Ludwig Tieck
Eigensinn und Laune
Ludwig Tieck

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So sehr sich der reiche Kaufmann auch gesammelt zu haben glaubte, so dachte er doch nur mit Grauen an die Rückkehr aus dieser Einsamkeit. Er zog noch umher in den benachbarten merkwürdigen Orten und sendete einen Boten nach Thun, damit sich Martin nicht über das längere Außenbleiben ängstigen möge. Stand er dort nun auf den Felsen, einsam und von Niemand beobachtet oder gestört, und sah er, wie Emmeline indeß mit dem Führer, eifrig sprechend, umherschweifte, so überdachte er wohl sein sonderbares Schicksal, und es fiel ihm schwer auf das Herz, wie diese Tochter, so sehr ihre Schönheit auch von aller Welt bewundert werde, ihm noch niemals eigentlich Freude gemacht habe. Dann fiel es ihm ein, daß wohl in den Enkeln sich die guten und bösen Eigenschaften der Großeltern wiederholen möchten, und von diesen neubelebten Temperamenten vielleicht sich Schicksale und Verhängnisse entspönnen, denen zu widerstreben unmöglich sei. In der Geschichte seines Hauses, soweit er sie kannte, fehlte es nicht an Abentheuern. Der Urgroßvater (denn höher stieg seine Kenntniß der Familie nicht) war aus dem nördlichen Deutschland gekommen; er hatte durch Fleiß und Thätigkeit und eine verständige Heirath sein mäßiges Vermögen vermehrt, war aus einem Handwerker Kaufmann und der Herr einer ansehnlichen Fabrik geworden. Nachdem er sich späterhin in der Residenz niedergelassen und Bedeutung und Ansehn gewonnen hatte, verlor er einen großen Theil seines Vermögens durch einen ausschweifenden Sohn, der so wenig auf den Alten Rücksicht nahm und die Vernunft so wenig achtete, daß er den Vater mehr als einmal an den Rand des Abgrundes brachte. Endlich mußte er entfliehen, und als er schon seit vielen Jahren verschollen war, so daß ihn seine Angehörigen schon lange gestorben glaubten, kehrte er zurück und zwar verheirathet. Und mit wem? Es war eine zu 313 brünette Italienerin, die leidenschaftlich und ohne alle Erziehung in den Kreis von gebildeten Menschen trat, die sie alle verletzte und beleidigte. Theils um sich zu rächen, oder um sie zu entschuldigen, wie Andere vorgaben, behauptete man, dieses Frauenzimmer sei eigentlich von Geburt eine Zigeunerin. Der Großvater schien in sofern glücklich mit ihr, weil er ihr Thun und Treiben billigte, und nur den altklug steifen Ton der Residenz beklagte, der die verwöhnten Leute hindere, die Vorzüge seiner Gattin einzusehen. Er hatte aber im Auslande Vermögen erworben, befriedigte seine alten Gläubiger und schloß sich wieder der Handlung und den Geschäften seines Vaters an. So glücklich er in den übrigen Verhältnissen schien, so erlebte er doch den Kummer, daß alle seine Kinder früh in der Jugend starben. Nur sein jüngster Sohn blieb am Leben, ein Kind, das immer still und ruhig war und kein Talent verrieth. Als dieser erwachsen war und nach dem Tode seiner Eltern die Handlung übernahm, gelang es ihm, das Vermögen und den Wohlstand des Hauses auf eine unglaubliche Art zu vermehren. Er vermied jeden Umgang, lebte in seinem Hause einsam wie in einem Kloster, und nachdem er sich mit einer sehr reichen Holländerin vermählt hatte, zog er sich, wenn dies möglich war, noch mehr von aller Gesellschaft zurück. Die Menschen behandelten ihn und sprachen von ihm wie von einem halb Blödsinnigen, und doch vertraute man ihm unbedingt, und sein Credit in der Kaufmannschaft war unerschütterlich. Ihn beerbte der einzige Sohn, unser Runde, und indem dieser jetzt, in seinem reifen Alter, die Reihe seiner Vorfahren überdachte, schwindelte ihm von der Ahndung, die ihr finsteres Angesicht ihm zukehrte, daß in seiner schönen Emmeline wohl der verzauberte Großvater und dessen Zigeunerin diese unbegreiflichen Launen herausarbeiten möchten. 314 Wäre es so, sprach er endlich zu sich, wie Recht hatten alsdann unser alter Adel und die Fürsten, auch ehrbare Bürger und Bauern, keine Mesalliance, keine Fremdlinge und anrüchige Menschen in ihren Familien zuzulassen. Es ist also wohl das Blut, was ihre Vernunft und besseren Neigungen verfinstert. Dagegen giebt es denn kein Mittel, und so viel ist gewiß, der bräunliche hübsche Martin hat wenigstens keine Ader von einem Zigeuner und keinen Zug von einem Abentheurer.

