William Shakespeare
Leben und Tod des Königs Johann
William Shakespeare

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Fünfte Scene.

Lermen; Gefecht; Flucht; König Johann, Elinor, Arthur, Faulconbridge, Hubert und Lords treten wieder auf.

König Johann.So soll es seyn; (zu seiner Mutter.) Euer Gnaden soll unter einer starken Bedekung zurükbleiben; (zu Arthur.) Vetter, sieh nicht so traurig aus; deine Großmama hat dich lieb, und dein Oheim will deines Vaters Stelle bey dir vertreten.

Arthur.O diß wird meine Mutter vor Schmerz sterben machen.

König Johann (zu Faulconbridge.)
Vetter, auf, nach England; eile voran, und siehe, daß du noch vor unsrer Ankunft unsre reichen Aebte schüttelst; sez du ihre gefangnen Engel in Freyheit; der hungrige Krieg muß an den fetten Ribben des Friedens zehren. Vollziehe unsern Auftrag mit dem äussersten Nachdruk.

Faulconbridge.Gloke, Buch und Kerze sollen mich nicht zurüktreiben, wo Gold und Silber mich einladen einen Besuch zu machen. Ich verlasse Eu. Majestät; Großmutter, wenn mir anders einmal einfällt fromm zu seyn, will ich für eure Wohlfahrt beten; und hiemit küß' ich euch die Hand.

Elinor.Lebe wohl, mein lieber Vetter.

König Johann.Vetter, lebe wohl.

(Faulconbridge geht ab.)

Elinor.Komm zu mir, kleiner Vettermann – – auf ein paar Worte – –

(Sie nimmt den Arthur auf die eine Seite des Theaters.)

König Johann (zu Hubert auf der andern Seite.)
Komm hieher, Hubert. O mein lieber Hubert, wir sind dir sehr verbunden; in diesen Mauern von Fleisch ist eine Seele die dein Schuldner ist, und deine Liebe mit Wucher zu bezahlen gedenkt. Glaube mir, mein guter Freund, der freywillige Eid, womit du dich zu meinem Dienst verbunden hast, lebt in diesem Busen und wird theuer geachtet. Gieb mir deine Hand, ich wollte dir etwas sagen – – aber ich will es auf eine gelegnere Zeit versparen. Beym Himmel, Hubert, ich bin recht beschämt, wenn ich denke, wie grosse Verbindlichkeiten ich dir habe.

Hubert.Ich bin es, der Euer Majestät unendlich verpflichtet ist.

König Johann.Mein guter Freund, du hast noch keine Ursache das zu sagen – – Aber du sollt bekommen – – und so langsam die Zeit auch kriechen mag, so soll sie doch kommen, daß ich dir Gutes thun kan. Ich hatte dir was zu sagen – – Aber, laß es gehen: Die Sonne ist am Himmel, und der stolze Tag, von den Freuden der Welt umgeben, ist zu üppig, zu voll von Lustbarkeiten, um mir Gehör zu geben. Wenn die mitternächtliche Gloke mit ihrer ehernen Zunge über die schlaftrunkne Geschöpfe der Nacht Eins erschallen liesse; wenn dieser Plaz wo wir stehn, ein Kirchhof wäre, und du vom Gefühl von tausend Beleidigungen besessen wärst; oder wenn der saure Geist der Melancholie dein Blut, das izt küzlend in deinen Adern auf- und ab rollt, so dik wie Leim gemacht hätte; oder wenn du sehen könntest ohne Augen, hören könntest ohne Ohren, und mir antworten ohne Zunge; wenn du, ohne Augen, ohne Ohren, ohne den beleidigenden Schall von Worten, durch blosse Gedanken mit mir reden könntest; denn wollt' ich, troz dem großaugichten wachtsamen Tag meine Gedanken in deinen Busen ausschütten – – Aber so, will ich nicht – – Und doch liebe ich dich sehr, und bey meiner Treue, ich denke, du liebest mich auch.

Hubert.So sehr, daß ich, ich schwör es beym Himmel, alles unternehmen will, was Euer Majestät mir befehlen kan, wenn gleich der Tod mit der That verknüpft wäre.

König Johann.Weiß ich nicht, daß du es thun würdest? Guter Hubert, Hubert, Hubert, wirf dein Auge auf jenen Knaben; ich will dir was sagen, Freund; er ist eine rechte Schlange in meinem Wege, und wohin ich den Fuß sezen will, ligt er vor mir. Verstehst du mich? Du bist sein Hüter.

Hubert.Und ich will ihn so hüten, daß er Eu. Majestät nimmer in den Weg kommen soll.

König Johann.Tod. (leise.)

Hubert.Gnädigster Herr.

König Johann.Ein Grab.

Hubert.Er soll nicht leben.

König Johann.Genug, nun könnt' ich aufgeräumt seyn. Hubert, ich habe dich lieb. Gut, ich will nicht sagen, was ich für dich thun will; Vergiß es nicht – – (indem er zu Elinor zurükgeht.) Madame, lebet wohl, ich will Euer Majestät die bewußten Truppen zusenden.

Elinor.Mein Segen geht mit euch.

König Johann (zu Arthur.)
Izt nach England, Vetter; Hubert soll euer Mann seyn, und euch mit aller schuldigen Ehrerbietung zu Diensten stehen, auf, nach Calais, hinweg!

(Sie gehen ab.)


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