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In Alexandrien wohnte einst ein Färber, Namens Abukir, neben einem Barbier, welcher Abusir hieß. Jener war ein großer Lügner und Müßiggänger; auch war ihm kein Diebstahl oder sonstiges Verbrechen zu schwer, als wäre sein Herz aus Pfeilern eines jüdischen Tempels gegossen gewesen; sooft ihm jemand etwas zu färben brachte, ließ er sich zuerst den Lohn geben unter dem Vorwand, er habe kein Geld, um Farbmaterialien zu kaufen; er verschwendete ihn aber sogleich für allerlei Leckerbissen; dann verkaufte er auch den Stoff, den er färben sollte, und wenn dessen Eigentümer ihn wieder verlangte, sagte er ihm: »Komme morgen, so früh du willst, findest du deinen Stoff gefärbt.« Kehrte aber der Eigentümer am folgenden Tag wieder, so sagte ihm Abukir: »Ich hatte gestern Abend Gäste, darum konnte ich nichts arbeiten; morgen, so Gott will, sollst du mit mir zufrieden sein.« Am dritten Tag hieß es: »Es tut mir leid, aber meine Frau ist gestern entbunden worden, da konnte ich sie keinen Augenblick verlassen.« So ging das fort mit Entschuldigungen, Versprechungen und Schwüren, bis endlich der Eigentümer ihm sagte; »Ich habe jetzt das viele Versprechen satt, gib mir meinen Stoff ungefärbt wieder.« Da erwiderte Abukir: »Bei Gott, mein Freund, ich schäme mich, die Wahrheit zu gestehen; aber Gott verdamme alle Diebe! Denke, ich hatte deinen Stoff noch an demselben Tag, wo du ihn mir brachtest, ausgezeichnet schön gefärbt und an ein Seil zum Trocknen aufgehängt; als ich aber danach sehen wollte, fand ich ihn nicht mehr.« War nun der Betrogene ein guter Mann, so sagte er: »Gott wird mir etwas anderes dafür schenken!« war er aber nicht so leichtgläubig, so stritt er eine Weile mit ihm, drohte ihn zu verklagen, konnte aber wenig dabei gewinnen. Bald wurde indessen Abukir in ganz Alexandrien so verschrieen, daß niemand mehr in seine Werkstätte kam, und nur Fremde oder Leute vom Lande brachten ihm hie und da etwas zu färben. Er hielt sich daher gewöhnlich in der Barbierstube seines Nachbarn auf, zeigte sich nur, wenn jemand Arbeit brachte, verbarg sich aber, so oft man kam, um dieselbe wieder abzuholen.
Eines Tages, als er wie gewöhnlich bei Abusir saß, kam ein Bote vom Kadhi und versiegelte seine Werkstätte. Es hatte nämlich ein Mann, dessen Waren Abukir verkauft hatte, sich an den Kadhi gewendet und ihn gebeten, alles, was in der Werkstätte sich vorfände, verkaufen zu lassen; da sich aber nur ein paar alte Wasserkrüge darin fanden, so ließ er die Werkstätte verschließen. Als Abusir dies sah, sagte er zu Abukir: »Wie kommt's, daß du alles verlierst, was die Leute dir zu färben bringen? Ist etwa deine Werkstätte ein Sammelplatz von Dieben?« – »Lieber Nachbar«, erwiderte Abukir, »ich will dir die Wahrheit sagen; mir ist niemals etwas gestohlen worden, sondern ich habe alles verkauft, was mir die Leute zum Färben brachten, weil mein Handwerk so schlecht geht, daß ich vom Färberlohn allein nicht leben kann.« Abusir fing hierauf auch an, über sein Geschäft zu klagen, und sagte: »Sieh, ich bin doch der beste Barbier in der Stadt, und doch kommen wenig Leute zu mir, weil ich arm bin; darum ist mir auch mein Handwerk zuwider.« Abukir versetzte: »Sowohl dein Geschäft, als das meinige ist gut, nur ist uns der Aufenthalt in Alexandrien nicht günstig; laß uns zusammen in die Welt reisen, wir können uns überall besser als hier ernähren; gedenke der Worte des Dichters:
»Verlasse die Heimat, wenn du nach Ruhm dürstest. Auch gewährt dir das Reisen Zerstreuung, Reichtümer, Wissenschaft und Bildung; scheue nicht Mühe und Sorgen, Trennung und Gefahr: Der Edle stirbt lieber, als daß er in Verachtung lebe zwischen Neid und Bosheit.«
Abusir ließ sich von Abukir überreden und schiffte sich mit ihm fast ohne Vorrat nach einem entfernten, ihnen ganz unbekannten Land ein. Zu ihrem Glück war auf dem Schiff, welches hundertundzwanzig Kaufleute trug, kein einziger Barbier, so daß es Abusir nicht an Arbeit fehlte, wofür er von dem einen Geld, von dem anderen Lebensmittel und von dem dritten süßes Wasser erhielt. Ihrer Verabredung gemäß teilte er alles mit Abukir, der seine ganze Zeit auf dem Schiff schlafend oder essend zubrachte.
