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Werkfreuden

Den Hirschschädel, mit dessen verwittertem Geweih sich nicht viel anfangen ließ, und den Bärenschädel befestigte Peter über dem Höhleneingang neben dem Geierbalg und dem Schädel des Steinbocks, das übrige tat er einstweilen ins Allerlei.

Die neuen Entdeckungen erfüllten ihn mit Unrast. Was mochte der Heimliche Grund noch bergen an Schätzen und Geheimnisvollem? Das mußte Peter zuerst ergründen, alles andere konnte warten. Ein Dauerregen zwang ihn aber, daheim zu bleiben, und so machte er sich daran, sein Jagd- und Arbeitsgerät zu vervollständigen. Eva flocht für die bevorstehende Herbsternte Trag- und Vorratskörbe. Draußen rauschte der Regen nieder, die jungen Höhlensiedler aber taten stillvergnügt ihre Arbeit. Peter pfiff unbewußt vor sich hin und zerschlug eifrig die spröden Röhrenknochen, aus deren Bruchstücken Knochendolche, Schaber, Nadeln und Pfeilspitzen entstehen sollten.

Sein großer Vorrat an Hartsteinsplittern und starken Schilfhalmen reizte ihn, Pfeile anzufertigen, von denen er nicht genug haben konnte. Die harten, wuchtigen Spitzen schäftete er mit Wachs, Harz und Darmsaiten sorgfältig ein. Ein Jaspissplitter mit langer, pfriemenförmiger Spitze verlockte ihn zu Bohrversuchen. Zwar splitterte der Jaspis an den Rändern ab, es blieb aber doch so viel vom festen Kern in der Spitze, daß sie als Bohrer dienen konnte. In seiner Freude an diesem Erfolg durchlochte Peter das breitere Ende eines Knochendolches sowie zwei Bärenrippen und zog Darmsaiten durch, um die neuen Stech- und Grabgeräte leicht am Gürtel oder auch am Handgelenk tragen zu können. Aus schmalen Knochensplittern schliff und bohrte er Nadeln für Eva.

Unter allen Gegenständen seines Allerleis reizten ihn die beiden Bärenkieferhälften mit ihren wuchtigen Eckzähnen am meisten. Daraus mußte sich doch etwas machen lassen !

Seine Versuche, eine Kieferhälfte als gestielte Axt zu verwenden, fielen kläglich aus. Erst flog der Zahn aus seiner natürlichen Grube, und dann zersplitterte er, weil er vom langen Liegen spröde geworden war.

Trotzdem war jede dieser beiden Kieferhälften eine natürlich gewachsene Axt und geeignet, mit dem harten, spitzen, scharfrandigen Eckzahn in Haut und Fleisch und Knochen einzudringen. Man brauchte nur den hinteren Kieferrand abzuschlagen, um sie handlich zu machen.

Was nun? Mußte es denn gerade ein Zahn sein? Konnte nicht ein Hartstein seine Stelle einnehmen?

Gewiß! Peter schlug mit vieler Mühe einen Jaspissplitter zurecht, verkeilte ihn in der Zahngrube und meinte, damit das Steinbeil geschäftet zu haben.

Vergnügt über die neue Erfindung, begab er sich trotz des Regens in den Wald, um das neue Werkzeug zu erproben: Einen besseren Steigbaum wollte er fällen. Bald hatte er eine geeignete junge Fichte gefunden und machte sich an die Arbeit, aber die Axt bewährte sich nicht. Ihr Stiel war zu kurz, die Wucht des Schlages zu gering, der Stein griff nicht tief ins Holz. Die Erfindung war ein Fehlschlag. Zur Holzbearbeitung taugte das neue Werkzeug nicht, nur zum Wurzelgraben.

So griff Peter denn zum Granitsplitter, um den Stamm anzusägen. Aber die Kante des Granits bröckelte ab, sie wurde stumpf. Da blieben dem Enttäuschten nur seine alte Steinsäge und der Fauststein, um den Stamm anzukerben.

Freilich hätte dieser noch mehr Wucht bekommen, wenn auch er am Ende eines längeren Stiels eingeschäftet gewesen wäre. Wie schade, daß das Hirschgeweih auf einer Seite zu mürb und im ganzen spröde war! Eine frische, unverwitterte Geweihstange wäre zum Schäften eines Steinkeils brauchbar gewesen. Während Peter überlegte und nachdachte, vertiefte sich unter seinem Fäustel die Kerbe im Baum, und dieser neigte sich endlich. Peter sprang zur Seite. Krachend fiel die Fichte und drückte im Fallen allerlei Jungholz nieder, das im Wege war. Da gewahrte er in der Krone eines nahen Baumes eine Holztaube, die, aufgescheucht vom Krachen der stürzenden Jungfichte, sich zum Abfliegen anschickte. Sein Pfeil holte sie herunter. Erfreut machte sich Peter daran, die Astquirle der Fichte derart zu stutzen, daß die nach links und rechts gerichteten Aststummel als Steigsprossen dienen konnten. Was nach oben und unten strebte, mußte entfernt werden. Das war eine langwierige Arbeit, denn Peter mußte jeden einzelnen Ast erst ankerben und dann abbrechen. Endlich war auch das getan; er schleppte den neuen Steigbaum heim, lehnte ihn neben den alten an die Felswand, stieg hinauf und begehrte stürmisch etwas zu essen. Eva machte sich eilig an die Zubereitung der Taube.

