Carl Franz van der Velde
Das Liebhaber-Theater
Carl Franz van der Velde

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19.

Wespe, der Falkenbergen suchte, fand ihn Arm in Arm mit Laura vor dem in doppelter Beziehung fatalen Zelte. Er zog ihn bei Seite.

So eben, Herr Lieutenant, sprach er höflich: habe ich zu meiner Befremdung von dem Amtsrath erfahren, daß Sie von mir eine Abbitte verlangen, und im Weigerungfalle nicht mit mir auftreten wollen.

Ganz richtig, erwiederte Falkenberg kurz. Was weiter?

So erlauben Sie mir, fuhr Wespe fort: Ihnen zu sagen, daß Sie wohl vor einer so 241 auffallenden Erklärung einen Versuch hätten machen sollen, sich mit mir zu verständigen.

Das wollte ich nicht, weil ich meine Hitze kenne, antwortete Falkenberg: und mich fürchtete, das Vergnügen unsers gastfreien Wirthes durch eine heftige Scene zu stören.

Dem sey wie ihm wolle, erwiederte Wespe noch immer sehr gelassen: so haben Sie doch in der Hauptsache Unrecht, denn ich kann Ihnen mein Ehrenwort geben, daß ich Ihre Person auf keine Weise beleidigt habe.

Erlauben Sie mir, sprach Falkenberg bitter: daß ich hierin der Erzählung glaubhafter Personen glaube. Uebrigens war auch jedes Wort, wodurch sich Mamsell Willig verletzt halten konnte, gegen mich gesprochen!

Dann ist freilich von einer Verständigung zwischen uns nicht weiter die Rede, sagte Wespe. Doch Ihre Alternative ist auf jeden Fall unpassend. Hätte ich Sie wirklich beleidigt, so könnten Sie sich blos an mich halten. Ueber das Vergnügen dieses Abends steht uns Beiden keine Disposition zu. Wir haben 242 uns einmal zum Spiel verpflichtet und müssen Wort halten, unser Verhältniß gegen einander sey, welches es wolle.

Jedem freien Manne muß es frei stehn, die Sachen aus seinem Gesichtspunkte zu betrachten, erwiederte Falkenberg, der doch durch Wespe's ruhige Fassung und durch das Gefühl des eigenen Unrechts etwas verlegen wurde.

Ich könnte Ihnen leicht beweisen, sprach Wespe: daß Sie in diesem Augenblicke nichts weniger als frei sind, aber das würde uns zu weit führen. Drum kurz zur Sache. Habe ich Sie beleidigt, so haben Sie Genugthuung von mir zu fordern. Sie haben dazu die Abbitte vorgeschlagen. Vorgeschlagen! Nichts weiter stand Ihnen zu. Mir aber steht zu, diesen Vorschlag zu verwerfen, wenn ich Ihnen eine andere Satisfaction zu geben bereit bin, bei der meine Ehre nicht leidet.

Wie meinen Sie das? fragte Falkenberg mit großen Augen.

Sie sind Cavalier und Officier, sprach 243 Wespe mit einer artigen Verbeugung: Sie können mich unmöglich mißverstehen.

Also Duell! rief Falkenberg. Ich stände Ihnen gern zu Dienst, wenn ich nur wüßte, ob ich berechtigt bin, mich mit Ihnen zu schlagen, da sie weder Officier, noch Edelmann sind.

Da funkelten Wespe's Augen, und er biß sich grimmig in die Lippen. Doch faßte er sich noch und eilte fort. Bald kam er wieder im Ueberrock, ein großes Papier in der Hand, seinen Uniform-Degen unter dem Arme, von Lieutenant Seethal begleitet. Kraft dieser Bestallung, sprach er wieder ganz ruhig: bin ich herzoglicher Kreisgerichts-Assessor, also an Stande Ihnen gleich. Diesen Degen gab mir der Herzog als Ehrenzeichen, ich muß daher auch berechtigt seyn, mit ihm meine Ehre zu vertheidigen.

Der Jurist verläugnet sich doch nie! rief lachend Seethal. Sogar in einer Ehrensache, die seine Gesetzbücher verbieten, beweis't er durch Urkunden, daß er das Recht hat, sich 244 zu schlagen. Uebrigens hast Du Dich ganz unnöthiger Weise incommodirt, lieber Bruder. Du bist ein braver Kerl, Falkenberg ist es auch, und er wird Dir Satisfaction nicht versagen. Mein Ehrenwort zum Pfande!

Unter diesen Umständen freilich nicht, antwortete Falkenberg freundlich, seinen Degen umschnallend. Willst Du mir secundiren, Seethal?

Nein, ich kann ja meinen neuen Bruder nicht im Stiche lassen, antwortete Seethal. Für Dich wird sich schon noch jemand finden. Talmond und Tremouille machen aus Leibeskräften die Cour, aber dort lehnen ja Seine Königliche Majestät in der Coulisse. Lange ihn Dir ab und laß uns gehen.

Im Zwischenakt ein kleines Duell als Intermezzo! rief Falkenberg lachend. Die Idee ist originell!

Der Rittmeister ward schnell unterrichtet, nahm seinen Degen und ging mit ihnen. An der Thür begegnete ihnen der Amtsrath.

Wohin, meine Herren, wohin? fragte er befremdet. Ich will bald aufziehen lassen.

245 In einer Viertelstunde sind wir wieder da, sprach Wespe. Lassen Sie nur unterdeß noch einige Pieçen geigen.

Ein wildes Bataille-Stück von Beethoven! rief Falkenberg, der sich unterdeß mit Laura geletzt; und sie stürmten hinaus.

Das hat etwas zu bedeuten, sprach der Amtsrath, und sein Blick fiel nun auf Laura, die, das schöne Gesicht voll garstiger Freude, da stand. Wissen Sie vielleicht etwas von der Sache? fragte er sie mißtrauisch.

Wie sollte ich? fragte sie dagegen. Ich bin über dieß schnelle, ungestüme Weggehen so frappirt als Sie.

So, so! sagte der Amtsrath. Nun, Ihr Ruhebette steht schon parat. Sterben Sie nur hübsch bald, und legen Sie sich zur Ruhe, damit wir auch Ruhe bekommen, setzte er sachte hinzu.

Laura warf das Köpfchen und ging, und der Amtsrath murmelte hinter ihr her: Daß ich der Petrarca dieser Laura nicht seyn möchte, hat auch seine Richtigkeit. Da wäre mir die 246 treue Katze lieber, bei deren grünem Augenlichte er seine Sonette schrieb.

 


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