Der Hauptmann selbst bedurfte auch bald der Dienste des Barbiers und lud ihn samt seinem Freund Abukir zum Abendessen ein. Abukir stellte sich seekrank und bat Abusir, ihm zu gestatten, von dem zu essen, was er gebracht. Er schnitt sich hierauf Stücke herunter, als wären es Steine aus einer Steingrube, und verschlang sie, wie ein Elefant, der mehrere Tage Hunger gelitten; er verdrehte jetzt seine Augen wie ein Werwolf und blies aus der Nase wie ein Stier, der sich mit Stroh und Bohnen gefüllt. Als indessen der Hauptmann nach Tisch ihm eine Schüssel voll Speisen schickte, leerte er auch diese noch, als hätte er noch gar nichts gegessen, und so ging das fort bis zum zwanzigsten Tag, wo das Schiff vor einer großen Stadt Anker warf. Abusir mietete ein Zimmer und richtete es für sich und Abukir ein; dieser ließ sich aber sogleich auf den Teppich nieder und schlief wieder, bis ihn Abusir zum Abendessen weckte. Am folgenden Morgen ging Abusir mit seinem Barbierinstrument aus und arbeitete den ganzen Tag über in der Stadt; des Abends teilte er das Geld und die dafür eingekauften Lebensmittel mit Abukir. Am dritten Tag fragte er Abukir, ob er nicht auch ausgehen und sich nach Arbeit umsehen oder wenigstens in der Stadt spazieren gehen wolle; aber Abukir gab vor, er sei noch seekrank, und blieb wieder liegen, bis ihm Abusir den Tisch vorstellte.
So ließ sich Abukir achtzig Tage lang von dem Barbier bewirten und dachte nicht daran, selbst etwas zu erwerben. Auch am einundachtzigsten Tag, als der Barbier krank wurde, regte sich Abukir noch nicht, sondern ließ den Pförtner ihres Hauses alle Arbeit verrichten; erst nach einigen Tagen, als die Krankheit des Barbiers immer zunahm, gefiel es ihm nicht mehr auf seinem Teppich; er nahm daher, während der Barbier bewußtlos da lag, das Geld aus seiner Tasche, schloß die Tür von außen, ging auf den Bazar und kaufte hübsche Kleider, und wandelte wie ein vornehmer Herr gekleidet in der Stadt umher.