Da er an die mögliche Krankheit und einen nahen Tod seiner Tochter glaubte, so ersann er in diesen Stunden einen Plan, den er auch Emmelinen mittheilte, und sie kehrten nun endlich über den See nach Thun zurück. Martin war sehr erfreut, die Herrschaft wiederzusehen, und seine Heiterkeit stieg noch höher, als er bemerkte, mit welcher vertraulichen Freundlichkeit ihm Emmeline begegnete, und wie ihn der alte Herr mit Sie anredete und ihn beinah wie Seinesgleichen behandelte. Jetzt nahm auch Emmeline das Hündchen Munsche unter ihre besondere Obhut und gab es nicht mehr zu, daß das feine Thier sich so müde laufen und auf der Chaussee bestäuben durfte.

Erst als sie die Schweiz wieder verlassen hatten, schloß sich in einer deutschen Stadt der Vater mit dem jungen Fuhrmanne ein, um ihm nach und nach sein unverhofftes Glück zu entwickeln und ihn auf die Rolle vorzubereiten, die er von jetzt in der Welt zu spielen habe. Vorerst wurde an seine Mutter eine Summe gesendet, damit sie ohne Sorgen leben könne; es wurde ihr aber im Briefe noch nichts von der bevorstehenden Heirath gesagt, damit sich nicht von dort ein Gerücht verbreite, welches den klugen Plan des alten Herrn zerstören könne. Dann sollte Martin mit einem andern Kutscher die Pferde zurücksenden, so wie den Wagen, 315 der in Stuttgart geblieben war, und seinem Herrn melden, daß eine neue Stellung und ein vortheilhaftes Dienstverhältniß, welches sich ihm plötzlich angeboten habe, es ihm unmöglich mache, zu ihm zurückzukehren. Bei allen diesen Erörterungen war dem jungen Martin nicht anders zu Muth, als wenn er in ein mährchenhaftes Feenland gerathen wäre; er that bei jedem neuen Vorschlag nichts anders, als daß er immer wieder die Hände zusammenschlug und ausrief: ei du mein Gott! das schöne Fräulein soll meine Frau werden! Aus mir wollen sie einen vornehmen Mann machen!

Ein Schneider hatte schnell für Martins Garderobe gesorgt. Emmeline konnte nicht aufhören zu lachen, als er sich ihr zum erstenmal in seinem neuen Costum zeigte. Er fühlte sich zwar etwas gehemmt, doch war sein Betragen keineswegs ängstlich. Als man sich von der ersten Verwunderung erholt hatte, scherzte Emmeline und er wie die Kinder miteinander. Der Alte schien nun schon an die Vorstellung gewöhnt, und nannte ihn abwechselnd Herr Sendling und Sohn, einmal überraschte ihn sogar das vertrauliche Du; er ward aber blutroth und vermied nachher mit der größten Aufmerksamkeit diese Anrede. Auch hierüber, wie über Alles, was sich ereignete und angeordnet wurde, konnte Emmeline vor fröhlichem ausgelassnem Lachen nur selten in den Ton des Ernstes zurückfallen. Dies verstimmte den Alten, der sich bewußt war, welche ungeheure Opfer er dem Eigensinne seiner Tochter gebracht hatte. Er hatte darauf gerechnet, daß sie, die vor Kurzem noch so innig gerührt gewesen war, auch jetzt eine edle Empfindung der Dankbarkeit zeigen solle; da sie aber nur scherzte und mit ihrem Bräutigam alberne Possen trieb, wurde er ungeduldig. Plötzlich rief sie: nun ja, Väterchen, Deine Kinder sollen ernsthaft seyn. Denn in Deiner Gegenwart soll mir mein Bräutigam in diesem feierlichen 316 Augenblicke den ersten Kuß geben. Sie faßte das schöne Haupt des Jünglings zwischen ihre weißen Hände, und drückte ihm einen herzlichen Kuß auf die vollen rothen Lippen. Eigentlich, fing sie dann an, soll diese Weihe das größte Geheimniß im Geheimniß der Liebe seyn, wir Beide haben aber eine ernsthafte Sache ernsthaft in Gegenwart des verehrungswürdigen Vaters verhandelt.

