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Wäre die Yacht der Linie des Aequators gefolgt, so hätten die hundertundsechsundneunzig Längengrade, welche Australien von Amerika, oder genauer Cap Bernouilli von Cap Corrientes trennen, elftausendsiebenhundertsechzig Seemeilen betragen. Auf dem siebenunddreißigsten Breitengrade stellen diese hundertundsechsundneunzig Längengrade, in Folge der Kugelform der Erde, nur neuntausendvierhundertundachtzig Seemeilen dar. Von der amerikanischen Küste bis Tristan d'Acunha rechnet man zweitausendeinhundert Meilen, eine Entfernung, welche John Mangles in zehn Tagen zurückzulegen hoffte, vorausgesetzt, daß nicht scharfe Ostwinde den Lauf der Yacht verzögerten. Uebrigens hatte er allen Grund zufrieden zu sein, denn gegen Abend fiel die Brise merklich ab, schlug dann um, und der Duncan konnte auf ruhigem Meere alle seine unvergleichlichen Eigenschaften zur Geltung bringen.
Schon an demselben Tage hatten die Passagiere alle ihre Lebensgewohnheiten an Bord wieder aufgenommen. Es schien, als hätten sie das Schiff während eines Monats nicht verlassen. Nach dem Wasser des Großen Oceans dehnte sich jetzt das des Atlantischen Weltmeeres vor ihren Augen aus, und bis auf wenige feinere Unterschiede waren alle Wogen einander ähnlich. Die Elemente, welche sie erst so furchtbar geprüft hatten, vereinigten jetzt alle Kräfte, sie zu begünstigen. Friedlich war der Ocean, günstig wehte der Wind, und das ganze, von einer westlichen Brise geschwellte Segelwerk unterstützte den in dem Kessel aufgespeicherten, unermüdlichen Dampf.
Diese schnelle Fahrt ging ohne Zufall und ohne Unfall von statten. Mit Vertrauen hoffte man auf die australische Küste. Die Wahrscheinlichkeiten wurden zu Gewißheiten. Man sprach vom Kapitän Grant, als ob die Yacht ihn in einem bestimmten Hafen abholen sollte. Seine Cabine und die Lagerstätten für seine zwei Begleiter wurden hergerichtet. Mary Grant gefiel sich darin, sie mit eigener Hand zu ordnen und zu schmücken. Sie war ihr von Mr. Olbinett abgetreten worden, der tatsächlich das Zimmer der Mss. Olbinett theilte. Diese Cabine grenzte an die berühmte Nummer sechs, welche an Bord der Scotia für Jacques Paganel bestimmt gewesen war.
Der gelehrte Geograph hielt sich dort fast immer eingeschlossen. Er arbeitete vom Morgen bis zum Abend an einem Werke unter dem Titel: »Erhabene Eindrücke eines Geographen in den Pampas Argentiniens.« Man hörte ihn mit bewegter Stimme seine eleganten Perioden prüfen, bevor er sie den Weißen Blättern seines Collectaneenbuches anvertraute, und mehr als einmal rief er, Klio, der Muse der Geschichtschreibung, ungetreu, in seiner Begeisterung Kalliope, die Muse des epischen Gesanges, an.
Paganel war sich darüber auch nicht im Unklaren. Apollo's keusche Töchter verließen für ihn willig die Gipfel des Parnaß oder des Helikon. Lady Helena entbot ihm darüber ihre aufrichtigen Complimente. Der Major beglückwünschte ihn auch wegen dieser mythologischen Besuche.
»Aber vor Allem,« fügte er hinzu, »keine Zerstreuungen, mein lieber Paganel, und wenn es Ihnen zufällig in den Sinn käme, australisch zu lernen, so studiren Sie mir es nicht etwa aus einer chinesischen Grammatik!«
An Bord ging Alles vortrefflich. Lord und Lady Glenarvan beobachteten mit Interesse John Mangles und Mary Grant. Sie fanden Nichts dagegen einzuwenden, und, da John nicht davon sprach, war es entschieden am besten, den Gegenstand nicht zu berühren. »Was wird Kapitän Grant dazu denken?« sagte da Glenarvan einmal zu Lady Helena.
»Er wird denken, daß John Mary's würdig ist, mein lieber Edward, und er wird sich nicht täuschen.«
Inzwischen steuerte die Yacht rasch ihrem Ziele zu. Am 16. November, fünf Tage, nachdem man Cap Corrientes aus dem Gesichte verloren hatte, wehten günstige Westwinde, dieselben, welche sich die Schiffer beim Umsegeln der Südspitze Afrikas gegenüber den dort gewöhnlichen Südostwinden gern zu Nutze machen.