Da fiel ihm sehr bald auf, daß alle Bewohner der Stadt entweder weiß oder blau gekleidet waren; er ging daher zu einem Färber, zog sein Taschentuch heraus und sagte ihm: »Was kostet dieses Tuch zu färben?« – »Zwanzig Drachmen.« – »Bei uns färbt man ein solches Tuch für zwei Drachmen.« – »So lasse es in deinem Land färben; ich nehme nicht weniger als zwanzig Drachmen.« – »Und wie willst du es färben?« – »Welche Frage? Ein Färber färbt das Weiße blau.« – »Ich will es aber rot gefärbt haben.« – »Das kann ich nicht.« – »So färbe es grün.« – »Das bin ich auch nicht imstande.« – »Nun meinetwegen gelb.« – »Ich kann nur blau färben, und kein einziger der vierzig Färber, welche hier wohnen, ist geschickter als ich.« – »So wisse denn, daß ich auch ein Färber bin, daß ich aber jedem Stoff alle möglichen Farben geben kann; wenn du willst, so arbeite ich bei dir und lehre dich alle Farben; du kannst dann alle übrigen Färbermeister zuschanden machen.« – »Es ist uns verboten, einen Fremden aufzunehmen.« – »Wenn ich mir aber selbst eine Färberei einrichte?« – »Das wird dir auch nicht gestattet werden; es dürfen nur vierzig Färber hier wohnen, und wenn einer stirbt, so tritt immer ein Färbersohn oder ein anderer Verwandter des Verstorbenen an dessen Stelle.« Abukir verließ diesen Färber, begab sich zu einem anderen und erhielt dieselbe Antwort; ebenso zu einem dritten und vierten. Niemand wollte ihn als Gesellen annehmen, noch wollte der Oberste der Färber ihm die Erlaubnis erteilen, ein eigenes Geschäft zu errichten. Da wandte er sich verzweiflungsvoll zum König und sagte ihm: »O König der Zeit, ich bin hier fremd und wünsche mein Handwerk, das eines Färbers nämlich, als Gesell oder Meister hier zu treiben; aber kein hiesiger Meister will mich als Gesellen aufnehmen obschon ich nicht nur blau, sondern auch schwarz, gelb, grün und rot in allen ihren Nuancen zu färben verstehe, noch will man hier gestatten, mich hier als Meister niederzulassen.« Der König antwortete ihm: »Wenn du wahr sprichst, so lasse ich dir eine Färberei einrichten und gebe dir Geld, um die nötigen Materialien zu kaufen, und wagt es ein hiesiger Färber, dir im mindesten etwas in den Weg zu legen, so lasse ich ihn vor die Tür seiner Werkstätte hängen.« Der König schenkte ihm sogleich tausend Dinare, ein schönes Pferd, ein kostbares Kleid und zwei Mamelucken, wies ihm eine bequeme, gut eingerichtete Wohnung an und befahl den Maurern und Zimmerleuten, eine Färberei nach Abukirs Willen an jedem ihm beliebigen Ort herzurichten. Als dieselbe vollendet war und Abukir die nötigen Farben eingekauft hatte, schickte ihm der König fünfhundert Stücke Tuch; Abukir gab ihnen die verschiedenartigsten Farben und hing sie vor seine Werkstätte zum Trocknen auf; die ganze Stadt versammelte sich bald vor seiner Werkstätte, denn noch nie hatte man vorher einen rot-, grün-, gelb- oder schwarzgefärbten Stoff gesehen; jeder brachte ihm die feinsten Stoffe, um sie färben zu lassen, und belohnte ihn reichlich dafür. Der König war so erfreut über die gefärbten Tücher Abukirs, daß er ihm unermeßliche Geschenke machte und seine Färberei die königliche Färberei nannte. Alle übrigen Färber kamen und entschuldigten sich bei ihm und wollten bei ihm als Gesellen arbeiten, aber er nahm keinen von ihnen an, sondern arbeitete mit Hilfe vieler Sklaven und Sklavinnen, und wurde bald einer der reichsten und angesehensten Männer der Stadt.
So viel von Abukir. Abusir, welchen er bewußtlos verlassen hatte, blieb drei Tage liegen, bis er wieder zu sich kam; dann seufzte und klagte er so laut, daß der Pförtner, der ihn hörte, zu ihm ging und ihn nach seinem Freund fragte. Abusir antwortete ihm, er habe seit kurzer Zeit erst sein Bewußtsein wieder erlangt und wisse nichts von ihm. Er griff dann in den Beutel, um sich etwas zu essen kaufen zu lassen, fand ihn aber leer und schloß daraus, daß Abukir mit seinem Geld davongelaufen sei.
