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Beim Frühschoppen im »Silbernen Schwan« fragte Herr Wampacher:
»Sagt's mir nur amal, was is denn mit'n Greinzinger los? Das is schon der vierte Sunntag, daß er bei der Zehnermess' fehlt!«
»I hab' aa schon frag'n woll'n, aber grad' zuvur sagt ma da Nowak, daß er 'n g'sehg'n hat, am Freitag no, also kann er net krank sein . . .«
»Wer waß, was dem Zipfl wieder ins Hirn g'schoss'n is – in den sein Bofesenkammerl möcht' i net einischau'n.«
»Vielleicht war das Haaröl, was ihm da Klotzinger geb'n hat, z' stark für sein Furaschdach und hat si nach einwendi g'schlag'n . . .«
»Des glaub' i net, denn er hat ja allerweil g'sagt: g'scheiter a Glatz'n als gar kane Haar – aber nachschau'n sollt' ma do, was er macht, denn des is ja unnatürli, daß er schon den viert'n Sunntag fehlt.«
»Also guat, Wampacher, du hast mehr Zeit, geh amal auffi zum Greinzinger und schau di um um eahm – beleidingt hat 'n kana von uns, also kann des net der Grund sein.«
»Na, na, da is sicher was dahinter, i hab' den Greinzinger am Freitag g'sehg'n, i hab'n no von 54 der Elektrisch'n owa grüaßt, aber er hat net herg'schaut, is ganz tramhappert weiter ganga, und a G'sicht hat er g'macht wia die sieb'n teuern Zeit'n . . .«
»Also, Wampacher, schau di um um eahm!« Und Herr Wampacher sah sich um Herrn Greinzinger um. Der empfing den Besucher just nicht freudvoll, aber von Wampachers ansehnlicher Leiblichkeit strahlte so viel herzbezwingende Gutheit aus, daß der Murrkopf Greinzinger nicht lange widerstehen konnte. Es kam sogar etwas wie Bekennermut über ihn.
»Ja, sag' ma nur amal, Greinzinger, was is denn mit dir? Des san a paar schöne Woch'n, was ma di net mehr g'sehg'n hab'n! Wannst um a zehn Jahrln jünger warst, tät i beinah' schon glaub'n, du hast a Pantscherl ang'fangt und sitzt jetzt drin in da Soß, aber so – seit damals, wia dir auf die fette Schweinsstelz'n so schlecht war, hast do nia net bei da Zehnermess' g'fehlt! Du wirst do net am End 'n Klotzinger sein Haaröl für an Schnaps trunk'n hab'n, weil 's so nach Aneis g'roch'n hat?«
»Des is sicher wieder a blöder G'spaß vom Keiler, de hab' i schon gern . . .«
»Aber G'spaß hin, G'spaß her, es muaß do an Grund hab'n . . .«
55 »Den hat's aa – mir is was Saublöd's passiert . . .«
»Im Bureau?«
»Na, auf d'r Gass'n.«
»Was kann am auf d'r Gass'n Blöd's passiern? Höchstens daß ma in was einitritt und ausrutscht, oder . . .«
»I bin in nix einitret'n – aber ausg'rutscht bin i, des haßt, net mit die Füaß, aber mit d'r Hand.«
»Des is ma neuch – auf d'r Gass'n mit d'r Hand ausrutsch'n! Wia bist denn da ganga?«
»Wia g'wöhnlich, aber auf amal is ma do die Hand ausg'rutscht – beim Grüaß'n . . .«
»Ah! Hast dein Huat net d'rwischt?«
»Aber wiar i 'hn d'rwischt hab'! Leider! Aber i hab' an grüaßt, den i gar net kennt hab' . . .«
»No, is da aa schon was dabei? Desweg'n . . .«
»Mei' Liaber, da is gar viel dabei, denn i muaß den Mensch'n jetzt alle Tag' grüaß'n . . .«