Staunend sah Peter zu, wie sie das von den Knochen geschabte Fleisch auf einer Steinplatte weichklopfte.

Was für einen sonderbaren Schlegel hatte sie sich da zurechtgemacht? Das war ja ein Bärenwirbel, durch dessen Markloch sie einen Knüttel gesteckt hatte!

Und wie geschickt sie das Ding handhabte! Als das Fleisch weichgeklopft und mit Salz, Bärenlauch und Gundelkraut gewürzt war, begann Peter wortlos zu essen.

Kaum hatte er den ärgsten Hunger gestillt, da holte er sich den sonderbaren Fleischklopfer und betrachtete ihn ganz genau. Fest steckte der Schaft in dem Markloch; auf einer Seite gab der Wirbelkörper einen Hammer ab, während auf der anderen der Dornfortsatz sich wie eine schmale Axt ausnahm.

Als Axt war das Ding nicht brauchbar, höchstens als Haue zum Wurzelgraben. Eines aber wurde Peter klar, während er Evas Klopfer betrachtete: Zum Schäften eines Steinbeils brauchte man nicht unbedingt einen Kieferknochen oder eine Geweihstange, um den Stein darin zu befestigen, ein Ast konnte den gleichen Dienst tun. Da er keinen durchlochten Stein hatte, konnte er nicht Holz in Stein, wohl aber Stein in Holz schäften. Noch kauend machte er sich daran, einen Holzstab zu spalten; es kostete ihn viel Mühe und nicht weniger als zwei Steinmesser. Dann klemmte er einen schmalen Steinkeil in den Spalt und band ihn sorgfältig fest. Recht brauchbar sah sie aus, die neue Axt. Aber o weh! Beim Hacken zerschnitten die Kanten des Steins nur zu bald das Gedärm der Bindung. Nun galt es, die Kanten abzudrücken, die Bindung zu erneuern und mit dem Gemenge aus Wachs und Harz zu verkitten, zu festigen. Auch das half nichts; sobald Peter die Axt gebrauchte, lockerte sich die Bindung, und der Kitt aus Hartwachs zerbröckelte. An die Möglichkeit, einen Hartstein zu durchlochen, war gar nicht zu denken. So war die Frage, wie eine Axt dauerhaft geschäftet werden konnte, für Peters erfinderischen Geist eine Aufgabe geworden, die ihn lange beschäftigen sollte.

Es gelang ihm, vier verschiedene Beilformen herzustellen; mit keiner war er ganz zufrieden. Bei der einen Axt war der Steinkeil in einer Astgabel festgebunden; bei der anderen steckte ein spitzer Steinkeil im erweiterten Loch eines Astknorrens; bei der dritten wurde ein großer flacher Steinsplitter wohlverkeilt und gebunden zwischen zwei niedergezwungenen Zweigen eines Fichtenquirls gehalten, und bei der vierten endlich war er an einem hakenförmig abstehenden Aststummel festgebunden. Aber bei jedem dieser Beile lockerte sich die Bindung, wenn Peter damit arbeiten wollte. Noch war das reichlich aufgewickelte Gedärm der Bindung feucht, es mußte erst trocknen und sich ganz zusammenziehen. Damit rechnete Peter und beschloß, dies erst einmal abzuwarten und es dann durch eine Harzschicht vor dem Feuchtwerden zu schützen. Ja, so mußte es gehen...

Die beste Lösung der Frage war für Peter undurchführbar. Noch wußte er nicht, wie er einen Stein durchlochen sollte. Wohl hatte er versucht, mit einem spitzen Hartstein seinen Faustkeil anzubohren, aber das ging viel zu langsam. Seine Hand erlahmte vor Anstrengung, und er hatte nicht mehr als Kratzer erbohrt. Entmutigt gab er diese Versuche auf.

Eva, die beim Graben mit ihrem Fleischklopfer gemerkt hatte, daß der schmale Wirbelfortsatz das Wegscharren der Erde mit der Hand nicht ersparte, versuchte einen harten Röhrenknochensplitter so zu schäften, daß seine Schneide quer zum Stiel stand. Peter machte ihr die Haue fertig, in der er nur eine Nachahmung seiner Erfindung sah. Und doch war da etwas Neues: Die quergestellte Schneide ersetzte die scharrende Hand!


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