Der Duncan zog alle Segel auf und fuhr wagehalsig rasch weiter. Seine Schraube griff kaum in das fließende Wasser ein, welches der Vordersteven durchschnitt, und es schien, als wäre er im Wettkampf mit den Yachten des Royal-Thames-Club.
Am andern Tage erschien der Ocean mit ungeheuren See-Eichen bedeckt, die einem großen mit Gewächsen erfüllten Teiche glichen. Man konnte meinen, man befinde sich in einem sogenannten Tang-Meer, wie sie sich aus den Resten von Bäumen und Pflanzen, welche von benachbarten Continenten entführt werden, bilden. Lieutenant Maury hat sie ganz speciell der Aufmerksamkeit der Schifffahrer empfohlen. Der Duncan schien über eine große Wiese hinzugleiten, welche Paganel ganz richtig mit den Pampas verglich, und die seinen Lauf etwas verzögerte.
Vierundzwanzig Stunden später, bei Tagesanbruch, rief die Stimme des auslugenden Matrosen:
»In welcher Richtung?« fragte Tom Austin, der die Wache hatte.
»Unter dem Winde«, erwiderte der Matrose.
Auf diesen immer aufregenden Zuruf hin bevölkerte sich plötzlich das Verdeck. Bald streckte sich am Oberdeck ein Fernrohr aus, dem Jacques Paganel unmittelbar nachfolgte.
Der Gelehrte sah in der angegebenen Richtung durch sein Instrument, konnte aber Nichts, was einem Lande ähnlich war, bemerken.
»Sehen Sie mehr nach den Wolken,« sagte John Mangles zu ihm.
»Wirklich,« erwiderte Paganel, »man würde eine Art fast noch unbemerkbaren Pic zu sehen glauben.«
»Das ist Tristan d'Acunha,« antwortete John Mangles.
»Nun, wenn mein Gedächtniß treu ist,« fuhr Paganel fort, »müssen wir gegen achtzig Meilen davon entfernt sein, denn der Pic von Tristan ist bei einer Höhe von siebentausend Fuß so weit sichtbar.«
»Ganz richtig«, erwiderte Kapitän John Mangles.
Wenige Stunden später wurde die sehr hohe und sehr zerklüftete Inselgruppe am Horizonte vollkommen sichtbar. Die kegelförmige Kuppe von Tristan hob sich schwarz von dem glänzenden Himmel ab, der in der Farbenpracht der aufgehenden Sonne schimmerte. Bald sonderte sich auch an der Spitze eines nach Nordosten gerichteten Dreiecks die Hauptinsel von der Felsmasse ab. Tristan d'Acunha liegt unter 37°8' südlicher Breite und 10°44' östlicher Länge von Greenwich.13°4' östlich von Paris. Diese beiden ersten Meridiane differiren um 2°20'. Achtzehn Meilen im Südwesten vervollständigt die Insel Inaccessible, und zehn Meilen im Südosten die Insel Rossignol die kleine in diesem Theile des Atlantischen Oceans gelegene Gruppe. Gegen Mittag kamen die beiden hauptsächlichsten Merkzeichen, welche den Seeleuten als Orientirungspunkte dienen, in Sicht, nämlich an einem Winkel der Insel Inaccessible, ein Felsen, der genau ein Fahrzeug unter Segel darstellt, und an der nördlichen Ecke der Insel Rossignol zwei kleine Eilande, die einem verfallenen Fort gleichen. Um drei Uhr lief der Duncan in die Bai Falmouth auf Tristan d'Acunha ein, die das Vorgebirge Help oder der guten Hilfe vor den Westwinden beschützt.
Dort lagen einige Wallfischfänger vor Anker, die mit dem Fange von Robben und dem anderer Seethiere, von denen unzählige Arten sich an den Küsten aufhielten, beschäftigt waren.
John Mangles suchte einen guten Ankergrund zu finden, denn diese offenen Rheden sind wegen der Windstöße aus Nordwesten und Norden sehr gefährlich, und genau an dieser Stelle ging im Jahre 1829 die englische Brigg Julia mit Mann und Maus zu Grunde.
Bis auf eine halbe Meile näherte sich der Duncan dem Ufer, und warf bei zwanzig Faden auf felsigem Grunde Anker. Sogleich schifften sich die weiblichen und männlichen Passagiere im großen Boote ein und betraten am Strande einen feinen, schwarzen Sandboden, der aus verwitterten Felsen der Insel bestand.
