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Sagen Sie, welches die größten bevorstehenden Schwierigkeiten in unserer Partei- und Sowjetarbeit sind im Zusammenhang mit der Stabilisierung und der Verzögerung der Weltrevolution, besonders auf dem Gebiete der Beziehungen zwischen Partei und Arbeiterklasse, zwischen Arbeiterklasse und Bauerntum!
Dieser Schwierigkeiten gibt es, wenn man die wichtigsten in Betracht zieht, fünf. Die Rolle der Stabilisierung des Kapitalismus besteht darin, daß sie diese Schwierigkeiten noch erhöht.
Die erste Schwierigkeit. Diese ist verknüpft mit der Möglichkeit der Intervention. Das bedeutet nicht, daß wir vor der unmittelbaren Gefahr der Intervention stehen, daß die Imperialisten schon bereit und vollkommen imstande sind, gegen unser Land vorzugehen. Dazu müßte der Imperialismus mindestens ebenso mächtig sein, wie er vor dem Kriege war, was bekanntlich nicht der Fall ist. Der jetzige Krieg in Marokko und die Intervention in China, diese Generalproben zukünftiger Kriege und Interventionen, zeigen anschaulich, daß der Rücken des Imperialismus geschwächt ist. Es handelt sich also nicht um eine unmittelbare Intervention, sondern um die Tatsache, daß die Gefahr der Intervention im allgemeinen besteht, solange es eine kapitalistische Einkreisung gibt. Solange aber die Gefahr der Intervention besteht, sind wir gezwungen, im Interesse unserer Verteidigung eine Armee und eine Flotte zu unterhalten, für die wir jährlich Hunderte Millionen von Rubeln ausgeben müssen. Was aber bedeutet eine jährliche Ausgabe von Hunderten Millionen von Rubeln für die Armee und die Flotte? Das bedeutet eine entsprechende Reduzierung der Ausgaben für wirtschaftliche und kulturelle Zwecke. Es ist überflüssig, darauf hinzuweisen, daß wir, bestände keine Gefahr der Intervention, diese Summen oder wenigstens ihren größten Teil für die Stärkung der Industrie, für Reformen in der Landwirtschaft, für die Einführung z. B. der obligatorischen Schulbildung usw. anwenden könnten. Das sind die Schwierigkeiten auf dem Gebiete der Aufbauarbeit, die mit der Gefahr der Intervention zusammenhängen.
Das charakteristische Merkmal dieser Schwierigkeit, das sie von allen anderen Schwierigkeiten unterscheidet, besteht darin, daß ihre Überwindung nicht von uns allein abhängt, daß sie nur durch die gemeinsamen Anstrengungen unseres Landes und der revolutionären Bewegung in allen anderen Ländern beseitigt werden kann.
Die zweite Schwierigkeit. Diese hängt mit den Gegensätzen zwischen Proletariat und Bauerntum zusammen. Von diesen Gegensätzen sprach ich bereits, als ich die Frage des Klassenkampfes auf dem Lande behandelte. Es ist nicht notwendig, das schon Gesagte noch einmal zu wiederholen. Diese Gegensätze ergeben sich aus der Politik der Preise für landwirtschaftliche Produkte und Industrieerzeugnisse, aus der Steuerpolitik, der Verwaltung auf dem Lande usw. Die Gefahr besteht hier in der Desorganisation des Bündnisses zwischen Stadt und Land und in der Untergrabung der Idee der Führung des Bauerntums durch das Proletariat. Daher die Schwierigkeit, die mit dieser Gefahr zusammenhängt.
Das charakteristische Merkmal dieser Schwierigkeit, das sie von der früher genannten unterscheidet, besteht darin, daß sie durch unsere eigenen Kräfte überwunden werden kann.
Ein neuer Kurs auf dem Lande, das ist der Weg, der für die Überwindung dieser Schwierigkeiten notwendig ist.
Die dritte Schwierigkeit. Diese steht im Zusammenhang mit den nationalen Gegensätzen innerhalb unserer Union, mit den Gegensätzen zwischen dem »Zentrum« und den »Randgebieten«. Diese Gegensätze entwickeln sich auf dem Boden der ungleichen wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungsbedingungen des »Zentrums« und der »Randgebiete«, auf dem Boden der Rückständigkeit der letzteren im Verhältnis zum ersteren. Wenn man die politischen Gegensätze auf diesem Gebiete schon als überwunden betrachten kann, so sind die kulturellen und besonders die wirtschaftlichen Gegensätze erst im Entstehen begriffen. Die Gefahr ist hier eine zweifache: Einerseits die Gefahr des selbstherrlichen Hochmuts und der Beamtenwillkür von Seiten der zentralen Institutionen der Union, die die notwendige Sensibilität gegenüber den Erfordernissen der nationalen Republiken nicht haben oder nicht haben wollen, andererseits die Gefahr des nationalen Mißtrauens und der nationalen Abgeschlossenheit der Republiken und Randgebiete gegenüber dem »Zentrum«. Der Kampf gegen diese Gefahren, besonders gegen die erste – das ist der Weg der Überwindung der Schwierigkeiten auf dem Gebiete der nationalen Frage.
Das charakteristische Merkmal dieser Schwierigkeit besteht darin, daß sie ebenso wie die erstere durch die inneren Kräfte der Sowjetunion überwunden werden kann.
