Ludwig Tieck
Peter Lebrecht
Ludwig Tieck

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Achtzehntes Kapitel

Ist das vorletzte Kapitel. – Der Verfasser nimmt von seinen Lesern Abschied

Hier wäre nun also der erste Teil meiner wahrhaften Geschichte beschlossen. Viele Leser werden nicht begreifen können, was denn der folgende Teil enthalten solle, da in diesem nun alles, was etwa noch interessieren könnte, beigelegt und in Richtigkeit gebracht ist. – Man hat sich in sehr vielen Romanen daran gewöhnt, daß jeder Teil mit einem Donnerschlage schließt und der Verfasser seine Leser jedesmal auf der letzten Seite plötzlich aus den Wolken fallen läßt, daß sie dann mit einem Male dastehn, sich umsehn, und nicht wissen, wie ihnen geschehn ist, dann häufig in den Buchladen oder zum Bücherverleiher laufen, und sich nach dem zweiten Teile des interessanten Buches außer Atem fragen.

Für diese Leser mein Buch auf die gehörige Art zu schließen, wäre wahrhaftig für mich das größte und schwierigste Kunststück gewesen. Denn wenn ich auch unredlicherweise von der Wahrheit meiner Geschichte hätte abweichen wollen, welche Erfindung hätte ich wohl auftreiben können, um diese flüchtigen Gönner festzuhalten? – Hätte ein schrecklicher, kleiner, lächerlicher, gräßlicher Kobold mein Haus mit einem Male besuchen und mir ein entsetzliches Unglück prophezeien sollen? – Das ging nicht an, denn ich hatte gleich in meinem ersten Kapitel gesagt, daß ich mich mit solchen Narrenteidingen gar nicht einlassen wollte. – Oder hätte meine Frau Hannchen wieder plötzlich verschwinden sollen? – Der Vorfall war in meiner Geschichte schon einmal dagewesen; obgleich viele Leute überzeugt zu sein scheinen, daß eine Frau ein Gut sei, das man nicht zu oft verlieren und wiederfinden könneSiehe den Genius von Grosse. . – Kurz, ich hätte wirklich keinen Ausweg gewußt.

Bei ähnlichen Büchern als der Genius, fällt mir immer eine Geschichte von einem Geizhalse ein; vielleicht ist sie nicht allen meinen Lesern bekannt, und da sie nur kurz ist, will ich sie noch erzählen.

Ein Mann, der sehr geizig war, wollte doch seinen Freunden einmal ein Fest geben. Er konnte es aber nicht über sein karges Herz bringen, daß er von allen Gerichten so viel besorgt hätte, daß sich seine Gäste hätten sättigen können; um jeden Vorwurf aber von sich abzulehnen und es zugleich so einzurichten, daß von den aufgetragenen Speisen noch auf den morgenden Tag etwas übrig bliebe, erfand er folgendes Mittel. Er sagte nämlich gleich beim Anfang der Mahlzeit seinen Freunden von einem überaus delikaten Kuchen, den er habe backen lassen, sie möchten sich also den Appetit nicht zu sehr an den schlechtern Speisen verderben. Die Erwartung war gespannt, der Gaumen gereizt, man aß von allen Schüsseln nur wenig, weil man immer den vortrefflichen Kuchen erwartete. Er kam aber nicht, der Wirt entschuldigte sich damit, der ganze edle Kuchen sei unglücklicherweise die Treppe heruntergefallen, und die getäuschten Gäste mußten nun ihren Hunger mit Brot und schlechter Butter befriedigen.

Hast du nicht, lieber Leser, statt dieses versprochenen Kuchens, eine Schüssel ausgemerzter tauber Nüsse im Genius und andern Erzählungen dieser Art gefunden?

Fern sei es daher von mir, irgend etwas zu versprechen, was ich nicht imstande bin, zu halten. – Für wen dieser erste Teil nicht ganz langweilig gewesen ist, dem verspreche ich auch im folgenden einige Unterhaltung; dieser Leser kann dann diesen ersten Teil gewissermaßen als eine Vorrede zum zweiten ansehn, in welchem sich Charaktere, Personen und ihre Art zu denken mehr entwickeln werden. –

Ich habe im schlechten Wetter dieses erste Bändchen, neben meiner Frau sitzend, geschrieben. Es werden noch mehr regnichte Tage einfallen und ich habe noch manches auf dem Herzen, worüber ich wohl mit einem guten Freunde schwatzen möchte. Wenn also zuweilen jemand von den ewigen Revolutionen und politischen Systemen, philosophischem Gezänk und mystischen ästhetischen Abhandlungen, Geister- und Rittergeschichten müde und betäubt weggeht, um sich zu erholen, und ich habe ihm nicht ganz mißfallen, so kann er mich am kleinen See vor meiner Tür sitzend antreffen und ich will ihm dann auf meine Art meine Geschichte weiter vorschwatzen, die freilich kein Grausen, kein Erstarren, kein Zähnklappen erregt; aber desto besser, so kommen meine Zuhörer wenigstens ohne Fieber davon.


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