August Silberstein
Herkules Schwach. Dritter Band
August Silberstein

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Achtundfünfzigstes Capitel.

Schwach's Glück auf dem Höhepunkte und – fertig.

Die äußerliche Ruhe in dem Schwach'schen Hause war wieder vollkommen hergestellt, und Alles ging den alten, ordnungsmäßigen Weg.

Sollte Schwach etwa sein gegebenes Wort, ja sein vor zwei besondern Damenzeugen gegebenes Wort, bezüglich seiner Hauseinrichtung und Haushälterin, zurücknehmen, weil Madame Trullemaier »Gefühl« gezeigt? – Wer war leichter dabei, eine Schwachheit des Herzens zu vergeben, als er, Herkules Schwach?

Der ordnungsmäßige Weg im Schwach'schen Hause hatte aber eigenthümliche Richtungen und Wendungen. War nicht vielmehr eine Art von Unordnung hier zur Ordnung geworden?

So sehr Schwach sein Herz zu schützen, seine Ruhe zu wahren gesucht; hatte, im Gegentheile, nicht gerade das Geschick das Möglichste gethan, um ihm diese seine Zwecke zu stören und zu verhindern?

Vielleicht war auch er selbst, was er »sein Geschick« nannte, und schob er dem Schicksale gerade so viel in die Schuhe, als alle jene Leute, welche an Geschehnissen nur selbst schuld sind, aber das Schicksal mit der Last ihrer Fehler bebürden!

Krimpler schwieg wol gegen Schwach und flößte ihm keine Besorgnisse um sein Kapital und das Haus Rübe ein. – 109

Auch Schnepselmann, seitdem er mit dem Großhandel und den vermehrten Geschäften in Anspruch genommen war, gewann nicht mehr die Zeit, um rastlos neue kühne Pläne zu entwerfen und für Schwach neue besondere Forschungen anzustellen. Aber die alten waren wie Räder, von einer Bergeshöhe in Bewegung gesetzt, und rollten noch immer fort, ohne Stillstand.

An gerichtlichen An- und Aufforderungen, Erklärungen gegen allerlei Persönlichkeiten, an Vorladungen, Advokaten-Konferenzen und derlei, fehlte es im Schwach'schen Hause um so weniger, da neben dem Prozesse Käsemenger noch ein zweiter in aller Form anhängig war, durch einen gewissen Wolf Jochert, welcher über Schwach's Rechtlichkeit der Geburt, Familienverhältnisse, die schwersten Beschuldigungen und Bedenken vorbrachte, und in Folge dessen, an Schwach's Erbschaft die umfassendsten Forderungen stellte.

Das Ereigniß Aster hatte Schwachs Theilnahme nicht geringe in Anspruch genommen!

Krimpler jedoch war, namentlich letzterer Zeit, in Allem tröstend, besänftigend und beschwichtigend. Als ob ihm zumeist daran gelegen sein müßte, gerade jetzt, gerade noch einige Zeit allseits Ruhe zu erhalten, beschwerte er die Herzen seiner Umgebung mit nichts, barg er im Innern und trug und schwieg.

Krimpler schwieg gegen die ohnehin tieftrauernde Adele, gegen Schwach und Alle, nicht nur über Rübe, er schwieg auch bei Rübe. Er mußte schonen! Sollte er, durch Hinaustragen in die Oeffentlichkeit, das Haus wankend, die Geschäfte schlechter, stockend machen, und Rübe, den er wohl kannte, etwa selbst dazu treiben, auf das Gewaltsamste, auf Unredlichkeiten zu denken? Entscheidungen in wichtigen 110 Handelsangelegenheiten waren nahe; – wie sie sich gestalten mochten, besser konnten sie keineswegs durch das Hinaustragen der Erlebnisse, durch Drängen oder Mitbeschwerden Anderer werden. Alle Vorfälle mußten daher Geheimniß bleiben, und Krimpler mußte daher so ordnungsmäßig die Bücher leiten, als früher, und kommen und gehen in dem Handlungshause, auf dem Komptoire, als vorhin, wie es sein Chef selbst geahnt, wie er es dem Interesse Aller, seiner Freunde besonders, schuldig war!