Der Pförtner, der Abusirs Verzweiflung sah, bemitleidete ihn, bereitete ihm eine gute Suppe zu und pflegte ihn zwei Monate lang, bis er wieder ganz hergestellt war. Als Abusir zum ersten Male wieder ausging und eine große Masse Menschen vor einer Färberei versammelt sah, fragte er, was hier zu sehen wäre. Man antwortete ihm: »Es ist ein fremder Färber, namens Abukir, hierher gekommen, der nicht nur blau, sondern auch rot, gelb, grün und schwarz färben kann. Jeder bringt ihm nun Arbeit und bewundert die hier aufgehängten Stoffe.« Abusir dachte bei sich selbst: Gottlob, daß es ihm gut geht! Gewiß hat er mich wegen vieler Beschäftigung vergessen; aber wie wird er sich freuen, wenn er mich, seinen Wohltäter, jetzt wiedersieht. Als er aber sich der Färberei näherte, sagte ihm Abukir, welcher wie ein Vezier, von vielen Sklaven umgeben, auf einer Bank mit hohen Polstern saß: »Taugenichts, wie oft habe ich dir schon verboten, hier zu stehen? Willst du durch einen Diebstahl mich zuschanden machen?« Dann rief er seinen Sklaven zu: »Ergreift ihn und werfet ihn nieder!« Er nahm dann einen Stock, prügelte Abusir und sagte ihm: »Jetzt geh'; sehe ich dich aber noch einmal vor meiner Tür, so werde ich dich bei der Polizei anklagen und dich hängen lassen. Wie oft«, sagte ferner Abukir, zu den erstaunten Umstehenden sich wendend, »hat mich dieser Nichtswürdige schon bestohlen; ich habe den Leuten ihre Waren ersetzt und dazu geschwiegen, weil ich dachte: Es ist ein armer Mann, ich will ihn nicht unglücklich machen; nun soll er aber keine Gnade mehr finden, wenn er wiederkehrt.« Abusir entfernte sich mit zerknirschtem Herzen unter den Verwünschungen einer großen Volksmenge nach Hause. Als seine Schmerzen nachgelassen hatten, wollte er ein Bad nehmen. Er fragte jemanden nach einem Badehaus, aber man antwortete ihm, man wisse nicht, was er meine. »Ich möchte«, sagte Abusir, »in ein Haus gehen, wo man sich wäscht und reinigt.« – »So gehe in den Fluß.« – »Ich will aber in ein Bad.« – »Wir wissen nichts von einem Badehaus; wenn wir uns reinigen wollen, so gehen wir in den Fluß; selbst der König weiß von keiner anderen Waschanstalt.« Als Abusir hörte, daß man in dieser Stadt von der Annehmlichkeit eines Bades noch nichts wußte, begab er sich zum König, verbeugte sich vor ihm und sagte: »Ich bin ein fremder Badheizer und habe mit Erstaunen vernommen, daß deine Stadt kein einziges Badehaus besitzt; das befremdet mich sehr von einer sonst so angenehmen Stadt. Ich komme daher, um dir vorzuschlagen, hier ein Badehaus zu errichten.« – »Und wie ist denn ein solches Badehaus?« fragte der König. Abusir beschrieb ihm ein Badehaus nach dem Muster der kahiranischen Badehäuser, und der König wurde so sehr dafür eingenommen, daß er Abusir ein Ehrenkleid, Sklaven, Sklavinnen und Geld schenkte, dann den Baumeistern befahl, ein Badehaus nach dem Plan Abusirs zu bauen. Als das Badehaus vollendet war, sagte Abusir zum König: »Nun fehlen nur noch Divane und Teppiche.