»Des vasteh' i net, wannst 'hn net kennst, geht er di aa weiter nix an – Grüaß'n is Höflichkeit, Dank'n is Schuldigkeit . . .«
»Des is ja eb'n, was mi so kränkt – i muaß, ob i will oda net – und er aa!«
»Hörst, mir wird ganz schwummerli, wann i dir zuahör, des muaßt ma urndli ausdeutsch'n, da is mei Kopf z' schwach dazua . . .«
56 »Also, du waßt, i geh jed'n Tag, den Gott gibt, immer um halber achte aus der Wohnung weg in mei Bureau, da bin i grad' zehn Minut'n vur achte durt – no und da geh' i aa so vur a paar Woch'n und denk ma no, wiar i dem Klotzinger was antuan könnt weg'n sein Haaröl; i hab's für an Parfeun g'halt'n und hab 's auf meine Sacktüachln g'schütt – aber ja, i sag dir, de hab'n ausg'schaut – er hat ma ja net g'sagt, daß 's für 'n Kopf g'hört – no, und auf anmal schau i auf, und da is ma, als ob i auf der andern Seit'n den Hofrat Konradl sehgert, und da rutscht ma aa schon d' Hand aus, i reiß 'n Huat owa und sag: »Hab' die Ehre!« – und im selb'n Moment siech i aber aa schon, daß 's a ganz a fremder Mensch war, ka Spur vom Hofrat, aber den hat 's aa glei umag'riss'n, er kann net schnell g'nua 'n Huat owanehma und sagt aa ganz d'rschrock'n: »Hab' die Ehre!«, und i hab mi gift wia net g'scheit, aber i hab' ma denkt: den hast heut g'sehg'n und murg'n siehgst 'hn net, und hab' dann no g'lacht, weil der andre gar so d'rdattert war. Aber wiar i am nächst'n Tag in der Fruah wieder bei derselb'n Stell' bin, kummt aa schon der andre, i hab' beinah' an Hupfer g'macht, hab' ma aber denkt: schaust 'hn gar net an, vielleicht hat er schon vagess'n, aber wiar a so in meiner Näh' is, reißt 57 jetzt er den Huat owa und sagt: »Habe die Ehre!« – no, was kann i tuan, i muaß aa mein Schamster mach'n, aber mi hat 's den ganz'n Tag g'magerlt und bei der Nacht hat ma von eahm tramt und in der Fruah hab' i schon a Angst g'habt, daß i 'hn wieder siech – und richti: er kummt wieder um 's Eck und i denk ma: na, jetzt grüaßt 'hn net mehr, aber er schaut mi an und i muaß zum Huat auffi und er aa, und mir sag'n alle Zwa z'gleich: »Habe die Ehre!« Is des net zu blöd?«
»No ja, blöd is des schon, aber . . .«
»No wart' nur, es kummt no schöner! Des is so vom Montag zum Dunnerstag ganga, am Freitag denk' i ma: wart', Kerl, heut d'rwischst mi net, machst an Umweg! Guat, i geh' a bißl früher furt von daham und geh' durch die Wegscheidergass'n; i hab' in ana Tur in mi einig'lacht und hab' ma den andern vurg'stellt, wia der schaun wird, wann er mi net begegn't – aber wiar i grad ums Eck umi will, wer kummt daher? D'r andre! Hat der Kerl aa an Umweg g'macht! Er war grad so d'rschrock'n wiar i, aber grüaßt hab'n ma alle zwa! Mir hat schon ka Ess'n mehr g'schmeckt, i hab' mi schon allerweil vor der Fruah g'fürcht', und am Samstag denk' i ma: heut gehst um a Viertelstund' früher furt! Guat, i steh' zeitlicher auf, und auf'n ganz'n Weg siech i den andern net – aber g'rad a 58 paar Häuser vur mein Büro kummt er ums Eck uma, es hat uns an Riß geb'n – aber grüaßt hab'n ma uns do!«