Das wußte Rübe nur zu wohl; und wenn seine Blicke noch so stechend, ja noch so höhnisch, herausfordernd im stillen Kampfe waren, als ob er spräche: nur noch eine Zeit, wir wollen sehen wer siegt; – so trug Krimpler doch dies Alles still, senkte die Augen in sein Buch und schwieg. –

Schwach war gebucht, ohne daß dieser es wußte, ohne daß er im Geringsten ahnte, der Zurückzahlungstag für sein eingelegtes Kapital wäre da.

Schwach saß eben in seinem Zimmer, nach langer Zeit einmal wieder stille und behaglich.

In einem schwellenden, schön geformten Lehnstuhle saß er, und sein Auge, das auf einem Buche in seiner Hand weilen sollte, schwärmte darüber hinaus, in seinem Zimmer umher.

Das Licht strömte hell, klar und voll zu den hohen, breiten Fenstern herein und machte Alles so freundlich, so festlich und behaglich!

Jeder Glanzpunkt auf den spiegelnden Möbeln, schien ein freundlicher Blick, jede Falte der Draperien ein Lächeln, jedes Hereinbiegen eines geschwungenen Sessels oder Sofas ein diensteifriges Anerbieten zum Genusse zu sein. Selbst 111 der hingestreckte Teppich schien seinen breiten Rücken mit Willen hinzugeben, wie das treue Thier mit Bewußtsein die Last von seinem Herrn aufnimmt. Es gewann Alles Fisiognomie um Schwach; und die wunderbar verschlungenen Schnörkel, Guirlanden, Arabesken auf Teppich und Gardinen, schienen Mienen, Ausdruck anzunehmen, jedes Möbel eine Persönlichkeit zu erlangen, und die ganze belebte, eigenthümliche Versammlung nur den Zweck diensteifrigen Anbietens zu haben, den Sinn und das Wort Behaglichkeit auszudrücken.

Es war ihm so wohl, wie seit lange nicht!

Aus den Wirrnissen des Alltagslebens war er heute zurückgezogen in das stille Plätzchen seines Heims; Niemand störte ihn, und er sog fast, mit der tiefinnersten Befriedigung, einmal wieder die still erquickende, wohlige Luft seines heimatlichen Raumes.

Wie er da saß, das Haupt in inniger halber Neigung, das klare, seelenvolle Auge vor sich hin gerichtet, das treuherzige Lächeln um den Mund, die Hand mit dem Buche halb hinabhängend, den Körper eingerahmt von den schwellenden Formen des Lehnstuhles, war er förmlich ein plastisches Bild, und ein Porträtmaler oder Photograph von Profession hätte eine bezahlende Kundschaft nicht mit aller Mühe besser in die offizielle Position bringen können. Ein »Kalkulator« hätte für diese gelungene Gemüthlichkeit, beim eigenen Porträt, vielleicht um Einiges mehr gegeben!

Schwach dachte an die Welt da draußen, wie unruhig und tobend, wie staubig und schmutzig Alles da draußen sei, wie rein, wie still, wie ruhig und gemüthlich da innen! –

Ich bin doch glücklich! sagte er, in seinem sanften 112 guten Herzen, zu sich selbst. – Ich bin doch manchesmal undankbar gegen das Geschick, daß ich seufze und mir selbst quälende, das Glück geringschätzende Stunden verursache! – Wenn Alles draußen tobt und stürmt – ich gehe in meine stillen, trauten Wände, in meine liebe, behagliche Stube, da ist's so schön – so ungestört wenn ich will! – Wie viele Menschen haben es nicht! Mir ist das günstige Los gefallen – ich will es still und bescheiden genießen. Wenn Alles wankt – ich habe doch mein Heiligthum, mein Heim, mein Plätzchen wo ich mein Haupt hinlegen und wo ich in Ruhe rasten kann. – Ich bin hier Herr, und kein Mensch der Welt kann herinnen gebieten – es ist mein stilles, liebes, unendlich liebes Heim!

Er athmete die Luft mit Behagen, so bewußt, als wäre er jetzt doppelt zu der Erkenntniß ihres erquickenden Werthes gelangt; und sein ganzes Wesen hatte den Ausdruck gemüthlichen, stillen, aber bewußten Genusses.

