William Shakespeare
Leben und Tod des Königs Johann
William Shakespeare

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Zweyte Scene.

(Verwandelt sich in den Hof von England.)

König Johann, Pembroke, Salisbury, und andre Lords treten auf.

König Johann.So sizen wir dann noch einmal wieder hier, noch einmal gekrönt, und, wie ich hoffe, mit gewognen Augen angesehen.

Pembroke.Dieses noch einmal, war, mit Euer Hoheit Erlaubniß, überflüßig; ihr seyd vorher schon gekrönt worden, und dieser königliche Schmuk ist euch niemals abgerissen, niemals die euch zugeschworne Treue durch Empörung gebrochen worden. Kein Verlangen nach Veränderungen hat das Land beunruhiget, und niemand hat sich, in Hoffnung sein Glük zu verbessern, nach neuen Staats-Auftritten gelüsten lassen.

Salisbury.Dieser doppelte Pomp einen Titel zu befestigen, der vorhin schon sicher war, ist eben soviel als feines Gold übergülden, die Lilie weiß färben, die Viole parfumiren, das Eis glätten, den Regenbogen mit einer neuen Farbe bereichern, und dem schönen Auge des Himmels durch ein Fakel-Licht einen höhern Glanz geben wollen; es ist vergebliche Verschwendung und lächerlicher Ueberfluß.

Pembroke.Allein, da euer königlicher Wille erfüllt werden mußte, so ist dieser Actus nun ein neu-erzähltes altes Mährchen; jedoch, weil eine ungelegne Zeit dazu genommen worden, bey der lezten Wiederholung, widrig und übel aufgenommen.

Salisbury.Das graue und wohlbekannte Angesicht des alten ächten Herkommens ist dadurch sehr entstellt; es giebt, gleich einem unversehns sich drehenden Winde, dem Lauf der Gedanken einen neuen Schwung, schrekt die stuzende Ueberlegung auf, und macht gesunde Gesinnungen krank, und Wahrheit verdächtig, da es in einer so neuzugeschnittnen Kleidung aufzieht.

Pembroke.Wenn Handwerksleute sich bemühen noch besser zu machen als gut, so bringt ihr Fleiß Mißgeburten hervor; und die Entschuldigung eines Fehlers macht oft den Fehler desto schlimmer, weil die Entschuldigung ein neuer Fehler ist; wie Lappen, die auf einen kleinen Riß gesezt werden, ein Gewand durch die Verbergung des Risses mehr entstellen, als der Riß that, eh er so geflikt war.

Salisbury.Aus diesen Betrachtungen mißriethen wir diese neue Krönung eh sie vollzogen wurde; allein es gefiel Eu. Hoheit darüber hinaus zu gehen, und wir lassens uns alle wol gefallen; indem alles und jedes, was wir wollen könnten, vor Eu. Hoheit Willen Halte machen muß.

König Johann.Einige Ursachen von dieser doppelten Krönung hab' ich euch schon eröffnet, und ich halte sie für stark. Noch weit stärkere werd' ich euch zu seiner Zeit entdeken, und ich bin also dieses Puncts wegen ohne Furcht. Inzwischen zeiget nur an, was ihr gerne verbessert hättet, und ihr sollt erfahren, wie bereitwillig ich eure Bitten anhören und erfüllen will.

Pembroke.Erlaubet also, Gnädigster Herr, daß ich, als derjenige, der die Zunge von diesen allen ist, und die Gedanken ihres Herzens ausspricht, (für Sie sowol als mich selbst, am meisten aber für eure eigne Sicherheit, für welche wir alle unsre besten Bemühungen anwenden) angelegenst um die Befreyung des jungen Arthur bitten; dessen Einsperrung die murmelnden Lippen des Mißvergnügens in gefährliche Reden auszubrechen reizt. Wenn ihr das, was ihr in Ruhe besizt, auch mit Recht besizt, warum soll die Furcht (die, wie man sagt, sonst nur den Fußtritt des Unrechts begleitet,) euch bewegen, euern jungen Neffen einzusperren, ihn in einer barbarischen Unwissenheit zu lassen, und seiner Jugend alle Vortheile einer guten Erziehung zu versagen? Laßt euch also gefallen, damit die Uebelgesinnten keinen Vorwand haben, dessen sie bey Gelegenheit sich bedienen könnten, uns eine Bitte zu gewähren, wozu Ihr selbst uns aufgemuntert habet, und ihm seine Freyheit zu schenken, um die wir nicht anders zu unserm besten bitten, als weil unser bestes von dem Eurigen abhängt.

Hubert zu den Vorigen.

König Johann.Ich bin es zufrieden, und vertraue seine Jugend eurer Aufsicht an – – Hubert, was bringt ihr Neues?

Pembroke (zu Salisbury.)
Das ist der Mann, der die blutige That thun sollte, er zeigte einem von meinen Freunden, den Befehl den er dazu hatte. Das Bild einer gräßlichen Uebelthat lebt in seinem Auge; sein betretnes und gezwungnes Aussehen verräth ein sehr beunruhigtes Herz, und mir ist bange, die That möchte schon geschehen seyn, die ihm befohlen worden.

Salisbury.Der König verändert die Farbe alle Augenblike, sie kommt und geht von seinem Vorhaben zu seinem Gewissen, und von diesem zu jenem, wie Herolde zwischen zwey fürchterlichen Schlacht-Ordnungen; seine Gemüthsbewegung schwillt so sehr an, daß sie nothwendig aufbrechen muß.

Pembroke.Und wenn sie aufbricht, so fürcht ich, es wird nichts anders herauskommen, als der schändliche Eiter von eines holdseligen Kindes Tod.

König Johann.Wir können der mächtigen Hand des Todes keinen Einhalt thun. Er sagt uns, Arthur sey diese Nacht gestorben.

Salisbury.In der That, wir besorgten, seine Krankheit möchte unheilbar seyn.

Pembroke.In der That, wir hörten, wie nah er dem Tode war, eh das Kind selbst fühlte daß es krank war. Dafür muß Rede und Antwort gegeben werden, hier oder anderswo.

König Johann.Warum heftet ihr so feyrliche Blike auf mich? Denkt ihr, ich trage die Scheere der Göttin des Schiksals? Hab' ich über den Puls des Lebens zu befehlen?

Salisbury.Es ist augenscheinlich, daß es nicht richtig zugegangen; und es ist schändlich, daß Grösse es auf eine so grobe Art zu erkennen giebt. Wie gut ihr euer Spiel dadurch gemacht habt, wird sich zeigen, und hiemit gehabt euch wohl.

Pembroke.Warte noch, Lord Salisbury, ich will mit dir gehen, und das Erbtheil dieses armen Kindes, sein kleines Königreich von einem gewaltsamen Grabe suchen. Dieses Blut, das ein Recht an alles was auf dieser Insel athmet, hatte, schließt nun ein Raum von drey Schuhen ein. Es ist izt eine schlimme Welt! Aber das muß nicht so gelidten werden; dieses kan, und in kurzem, allen unsern Beschwerden zum Ausbruch helfen.

(Sie gehen ab.)


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