Der Hauptort der ganzen Inselgruppe Tristan d'Acunha besteht aus einem kleinen Dorfe, das im Hintergrunde der Bai an einem lebhaft rauschenden Bache liegt. Dort befanden sich etwa ein halbes hundert recht sauberer Häuschen, die mit jener geometrischen Regelmäßigkeit angeordnet waren, welche in der englischen Architektur immer das letzte Wort zu sprechen scheint.
Hinter diesem Miniaturstädtchen dehnten sich Ebenen etwa auf fünfzehnhundert Hectaren aus, die mit einem ungeheuren Schuttwall von Lava umgeben waren. Ueber diesem Plateau erhob sich die kegelförmige Kuppe bis auf siebentausend Fuß in die Luft.
Lord Glenarvan wurde von einem Gouverneur empfangen, der von der englischen Capcolonie abhängig ist. Er stellte sogleich seine Fragen wegen Harry Grant's und der Britannia. Diese Namen waren vollkommen unbekannt. Die Inseln Tristan d'Acunha liegen abseits der Schiffscourse und werden in Folge dessen sehr wenig besucht. Seit dem berühmten Schiffbruch des Blendon-Hall, der 1821 an den Felsen der Insel Inaccessible zerschellte, hatten nur zwei Fahrzeuge an der Hauptinsel Schiffbruch gelitten, nämlich 1845 der Primauguet und 1857 der amerikanische Dreimaster Philadelphia. Die Acunha'sche Statistik der Seeunfälle beschränkte sich auf diese drei Katastrophen.
Glenarvan erwartete gar nicht, genauere Nachrichten zu erhalten und fragte den Gouverneur überhaupt nur mehr zur Beruhigung seines Gewissens. Die Schiffsboote sandte er auf eine Fahrt um die Insel, deren Umfang höchstens siebenzehn Meilen betragen mochte, aus. London oder Paris hätten darauf nicht Platz gehabt, und wenn sie dreimal so groß gewesen wäre.
Während dieser Recognoscirung gingen die Passagiere des Duncan in dem Dorfe und auf der angrenzenden Küste spazieren. Die Bevölkerung von Tristan d'Acunha übersteigt nicht hundertfünfzig Seelen. Sie bestehen aus Engländern und Amerikanern, welche mit Negerinnen oder Hottentottenweibern vom Cap verheiratet waren, deren Frauen an Häßlichkeit Nichts zu wünschen übrig lassen. Die Kinder aus diesen ungleichartigen Verbindungen zeigten eine sehr unangenehme Mischung der angelsächsischen Steifheit und der afrikanischen Schwärze.
Diese Promenade der Touristen, denen es wohl that, festes Land unter den Füßen zu haben, dehnte sich an dem Ufer hin aus, an welches die große Fläche cultivirten Bodens grenzt, der nur in diesem Theile der Insel vorkommt. An jedem andern Punkte bildet die Küste ein steiles, zerklüftetes und dürres Gestade aus Lavamassen. Dort zählt man ungeheure Albatrosse und die schwerfälligen Pinguins nach Hunderten.
Nachdem die Besucher diese Felsen vulkanischen Ursprungs untersucht hatten, wendeten sie sich nach der Ebene zurück. Sprudelnde zahlreiche Quellen, genährt von dem ewigen Schnee des Kegelbergs, murmelten da und dort; grüne Gebüsche, auf denen das Auge fast ebensoviel Sperlinge als Blätter zählte, schmückten den Boden; eine einzige Baumart, eine Phylica, welche zwanzig Fuß hoch wird, und der »Tusseh«, eine gigantische Arundinacee mit holzigem Stamme, sproßten aus dem grünenden Weidegrund empor; eine rebenartige Azene, starke Lomarien mit verwickelten Filamenten, einige strauchartige Pflanzen, Ancerinen, deren balsamische Düfte die Luft mit durchdringendem Wohlgeruch erfüllten, Moose, wilder Sellerie und Farrnkräuter bildeten eine wenig artenreiche, aber üppige Flora. Man fühlte, daß ein ewiger Frühling seinen wohlthätigen Einfluß auf dieser bevorzugten Insel geltend machte. Paganel behauptete in seiner gewöhnlichen Begeisterung, daß diese Insel das von Fénélon besungene berühmte Ogygia sei. Er schlug Lady Glenarvan vor, sich eine Grotte auszusuchen, es der liebenswürdigen Kalypse nachzuthun, und wünschte für sich keinen andern Dienst, als »eine der Nymphen zu sein, die ihr aufwarten.«
So kehrten die Spaziergänger, unter Geplauder und Bewunderung, mit sinkender Nacht zur Yacht zurück. In der Nähe des Dorfes zogen Heerden von Rindern und Schafen vorbei; die Klee- und Maisfelder und die seit vierzig Jahren eingeführten Küchenpflanzen erstreckten ihre Naturreichthümer bis in die Straßen der Hauptstadt.