« Der König schenkte ihm zehntausend Dinare zur Möblierung des Badehauses. Abusir kaufte die schönsten Teppiche, Bettdecken und Handtücher, heizte das Bad, lehrte zehn jungen Mamelucken, wie sie die Gäste waschen, einseifen, abtrocknen und kneipen sollten, ließ drei Tage jedermann ohne Bezahlung baden und lud dann den König ein, bei ihm zu baden. Abusir bediente den König selbst und zeigte ihm den Schmutz, den er von seinem Körper abrieb und der wie Lampendocht aussah. Nachdem er ihn gewaschen hatte, ließ er ihn in das Bassin steigen, in das er Rosenwasser gegossen hatte; dann legte er ihn in den beräucherten Saal und ließ ihn von den Mamelucken abtrocknen. Der König befand sich in einem Zustand von Behaglichkeit, den er bisher noch nicht gekannt hatte, und sagte zu Abusir: »Wahrlich, meine Stadt wird eigentlich jetzt erst zu einer vollkommenen Stadt! Was wirst du wohl für ein Bad fordern? – »Was der König für angemessen findet.« – »Ich glaube, tausend Dinare für ein solches Bad wäre nicht zu viel.« – »Der König verzeihe, mein Bad würde auf diese Weise nicht viel besucht werden, denn es sind nur wenige Leute reich genug, um für ein Bad tausend Dinare zu geben.« – »Nun, welchen Preis willst du denn festsetzen?« – »Ich halte es für das Beste, es den Leuten zu überlassen, wie sie mich bezahlen wollen; die Armen werden mir wenig und die Reichen viel geben.« Die Großen des Reiches, welche mit dem König im Bad waren, gaben Abusir ihren Beifall, und der König selbst gestand, daß es so am besten sein würde. »Doch«, sagte er, »wünschte ich, daß der Mann, dem unsere Stadt eine solche Zierde verdankt, reichlich belohnt werde: Darum gebe ihm diesmal jeder von euch hundert Dinare, einen schwarzen und einen weißen Sklaven und eine Sklavin; in Zukunft aber bezahle jeder nach Belieben.« Da an diesem Tage vierhundert vornehme Leute badeten, erhielt Abusir vierzigtausend Dinare, achtundert Sklaven und vierhundert Sklavinnen; dazu schenkte ihm der König noch zehntausend Dinare, zehn weiße und zehn schwarze Sklaven und zehn Sklavinnen. Als Abusir diese Menge Sklaven und Sklavinnen beisammen sah, sagte er zum König: »Eine so zahlreiche Dienerschaft kann wohl von einem mächtigen Regenten unterhalten werden, aber wo soll ich alle diese Leute unterbringen? Woher Speisen, Getränke und Kleider für sie nehmen?« Der König sagte lachend: »Du hast recht; willst du mir deine Sklaven, das Stück für hundert Dinare, verkaufen?« – »Recht gern«, erwiderte Abusir. Darauf befahl der König seinem Schatzmeister, Abusir auszubezahlen, und schenkte dann die Sklaven wieder ihren früheren Eigentümern. Abusir dankte dem König, daß er ihn auf eine so edle Weise von den Werwölfen befreit, die nur Gott zu sättigen imstande wäre.
Am folgenden Tag ließ Abusir in der ganzen Stadt bekanntmachen, daß sein Bad jedermann offen stehe und daß jeder nach Belieben bezahlen könne. Da strömte das Volk in Scharen herbei, das Badehaus war den ganzen Tag gedrängt voll, jeder bezahlte nach seinem Vermögen, und des Abends, als das Bad sich leerte, hatte Abusir eine ganze Kiste voll Geld beisammen. Am dritten Tag, als er hörte, die Königin wolle auch sein Bad besuchen, teilte er den Tag in zwei Teile, bestimmte die erste Hälfte für Männer und die andere für Frauenzimmer, und lehrte einige Sklavinnen, wie sie mit den Badenden umzugehen hätten.
