William Shakespeare
Leben und Tod des Königs Johann
William Shakespeare

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Neunte Scene.

(Verwandelt sich in einen Garten der Abtey zu Swinstead.)

Prinz Heinrich, Salisbury und Bigot treten auf.

Heinrich.Es ist zu späte; sein ganzes Blut ist vom Gift angestekt, und sein sonst so gesundes Gehirn, (welches einige für das zerbrechliche Wohnhaus der Seele halten) kündigt uns durch die unordentlichen Phantasien, die es hervordrängt, das Ende der Sterblichkeit an.

Pembroke zu den Vorigen.

Pembroke.Der König redet noch, und glaubt, wenn er in die freye Luft gebracht würde, so könnte sie die brennende Hize des Giftes lindern, das ihn verzehrt.

Heinrich.Laßt ihn hieher in den Garten tragen. Phantasirt er noch?

Pembrok.Er ist ruhiger als ihr ihn verlassen habt; eben izt sang er.

Heinrich.Dieses giebt uns wenig Hoffnung. Uebel, die aufs äusserste gekommen sind, fühlen sich selbst nicht mehr. Wenn der Tod einmal die äusserlichen Theile benagt hat, läßt er sie unempfindlich, und greift alsdann das Gemüth an, welches er durch ganze Legionen von seltsamen Einbildungen anfällt und verwundet, die in ihrem Gedränge, bey diesem lezten Sturm, sich selbst untereinander aufreiben; wie wunderbar, daß der Tod singen soll – – Doch es ist das traurige Sterbelied dieses bleichen verschmachtenden Schwans, der aus der Orgelpfeiffe der Sterblichkeit seine Seele und seinen Leib in die ewige Ruhe singt.

Salisbury.Seyd guten Muthes, Prinz, denn ihr seyd dazu gebohren, das was er so roh und ungestalt zurückläßt, zu formen und zur Vollkommenheit zu bringen.

(König Johann wird herbeygetragen.)

König Johann.Ah, wohl, nun hat meine Seele freyen Paß; sie wollte nicht zum Fenster oder zur Thüre hinaus. Es ist ein so heisser Sommer in meinem Busen, daß sich alle meine Eingeweide zu Staub zerkrümmeln. Ich bin eine Figur, die mit einer Feder auf Pergament gezogen worden, und schrumpfe an diesem Feuer zusammen.

Heinrich.Wie befindet sich Eu. Majestät?

König Johann.Vergiftet, todt, vergessen; und keiner von euch will dem Winter befehlen, daß er komme, und seine beeißten Finger in meinen Schlund steke; noch machen, daß die Ströme meines Königreichs ihren Lauf durch meinen brennenden Busen nehmen; noch dem Nord sagen, daß seine kalten Winde meine ausgedörrten Lippen küssen, und mich abkühlen sollen. Ich verlange ja nichts als einen kalten Trost, und ihr seyd so unbarmherzig, so undankbar, und schlagt ihn mir ab.

Heinrich.O! daß doch in meinen Thränen eine Kraft seyn möchte, euch Lindrung zu verschaffen!

König Johann.Das Salz darinn ist heiß. Ich habe die Hölle in mir, und das Gift ist der Teufel, der darinn eingesperrt ist, mein ohne Hoffnung verdammtes Blut zu peinigen.


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