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Einen Augenblick, nachdem Amielens Geliebter gegangen ist, öffnet Valbayre die Tür. Um ihm einen Gefallen zu tun und um zu sehen, was er vorhat, versteckt sie sich. So beobachtet sie, wie Valbayre sich umschaut und sich dann daran macht, ein Schreibpult zu erbrechen. Da stürzt sie aus ihrem Schlupfwinkel hervor. Er springt auf sie los, ein blankes Messer in der Hand, packt sie bei den Haaren und will sie in die Brust stechen. Durch sein ungestümes Gebahren verliert Amiele ihr Tuch, und Valbayre sieht ihre nackte Brust.
»Beim Teufel, das wäre schade!« ruft er.
Er küßt ihr den Busen und läßt ihr Haar los.
»Zeige mich an! Laß mich einsperren, wenn du willst!« sagt er.
Damit verführt er sie.
»Das ist ein Charakter!«
Dies sagt sie nicht. Sie erkennt es und nimmt die Folgen auf sich.
»Wer sind Sie?«
»Ich führe Krieg mit der Gesellschaft, die ihrerseits Krieg mit mir führt! Ich kenne Corneille und Molière. Ich bin zu gut erzogen, um mit meiner Hände Arbeit in zehn Stunden 3 Franken zu verdienen.«
Obgleich die gesamte Polizei ihm nachspürt, persönlich auf ihn erbittert, ob der Scherze, die er sich mit ihr erlaubt, führt er Amiele stolz ins Theater. Diese Kühnheit macht sie toll vor Liebe.
»Die vielgepriesene Liebe,« hat sie sich tausendmal gesagt, »mir sollte sie nichts bedeuten?«
Endlich weiß sie, was Liebesleidenschaft ist. Sie flieht mit Valbayre und hilft ihm bei einem Verbrechen. Man ergreift ihn. Sie gerät in Gefahr.
Die gutmütige Frau Legrand verbirgt sie in einem Mädchenpensionat, wo sie die zweite Vorsteherin wird. Dort findet sie den Doktor Sansfin. Er ist Hausarzt daselbst.
Um sich beim Herzog von Miossens einzuschmeicheln – der Amiele nicht vergessen hat und den ihr Verschwinden reizt, ohne daß er leidenschaftlicher Liebe fähig wäre – äußert sich Sansfin ihm gegenüber, er glaube Amielens Spur entdeckt zu haben. Um sie aufzufinden, benötige er 1000 Franken. Er bekommt das Doppelte.
Der Herzog sieht Amiele wieder. Sie langweilt sich in ihrer Erziehungsanstalt, willigt in die Versöhnung ein, ist aber noch immer sinnlos verliebt in Valbayre. Auf der einen Seite: die gefälligen vornehmen Formen des Herzogs; auf der anderen: die Kraftfülle und die Genialität Valbayres. Hier das maßlose Elend des Verbrechers; dort der ungeheure Reichtum des Herzogs. Auf dieser Stufe ihrer Entwicklung besitzt Amiele genügend Weltkenntnis, um die Dinge scharf zu beurteilen. Überdies steht ihr die treue Freundschaft der Frau Legrand zur Seite.
Amiele ist schwermütig; der Herzog findet sie bei weitem umgänglicher. Seine Verheiratung wird eifrigst betrieben. Er ist völlig unentschlossen. Er schiebt die Unterzeichnung des Ehevertrags hinaus.
Sansfin sagt zu Amiele:
»Sie sind eine Törin! Der Herzog schwankt wie ein Rohr! Sie können diese Heirat verhindern und ihn heiraten!«
»Ich? Ich soll Valbayre treulos werden?« ruft sie aus.