Die vierte Schwierigkeit. Diese steht im Zusammenhang mit der Gefahr der Losreißung des Staatsapparates von der Partei, mit der Gefahr der Schwächung der Führung des Staatsapparates durch die Partei. Ich habe von dieser Gefahr bereits gesprochen, als ich die Gefahr der Entartung der Partei behandelte. Es ist kaum notwendig, das schon Gesagte zu wiederholen. Diese Gefahr wird kultiviert durch das Vorhandensein der bürgerlich-bürokratischen Elemente im Staatsapparat. Sie wird gestärkt und verschärft durch das Wachstum des Staatsapparates und die Erhöhung seines spezifischen Gewichtes. Die Aufgabe besteht darin, den Staatsapparat nach Möglichkeit zu reduzieren, die Elemente des Bürokratismus und der bürgerlichen Zersetzung systematisch aus ihm zu entfernen, an die wichtigsten Stellen des Staatsapparates Parteigenossen zu setzen, um so die Führung durch die Partei zu sichern.
Das charakteristische Merkmal dieser Schwierigkeit besteht darin, daß sie ebenso wie die dritte Schwierigkeit aus eigenen Kräften überwunden werden kann.
Die fünfte Schwierigkeit. Sie hängt zusammen mit der Gefahr der teilweisen Losreißung der Parteiorganisation und der Gewerkschaften von den breiten Massen der Arbeiterklasse, von den Nöten und Bedürfnissen dieser Massen. Diese Gefahr entsteht und entwickelt sich dank der Übermacht der bürokratischen Elemente in einer ganzen Reihe von Organen der Partei- und Gewerkschafts-Organisationen, die Zellen und Betriebsräte mit eingeschlossen. Diese Gefahr ist in letzter Zeit noch gestiegen im Zusammenhang mit der Losung »Das Gesicht dem Dorfe zu«, das die Aufmerksamkeit unserer Organisationen von der Stadt aufs Land, vom Proletariat aufs Bauerntum, gelenkt hat, wobei viele Genossen nicht begriffen haben, daß, wenn man das Gesicht dem Dorfe zuwendet, man nicht gleichzeitig dem Proletariat den Rücken kehren darf, daß die Losung »Das Gesicht dem Dorfe zu« nur verwirklicht werden kann durch das Proletariat und mit den Kräften des Proletariats, daß ein unaufmerksames Verhältnis gegenüber den Nöten der Arbeiterklasse die Gefahr der Losreißung der Partei- und Gewerkschafts-Organisationen von den Arbeitermassen nur vergrößern kann.
Welches sind die Merkmale dieser Gefahr?
Erstens der Mangel an Sensibilität und Aufmerksamkeit, den unsere Partei- und Gewerkschafts-Organisationen gegenüber den Nöten und Bedürfnissen der breiten Massen der Arbeiterklasse zeigen; zweitens das mangelnde Verständnis für die Tatsache, daß in der Arbeiterklasse das Gefühl ihrer Würde und das Gefühl der herrschenden Klasse wach geworden ist, daß sie ein kanzleibürokratisches Verhalten von Seiten der Partei- und Gewerkschafts-Organisationen weder verstehen noch ertragen können; drittens das mangelnde Verständnis für die Tatsache, daß man mit einer unüberlegten Verordnung den Arbeitern nicht kommen kann, daß der Schwerpunkt jetzt nicht in diesen »Maßnahmen« liegt, sondern in der Eroberung des Vertrauens der gesamten Arbeiterklasse für die Partei; viertens das mangelnde Verständnis für die Tatsache, daß breitere Maßnahmen, die große Arbeitermassen betreffen, nur durchgeführt werden können, wenn vorher eine Kampagne unter den Arbeitern und Konferenzen mit ihnen organisiert worden sind.
Als Resultat all dessen ergibt sich eine Entfremdung zwischen einer Reihe von Partei- und Gewerkschafts-Organisationen und den breiten Massen der Arbeiterklasse und das Entstehen von Konflikten in den Betrieben. Bekanntlich haben die Konflikte, die vor kurzem im Textilgebiet entstanden sind, in einer ganzen Reihe unserer Partei- und Gewerkschafts-Organisationen das Vorhandensein solcher Geschwüre aufgedeckt.
Das sind die charakteristischen Merkmale der fünften Schwierigkeit auf dem Wege unseres Aufbaues.
Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, ist es vor allem notwendig, unsere Partei- und Gewerkschafts-Organisationen von den offen bürokratischen Elementen zu befreien, an die Erneuerung der Zusammensetzung der Betriebsräte heranzugehen, in die Betriebskonferenzen unbedingt mehr Leben hineinzubringen, den Schwerpunkt der Parteiarbeit in die großen Betriebszellen zu verlegen und sie mit den besten Parteiarbeitern zu versehen.
Mehr Aufmerksamkeit und Überlegung für die Bedürfnisse und Nöte der Arbeiterklasse, weniger bürokratischen Formalismus in der Praxis unserer Partei- und Gewerkschafts-Organisationen, mehr Sensibilität für das Gefühl der Klassenwürde des Proletariats – das ist jetzt die Aufgabe. So steht es mit der zehnten Frage.