Da klopfte es an der Thüre. Schwach zuckte, aufgeschreckt aus seinem stillen Sinnen, zusammen, und er rief fast mechanisch das »Herein!«

Hereintrat, mit der ganzen steifen Behäbigkeit und Anspruchsfülle eines landesfürstlichen Beauftragten, ein Beamter in Uniform.

Hinter diesem befanden sich noch zwei Herren, gleichen Berufes, die sich in etwas bescheidener Entfernung von dem ersten hielten, aber in ihren Blicken auf Schwach wenig Gemüthlichkeit und Höflichkeit verriethen. Sie hatten etwas von den Gesichtern eines Wachsfiguren-Kabinettes an sich, so starr und steif, so unbiegsam und unheimlich erschienen sie. – 113

Dem überraschten Schwach schoß, gleich bei dem ersten Anblicke, das Blut zu Herzen, so unversehens aufgeschreckt ward er! Er erhob sieh auch sofort mit einemmale, um die Herren zu hören und fast starr zu besehen.

Der Beamte, nachdem er einen »gu'n Mohr'n« gewünscht und halb verschuckt, wobei die Andern still blieben, wie die Türkenköpfe an den Tabakläden, zog nun ohne Weiteres ein langes und starkes Stück Papier heraus, heftete die Glotz-Augen darauf und las sehr gleichgiltig.

Schwach horchte wol mit Verblüfftheit, aber doch mit so viel gespannter Neugier, um die Stichworte des besagten Schriftstückes nicht ganz ohne Bewußtwerden des Inhaltes an seinem Ohre vorübergehen zu lassen.

Es würde durchaus keine Bereicherung der vaterländischen Stilistik sein, wollten wir das Aktenstück ganz hierhersetzen, genug, die auffälligsten und von Schwach am meisten gewürdigten Worte waren:

»Namen des Gerichtes – erstens – Anklage – Erbschaft – Vertreter Advokat Ziesewitz – Streitigkeit – Wolf Jochert – Geburt – Schuld – Ausweise – Kläger – Beklagter – Anhörung – Antrag – Erkenntniß – und zweitens – Berücksichtigung – Prozeß – Käsemenger – Braut – Kontrakt – Rücktritt – abermals Advokat Ziesewitz – Antrag – Erkenntniß – beide Fälle:

Beschlagnahme des gesammten beweglichen und unbeweglichen Vermögens des besagten Herkules Schwach!«

Schwach's Herz ward getroffen wie von einem Dolchstiche! Seine Knie bebten, seine wankende Hand suchte ihn 114 an einem Stuhle zu stützen, das Blut war ihm in die Wangen getreten, sein Auge bekam feuchten Glanz, seine Lippen waren schmerzlich geschlossen.

Er hatte gerade so selig geschwelgt in dem Glücke seines stillen Heims!

Im Namen Käsemenger's, der nach dem Kontrakte Ansprüche auf das halbe Vermögen machte, im Namen Wolf Jochert's, der Schwach als Sohn ganz untergeschoben und sich selbst als Erben erklären wollte, im Namen dieser Beiden – war Alles rings um ihn gepfändet!

Er hatte gerade so selig geschwelgt im Glücke seines stillen Heims!

Der Beamte, der die Schrift so ruhig abgelesen, als hätte er statistisch verkündet, wie viele Eier auf dem letzten Markte verkauft wurden, warf weder einen theilnahmsvollen, noch einen theilnahmslosen Blick nach Schwach; er überließ diesen ganz seinem Denken und Fühlen, schritt vorwärts in's Zimmer, ließ seinen großen stieren Blick so allumfassend herumschweifen als möglich, öffnete bald die nächste Thüre und sah hinein – ging in das nächste Zimmer – kam wieder – die beiden Adjutanten regelmäßig und in derselben Art und Weise, mit ihren schweren plumpen Füßen, hinter ihm.