Die Königin war sehr zufrieden mit dem Bad, sie schenkte Abusir tausend Dinare und vermehrte durch ihre Lobsprüche noch den Zudrang zu Abusirs Badehaus. Eines Tages begab sich auch des Königs Schiffer ins Bad, diesen nahm Abusir mit besonderer Auszeichnung auf, bediente ihn selbst, reichte ihm nach dem Bad Sorbette und Kaffee und weigerte sich, von ihm auch das geringste anzunehmen. Als Abukir von einem neuen Badehaus allenthalben mit Entzücken sprechen hörte, wandelte auch ihn die Lust an, wieder einmal zu baden. Er zog eines seiner schönsten Kleider an, setzte sich auf einen Maulesel und ritt von acht Sklaven begleitet ins Bad. Als er Abusir sah und ihn als den Herrn des Badehauses erkannte, sagte er ihm: »Ist das recht, daß du mich nie aufgesucht, während doch die ganze Stadt meinen Namen und meine Färberei kennt und ich sogar bei dem König in großem Ansehen stehe? Ich meinerseits habe allenthalben nach dir gefragt und meine Sklaven nach dir ausgeschickt, konnte aber nirgends Nachricht von dir erhalten.« Abusir erwiderte: »War ich nicht bei dir? Da behandeltest du mich, als wäre ich ein Dieb.« Abukir stellte sich höchst betrübt und sagte: »So warst du es, den ich für den Spitzbuben hielt, der mir schon so viele Waren gestohlen? Er hat die vollkommenste Ähnlichkeit mit dir, aber warum gabst du dich mir nicht zu erkennen? Darum mußt du mir verzeihen, hättest du nur deinen Namen genannt, so wäre eine solche Verwechslung nicht möglich gewesen.« Abusir erwiderte: »Gräme dich nicht länger, es ist vorüber, es war so von Ewigkeit her über mich verhängt.« – »Und wieso«, fragte Abukir, »bist du zu einer solchen Herrlichkeit gelangt?« Abusir erzählte ihm, wie er, nachdem er gesehen, daß man in der ganzen Stadt noch kein Badehaus besitze, dem König den Vorschlag gemacht, ein solches zu errichten, und wie er dadurch zu großem Ansehen und vielen Reichtümern gelangte. Als Abukir sein Bad genommen hatte, sagte er zu Abusir: »Dein Bad ist sehr schön und bequem eingerichtet, nur etwas fehlt noch!« – »Und das wäre?« fragte Abusir. »Eine Salbe«, antwortete Abukir, »welche die Haare am Körper ausfallen macht; ich will dir sagen, wie diese Salbe zubereitet wird, du kannst sie dann, wenn der König wieder dein Bad besucht, ihm anbieten, er wird dir sehr dankbar dafür sein und dich noch mehr lieben und ehren.« – »Du hast recht«, sagte Abusir, »die darf in einem Bad nicht fehlen; darum will ich sie heute noch zubereiten.«
Abukir verließ hierauf seinen Freund, bestieg sein Maultier, ritt in das königliche Schloß und sagte zum König: »Ich habe dir einen Rat zu erteilen, großer König; wisse, daß, wenn du wieder in das neue, hier errichtete Bad gehst, dein Leben gefährdet ist; der Fremde, dem du so viele Wohltaten erwiesen, ist dein Feind und hat dieses Bad aus keiner anderen Absicht errichtet, als um dich zu vergiften; seine Frau und seine Kinder sind als Gefangene bei dem Sultan der Christen, der ihnen ihre Freiheit versprochen, wenn du durch ihn umkommst. Auch ich war bei diesem Sultan als Gefangener, er gewann mich aber wegen meiner Geschicklichkeit in der Färberei so lieb, daß er mich in meine Heimat zurückkehren ließ; Abusir aber wurde zurückgehalten, bis er versprach, dich zu vergiften. Darum hat er hier ein Badehaus errichtet und eine giftige Salbe zubereitet, die er dir gegen die Haare am Körper empfehlen wird; sobald du aber Gebrauch davon machst, wird er entfliehen, um mit seiner Gattin und seinen Kindern in seine Heimat zurückzukehren.«