Nach einigen Tagen machte man sich auf den Rückweg. Ehe sie ihren Wohnort erreichten, ließ der Banquier in einer andern großen Stadt, in welcher er ebenfalls ein ansehnliches Haus besaß, den Jüngling dieses beziehn und untergab ihm Dienerschaft und ein nöthiges Einkommen. Hier nannte er ihn Martin Sendling, einen Vetter, der aus weit entlegenen Landen herübergekommen sei, um sich in diesem Theile von Deutschland auszubilden. Lehrer wurden angenommen, ein Tanzmeister und Fechtmeister, sowie ein Virtuos, der dem wißbegierigen Jüngling die Anfangsgründe der Musik beibringen sollte. Martin verwunderte sich im Stillen, daß es so vielerlei Wissenschaften gebe, und daß es so viel Kunst koste, aus einem gewöhnlichen Menschen einen gebildeten zu machen. Er unterzog sich aber mit Lust und Fleiß allen seinen Stunden und versprach dem reichen Schwiegervater, ihm gewiß in Zukunft Ehre zu machen. Emmeline ermahnte ihn, indem sie ihn einigemal lebhaft umarmte, seine Bildung recht zu beeilen, damit ihre Verbindung nicht zu lange hinausgeschoben würde. So reisete sie mit dem Vater ab, nachdem sie mit ihrem Bräutigam noch eine Correspondenz verabredet hatte.

Als man in die Heimath zurückgekommen war, verbreitete sich bald ein ungewisses schwankendes Gerücht, daß Emmeline versprochen sei. Einige nannten einen fremden Grafen, ein paar alte Frauen sogar einen Prinzen; wieder meinten Andre, 317 der Bräutigam sei nur ein gewöhnlicher Künstler. Es fehlte auch nicht an Neuigkeitskrämern, die allem widersprachen und behaupteten, sowie Ferdinand nur von seinen Reisen zurückgekommen sei, werde sich Emmeline mit diesem vermählen.

Martin studirte eifrig; Emmeline schrieb ihm fleißig und freute sich seiner verständigen Briefe; der Vater erzählte oft und viel von seinem weitläufigen Verwandten Martin Sendling, einem hoffnungsvollen jungen Manne, den er vielleicht in einiger Zeit zum Compagnon annehme, und so erhielten die ungewissen Gerüchte in Ansehung des Bräutigams bestimmtere Umrisse.

Der Vater besuchte von Zeit zu Zeit den jungen Scholaren und war mit dessen Fortschritten sehr wohl zufrieden. Er wollte aber nicht, daß Emmeline ihn begleitete, um kein unnützes Gerede zu veranlassen.

So waren seit der Rückkehr ungefähr neun oder zehn Monate verflossen, als der Vater seinen Schwiegersohn von jenem Bildungsorte in Person abholte.

Mit aufwallender Freude empfing Emmeline den schönen Jüngling, den sie so lange nicht gesehn hatte, und er wußte ihr in so feinen und zierlichen Reden zu antworten, daß sie es nicht begriff, wie ein Mensch in so kurzer Zeit so völlig verwandelt werden könne.