»No, mein Gott, so grüaßts enk halt weiter – da is ja aa nix dabei . . .«
»So, da is nix dabei? Waßt denn du, was si der andre von mir denkt? Dem wird's ja g'rad a so geh'n wia mir! An Umweg mach'n, früher weggeh'n – und immer stöß' ma z'samm'! I siech's eahm ja a jed'smal an, wia's 'hn innerli reißt, aber jetzt hab'n ma schon ang'fangt und könnan net mehr aufhör'n – aber is des net zu blöd, daß si zwa wildfremde Mensch'n Tag für Tag grüaß'n und net ausananda könna?«
»Aber, Freunderl, des is ja leicht g'richt: Du hast z'erst ang'fangt, hörst halt aa wieder z'erst auf! Grüaß 'hn halt von murg'n an net mehr!«
»Des hab' i aa schon probiert – i hab' mi zu ana Auslag' hing'stellt und hab' einig'schaut, wia i 'hn hab' kumma g'sehg'n, er is aber aa bei ana steh'nblieb'n und hat aa einig'schaut – i hab' glaubt, i muaß die Auslag' einhau'n –, aber dann hab'n ma ja do anananda vurbei müass'n und hab'n z'gleich »Habe die Ehre!« g'sagt – und amal bin i von ob'n her ins Büro ganga, da is er von unt'n kumma – alle möglich'n Tanz hab'n ma aufg'führt, es hat nix g'nutzt, und i bin so 59 herunt', daß mi schon gar nix mehr g'freut! Wann i mehr Haar hätt', tragert i kan Huat, dann brauchat i aa net z' grüaß'n, aber so . . .«
»I wir dir no was sag'n, Greinzinger: Red' 'hn murg'n an, stell' di vur, dann kennt's euch, und die G'schicht' is g'spitzt!«
»I will ihn aber gar net kenna lerna! Und er mi aa net, sunst hätt' er schon was g'sagt – und was hab'n ma davon, wann ma uns ananda vurstell'n? Dann wiss'n ma erst recht, was mir zwa für Tepp'n war'n, de si a paar Woch'n lang grüaß'n, und wiss'n gar net, wer s' san! Und dann müass'n ma uns do weiter grüaß'n, und dabei gift'n ma uns erst recht, weil ma so lang braucht hab'n zum Vurstell'n – und mir woll'n uns ja gar net grüaß'n, mir woll'n aufhör'n! Vielleicht wird er amal krank oder kummt früher . . .«
». . . als du nach Stanhof! Des siech i schon, da is nix z' mach'n – da san zwa Narr'n z'samm'kumma, und de bringt der Teuf'l net mehr ausananda! Aber waßt was, mir werd'n a paar hergeh'n und euch aufpass'n, und dann druck'n ma den andern anfach auf d' Seit'n . . .«
»Was? Zuaschau'n wollt's aa no? Unterstehts euch! Net g'nua, daß i mi weg'n dem andern so owimartern muaß, jetzt kummat's es aa no 60 dazwisch'n! I waß net, was i dann tua, aber es g'schicht was!«
»Aber na, sei nur stad, mir misch'n uns eh net eini, i hab' nur glaubt, daß ma dir helf'n könna, aber i siech schon: da is nix zum helf'n!«
»Na, na, mir is aa net zum helf'n! Murg'n und übermurg'n und alle Tag' muaß i den andern grüaß'n und er mi aa, und aner möcht' den andern mit an Löff'l Wasser vagift'n!«
»No also, Greinzinger, i hab' 's guat g'mant, aber da is nix z' mach'n, grüaß'n 'hn halt, so lang 's geht, es kummt nur d'rauf an, wer's länger aushalt – also pfirt di God, und grüaß ma den andern . . .«
Das sagte Herr Wampacher schon vor der Tür, und was Herr Greinzinger darauf sagte, ist so ordinär, daß man es nur in einer gesetzgebenden Körperschaft sagen darf. 61