Das war Schwach's Heiligthum, sein Heim und Plätzchen, wo er sein Haupt hinlegen, in Ruhe rasten gekonnt, wo er allein Herr war und kein Mensch der Welt darin gebieten sollte – das war sein stilles, liebes, unendlich liebes Heim! – –

Nun trat der Beamte wieder zu Schwach und sagte mit kalter, offizieller Stimme, während er ihn stier anglotzte: »Sie müssen sich die Mühe nehmen uns Alles selbst 115 anzugeben und zu bezeichnen. Ich mache Sie von Gerichtswegen aufmerksam, nichts zu verheimlichen, was an barem Werth, an Schmuck vorhanden ist, kurz nichts, bei schwerer Strafe, die auf Verheimlichung oder Unterschleif gesetzt ist!«

Schwach waren die Worte ein sistematisches Einklammern und Entbluten seines Herzens. Es war ihm so wehe, so wehe! Er griff mit matter Hand in seine Tasche, zog einige Schlüsselchen hervor, ließ sie in die hingehaltene Hand des Exekutors fallen, und zeigte dann stumm und mit vernichtetem Ausdrucke, mit einer Handwendung rings umher.

Sein ganzes Benehmen wollte sagen: »hier, meine Herren, nehmen Sie; ich bin zu erschüttert, zu unfähig zu handeln . . . nehmen Sie Alles was Sie wollen!«

Der Beamte, dem ganzen Benehmen nach, äußerst praktisch in solchen Angelegenheiten, und seit lange nicht mehr von der ihm fremdgewordenen Dame Rührung besucht und belästigt, nahm den Schlüssel und ging vorerst nach dem Schreibtische.

Er öffnete und steckte seine Nase so praktisch neugierig vorwärts, daß seine Hand gleich nach den wichtigsten Fächern, den inhaltreichsten Mappen, den bedeutsamsten Schriften griff.

Als Schwach, bei offenem Kasten, seine Papiere so bloß den Augen und den Händen Anderer liegen sah, war es ihm, als hätten sie seine Eingeweide blosgelegt und wollten nun darin herumwühlen!

Der Beamte erfaßte den Wechsel auf Rübe, lächelte sehr heimlich und steif dabei, als wollte er sagen: das ist schon das Rechte! Sodann gab er ihn dem Zweiten; der Dritte stöberte bereits mit in den Papieren herum und 116 las und ließ fallen, und schob weg und nahm vor, was ihm beliebte.

So kamen auch die Statspapiere daran, so ging Alles den gerichtsmäßigen Weg, was vorhanden war.

Die Herren besahen, belächelten, beschnüffelten, beurtheilten, reichten plump von Hand zu Hand alle Dinge, die ihnen beliebten, was Schwach selbst nur mit höchster Aufmerksamkeit behandelt hätte, woran für ihn vielleicht liebe, theuere Erinnerungen geknüpft waren. Alles schien unter ihren plumpen Händen wehmüthig oder starr zu werden. Der Anblick zerfleischte sein Herz!

Madame Trullemaier hatte sich in's Vorzimmer postirt und sah mit neugierigen Augen, mit gepreßtem und fieberisch zuckendem Herzen, in die offen gelassene Thüre. Aber zwei ehrenwerthe Mitglieder der Polizeibehörde, die an der Vorzimmerthüre draußen sich aufgepflanzt hatten, starr und steif wie zwei gummirte Zöpfe, ließen der Dame nicht lange Zeit zum Mitschauen; und als ihre Gefühle loszubrechen im Begriffe waren, schafften sie dieselbe, sammt ihren bitterschmerzlichen Gefühlen, rasch in die Regionen der Küchenthüre zurück.

Man will durch dieselbe ein Weinen und Wehklagen gehört haben; aber Thränen und Schmerzen waren nicht in der Konfiskation mit inbegriffen und blieben mithin ganz unbeachtet.

Poll war nicht daheim.

Die Wäschkasten in Schwach's Zimmer standen geöffnet, alle Schränke starrten weit offen, Alles erhielt bald den vollständigsten Ausdruck der Zerstörung.

Schwach sah um sich; – kein Mensch vorhanden zur Mittheilung, zur Entlastung seines Herzens, zur Stütze, 117 zur Entgegennahme, wenn auch nur eines einzigen schmerzlichen Ausrufes!

Wie wehe, wie wehe war ihm!

Einer der beiden untergeordneten Exekutoren ging an den Seitentisch, auf dem eine Kerze stand, fand gleich das Feuerzeug, als hätte er seit Erschaffung der Welt hier gewohnt, zündete Licht an, trug es dem ersten Beamten entgegen, dieser zog eine mächtige, erschrecklich roth starrende Siegellackstange aus der Tasche, zu gleicher Zeit ward ein starkes, rundes Stück Messing in seiner Hand sichtbar, das Gerichtssiegel, und er fing mit beiden zu operiren an.