Sendling besuchte die Gesellschaften und die Freunde seines Schwiegervaters, allenthalben ward er wohl aufgenommen, am freundlichsten vom Baron Excelmann; auch der Rath Ambach zeigte ihm Wohlwollen, nur der reiche Grundmann zog sich völlig zurück, und bewohnte in eigensinniger Laune sein Landhaus, um nicht in die Gefahr zu kommen, seinen Nebenbuhler irgendwo anzutreffen, da er immer noch die schöne Emmeline liebte.

Nach acht Tagen versammelte Runde alle seine Freunde 318 bei sich; auch Ferdinand, der von seiner Reise zurückgekommen, war zugegen. Bei einem großen feierlichen Gastmahl sollte die Verlobung des jungen Paares bekannt gemacht werden; Ferdinand, der jetzt Rath geworden war, fühlte, daß er es ertragen würde; nur Grundmann hatte sich nicht eingefunden.

Die ganze Gesellschaft war in einer gewissen Spannung. Man musterte von allen Seiten den fremden jungen Mann, man redete ihn an, und die jüngern wie die ältern Männer fanden ihn interessant und unterrichtet, und einige wunderten sich nur darüber, wie sich die leichtsinnige Emmeline in einen so soliden Charakter habe vergaffen können.

Endlich erschien sie selbst, und wieder kündigte eine allgemeine Stille den Eindruck an, welchen ihre glänzende Schönheit auf Jedermann machte. Sie schien sehr heiter und wurde nur verlegen, als Sendling sich ihr näherte, um sie zu bewillkommnen. Jetzt meldete der Diener, daß angerichtet sei, und indem man sich in den Speisesaal verfügen wollte, riß sie sich schnell vom Arme Martin's los und eilte wie beflügelt in ihr Zimmer.

Diese Entfernung, die einer Flucht ähnlich sah, machte die ganze Gesellschaft betroffen. Der Vater stand eine Weile wie bewegungslos, dann verbeugte er sich gegen seine Gäste, und begab sich zögernd und mit allen Zeichen der Verwirrung in das Zimmer seiner Tochter. Es befiel ihn ein Entsetzen, als er die Thür öffnete. Sie lag auf den Knien, die Arme auf das Sopha gestützt, die Locken und Flechten ihres Haares waren aufgelöst, das glänzende Diadem und die Ohrgehänge, der Perlenschmuck lagen auf dem Boden verstreut, und sie selbst schluchzte so gewaltsam, daß sie an heftigen Krämpfen fast zu ersticken schien.

Bleich und entsetzt stürzte der Vater auf sein Kind zu. Was ist Dir, meine Tochter? schrie er mit zitternder Stimme 319 und hob sie vom Boden auf. Laut weinend warf sie sich an seinen Hals und sagte, nachdem sie die niederfließenden Haare aus dem bethränten Gesicht gestrichen hatte: ach: Vater, ich mache Dir vielen Kummer. – Aber was ist Dir? Bist Du krank? – Nein, aber sterbend in Verzweiflung. –

Er ließ sie auf dem Sopha nieder, setzte sich dann zu ihr und faßte ihre Hände: um des Himmels willen, sprich, Kind, wenn ich nicht vor Gram sterben soll. Was ist Dir zugestoßen?

Drüben im Saal, sagte sie, – ach! lieber Vater, man hat mir wohl von Menschen erzählt, die verrückt geworden sind, weil sie ein Gespenst gesehn haben – so war mir, wie ich ihn dort sah, so fremd, so zum Entsetzen, nein, lieber Vater, unmöglich, unmöglich kann ich ihn heirathen, – nein – er ist ja ganz – ach! es ist zum Erbarmen! – er ist ja ganz wie die übrigen Menschen geworden!