Eben als Lord Glenarvan an Bord zurückkehrte, legten auch die Boote des Duncan wieder bei der Yacht an. In wenigen Stunden hatten sie ihre Fahrt um die Insel ausgeführt, auf ihrem Wege aber keine Spur von der Britannia entdeckt. Diese Umschiffung führte also zu keinem andern Ergebnisse, als zu dem, die Inseln Tristan d'Acunha endgiltig aus dem Programm der anzustellenden Nachforschungen zu streichen.
Der Duncan konnte demnach diese afrikanische Inselgruppe verlassen und weiter nach Osten segeln. Daß man nicht noch denselben Abend abfuhr, geschah deshalb, weil Glenarvan seiner Mannschaft erlaubt hatte, auf die unzähligen Robben zu jagen, welche unter dem Namen von Seekälbern, -löwen, -bären und See-Elephanten die Ufer der Falmouth-Bai bedecken. Früher tummelten sich auch wirkliche Wallfische in den Gewässern der Insel; aber es hatten sie so viele Jäger verfolgt und harpunirt, daß von ihnen kaum noch einige übrig waren. Amphibien dagegen wurden dort heerdenweise angetroffen. Die Besatzung der Yacht beschloß also die Nacht über zu jagen und am folgenden Tage sich einen gehörigen Vorrath an Thran darzustellen. So wurde die Abfahrt des Duncan bis auf den zweitfolgenden Tag, den 20. November, verschoben.
Während des Abendessens theilte Paganel noch einige Einzelheiten über die Inseln Tristan d'Acunha mit, welche das Interesse seiner Zuhörer erweckten. Sie vernahmen, daß diese Inselgruppe im Jahre 1506 durch den Portugiesen Tristan d'Acunha, einen der Begleiter Albuquerque's entdeckt, aber ein ganzes Jahrhundert lang nicht weiter erforscht wurde. Man hielt diese Inseln, und nicht ohne Grund, für »Sturmnester«, und so standen sie in demselben schlechten Ansehen, wie die Bermudas-Inseln. So näherte sich ihnen kaum ein Seefahrer, und kein Fahrzeug legte sich dort an's Land, wenn es nicht wider Willen durch Stürme im Atlantischen Occan dahin verschlagen war.
Im Jahre 1697 liefen hier drei holländische Fahrzeuge ein, welche die geographische Lage der Inseln bestimmten, und dem großen Astronomen Halley die Sorge überließen, im Jahre 1700 die Richtigkeit ihrer Berechnungen zu prüfen. Vom Jahre 1712 bis 1767 machten mehrere französische Fahrzeuge die Bekanntschaft der Insel, vorzüglich »La Pérouse«, der auf seiner berühmten Reise im Jahre 1785 durch seine Instructionen hierher geführt wurde.
Diese bis dahin so wenig besuchten Inseln waren auch unbewohnt geblieben, bis im Jahre 1811 ein Amerikaner, Jonathan Lambert, ihre Colonisirung unternahm. Er landete dort im Monat Januar mit zwei Begleitern, welche herzhaft ihr Colonisirungswerk begannen. Als der Gouverneur des Caps der Guten Hoffnung in Erfahrung gebracht hatte, daß ihr Versuch gelang, bot er ihnen das Protectorat Englands an; Jonathan ging darauf ein und hißte auf seiner Hütte die englische Flagge auf. Ueber »seine Völker«, einen alten Italiener und einen portugiesischen Mulatten, schien er friedlich zu regieren, als er plötzlich, bei einer Recognoscirung der Küsten seines Reiches entweder, – es ist nicht ganz klar geworden – ertrank oder ertränkt wurde. So kam das Jahr 1816. Napoleon wurde auf St. Helena gefangen gesetzt, und von Seiten Englands wurde zu seiner besseren Bewachung eine Garnison nach der Insel Ascension und nach Tristan d'Acunha verlegt. Die Garnison von Tristan bestand aus einer Compagnie Cap-Artillerie und einem Detachement Hottentotten. Sie verblieb dort bis 1821 und wurde nach dem Tode des Gefangenen von St. Helena nach dem Cap zurückverlegt.