Der schöne, glänzende Schreibtisch, mit der lächelnden Fisiognomie von vorhin, die dem armen Schwach so wohl gethan . . . da tropfte die rothe, kochende Siegelmasse auf ihn hinab . . . ein Druck . . . die Behörde war fest und deutlich ausgeprägt!

Schwach stand und sah und bebte – jeder Tropfen heißen Siegellackes fiel auf sein zuckendes Herz; – wie wehe, wie wehe war ihm!

Dann kamen die andern schönen Schränke daran; auch sie wurden erbarmungslos betropft, beschmiert und bestempelt . . . da stand der Name des Gerichtes!

So ging es fort. Alles wurde aufgeschrieben, besiegelt, bestempelt; – wohin das Auge blickte: die roth starrenden Räder des gerichtlichen Wappens, die das Herz und jedes Glied an Schwach unaufhörlich räderten!

Madame Trullemaier kreischte, schrie, schluchzte, bekam Ohnmachten, diesmal wirklich erschöpfende – nutzlos! Es standen die Herren in den Zimmern zweiten Ranges, oder der Küche, ließen sich in ihrem Inventiren gar nicht stören, 118 benannten, schrieben, siegelten; die Menschen waren todt, die Dinge hatten Bedeutung für die Herren; – wie wehe, wie wehe war auch dem armen Weibe!

Schwach war todt, todt; das heißt in seinem geistigen Vorstellungsvermögen war er todt und längst gestorben. Wo war ein Herkules Schwach? Sein Leib war ja gegenwärtig; aber andere Menschen bewegten sich, sprachen ungestört, handelten beliebig in seinen Zimmern; ein erstarrendes Gebot hieß ihn nichts rühren und regen, keinen Willen über dies und das aussprechen; – er war todt, denn er hatte keinen Willen mehr, und nur das freie Wollen ist das Leben! –

So stand er, oder war er in den Lehnsessel zurückgesunken und ließ mit gebrochener Gestalt Alles um sich her geschehen.

Die beiden sicherheits-befördernden Potenzen an der Vorzimmerthüre, hatten zugleich von dort aus ein sorgsames Auge auf ihn.

Endlich kamen die drei unerbittlichen Schicksal-Eurinien zurück in sein Zimmer, zu ihm heran – Alles war versiegelt, aufgenommen und verzeichnet!

Der erste Exekutor stellte sich nahe an Schwach, ihm gegenüber, und sagte: »Die gerichtliche Beschlagnahme ist hier vollendet. Alles ist verzeichnet und besiegelt. Sie werden aufgefordert, auf Ehrlichkeit und Gewissen, bei Strafe, anzugeben, ob Sie noch weiteren Besitz haben!«

Schwach nahm seine ihm noch gebliebenen wenigen Kräfte zusammen, und schüttelte stumm das gesunkene Haupt. – 119

»Es ist Alles,« fuhr der Beamte fort, »unter hohem landesfürstlich-gerichtlichem Siegel. Ich mache Sie aufmerksam, weder etwas daran zu rühren, noch irgend ein Mobiliar, oder sonstiges hier befindliches Stück, von dieser Wohnungsstelle zu bewegen – bei schwerer Ahndung, die in dem Gesetzbuche hierauf vorgesehen ist!«

Schwach hob bei diesen trockenen, derb gesagten Worten sein Hand und sah dem Beamten, trotz allem Weh, so treuherzig in's Auge, als wollte er sagen: »Drohst Du mir das?« oder: »Finden Sie nothwendig, mir das zu sagen?«

Eben hob er sein blaues, feuchtgewordenes Auge zur Höhe und sah nach dem Beamten . . . sein Blick mußte auch in das Vorzimmer dringen . . . dort . . . stand mit dem gelben Gesichte, der weißen Rundmauer, der steifen Haltung, Ziesewitz, lächelte und fragte einen der beiden Helfer laut, daß es Schwach hören konnte: »Fertig?« –

»Fertig!« lautete die Antwort.

Ziesewitz nickte, lächelte, sie Alle nickten, lächelten und gingen.

Fertig! 120



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