Als der König dies hörte, entbrannte sein Zorn gegen Abusir, und um sich von der Wahrheit zu überzeugen, ritt er sogleich ins Bad. Abusir entkleidete sich, um den König wie gewöhnlich selbst zu bedienen, und als er ihn angeseift und abgewaschen hatte, sagte er: »O König, ich habe eine Salbe verfertigt, die alle häßlichen Haare ohne Schmerz ausrottet, darf ich dich damit einreiben?« Der König antwortete: »Bring sie her!« Als Abusir sie brachte und der König sie sehr übelriechend fand, zweifelte er nicht mehr daran, daß er vergiftet werden sollte; er rief daher seinen Mamelucken zu: »Ergreift diesen Mann und fesselt ihn.« Die Mamelucken vollzogen des Königs Befehl, und niemand wagte es, ihn nach der Ursache seines Zorns gegen Abusir zu fragen. Der König kleidete sich dann wieder an und ging ins Schloß, ließ Abusir vor sich kommen, übergab ihn seinem Schiffer und sagte diesem: »Nimm einen großen Sack, lege zwei Zentner ungelöschten Kalk hinein und stecke diesen Verbrecher dazu; erscheine dann in einem Nachen vor meinem Palast, und auf meinen Wink bindest du den Sack zu und wirfst ihn ins Wasser, damit dieser Übeltäter zugleich verbrenne und ertrinke.« Der Schiffer entfernte sich mit Abusir und fuhr nach seinem Häuschen, welches auf einer kleinen Insel gerade dem Schlosse gegenüber lag. Hier angelangt, sagte er zu Abusir: »Ich erinnere mich der Ehre, die du mir erwiesen, als ich vor einiger Zeit dein Bad besuchte und möchte mich jetzt gern erkenntlich zeigen. Aber sage mir zuerst, was du verbrochen hast, daß der König einen so abscheulichen Tod über dich verhängt?« – »Bei Gott! Ich habe nichts verbrochen«, antwortete Abusir. »Nun«, sagte der Schiffer, »du warst reich und angesehen, gewiß hat dich jemand beneidet und beim König verleumdet; aber so Gott will, sollst du gerettet werden; ich habe die freundliche Aufnahme nicht vergessen, die ich bei dir gefunden, darum will ich dich hier verbergen, bis ein Schiff nach deiner Heimat segelt, statt deiner aber einen großen Stein zum Kalk in den Sack binden, um den König zu täuschen. Doch will ich dir hier ein Netz geben; du mußt während meiner Abwesenheit fischen, denn ich bin heute wegen dieses Vorfalls verhindert worden, und muß doch Fische für die königliche Küche liefern.« Der Fischer fuhr hierauf mit einem Sack voll Kalk und einem großen Stein vor das königliche Schloß und fragte den König, der am Fenster saß, ob er ihn ins Wasser werfen sollte; der König winkte ihm bejahend mit der Hand, ließ aber bei dieser Bewegung seinen Siegelring fallen, durch dessen Zauberkraft er mit einer einfachen Handbewegung jeden Feind töten konnte. Er schwieg aber, denn nur wegen dieses Ringes war er so gefürchtet, und hätte er gesagt, daß ihm sein Ring ins Wasser gefallen, so wäre im Augenblick ein Aufstand gegen ihn ausgebrochen.
Abusir fischte inzwischen mit vielem Glück; er hatte kaum sein Netz einige Male ausgeworfen, als er schon einen ganzen Haufen voll Fische vor sich liegen hatte. Da dachte er: Ich will nun, da ich schon lange keine Fische gegessen habe, mir auch einen Fisch backen. Er nahm daher einen großen, fetten Fisch und schnitt ihn mit einem Messer, das er bei sich hatte, auf; aber siehe da! Das Messer blieb im Schlund stecken, denn dieser Fisch hatte den Zauberring des Königs aufgefangen. Abusir nahm den Ring heraus und zog ihn an, ohne dessen Tugenden zu kennen. Da kamen zwei Diener des Leibkochs, um die Fische zu holen, und fragten Abusir nach dem Schiffer; Abusir antwortete: »Ich weiß nicht«, und machte dabei eine kleine Bewegung mit der Hand. Dies genügte, um die beiden Diener leblos hinzustrecken. Abusir war sehr erstaunt, als er beide zugleich hinstürzen sah, und während er über die Ursache ihres plötzlichen Todes nachdachte, kam der Schiffer und sah die beiden Leichen und den Zauberring am Finger Abusirs. Da rief er ihm schnell zu: »Bewege deine Hand nicht, sonst bin ich des Todes, wie diese beiden Diener! Woher hast du den Ring an deinem Finger?