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Der Freundschaft Band, geliebte Schwester,
Verbindet mich mit Dir noch fester
Als selbst die Bande der Natur!
Besäß Dein Herz nicht achtungswerthe Triebe,
So schenkt' ich Dir, als Bruder selbst, statt Liebe
Betrügerischen Wohlstand nur.
Allein welch großes Glück ward mir in Dir gegeben,
Als Du, der Unschuld gleich, an meine Seite kamst,
Und, unbekannt mit Dir, ein hoffnungsvolles Leben
Mit süßem Lächeln übernahmst.
Dem Tage folgte schnell die Menge froher Stunden,
Die mir so unbemerkt an Deiner Hand verschwunden,
Die Freuden Unsers Kinderspiels,
Die muntern freundlichen Geschenke
Der Jugend, die ich oft zur Ehre des Gefühls
Als gegenwärtig mir noch denke.
Und jetzt – da Dein gebildet Herz
Mir Deines Umgangs Reiz erweitert,
Dein richtiger Verstand mit fein durchwebtem Scherz
Auch trübe Stunden mir erheitert –
Jetzt seh' ich erst mein Glück in der Vollkommenheit
Und kann von meiner Zärtlichkeit
Mit brüderlichem Stolze sprechen.
Die Zeit hat sie genährt, und niemals soll die Zeit
Dieß wohl genährte Feuer schwächen.
Es müsse nie dem Tag, der mit so vielem Werth
Für mein empfindend Herz, der heute wiederkehrt,
Ihm müsse keine Freude fehlen
Von so viel reizenden, die uns die Unschuld läßt.
Wie gern möcht' ich, o Schwester, für Dein Fest
Die reizendste für Dich erwählen.
Mit Lächeln sah'st Du stets die Scenen unsrer Welt
Nach der Natur gemalt, im kleinen vorgestellt;
Es ist die Neigung feiner Seelen.
Genung Beruf für mich! Allein wagt nicht vielleicht
Mein Eifer allzuviel – Ach eines Garricks Ehre,
Die Deiner Einsicht würdig wäre.
Und einer Cläron Ruhm, ist nicht so bald erreicht.
Wir rechnen sehr auf nachsichtsvolle Blicke;
Doch denk' ich – Ist das Herz nur erst zur Lust gestimmt,
So hebt es wohl ein Stück zu einem Meisterstücke
Was oft ein Prinzipal von mäßigem Geschicke
Mit Marionetten unternimmt.