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1 |
Nun kamen wir her zu des Königs Haus
Vorwißende Frauen, Fenja und Menja.
Bei Frodi werden, Fridleifs Sohne,
Die mächtigen Maide als Mägde gehalten. |
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2 |
Man führte zur Mühle die Frauen alsbald,
Die Schrotsteine sollten sie rühren.
Er ließ ihnen länger nicht Ruhe laßen
Als solang er hörte die Mägde singen. |
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3 |
Da ließen sie knattern die knarrende Mühle:
»Umschwingen wir Starken den leichten Stein.«
Nur mehr zu malen bat er die Mägde. |
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4 |
Sie sangen und schwangen den schnaubenden Stein
Bis Frodis Volk in Schlaf verfiel.
Da sang Menja, die malen sollte: |
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5 |
»Wir malen dem Frodi Macht und Reichtum
Und goldenes Gut auf des Glückes Mühle.
Er sitz ihm im Schooß und schlaf' auf Daunen
Nach Wunsch erwachend: das ist wohl gemalen. |
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6 |
»Nie soll hier Einer dem Andern schaden,
Hinterhalt legen, Unheil ersinnen,
Mit scharfem Schwerte nicht Wunden schlagen,
Und fänd er gebunden des Bruders Mörder.« |
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7 |
Da war es das erste Wort, das er sprach:
»Haltet nicht länger ein als der Hauskuckuck schläft
Oder nur während eine Weis ich singe.« |
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8 |
»Nicht warst du, Frodi, vorsichtig genug,
Den Mannen holdselig, als du Mägde kauftest:
Auf Stärke sahst du und schönes Antlitz;
Achtetest ihrer Abkunft nicht. |
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9 |
»Hart war Hrungnir und hart sein Vater,
Doch stärker als sie scheint mir Thiassi.
Idi und Oernir sind unsere Väter,
Der Bergriesen Brüder, die uns beide zeugten. |
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10 |
»Nicht wär Grotti gekommen aus grauem Felsen,
Nicht der schwere Schrotstein aus dem Schooß der Erde,
Nicht rührte den Mandel des Bergriesen Tochter,
Wäre das Wem der Menschen bewust. |
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11 |
»Wir waren Gespielen neun Winter lang,
Da unter der Erde man uns erzog:
Da übten wir Mägde schon manche Großthat,
Faßten Felsen sie fort zu rücken. |
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12 |
»Wir wälzten die Steine zu den Riesenwohnungen:
Die Erd im Grunde begann zu zittern.
Wir stießen und stürzten den Stein, daß er ächzte,
Die ragende Felswand ward Menschen erreichbar. |
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13 |
»Seitdem geschahs, daß in Schweden wir
Vorwißende Frauen die Heerschar führten,
Bären birschten, Schilde brachen,
Entgegen gingen grau geschientem Heer.
Wir stürzten Stammfürsten, stützten Andre:
Gutthorm dem guten gaben wir Beistand,
Feierten nicht früher bis Knui fiel. |
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14 |
»Solcherlei schufen wir Sommer und Winter
Bis wir als Kämpen wurden bekannt.
Mit scharfen Speren schlugen wir Wunden
In Fleisch und Gebein und färbten die Klingen. |
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15 |
»Nun sind wir gekommen zu des Königs Haus
Und werden unmenschlich als Mägde behandelt:
Grus (Sand) frißt die Sohlen und Kälte die Glieder;
Wir malen dem Feinde: schlimm ists bei Frodi. |
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16 |
»Ruhet nun, Hände, raste nun, Stein,
Genug von Mir gemalen ist nun.
Doch haben die Hände hier nicht Ruhe
Bis Frodi meint genug sei gemalen. |
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17 |
»So greifet nun, Helden, zu harten Geeren,
Zu triefenden Waffen. Erwache, Frodi!
Erwache, Frodi! willst du lauschen
Unserm Singen und alten Sagen. |
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18 |
»Feuer seh ich brennen östlich der Burg,
Kriegsbotschaft kommt, das verkündet die Glut.
Ein Heer ist im Anzug, eindringt es hier,
Und verbrennt alsbald die Burg dem Fürsten. |
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19 |
»Nicht magst du mehr halten den Stuhl in Hledra
Mit rothen Spangen und spähem Gestein.
Mächtiger malen wir Mägde noch.
Noch weilst du, Walmaid, dem Walfeld fern. |
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20 |
»Tapfer malt meines Vaters Tochter,
Denn vieler Fürsten Fall sieht sie nahn.
Schwere Stücke springen von der Mühle,
Eisen beschlagene: doch immer gemalen! |
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21 |
»Nur immer gemalen! Yrsas Sohn,
Halfdans Enkel wird Frodi rächen.
Er wird von ihr geheißen werden
Sohn und Bruder; wir beide wißens!« |
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22 |
Die Mägde malten aus aller Macht:
Die Jungen waren im Jotenzorn.
Die Malstange brach, die Mühle riß,
Der mächtige Mühlstein fuhr mitten entzwei. |
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23 |
Die Bergriesen- bräute sprachen:
»Nun finden wir, Frodi, wohl Feierabend:
Genug gemalen haben wir Mägde.« |