« – »Ich habe ihn in einem Fisch gefunden.« – »Wisse, es ist des Königs Zauberring, ich habe gesehen, wie er ihn ins Wasser fallen ließ; jetzt kannst du ohne Furcht wieder mit mir in die Stadt kommen, denn mit einer einzigen Bewegung deines Fingers liegt der Kopf des Königs vor deinen Füßen.« Abusir freute sich sehr, als er dies hörte, stieg wieder in des Schiffers Nachen und ließ sich vor dem königlichen Schloß ausschiffen. Der König saß bestürzt wegen des Verlustes seines Ringes mitten unter seinen Vezieren und Heerführern, und fuhr zusammen, als er Abusir unangemeldet hereintreten sah. »Wie kommst du daher?« fragte der König; »bist du nicht ertrunken?«
Abusir antwortete dem König: »Dein Schiffer, dem ich einst einige Dienste im Bade geleistet, hat mich gerettet, weil er wohl einsah, daß ich ein Opfer des Neides werden sollte, und statt meiner einen Stein ins Wasser geworfen. Während dies aber geschah, fischte ich vor seiner Hütte, und als ich einen Fisch für mich backen wollte, fand ich deinen Zauberring darin. Ich komme daher, um dir ihn wiederzugeben, und glaubst du wirklich, daß ich den Tod verdiene, so sage mir nur, was ich verbrochen habe, ich will dann gern meine Strafe tragen.« Als hierauf Abusir den Ring vom Finger nahm und ihn dem König überreichte, umarmte ihn dieser und sagte: »Du bist wohl der beste und rechtschaffenste Mensch auf Erden, kein zweiter hätte mir nach dem, was zwischen uns vorgefallen, den Ring wiedergegeben; verzeihe mir nur das Übel, das ich über dich verhängen wollte.« – »Wenn ich dir verzeihen soll«, sagte Abusir, »so erkläre mir die Ursache deines grausamen Befehls.« – »Bei Gott!« sagte der König, »ich kann nicht mehr an deiner Unschuld zweifeln; ich hätte auch nie einen Verdacht gegen dich gehabt, aber der Färber Abukir hat mich gewarnt und mir gesagt, du wolltest mich vergiften, um die Deinigen aus den Händen des Sultans der Christen zu befreien.« – »Großer König!« rief Abusir, »ich weiß nichts von einem Christenkönig, war nie im Land der Ungläubigen und habe weder Weib noch Kind.« Er erzählte ihm dann, wie der Färber Abukir so verräterisch seit ihrer Abreise von Alexandrien gegen ihn gehandelt hatte, bis er ihm zuletzt den treulosen Rat gab, eine Haarsalbe für den König zu verfertigen. »Aber wisse, o König!« setzte er hinzu, »diese Salbe ist durchaus nicht schädlich und wird bei uns in jedem Bad gebraucht; ich will vor deinen Augen an mir selbst die Beweise davon geben. Auch kannst du, um dich von allem zu überzeugen, den Pförtner des Chans, in welchem ich mit Abukir wohnte, und die Gesellen, von denen er mich schlagen ließ, verhören.« Der König ließ sogleich den Pförtner des Chans, die Gesellen und Abukir selbst, letzteren gefesselt, barfuß und mit entblößtem Haupt vor sich kommen, und da die Aussage Abusirs von dem Pförtner und den Gesellen bestätigt wurde, ließ er Abukir in einen Sack mit Kalk binden und ins Wasser werfen. Abusir aber, dem der König jeden Wunsch zu gewähren versprach, erbat sich ein Schiff, um in seine Heimat zurückzukehren. Der König schenkte ihm ein eigenes Schiff mit Matrosen, die seine Mamelucken wurden, und ließ es mit den kostbarsten Gegenständen anfüllen. Er steuerte nach Alexandrien und als er hier landete, sah einer seiner Mamelucken einen zugebundenen Sack am Ufer liegen und meldete es seinem Herrn, Abusir öffnete den Sack und fand darin den Leichnam Abukirs, welchen das Meer hier ausgeworfen hatte, er zog ihn heraus und ließ ihn beerdigen und ihm einen Grabstein setzen. Abusir überlebte seinen Genossen noch um einige Jahre und als er starb, wurde er neben ihm begraben, und ihre Grabstätte wurde früher »Abukir und Abusir« genannt, später wurde dieser Platz nur »Abukir« genannt.