»Ein einziger Europäer,« fügte Paganel hinzu, »ein Korporal, ein Schotte . . .«
»Aha, ein Schotte!« sagte der Major, der für seine Landsleute immer ein ganz besonderes Interesse hatte.
»Er hieß William Glaß,« fuhr Paganel fort, »und blieb mit seiner Frau und zwei Hottentotten auf der Insel zurück. Bald schlossen sich zwei Engländer, ein Matrose und ein Themseschiffer, ein Ex-Dragoner der argentinischen Armee, dem Schotten an, und endlich fand, im Jahre 1821, einer der Schiffbrüchigen des Blendon-Hall, sammt seiner jungen Frau, auf der Insel Zuflucht. So zählte die Insel 1821 demnach sechs Männer und zwei Frauen. Im Jahre 1829 war die Bevölkerung bis auf sieben Männer, sechs Frauen und vierzehn Kinder angewachsen. Im Jahre 1835 belief sich die Zahl der Bewohner auf vierzig und jetzt hat sie sich wohl verdreifacht.«
»So ist der Anfang der Nationen,« sagte Glenarvan.
»Um die Geschichte von Tristan d'Acunha zu vervollständigen,« fuhr Paganel fort, »füge ich hinzu, daß mir diese Insel ebenso wie Juan Fernandez den Ruf einer Robinsons-Insel zu verdienen scheint. Im Jahre 1793 verlief sich einer meiner Landsleute, der Naturforscher Aubert Dupetit-Thouars, beim eifrigen Botanisiren, und konnte sein Fahrzeug nicht eher wieder erreichen, als in dem Augenblicke, da es die Anker lichtete. Im Jahre 1824 blieb dann Einer Ihrer Landsleute, mein lieber Glenarvan, ein geschickter Zeichner, Namens August Earle, acht Monate auf der Insel verlassen. Sein Kapitän hatte vergessen, daß Jener an's Land gegangen, und war nach dem Cap abgesegelt.«
»Nun, das kann man doch einen zerstreuten Kapitän nennen,« meinte der Major. »Das war offenbar Einer von Ihren Verwandten, Paganel?«
»Und wenn er es nicht war, Major, so verdiente er es doch zu sein.«
Mit dieser Antwort des Geographen brach die Unterhaltung ab.
Während der Nacht machte die Mannschaft des Duncan reichliche Jagdbeute. An fünfzig große Robben wurden vom Leben zum Tode befördert. Hatte Glenarvan nun diese Jagd gestattet, so konnte er auch der Ausnutzung derselben nicht entgegen sein. Der folgende Tag wurde also mit Thrangewinnung und Zurichtung der Felle dieser einträglichen Amphibien hingebracht.
Die Passagiere verwendeten natürlich diesen zweiten Tag des Aufenthaltes zu einem neuen Streifzug über die Insel. Glenarvan und der Major nahmen die Gewehre mit, um dem Wildpret von Acunha nachzustellen. Bei diesem Spaziergange drangen sie bis zu dem Fuße des Berges vor und zwar auf einem Boden, der mit zerfallenen Trümmern, mit Schlacken, mit poröser, schwarzer Lava und aller Art von vulkanischem Detritus übersäet war. Der Fuß des Berges erhob sich aus einem Chaos wankender Felsmassen. Nur schwer hätte man sich über die Natur des ungeheuren Kegels täuschen können, und der englische Kapitän Carmichaël hatte Recht, ihn für einen erloschenen Vulcan anzusehen.
Die Jäger bemerkten einige wilde Schweine. Eines derselben fiel von der Kugel des Majors. Glenarvan begnügte sich, einige Paar schwarzer Rebhühner zu erlegen, von denen der Schiffskoch gewiß ein ausgezeichnetes Ragout herzustellen im Stande war. Auf den höheren Ebenen wurde eine große Menge Ziegen bemerkt. Räuberische, kühne und starke wilde Katzen, die selbst den Hunden gefährlich werden, waren in starker Vermehrung begriffen und schienen später eine sehr beachtenswerthe Raubthierclasse zu werden.
Um acht Uhr war Alles an Bord zurück, und im Laufe der Nacht verließ der Duncan Tristan d'Acunha, das er nicht mehr wiedersehen sollte.