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Im Jahr 1764.
Freund, da Dich nun der Tugend sichre Hand
Aus Frankreich führt, dieß überhäufte Land
Von Kunst und Weisheit und von Thoren,
Wo oft das beste Herz, der gründlichste Verstand
Zum Leichtsinn überging, und wo Dein Vaterland
Schon manchen Redlichen verloren:
So danke Gott, daß Du der feinen List
Der Buhlerei entgingst, daß Deine fromme Seele,
Von Spöttern nicht verführt, noch Werth der Freundschaft ist;
Und freue Dich, und überzähle
Der Laster große Schaar, der Du entgangen bist!
Gleich wie ein wilder Geist in dem Gewächs des
Rheines,
Es ist bekannt, daß der erste Champagner von den Reben entstanden ist, die von dem Rhein nach Champagne gebracht worden.
Nach Gallien verpflanzt, den Vorzug unsres Weines,
Die ächte deutsche Kraft erstickt; –
Es reift ein süßes Gift an ungetreuen Stöcken,
Das unsre Nerven reizt, um Wollust zu erwecken,
Gesunde nur berauscht, und Kranke nicht erquickt; –
So wirkt des Leichtsinns Geist, der mit dem stolzen Namen
Der großen Welt, den schwachen Deutschen rührt,
Auf manches Jünglings Herz, erstickt der Tugend Saamen;
Der Dämon, der uns reizt, das Fremde nachzuahmen,
Hat manchen Glücklichen zu einer Bahn verführt,
Die in das Labyrinth des Unglücks sich verliert.
Der Tugend Schatz, den mancher in dem Lande,
Das ihn erzog, mit langem Ruhm bewahrt,
Vertauscht er mit dem Preis der Schande,
Um Frankreichs neue Lebensart.
Wohl dem, der so, wie Du, die Tugend kennt und liebt,
Und sich durch ein Geschäft, das er mit Wollust übt,
Die frohste Zukunft zubereitet!
Der, heiter ohne Stolz, die Zahl der Weisen mehrt,
Selbst, wo er Kenntniß sucht, durch seinen Wandel lehrt,
Bald in der Wahrheit stärkt, bald zu der Wahrheit leitet!
Du, den
Orestens Glück dem Herzen zugeführt,
Das Deinen Werth erkennt, und immer neu gerührt,
Den Vorzug seines Glücks empfunden,
Entziehe Dich, o Freund! nicht länger meiner Brust.
Seit Du Dich ihr entzogst, leb' ich nur im Verlust,
Und kenne keine heitre Stunden.
Schon manchen Tag sah ich mit blassem Gram entstehn,
Und, ohne Freundschaft hingeschmachtet,
Von meinem Herzen selbst verachtet,
In's Grab der Jugend untergehn.
Du, dessen weises Herz kein fernes Land verändern,
Und keins beglückter machen kann,
Wie wendest Du in jenen Ländern
Den Vorzug Deiner Jugend an!
Du siehest die Natur in einem andern Plan,
Der Künste Fall in eingestürzten Mauern.
Wenn diese Neigung Dich nur glücklich machen kann,
Freund, Freund, wie bist Du zu bedauern!
Verlaß den Wahn! der Tugend höchster Lohn,
Die Lieb' erwartet Dich in Deinem Vaterlande.
Du gleichest stets dem edlen
Grandison
An Tugend, an Gefühl, und an Religion;
O gleiche bald ihm auch an Glück' im Ehestande!
Bekannter mit der Welt, und ihrer Freuden satt,
Wird Dir Dein Vaterland die süßeste noch gönnen.
Denn sollte nicht das Land, das Dich erzogen hat,
Auch eine
Biron bilden können?
Nur sey die Liebe nicht so grausam Deiner Ruh,
Und führe Dir zuvor mit der beredten Miene
Der Freundschaft, eine
Klementine
Vor Wälschlands Schäferinnen zu!
Dem Jünglinge zum Unterrichte,
Der seine Neugier nährt, sein zärtlich Herz vergißt,
Schrieb
Richardson die rührende Geschichte
Des Helden, der ein Muster ist.
