sonst sah und hörte er nichts, und nur wenn einer von Grundsätzen sprach, hob er den Kopf.
»Mit was darf ich Ihnen denn aufwarten?« fragte freundlich der Laubfrosch.
»Mit feiner Erde, wenn ich bitten darf,« sagte der Regenwurm, »ein Drittel Walderde, ein Drittel Sand und ein Drittel Roßmist.«
»Ich werde alles sehr gerne für Sie besorgen lassen,« sagte der Laubfrosch. »Zweiter Gang: Ameiseneier und Walderde. Weiter!«
»Ich möchte geröstetes Mehl vorschlagen,« rief die Feldmaus.
»Pfui!« schrie die Biene aus dem Garten von nebenan, »Mehl! Einen solchen Teig wollen Sie sich in den Magen schmieren? Davon erholen Sie sich in vierzehn Tagen nicht! Nein! Blütenstaub, das ist das Richtige! Das ist die Speise, wie die Natur sie bietet!« Sie schwirrte mit den Flügeln im Gedanken an die beliebte Speise.
»Für Blütenstaub danke ich,« schrie die Eidechse. »Es ist lächerlich. Und damit wollen Sie genährt sein? Enthält Blütenstaub Eiweiß? Oder Fett? Also! Eine Fliege, womöglich einen zarten Mehlwurm, das lasse ich mir gefallen.«
»Ich werde mir das Vergnügen machen, sowohl Blütenstaub als Mehlwürmer auftragen zu lassen,« versicherte höflich der Laubfrosch.
»Wenn ich eingeladen werden sollte,« rief ein Maulwurf, der seinen Kopf eben aus dem frischgeworfenen Hügel herausstreckte, »so muß ich sehr um frische Regenwürmer bitten!« Der Regenwurm, der dicht neben dem Hügel lag, machte sich eilig davon.
»Pfui!« schrien Eichhorn und Biene, »was für ein roher Patron!«
»Halt du den Schnabel,« sagte die Eidechse höflich zum Eichhorn. Sie aß selber gerne lebende Tiere. »Du issest auch was dich gelüstet!«
»Nein!« rief das Eichhorn, »Nicht was mich gelüstet, sondern was ich kriegen kann.«
»Wo bleiben da die Grundsätze?« jammerte der Regenwurm hinter dem Stein hervor, der ihm als Schutzwehr diente. »Keine Macht der Erde brachte mich dazu zu essen was ich für unrichtig halte.«
»Zum Glück lebe ich nicht nach Grundsätzen,« brummte die Schmeißfliege, »ich halte es mit der Abwechslung: Zucker, Fleisch, Aas –«
»Aas!« schrien alle Tiere, »Aas! Sie ekelhaftes Vieh!«
»Tut nur nicht so,« wehrte sich die Fliege, »ihr wißt nicht, was ihr verschmäht. Versucht es erst, ehe ihr verdammt.«
»Pfui!« schrien wieder im Chor die Tiere.
»Übrigens begehre ich gar nicht an eurem faden Essen teilzunehmen,« sagte ärgerlich die Schmeißfliege.
»Bitte, bitte, Frau Fliege, ich werde gerne für ein Stücklein Aas sorgen,« beruhigte sie der Laubfrosch. »Und wie wäre es mit Wasserschnecken?« wandte er sich wieder an seinen Verwandten.
»Herrlich!« rief der Frosch, der Onkel des Bräutigams, und:
»Gräßlich!« schüttelte sich die Raupe. »Wenn ich um Kohl bitten dürfte? Ich esse nur Gemüse.«
»Sehr gern!« Der Laubfrosch notierte: Wasserschnecken und Kohl.
»Werde ich auch eingeladen?« fragte plötzlich eine Stimme. Eine Ringelnatter kroch unter dem Busch hervor und lag nun dicht vor dem grünen, entsetzten Bräutigam.
»Gewiß, gewiß, selbstverständlich,« sagte er zitternd, »es wird mir eine große Ehre sein! Und was darf ich der verehrten Natter anbieten?«
»Ich esse grundsätzlich immer, was da ist,« sagte die Schlange. Damit packte sie den Laubfrosch und verschluckte ihn langsam.
Sämtliche Nachbarn und Freunde des Dahingegangenen stoben eiligst auseinander.
»Nun ist es aus mit Hochzeit und Festessen,« jammerte die Schmeißfliege.
»Leider!« seufzte der Regenwurm, »aber sie hat ihn doch aus Grundsatz aufgefressen.«
»Sie hätte dich verschlucken sollen mit samt deinen Grundsätzen,« brummte die Schmeißfliege, und tat sich an einer toten Schwalbe gütlich, die am Wege lag.