Der Vater sprang auf. Kind! Kind! rief er erschreckt, – Du bist mein Tod, meine Qual. Ich habe Dir nachgegeben, das Unmögliche gethan, und nun –

Aber ich kann nicht, sagte sie mit einem wilden Ausdruck, der ihr schönes Gesicht entstellte: warum ist er mir so widerwärtig geworden? Hätte ich ihn gleich dort, in den einsamen Thälern der Schweiz, abgetrennt von allen Menschen, heirathen können, damals, als er noch so eigen, seltsam, so angenehm war, so hätten wir vielleicht dort bei den Wasserfällen und himmelhohen Alpen ein glückliches Leben mit einander geführt. Aber jetzt ist er mir abscheulich. Sieh nur selbst, wie geziert und steif er ist, wie er die Phrasen drechselt und ihm die eigentlichen Gedanken ausgehn. So ein Leben, wie er es jetzt führt, ist kein wahres, lebendiges, nein, er ist ein Gespenst, eine schlechte, Menschen 320 nachgekünstelte Puppe. Und so ist mein Abscheu vor jeder Heirath von neuem in mir lebendig geworden.

In diesem Augenblick öffnete sich die Thür, der Bräutigam trat herein, um die Besorgniß, die Furcht und Spannung der versammelten Gesellschaft zu verkündigen. So wie sein Kopf nur durch die Thür sichtbar wurde, sprang Emmeline mit dem Ausdruck des Entsetzens auf und rannte in den Alkoven hinter die Vorhänge, um sich in ihrem Bette zu verbergen. Martin stand eine Weile erstaunt, dann machte er Miene, ihr nachzugehen. Der Vater aber faßte ihn unter den Arm und sagte ernst: wir müssen jetzt auf jeden Fall zur Gesellschaft zurückkehren, die unser langes Ausbleiben nicht begreifen wird.

Die Gesellschaft war wirklich in der höchsten Spannung, als der Vater mit dem jungen Manne wieder in den Saal trat. Meine Herren und Damen, sagte der Alte mit erzwungener Fassung, meine Tochter beklagt es unendlich, daß sie nicht an dem Vergnügen Ihrer Gesellschaft Theil nehmen kann; ein plötzliches Fieber hat sie überfallen, so daß ich sogleich zum Arzt geschickt habe und sehr um sie besorgt bin.

Man war bei Tisch sehr still. Alle beobachteten den Bräutigam und den Vater, und Jeder dachte über den seltsamen Vorfall auf seine Weise, ohne daß es irgend Einer wagte, dem Nachbar seine Bemerkungen mitzutheilen. Der Vater war am meisten beklemmt; es gelang ihm nur wenig, seine völlige Verstimmung zu maskiren, und er fühlte es selbst, daß, so oft er auch den Punkt wieder berührte, keiner seiner Zuhörer an die Krankheit seiner Tochter glaubte.

Alle waren froh, als die Tafel aufgehoben wurde und man das Haus verlassen konnte. Der Vater sagte, als sie allein waren, zu Martin: gehn Sie, Lieber, in diesen 321 Tagen nicht zu meiner Tochter, bis der erste Acceß ihrer Krankheit vorüber ist und sich gemildert hat.

Geehrter Herr, antwortete Martin kurz, es ist mir auch noch nicht eingefallen, sie jetzt zu belästigen. Mit diesen Worten ging er auf sein Zimmer.

Der tief bekümmerte Vater besuchte die Tochter, die sich in das Bett gelegt hatte, nur auf einen Augenblick; er war traurig, verstimmt und auf sich selbst erzürnt, daß seine Nachgiebigkeit und Schwäche, seine zu weichliche Erziehung ihm jetzt diese Trübsal erzeuge. Er fühlte, daß auch Emmeline immer unglücklich seyn müsse. Am Morgen brachte ihm der Bediente folgendes Billet: Verehrter Mann! ich kann nur mit Dank von Ihnen scheiden, so unglücklich Sie mich auch gemacht haben. Für meinen ehemaligen Stand verdorben, ist doch keine Fähigkeit in mir, irgend einen andern mit Sicherheit zu ergreifen. Wie wenig Ihre Tochter mich wahrhaft geliebt hat, fühlte ich schon, seit ich wieder in ihrer Nähe war, und ihre ehemalige scheinbare Neigung war auch wohl nur Laune des Augenblicks. Ich will Ihnen und ihr nicht lästig fallen! Die weite Welt steht mir offen, und lieber das Aeußerste ergriffen und das Schmählichste erlebt, als in dieser Stellung länger geblieben. Der unglückliche Martin Sendling. 322



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