Welch ein Zusammenhang von Schmerz,
Ergoß sich nicht auf die sonst heitern Tage
Des tugendhaften Manns! die Quelle seiner Klage
War
Klementine und sein Herz.
O stelle sie Dir doch im Bilde
Mit allem Reiz der Unschuld dar,
Die freudig, rührend, sanft und milde,
Rein wie der Glanz, den einst auf Edens Lustgefilde
Das erste Morgenroth gebar,
Auf ihrer Stirn gezeichnet war;
Und denke, wie sich nun in ihren edlen Blicken
Um ihres Freundes Wohl der Schwermuth Zähre mischt,
Die seine Hand mit traurigem Entzücken,
Von ihren blassen Wangen wischt,
Die in der Blüte schon, den Rosen gleich, ersticken,
Wenn sie der Sonne Strahlen drücken,
Und kühlend sie kein West erfrischt.
Denk' ihren Reiz, wenn nun der Trost gekränkter Tugend
Mit ihrer Schönheit sich vermengt,
Und kühn die Unschuld ihrer Jugend
Den ungerechten Schmerz verdrängt;
Wenn Ruhe sie beglückt – So lächelt
Die junge Ros' in schöner Mattigkeit,
Wenn in der schwülen Mittagszeit
Ein West erwacht, der sie umfächelt –
Und wenn sich nun in Dir ein edles Mitleid regt,
So unterdrück' es nicht, und bleibe gern bewegt,
Und gönne mir den Vorzug Dich zu rühren!
Bald fürchte
Grandisons Geschick,
Durch einer
Klementine Blick
Ein freies Herze zu verlieren,
Bald sprich zu Dir: Vielleicht, daß in dem Augenblick
Ein
Hargraf Anstalt macht, mein mir bestimmtes Glück,
Mir meine
Biron zu entführen,
Und laß Dich dann durch ihre Klagen rühren,
Und komm' zu ihrem Schutz zurück!
Ich seh im Geiste schon Dein Glück,
Wenn Dein gerührtes Herz mit freudigem Erschrecken
Aus seiner Einsamkeit erwacht,
Wenn Dir die Tugenden, mit Jauchzen,
die entdecken,
Die Dir die Liebe zugedacht:
Wenn Dein Verstand den Beifall nicht versaget.
Um den Dein bittend Herz ihn fraget;
Wenn ihres Umgangs Reiz, wenn jeder Tag Dich lehrt,
Sie sey der Zärtlichkeit, die Du ihr schenktest, werth.
Wie selig wirst Du seyn, wenn durch beredte Zeichen
Ihr Herz verräth, wie zärtlich es Dich liebt!
Und, Freund, wer wird an Glück Dir gleichen,
Wenn sie sich Deiner Brust ergiebt,
Und glücklich ist, weil sie Dich liebt?
Ich seh' noch mehr, o Freund, ich seh' mit nassen Blicken,
Wie von stets wachsendem Entzücken
An Deiner Freundin Brust Dein Herze überfließt;
Wie Eure Sorge nur einander zu beglücken,
Und Euer Leben Segen ist;
Wie Du mit ihr vereint, durch eine lange Reihe
Beglückter stolzer Jahre gehst,
Durch immer gleiche Lieb' und Treue,
In kurze Stunden aufgelöst;
Und wie ein Alter voller Freude
Euch überrascht, wenn um Euch beide
Ein Heer zufriedner Kinder lacht;
Wie Eure Lust an ihren jungen Freuden,
Im Alter selbst es Euch unmöglich macht
Der Jugend Jahre zu beneiden,
Die Ihr so selig hingebracht;
Und wie Dein Blick auf die verfloßnen Stunden,
Die Du jetzt lebst, zurücke schaut,
Und dann das Glück, das Du anjetzt empfunden,
Der Tugend Glück, den Jüngling noch erbaut,
Den Gott als Sohn Dir anvertraut.
Weissagend theil' ich, Freund, in diese frohe Scenen
Die Folge Deines Lebens ein.
Oft will ich, wirst Du einst Dich der Erfüllung freun,
Der Ahndung meiner Brust erwähnen,
Und immerfort beglückt in Deiner Freundschaft seyn;
Und manches Dankgebet, vermischt mit Freudenthränen,
Für dieß mein Glück dem Höchsten weihn.